BVerfG, 09.10.1968 - 2 BvE 2/66

Daten
Fall: 
Apostille / Zustimmungsgesetz
Fundstellen: 
BVerfGE 24, 184; DÖV 1969, 137; DVBl 1969, 110; NJW 1969, 33
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
09.10.1968
Aktenzeichen: 
2 BvE 2/66
Entscheidungstyp: 
Beschluss
Richter: 
Seuffert, Henneka, Leibholz, Geller, von Schlabrendorff, Rupp, Kutscher, Geiger (abw.)
Stichwörter: 
  • Begriff der "Rechtsverordnung aufgrund zustimmungsbedürftiuger Gesetze

In Art. 80 Abs. 2 GG bezeichnen die Worte "Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen" die zustimmungsbedürftigen Bundesgesetze als Ganzes. Rechtsverordnungen auf Grund solcher Bundesgesetze bedürfen – falls nicht eine anderweitige Regelung getroffen worden ist – auch dann der Zustimmung des Bundesrates, wenn die Ermächtigung und die mit ihr zusammenhängenden Normen die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes nicht ausgelöst haben.

Inhaltsverzeichnis 

Beschluß

des Zweiten Senats vom 9. Oktober 1968
– 2 BvE 2/66 –
in dem Verfahren über den Erlaß der Verordnung über die Ausstellung der Apostille nach Artikel 3 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 23. Februar 1966 (BGBl. I S. 138), Antragsteller: der Bundesrat, vertreten durch den Präsidenten, Bonn, Antragsgegner: die Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister der Justiz, Bonn.
Entscheidungsformel:

Der Antrag wird abgewiesen.
Die Bundesregierung hat dadurch, daß sie die Verordnung über die Ausstellung der Apostille nach Artikel 3 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 23. Februar 1966 (Bundesgesetzbl. I S. 138) ohne die Zustimmung des Bundesrates erlassen hat, nicht gegen Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes verstoßen.

Gründe

A.

I.

1. Wird eine ausländische öffentliche Urkunde (Urkunde aus dem Errichtungsstaat) im Inland (im Vorlegungsstaat) vorgelegt, so wird von den meisten Staaten eine "Legalisation" dieser Urkunde gefordert. Die Legalisation hat Bedeutung für den Beweis der Echtheit der Urkunde in einem inländischen Verfahren. Sie bestätigt die Echtheit der Unterschrift und die des Dienststempels oder Dienstsiegels (Legalisation im engeren Sinn) und bescheinigt weiterhin, daß die Urkundsperson zu der Amtshandlung gesetzlich zuständig und daß die Urkunde in gesetzlicher Form aufgenommen ist (Legalisation in erweiterter Form). Die Legalisation wird vorgenommen von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Vorlegungsstaates im Errichtungsstaat (vgl. § 438 ZPO). Häufig ist die Legalisation eine zeitraubende und kostspielige Formalität.

Das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation will die diplomatische oder konsularische Legalisation ausländischer öffentlicher Urkunden beseitigen und sie durch eine Echtheitsbestätigung, die sogenannte Apostille, ersetzen, die von einer Behörde des Errichtungsstaates erteilt wird.

Artikel 2 des mit Zustimmung des Bundesrates ergangenen Gesetzes zu dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Le-galisation vom 21. Juni 1965 (BGBl. II S. 875) – im folgenden: Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 – bestimmt:

(1) Die Bundesregierung und die Landesregierungen oder von diesen ermächtigte oberste Bundes- oder Landesbehörden bestimmen in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich die Behörden, die für die Ausstellung der Apostille zuständig sind (Artikel 3, 6 und 7 des Übereinkommens). Als zuständige Behörde kann auch der Präsident eines Gerichts bestimmt werden.
(2) Die Bundesregierung und die Landesregierungen oder von diesen ermächtigte oberste Bundes- oder Landesbehörden können durch Rechtsverordnung die für die Ausstellung der Apostille und für die Prüfung nach Artikel 7 Abs. 2 des Übereinkommens zu erhebenden Kosten festsetzen, soweit die Kosten nicht auf Grund anderer Rechtsvorschriften erhoben werden können.

Auf Grund dieser Vorschrift hat die Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrates die Verordnung über die Ausstellung der Apostille nach Artikel 3 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 23. Februar 1966 (BGBl. I S. 138) erlassen – im folgenden: Verordnung vom 23. Februar 1966 -. Nach § 1 der Verordnung wird die Apostille nach Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens ausgestellt vom Bundesverwaltungsamt für alle von einem Gericht oder einer Behörde des Bundes aufgenommenen öffentlichen Urkunden, soweit nicht der Präsident des Deutschen Patentamts zuständig ist. Dieser stellt die Apostille aus für die vom Bundespatentgericht oder vom Deutschen Patentamt aufgenommenen öffentlichen Urkunden. § 2 der Verordnung regelt die vom Bundesverwaltungsamt oder vom Deutschen Patentamt zu erhebenden Kosten.

2. Der Bundesrat hat beantragt, das Bundesverfassungsgericht möge feststellen,

daß die Bundesregierung durch den Erlaß der Verordnung vom 23. Februar 1966 gegen Artikel 80 Abs. 2 GG verstoßen und damit den Bundesrat in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten verletzt hat.

