BGH, 24.09.1998 - 4 StR 272/98

Daten
Fall: 
Konkurrenzen Tötungs-/Körperverletzungsdelikte
Fundstellen: 
BGHSt 44, 196; JR 1999, 201; JuS 1999, 298; NJW 1999, 69; NStZ 1999, 30; StV 1999, 149; StV 1999, 422
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
24.09.1998
Aktenzeichen: 
4 StR 272/98
Entscheidungstyp: 
Beschluss
Richter: 
Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Athing, Ernemann
Instanzen: 
  • LG Frankfurt am Main, 18.09.1997

Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist auch zulässig, wenn der Täter eine ausländische Fahrerlaubnis hat, mit der er am innerdeutschen Kraftfahrzeugverkehr nicht teilnehmen darf.

Tenor

1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. September 1997 wird als unbegründet verworfen; jedoch wird klargestellt, daß der Angeklagte - unter anderem - der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr schuldig ist.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Hehlerei, gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen, davon in einem Fall wegen Versuchs, Fahren ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen, Trunkenheit im Straßenverkehr und Beleidigung" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 300,00 DM verurteilt. Außerdem hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen und bestimmt, daß ihm für die Dauer von zwei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

1. Das Rechtsmittel ist unbegründet; denn die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Da das Urteil jedoch zur Schuldform bei der Trunkenheitsfahrt vom 2. Juli 1996 keine Feststellungen enthält, stellt der Senat - um eine Zurückverweisung der Sache insoweit zu vermeiden - zugunsten des Angeklagten klar, daß er der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr schuldig ist. Der Rechtsfolgenausspruch wird hierdurch nicht berührt, zumal sich der Strafrahmen nicht ändert (§ 316 Abs. 2 StGB).

Zu Recht hat das Landgericht dem Angeklagten wegen der genannten Trunkenheitsfahrt seine niederländische Fahrerlaubnis, mit der er in Deutschland nicht fahren durfte, weil er zum Zeitpunkt der Erteilung dieser Fahrerlaubnis seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland hatte (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Buchst.a IntVO; § 4 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein vom 19. Juni 1996 [BGBl I 885]), entzogen (§§ 69 Abs. 1, 2 Nr. 2, 69 a Abs. 1 Satz 1, 69 b Abs. 2 StGB). Wäre die Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis nur möglich, wenn der Fahrer berechtigterweise am inländischen Kraftverkehr teilnimmt, und - in einem Falle wie hier - die Eintragung eines Vermerks nach § 69 b Abs. 2 StGB in den ausländischen Fahrausweis nicht zulässig (so Hentschel in Gedächtnisschrift für Karlheinz Meyer [1990] S. 789, 810 f., 815; Himmelreich/Hentschel, Fahrverbot - Führerscheinentzug Bd. I, 8. Aufl., Rdn. 207 m.w.N. jeweils zu § 69 b StGB aF; aA OLG Karlsruhe NJW 1972, 1633, 1634 [OLG Karlsruhe 10.02.1972 - 2 Ss 140/71] zu §§ 42 m bis o StGB aF; Stree in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. § 69 b Rdn. 6; Mühlhaus/Janiszewski StVO 14. Aufl. § 69 b StGB Rdn. 2), so könnte der Verurteilte (weiterhin) seine nicht bestehende Berechtigung, im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, vortäuschen (Himmelreich/Hentschel aaO; OLG Karlsruhe aaO). Das widerspräche dem Sinn des Gesetzes, durch die Maßregel ungeeignete Fahrzeugführer kontrollierbar von der Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr "auszuschalten" (BRDrucks. 201/62 S. 16, 20, 21). Da der Angeklagte einen - den Anschein zum berechtigten Fahren im Inland erweckenden - ausländischen Fahrausweis besitzt, der nicht eingezogen werden darf (§ 69 Abs. 3 Satz 2 StGB; s. aber § 69 b Abs. 2 Satz 1 StGB in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung [BGBl 1998 I 747, 779]), ist nach dem Sinn und Zweck der §§ 69 ff. StGB nicht nur eine isolierte Sperre (§ 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB) anzuordnen, die den Schein einer für das Inland bestehenden Fahrberechtigung unberührt ließe (vgl. OLG Köln VRS 61, 28, 30), sondern auch die Fahrerlaubnis zu entziehen. Daß diese Anordnung nur Wirkung im Inland entfaltet und dadurch der Verwaltungsakt der ausländischen Behörde, mit dem die Fahrerlaubnis erteilt wurde, nicht beseitigt wird (vgl. OLG Hamm NJW 1978, 1757 [OLG Hamm 27.04.1978 - 2 Ss 216/78]), versteht sich von selbst.

Der Wortlaut des § 69 b StGB zwingt nicht zu einer anderen Auslegung (aA Hentschel aaO S. 810 f.; Nettesheim DtZ 1991, 363, 365 Fn. 15 jeweils zu § 69 b StGB aF). Zwar regelt Absatz 1 dieser Bestimmung die Wirkung der Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis bei Tätern, die berechtigterweise am inländischen Kraftverkehr teilnehmen - bei denen, die diese Berechtigung nicht haben, erübrigt sich die Regelung -, Absatz 2 ordnet darüber hinaus aber an, daß "in ausländischen Fahrausweisen" Entziehung und Sperre vermerkt werden. Daß dies nur für die Fahrausweise von Fahrzeugführern gelten soll, die mit dem ausländischen Führerschein im Inland Kraftfahrzeuge führen dürfen, läßt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen.

Soweit der Senat in seinem Urteil vom 22. August 1996 - 4 StR 217/96 = NZV 1996, 500, 502 ausgeführt hat, beim Fehlen einer Befugnis zur Teilnahme am innerdeutschen Kraftverkehr sei (nur) eine Sperrfrist anzuordnen, betraf dies den hier nicht gegebenen Fall, daß der Täter keine ausländische Fahrerlaubnis besitzt. Für den Fall, daß der Angeklagte einen ausländischen Fahrausweis hat, ist jedoch auch die Fahrerlaubnis zu entziehen.

2. Da der Senat mit dem vom Langericht nicht behandelten Fall I Nr. 15 der Anklage nicht befaßt ist, ist die vom Generalbundesanwalt insoweit beantragte Zurückverweisung "zur weiteren Verhandlung und Entscheidung" nicht veranlaßt (vgl. Meyer-Goßner JR 1985, 452 ff.).