Der Bundesrat hat seinen Antrag im wesentlichen wie folgt begründet:
a) Das Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 habe gemäß Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft, weil das Übereinkommen u.a. in seinen Art. 4, 5 und 7 auch das Verwaltungsverfahren der landeseigenen Verwaltung regele. Der Bundesrat habe dem Vertragsgesetz zugestimmt; das Gesetz sei im Bundesgesetzblatt in der Form des Zustimmungsgesetzes verkündet worden.

Der Bundeskanzler habe in einem Schreiben vom 14. Juli 1966 an den Präsidenten des Bundesrates die Auffassung vertreten, für die Zustimmungsbedürftigkeit einer Verordnung nach Art. 80 Abs. 2 GG komme es nicht auf das Gesetz als Ganzes, sondern lediglich auf die Normen des Gesetzes an, zu deren Durchführung oder Ergänzung die Rechtsverordnung erlassen werden solle. Nur wenn gerade die einen abgrenzbaren Sachverhalt betreffende Summe von Normen, auf die sich die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen beziehe, der Zustimmung des Bundesrates bedurfte oder von den Ländern auszuführen sei, sei die Zustimmung des Bundesrates zu der Verordnung notwendig.

b) Dieser Auffassung könne nicht zugestimmt werden.

aa) Die Verordnung vom 23. Februar 1966 sei auf Grund einer in einem Zustimmungsgesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen worden. Deshalb habe sie der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Unter "Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 GG, seien nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung die Bundesgesetze als gesetzgebungstechnische Einheiten zu verstehen. Es sei deshalb unbeachtlich, ob gerade die Ermächtigungsnorm die Zustimmungsbedürftigkeit des ermächtigenden Gesetzes ausgelöst habe.

bb) Für die Auslegung des Art. 80 Abs. 2 GG komme es nicht auf die rechtliche Bedeutung der Begriffe "Gesetz" oder "Bundesgesetz", sondern lediglich darauf an, was unter "Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen", zu verstehen sei. Mit dieser Formulierung knüpfe Art. 80 Abs. 2 GG an den Vorgang der Entstehung des Bundesgesetzes an, in dem die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen erteilt worden sei. Die Formulierung verweise auf die Bestimmungen des Grundgesetzes, die für den Erlaß von Bundesgesetzen die Zustimmung des Bundesrates vorschreiben. In diesen Bestimmungen – und ebenso in Art. 80 Abs. 2 GG – seien die Bundesgesetze als Ganzes gemeint.

Aus dem Verhältnis von Art. 80 Abs. 2 zu Art. 80 Abs. 1 GG könnten Folgerungen zugunsten der Ansicht der Bundesregierung nicht hergeleitet werden. Wenn einerseits in Art. 80 Abs. 2 GG von Rechtsverordnungen "auf Grund von Bundesgesetzen" und andererseits in Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG davon die Rede sei, daß die Rechtsgrundlage der Verordnung angegeben werden müsse, so berechtige dies nicht zu dem Schluß, Art. 80 Abs. 2 GG stelle für die Zustimmungsbedürftigkeit der Verordnung nur auf die Rechtsgrundlage der Verordnung, also auf die Ermächtigungsnorm, ab.

Auch aus systematischen Gründen sei es unzulässig, dem Begriff "Bundesgesetze, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen", in Art. 80 Abs. 2 GG unter Heranziehung der Formulierung "auf Grund von" denselben Inhalt zu geben wie dem Begriff "Rechtsgrundlage" in Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG. Die beiden Absätze des Art. 80 GG regelten verschiedene Fragen. Art. 80 Abs. 1 GG bestimme, welchen Anforderungen eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Exekutive unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten genügen müsse. Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG solle die Prüfung erleichtern, ob sich der Verordnunggeber im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung gehalten habe. Es handele sich um ein Formerfordernis. Demgegenüber befasse sich Art. 80 Abs. 2 GG mit dem bundesstaatlichen Aspekt der Rechtsetzung durch die Exekutive. Die Bestimmung regele, in welchen Fällen die Länder über den Bundesrat auch beim Erlaß von Rechtsverordnungen mitwirkten. Der Umfang dieses Mitwirkungsrechts könne nicht durch Bezugnahme auf Art. 80 Abs. 1 GG, sondern nur aus dem Zweck des Mitwirkungsrechts des Bundesrates bestimmt werden.

Die Entstehungsgeschichte des Art. 80 GG bestätige die Richtigkeit dieser Auslegung.

cc) Sinn und Zweck des Zustimmungsrechts des Bundesrates bestehe bei Rechtsverordnungen auf Grund von Gesetzen, die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen worden seien, darin, das dem Bundesrat bei der Bundesgesetzgebung zustehende Zustimmungsrecht fortzusetzen. Das Zustimmungsrecht des Bundesrates beziehe sich auf das Bundesgesetz als gesetzgebungstechnische Einheit. Der innere Grund hierfür liege nicht nur darin, daß aus gesetzestechnischen Gründen die Zustimmung des Bundesrates nur einem Gesetz als Ganzem erteilt werden könne. Wesentlicher sei, daß jedes Gesetz eine zweckbezogene und zweckgerichtete Einheit sei, zwischen dessen Vorschriften ein enger innerer Zusammenhang bestehe. Das gelte auch für das Verhältnis der materiell-rechtlichen Regelungen eines Gesetzes zu seinen Verfahrens- und Organisationsvorschriften.

Mit seiner Zustimmung übernehme der Bundesrat die Verantwortung für das Gesetz als gesetzgebungstechnische und zweckgerichtete Einheit. Daraus folge entgegen der Auffassung der Bundesregierung, daß jedes Änderungsgesetz zu einem Zustimmungsgesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand der Änderung der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Daraus folge ferner, daß Rechtsverordnungen auf Grund von zustimmungsbedürftigen Bundesgesetzen ohne Rücksicht darauf, ob die Ermächtigungsnorm die Zustimmung des Bundesrates ausgelöst habe, nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen werden könnten.

dd) Gegen die Auffassung des Bundesrates könne nicht eingewandt werden, der Bundesrat habe kein Recht zu bestimmen, daß an sich nicht zustimmungsbedürftige Normen mit zustimmungsbedürftigen zu einem Gesetz verbunden werden und daß ein besonderes Gesetz mit dem Inhalt der Verordnung vom 23. Februar 1966 der Zustimmung des Bundesrates nicht bedurft hätte. Der Möglichkeit, den Inhalt einzelner Gesetze so zu mani-pulieren, daß eine an sich zustimmungsbedürftige Gesamtregelung in zustimmungsbedürftige und zustimmungsfreie Teile aufgegliedert werde, seien von der Sache her enge Grenzen gezogen. Der Bundesrat könne einem solchen Verfahren, das auf einen Mißbrauch gesetzestechnischer Gestaltungsmöglichkeiten hinauslaufe, dadurch begegnen, daß er seine Zustimmung zu der zustimmungsbedürftigen Teilregelung von der sachlich gebotenen Verbindung der Teilregelungen zu einem einheitlichen Gesetz abhängig mache.

ee) Die Auffassung der Bundesregierung, die weder in der Rechtsprechung noch im Schrifttum Unterstützung gefunden habe, würde zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen. Ob die ermächtigende Norm selbst sowie die Summe der Normen, die mit der Ermächtigung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen und einen selbständigen, abgrenzbaren Sachbereich betreffen, die Zustimmungsbedürftigkeit des ermächtigenden Bundesgesetzes ausgelöst hätten, werde oft streitig sein.

ff) Aus der Staatspraxis von Bundesrat und Bundesregierung beim Erlaß von Verordnungen, die ein eindeutiges Bild nicht ergebe, ließe sich für die Auffassung der Bundesregierung nichts herleiten.

3. Für die Bundesregierung hat der Bundesminister der Justiz vorgetragen:
a) Das Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 in Verbindung mit dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 sei – da öffentliche Urkunden im Bereich des Bundes und im Bereich der Länder errichtet werden – sowohl vom Bund als auch von den Ländern auszuführen. Die Zustimmungsbedürftigkeit des Vertragsgesetzes als Ganzes habe sich daraus ergeben, daß das Übereinkommen das Verfahren der zuständigen Stellen, also auch das Verfahren der zuständigen Landesbehörden, regele. Durch § 2 des Vertragsgesetzes vom 21. Juni 1965 sei die Bundesregierung lediglich zum Erlaß von Rechtsverordnungen "für ihren Geschäftsbereich", das heißt für den Bereich des Bundes, ermächtigt worden. Nur auf diesen Teil der Ermächtigung sei die Verord-nung vom 23. Februar 1966, die sich lediglich auf Bundesbehörden beziehe, gestützt. Dieser Teil der Ermächtigungsvorschrift sei weder von den Ländern "auszuführen" noch habe er die Zustimmungsbedürftigkeit des Vertragsgesetzes begründet.

Bei der Prüfung, ob eine Verordnung nach Art. 80 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundesrates bedürfe, sei nicht auf das Gesetz als Ganzes, sondern auf die Normen abzustellen, zu deren Durchführung oder Ergänzung die Rechtsverordnung ergehe. Der Ausdruck "Bundesgesetz" in Art. 80 Abs. 2 GG bezeichne nur die Normen – aber auch alle die Normen –, die einen selbständigen, abgrenzbaren Sachbereich betreffen, sofern sie mit der Ermächtigung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen.

b) Das Wort "Bundesgesetz" habe im Grundgesetz nicht überall den gleichen Sinn. Erst die Auslegung der einzelnen Vorschrift ergebe, ob das Gesetz als gesetzgebungstechnische Einheit oder nur eine einzelne Bestimmung eines "Gesetzes" gemeint sei. Art. 80 Abs. 2 GG erwähne die "Bundesgesetze" nur als "Grund" der Rechtsverordnungen. Die Worte "auf Grund von" in Art. 80 Abs. 2 GG verwiesen demnach verfassungssystematisch auf Art. 80 Abs. 1 GG; allein dessen Vorschriften regelten die besonderen Bedingungen, unter denen ein Bundes-"Gesetz" Grundlage von Rechtsverordnungen sein könne. Die nach Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG in der Verordnung anzugebenden "Rechtsgrundlagen" seien diejenigen Einzelnormen, die die Ermächtigungen zum Erlaß der Verordnung enthielten. Anders als in Art. 77 GG bedeute "Bundesgesetz" in Art. 80 Abs. 2 GG also nur einen Ausschnitt aus dem Bundesgesetz als gesetzgebungstechnischer Einheit. Nur wenn dieser Ausschnitt der Zustimmung des Bundesrates bedurft habe, sei auch die auf ihn gestützte Rechtsverordnung zustimmungsbedürftig. Verordnungen bedürften aber der Zustimmung des Bundesrates dann nicht, wenn die Ermächtigungsnorm nur deshalb der Zustimmung des Bundesrates mitunterlegen habe, weil andere Einzelvorschriften das Gesetz zum Zustimmungsgesetz gemacht hätten.

Gesetze und Verordnungen könnten zwar bei ihrem Zustan-dekommen nur je als Ganzes und als eine Einheit angesehen werden. Das habe jedoch nicht zur Folge, daß Gesetzesbeschlüsse auch im übrigen, z.B. hinsichtlich der Auslösung des Zustimmungserfordernisses beim Erlaß von Rechtsverordnungen auf Grund einer in ihnen enthaltenen Ermächtigung, als Einheit anzusehen seien.

Die Entstehungsgeschichte von Art. 80 Abs. 2 GG stütze die Ansicht der Bundesregierung.

c) Der nach Ansicht der Bundesregierung für die Zustimmungsbedürftigkeit von Verordnungen nach Art. 80 Abs. 2 GG maßgebende Normenkomplex werde sich gelegentlich mit dem Gesamtinhalt eines oder mehrerer Gesetzesbeschlüsse decken. Entgegen der Ansicht des Bundesrates bilde aber keineswegs jedes "Gesetz" eine zweckbezogene und zweckgerichtete Einheit, zwischen deren Vorschriften ein enger innerer Zusammenhang bestehe. Das werde besonders deutlich bei sogenannten Sammelgesetzen, wie z.B. Einführungsgesetzen, die zahlreiche Gesetze änderten. Auch in anderen Fällen schaffe ein Gesetzesbeschluß, der eine bestimmte Materie erstmals regele, häufig mehrere deutlich voneinander abgrenzbare Normengruppen, deren Einzelnormen jeweils zu denen der anderen Gruppen keinen engeren inneren Zusammenhang aufwiesen. So verhalte es sich auch bei dem Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965. Der sich auf den Bundesvollzug beziehende Teil des Gesetzes bilde trotz der in § 2 gewählten äußerlichen Zusammenfassung einen von der die Länderexekutive betreffenden Regelung klar abgrenzbaren Gesetzesausschnitt, der nichts enthalte, was für das Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich gemacht habe.

Die gleichen Grundsätze wie für die Zustimmungsbedürftigkeit von Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 2 GG müßten auch gelten für die Änderung von Gesetzen, die mit Zustimmung des Bundesrates ergangen seien. Solche Änderungsgesetze seien nur dann zustimmungsbedürftig, wenn sie selbst einen zustimmungsbedürftigen Inhalt hätten oder sich auf solche Bestimmungen des zu ändernden Gesetzes bezögen, welche die Zustimmungsbedürf-tigkeit jenes Gesetzes begründet hätten oder mit ihnen in einem untrennbaren Zusammenhang stünden.

d) Die von der Bundesregierung vertretene Auslegung des Art. 80 Abs. 2 GG verkürze nicht die Mitwirkungsrechte des Bundesrates an der Bundesgesetzgebung. Dem Bundesrat stehe kein verfassungsmäßiges Mitwirkungsrecht zu, kraft dessen er bestimmen könne, daß zustimmungsbedürftige Vorschriften mit anderen Bestimmungen, die für sich allein nicht zustimmungsbedürftig seien, durch denselben Gesetzesbeschluß zu verbinden seien. Hierüber bestimme allein der Bundestag. Der Bundesgesetzgeber könne Regelungen auch selbst treffen, statt sie der Exekutive zu überlassen. Ein Bundesgesetz mit dem Inhalt der Verordnung vom 23. Februar 1966 wäre kein Zustimmungsgesetz gewesen. Der Bundesrat hätte den Inhalt eines solchen Gesetzes zwar mitberaten, aber nicht letztlich mitbestimmen können. Es sei nicht einzusehen, warum er ihn sollte mitbestimmen können, wenn die Regelung in der Form einer Verordnung ergehe.

e) Eine "erhebliche Rechtsunsicherheit" sei – lege man die Auffassung der Bundesregierung zugrunde – nicht zu befürchten. Es seien zwar Fallgestaltungen denkbar, bei denen zweifelhaft bleibe, ob die Ermächtigungsnorm zu einem selbständigen und abgrenzbaren, für sich gesehen zustimmungsfreien Normbereich des Gesetzesbeschlusses gehöre. Für solche Ausnahmefälle könne aber davon ausgegangen werden, daß die Bundesregierung schon aus ihrem pflichtgemäßen Bestreben, möglichst unanfechtbares Verordnungsrecht zu setzen, die Zustimmung des Bundesrates erbitten werde.

f) Der Rechtsstandpunkt der Bundesregierung werde nicht dadurch abgeschwächt, daß sie in der Staatspraxis in vereinzelten Fällen nicht alle Konsequenzen aus ihm gezogen habe, zumal diese Versehen für die Rechtsgültigkeit der Verordnungen unschädlich gewesen seien.

4. Bundesrat und Bundesregierung haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

B.

I.

Der Antrag ist zulässig.

Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 BVerfGG kann der Bundesrat Antragsteller, die Bundesregierung Antragsgegner im Verfassungsrechtsstreit sein. Auch der Erlaß einer Norm ist eine Maßnahme im Sinne von § 64 Abs. 1 BVerfGG (ständige Rechtsprechung: BVerfGE 1, 208 [220]; 3, 12 [16 f.]; 6, 84 [88 f.]; 6, 99 [103]; 20, 119 [129]; 20, 134 [141]).

Der Bundesrat macht geltend, daß er durch eine Maßnahme der Bundesregierung – den Erlaß der Verordnung ohne seine Zustimmung – in seinem ihm durch das Grundgesetz übertragenen Recht, Verordnungen der Bundesregierung nach Art. 80 Abs. 2 GG zuzustimmen, verletzt sei (§ 64 Abs. 1 BVerfGG).

Bundesrat und Bundesregierung stehen hier für den Erlaß von Rechtsverordnungen wegen Art. 80 Abs. 2 GG in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis, aus dem sich Rechte und Pflichten ergeben, die sie gegenseitig achten müssen; diese Rechte und Pflichten sind zwischen ihnen streitig geworden (vgl. BVerfGE 2, 143 [151 ff.]).

Der Antrag ist vom Bundesrat rechtzeitig gestellt worden. Die Verordnung vom 23. Februar 1966 ist in Nr. 9 des Bundesgesetzblatts 1966, Teil I, verkündet worden, die am 2. März 1966 ausgegeben worden ist. Der Antrag des Bundesrates vom 15. Juli 1966 ist am 16. Juli 1966, also innerhalb der Frist des § 64 Abs. 3 BVerfGG, beim Bundesverfassungsgericht eingegangen.

II.

In dem Satzteil: "Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen", in Art. 80 Abs. 2 GG bedeutet "Bundesgesetz" das Bundesgesetz als gesetzgebungstechnische Einheit. Rechtsverordnungen auf Grund solcher Bundesgesetze bedürfen deshalb – falls nicht eine anderweitige Regelung getroffen worden ist – in jedem Fall und nicht nur dann der Zustimmung des Bundesrates, wenn die Ermächtigung und die mit ihr zusammenhängenden Normen die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes ausgelöst haben. Das Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 enthält jedoch eine anderweitige bundesgesetzliche Regelung im Sinne von Art. 80 Abs. 2 GG, so daß die Verordnung vom 23. Februar 1966 von der Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden konnte.

1. Das Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 ist auch von den Ländern auszuführen; sie führen es als "eigene Angelegenheit" aus. Vorschriften des Grundgesetzes, die insoweit "etwas anderes bestimmen oder zulassen" (Art. 83 GG), gibt es nicht.

Das Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 regelt u.a. in Art. 1 des Gesetzes in Verbindung mit Art. 4, 5 und 7 des Übereinkommens auch das Verfahren der Landesverwaltung. Art. 4 des Übereinkommens bestimmt, wo die Apostille anzubringen ist, daß sie einem Muster entsprechen muß und in welcher Sprache sie abzufassen ist. Art. 5 des Übereinkommens besagt, daß die Apostille auf Antrag ausgestellt wird (Abs. 1) und daß Unterschrift, Siegel oder Stempel unter der Apostille keiner Bestätigung bedürfen (Abs. 3). Nach Art. 7 des Übereinkommens ist ein Register oder Verzeichnis zu führen, in das die Ausstellung der Apostillen einzutragen ist; die Führung des Registers oder Verzeichnisses ist näher geregelt.

Diese Bestimmungen regeln das Verwaltungsverfahren. Bundesgesetze, die das Verwaltungsverfahren der landeseigenen Verwaltung regeln, bedürfen nach Art. 84 Abs. 1 GG der Zustimmung des Bundesrates. Zustimmungsbedürftig ist das Gesetz als gesetzgebungstechnische Einheit. Die Zustimmung des Bundesrates bezieht sich nicht nur auf die einzelnen, das Verwaltungsverfahren der landeseigenen Verwaltung regelnden Bestimmungen. Sie ist vielmehr notwendig und wird erteilt für alle Normen des Gesetzes, für das Gesetz als Ganzes (BVerfGE 8, 274 [294 f.]).

2. a) Das Wort "Bundesgesetz" (oder "Gesetz") hat im Grundgesetz nicht überall dieselbe Bedeutung. Welche Bedeutung das Wort hat, ist jeweils aus dem Zusammenhang, in dem es verwendet wird, aus dem Zusammenhang der Vorschrift mit anderen Bestimmungen der Verfassung sowie aus ihrem Sinn und Zweck zu ermitteln.

b) Der Wortlaut des Art. 80 Abs. 2 GG spricht für die Auslegung des Bundesrates. Die Worte "Bundesgesetze, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen", knüpfen bei unbefangenem Verständnis an das Zustandekommen dieser Bundesgesetze an, zu dem die Zustimmung des Bundesrates notwendig war, meinen also das Gesetz als Ganzes.

c) Die Bundesregierung stützt ihre Rechtsauffassung vor allem auf den Zusammenhang von Art. 80 Abs. 2 mit Art. 80 Abs. 1 GG. Art. 80 Abs. 2 GG erwähne die Bundesgesetze nur als "Grund" der Verordnungen. Damit sei auf Art. 80 Abs. 1 GG verwiesen; allein dessen Bestimmungen regelten die besonderen Voraussetzungen, unter denen ein Bundes-"Gesetz" Grundlage von Verordnungen sein könne.

Es ist richtig, daß in Art. 80 Abs. 1 GG das Wort "Gesetz" nicht das Gesetz als Ganzes, sondern einzelne gesetzliche Bestimmungen bedeutet. Daraus ergibt sich jedoch – anders als die Bundesregierung meint – nicht, daß auch in Art. 80 Abs. 2 GG mit "Bundesgesetz" nur ein Ausschnitt aus dem Gesetz gemeint ist. Daß in Art. 80 Abs. 2 GG von "Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen" die Rede ist, vermag einen systematischen Zusammenhang mit Art. 80 Abs. 1 GG, der von Bundesgesetzen als der Grundlage von Rechtsverordnungen handelt, nicht zu begründen. Das gilt insbesondere für Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG, wonach die Rechtsgrundlage in der Verordnung anzugeben ist. Der Bundesrat hat zu Recht darauf hingewiesen, daß diese Vorschrift aus rechtsstaatlichen Gründen ein Formerfordernis statuiert, das die Prüfung erleichtern soll, ob sich der Verordnunggeber beim Erlaß der Verordnung im Rahmen der ihm erteilten Ermächtigungen gehalten hat. Art. 80 Abs. 1 GG regelt die Voraussetzungen der Rechtsetzung durch die Exekutive und insofern die Frage, wann ein Bundesgesetz Grundlage von Verordnungen sein kann. Nach der rechtsstaatlich-demokratischen Verfassungsordnung des Grundgesetzes ist die Rechtsetzung grundsätzlich Sache der Legislative. Die Rechtsetzung durch die Exekutive ist die Ausnahme; sie bedarf einer besonderen Ermächtigung durch die Legislative. Art. 80 Abs. 1 GG legt fest, welchen Anforderungen solche Ermächtigungen genügen müssen. In Art. 80 Abs. 2 GG hingegen ist die unter bundesstaatlichem Aspekt stehende Frage geregelt, wie der föderative Teil der Legislative, der Bundesrat, an dieser Rechtsetzung durch die Exekutive beteiligt ist.

Die beiden Absätze des Art. 80 GG regeln die Voraussetzungen für die Rechtsetzung durch die Exekutive also unter verschiedenen Aspekten. Zwischen den beiden Absätzen fehlt es an einem engen verfassungssystematischen Zusammenhang, der zu dem Schluß zwingt oder auch nur berechtigt, das Wort "Gesetz" bedeute in beiden Absätzen dasselbe, nämlich lediglich einen Ausschnitt aus dem Bundesgesetz und nicht das Gesetz als Ganzes.

Die Worte "auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen", knüpfen vielmehr an das Zustandekommen dieser Bundesgesetze an. Art. 80 Abs. 2 GG steht insofern in systematischem Zusammenhang mit Art. 78 GG (Voraussetzungen für das Zustandekommen von Bundesgesetzen) und den Vorschriften des Grundgesetzes, in denen die Zustimmung des Bundesrates zu einem Gesetz vorgeschrieben wird, hier also mit Art. 84 Abs. 1 GG. Für ihre Entstehung können aber die Bundesgesetze nur als Einheit angesehen werden.

d) Auch aus Sinn und Zweck der in Art. 80 Abs. 2 GG geregelten Zustimmung des Bundesrates zu Rechtsverordnungen folgt, daß in Art. 80 Abs. 2 GG die zustimmungsbedürftigen Bundesgesetze als gesetzgebungstechnische Einheiten gemeint sind.

Die Zustimmung des Bundesrates zu einem Bundesgesetz bezieht sich auf alle Normen des Gesetzes, nicht nur auf die, die seine Zustimmungsbedürftigkeit ausgelöst haben. Der Bundesrat übernimmt durch seine Zustimmung die Verantwortung für das Gesetz als Ganzes. Dem entspricht es, daß alle zur Durchführung oder Ergänzung des Gesetzes ergehenden Rechtsverordnungen die Zustimmung des Bundesrates finden müssen. Die Normen des Gesetzes und die der Verordnungen, die auf Grund einer in ihm enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, bilden eine Einheit. Bezieht sich die Zustimmung des Bundesrates zum Gesetz auf alle Normen des Gesetzes, so ist es folgerichtig, daß alle auf Grund des Gesetzes erlassenen Verordnungen der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Insofern kann die Zustimmung des Bundesrates zu Verordnungen nach Art. 80 Abs. 1 GG als Fortsetzung der Zustimmung des Bundesrates zu dem Gesetz verstanden werden. Sinn und Zweck der Regelung des Art. 80 Abs. 2 GG liegt darin, dem Bundesrat – durch das Zustimmungserfordernis – maßgeblichen Einfluß auf alle Normen einzuräumen, die zur Durchführung und Ergänzung der gesetzlichen Vorschriften ergehen, auf die sich die Zustimmung des Bundesrates bezieht und die ohne diese Zustimmung nicht zustandegekommen wären. Die Möglichkeit, Teile einer Materie aus dem Gesetz auszugliedern und sie der Regelung durch die Exekutive zu überlassen, soll nicht zu einer Verkürzung der Mitwirkung des Bundesrates an der Rechtsetzung führen. Hat sich der Bundesgesetzgeber zur Zusammenfassung von Normen in einem Gesetz entschieden, so hat er damit auch über die Zustimmungsbedürftigkeit aller in diesem Gesetz enthaltenen Normen befunden. Dem entspricht es, daß auch alle Verordnungen auf Grund eines Zustimmungsgesetzes zustimmungsbedürftig sind ohne Rücksicht darauf, ob die Ermächtigung und die mit ihr zusammenhängenden Normen die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes ausgelöst haben.

Der vorliegende Verfassungsrechtsstreit gibt keine Veranlassung, die Frage zu entscheiden, ob alle ein Zustimmungsgesetz ändernden Gesetze wiederum – wie der Bundesrat meint – der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Sie bleibt offen.

e) Nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang sowie nach Sinn und Zweck des Art. 80 Abs. 2 GG bedeutet also "Bundesgesetz" in dieser Vorschrift das Gesetz als Ganzes.

Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, daß die Bestimmungen der Verordnung vom 23. Februar 1966 auch als nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz hätten erlassen werden können.

Das Grundgesetz kennt in dem hier in Frage stehenden Bereich als Formen der Rechtsetzung nur das Gesetz und die Rechtsverordnung (vgl. BVerfGE 8, 274 [323]). Auch eine Verordnung, die der Zustimmung des Bundestages bedarf, bleibt Verordnung (BVerfGE 8, 274 [322]). Der Bundestag kann eine Verordnung, deren Gültigkeit zweifelhaft ist, nicht nachträglich "genehmigen" (BVerfGE 22, 330 [346]); er kann nur Gesetze, nicht aber Verordnungen erlassen (BVerfGE 22, 330 [346]). Das Grundgesetz unterscheidet zwischen der Rechtsetzung in der Form des Gesetzes und in der Form der Rechtsverordnung; Zuständigkeiten und Voraussetzungen der Rechtsetzung in der einen und der anderen Form sind im Grundgesetz verschieden geregelt.

Hat sich der Gesetzgeber zu einer Ermächtigung zur Rechtsetzung durch die Exekutive entschlossen, so regeln sich Zuständigkeiten und Voraussetzungen dieser Rechtsetzung nach den Vorschriften des Grundgesetzes über den Erlaß von Rechtsverordnungen, hier nach Art. 80 Abs. 2 GG. Es geht nicht an, eine bestimmte Auslegung dieser Vorschrift darauf zu stützen, daß die Regelungen nicht zustimmungsbedürftig gewesen wären, wenn der Gesetzgeber die andere Form der Rechtsetzung, die des Gesetzes, gewählt hätte.

Da sich der Gesetzgeber hier für die Delegation der Rechtsetzungsbefugnis auf die Exekutive entschieden hat, kann dahingestellt bleiben, ob der Dispositionsbefugnis des Bundestages hinsichtlich der Aufteilung des Rechtsstoffes auf Gesetz und Verordnung oder auf mehrere Gesetze
– etwa auf ein nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz mit materiellen Regelungen und den Verfahrensregelungen für die Bundesverwaltung und ein anderes nach Art. 84 Abs. 1 GG zustimmungsbedürftiges Gesetz mit Verfahrens- und Organisationsbestimmungen für die landeseigene Verwaltung –
verfassungsrechtliche Grenzen gezogen sind – wie der Bundesrat meint – und wann solche Grenzen gegebenenfalls überschritten wären.

Die Bundesregierung meint, es sei nicht einzusehen, warum der Bundesrat einer Verordnung sollte zustimmen müssen, wenn ein Gesetz gleichen Inhalts nicht zustimmungsbedürftig gewesen wäre. Das kann auch noch aus einem anderen Grunde nicht überzeugen. Die Mitwirkungs- und Einwirkungsrechte des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren sind auch bei sogenannten einfachen (nicht zustimmungsbedürftigen) Gesetzen erheblich. Er kann den Vermittlungsausschuß anrufen und schließlich Einspruch einlegen (siehe Art. 77 GG, insbesondere dessen Absatz 4). Es geht deshalb nicht an, die nicht zustimmungsbedürftige Verordnung und das nicht zustimmungsbedürftige Gesetz, was die Mitwirkung des Bundesrates bei ihrem Zustandekommen angeht, gleichzusetzen. Bei nicht zustimmungsbedürftigen Gesetzen bleiben dem Bundesrat nach Art. 77 GG beträchtliche Möglichkeiten, auf Inhalt und Zustandekommen des Gesetzes einzuwirken. Bei nicht zustimmungsbedürftigen Verordnungen fehlen dem Bundesrat solche Möglichkeiten. Diese Verordnungen werden von der Exekutive allein erlassen.

f) Nach der von der Bundesregierung vertretenen Ansicht wären Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 2 GG nur dann zustimmungsbedürftig, wenn die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes ausgelöst worden ist durch Normen, die einen selbständigen, abgrenzbaren Sachbereich betreffen, sofern sie mit der Ermächtigung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Es wird häufig schwierig sein zu klären, welche Normen einen selbständigen Sachbereich betreffen und einen abgrenzbaren Normenkomplex bilden, ob dieser Normenkomplex die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes ausgelöst hat oder ob er einen für sich gesehen zustimmungsfreien Normenbereich bildet, und schließlich ob die Ermächtigungsnorm in einem untrennbaren Zusammenhang mit diesem jeweils zu ermittelnden Normenkomplex steht. Die Rechtsauffassung der Bundesregierung würde also zu einer nicht unbeträchtlichen Rechtsunsicherheit führen.

g) Einerseits hat die Bundesregierung Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen, die nach Ansicht des Bundesrates seiner Zustimmung bedurft hätten, ohne daß der Bundesrat daraus Konsequenzen gezogen hat. Andererseits hat die Bundesregierung auch solche Rechtsverordnungen dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet, bei denen nach ihrer Rechtsauffassung eine Zustimmung des Bundesrates nicht geboten gewesen wäre. Die Staatspraxis ist also nicht eindeutig. Auf sie kann sich weder der Bundesrat noch die Bundesregierung berufen.

Auch die Entstehungsgeschichte von Art. 80 Abs. 2 GG ergibt nichts für die hier zu entscheidende Frage.

h) Die Worte "Rechtsverordnungen auf Grund von Bundesgesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen" in Art. 80 Abs. 2 GG bezeichnen also die zustimmungsbedürftigen Bundesgesetze als Ganzes, als gesetzgebungstechnische Einheiten. Rechtsverordnungen auf Grund solcher Gesetze bedürfen auch dann der Zustimmung des Bundesrates, wenn die Ermächtigung oder die mit ihr zusammenhängenden Normen nicht die Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesgesetzes ausgelöst haben.

3. Art. 80 Abs. 2 GG bestimmt, daß die dort genannten Verordnungen "vorbehaltlich anderweitiger bundesgesetzlicher Regelung" der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Art. 2 des Vertragsgesetzes vom 21. Juni 1965 enthält für die Rechtsverordnungen, die die Bundesregierung für ihren Geschäftsbereich zu erlassen ermächtigt ist, eine solche anderweitige bundesgesetzliche Regelung.

Art. 2 Abs. 1 des Vertragsgesetzes beschränkt die der Bundesregierung und die den Landesregierungen zustehenden Befugnisse, die für die Ausstellung der Apostille zuständige Behörde zu bestimmen, ausdrücklich auf ihren jeweiligen Geschäftsbereich. Diese ausdrückliche Begrenzung wird zwar in der durch Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes erteilten Ermächtigung, durch Rechtsverordnung die für die Ausstellung der Apostille und für die Prüfung nach Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens zu erhebenden Kosten festzusetzen, nicht wiederholt. Hierfür versteht sich diese Begrenzung jedoch von selbst.

Art. 2 des Gesetzes enthält also je gesonderte, sachlich begrenzte und deutlich unterschiedene Ermächtigungen einerseits für die Bundesregierung, andererseits für die Landesregierungen. Die der Bundesregierung für ihren Geschäftsbereich erteilte Ermächtigung bezieht sich lediglich auf die Ausführung des Vertragsgesetzes vom 21. Juni 1965 und des Übereinkommens durch die Bundesverwaltung. Nur auf die der Bundesregierung durch Art. 2 des Gesetzes gesondert erteilte Ermächtigung stützt sich die Verordnung vom 23. Februar 1966, die Regelungen lediglich für den Bereich der Bundesverwaltung trifft. Die Ermächtigung der Bundesregierung läßt die den Landesregierungen erteilte Ermächtigung ebenso unberührt wie die Ausführung des Gesetzes und des Übereinkommens durch die landeseigene Verwaltung.

Aus Formulierung, Sinn und Zweck von Art. 2 des Vertragsgesetzes vom 21. Juni 1965 ergibt sich also, daß die von der Bundesregierung für ihren Geschäftsbereich zu erlassenden Rechtsverordnungen der Zustimmung des Bundesrates nicht bedürfen. Art. 2 des Vertragsgesetzes enthält eine "anderweitige bundesgesetzliche Regelung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 GG. Die Bundesregierung konnte also die Verordnung vom 23. Februar 1966 ohne die Zustimmung des Bundesrates erlassen. Sie hat deshalb durch den Erlaß der Verordnung den Bundesrat nicht in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten verletzt.

4. Die Entscheidung, das Vertragsgesetz vom 21. Juni 1965 enthalte eine "anderweitige bundesgesetzliche Regelung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 GG, ist mit 5 gegen 3 Stimmen getroffen worden; im übrigen ist die Entscheidung einstimmig ergangen.