RG, 29.10.1897 - III 156/9

Daten
Fall: 
Überweisung einer Geldforderung
Fundstellen: 
RGZ 40, 371
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
29.10.189
Aktenzeichen: 
III 156/9
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Güstrow
  • OLG Rostock
Stichwörter: 
  • Gerichtspfand aus § 690 C.P.O.

Kann bei Überweisung einer Geldforderung zur Einziehung die Widerspruchsklage gegen die Zwangsvollstreckung in dem Gerichtsstande des § 690 CPO bis zur Zahlung des Drittschuldners erhoben werden?

Sachverhalt

Auf Antrag des Gläubigers O., der gegen den zu Hof B. im Bezirke des Amtsgerichtes Plau wohnenden Schuldner D. vor dem Landgerichte Halberstadt ein vollstreckbares Urteil erstritten hatte, wurde durch Beschluß des Amtsgerichtes Plau eine dem Schuldner angeblich gegen den Dominal-Kapitalfonds zu Schwerin zustehende Forderung von ungefähr 7000 M „bei eingetretener Fälligkeit" auf Höhe von 5030,60 M nebst 6 Prozent Zinsen seit dem 30. Januar 1896 auf 5000 M gepfändet und zugleich dem Gläubiger auf Höhe des bezeichneten Betrages zur Einziehung überwiesen. Nach der bald darauf erfolgten Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des D. focht der Konkursverwalter die gedachten Vollstreckungsmaßregeln vor dem Landgerichte zu Güstrow, als dem Gerichte, in besten Bezirk die Zwangsvollstreckung erfolgt war, aus § 23 Ziff. 1. 2 K.O. mit der Widerspruchsklage des § 690 C.P.O. gegen den Gläubiger mit dem Antrage an, daß er die bis zur Höhe von 5030,60 M gepfändete Forderung aus dem Pfandnexus freigeben solle. Das Landgericht erklärte sich auf Grund der vorgeschützten Einrede der Unzuständigkeit für unzuständig; auf die Berufung des Klägers verwarf aber das Oberlandesgericht die Einrede und verwies die Sache an das Landgericht zurück.

Die Revision des Beklagten ist zurückgewiesen worden aus folgenden

Gründen:

... „Daß die Widerspruchsklage aus § 690 C.P.O. auch auf Anfechtung aus der Konkursordnung und dem Anfechtungsgesetze gestützt werden kann, ist nicht zu bezweifeln. Die Entscheidung hängt daher von der Beantwortung der in der Literatur streitigen Rechtsfrage ab, ob die Vollstreckung in eine Geldforderung schon mit der Überweisung der Forderung zur Einziehung, oder erst mit der Zahlung des Drittschuldners beendigt ist. Ist letzteres der Fall, so ist das Landgericht Güstrow zuständig; weil der Drittschuldner Zahlung nicht geleistet hat. Der erkennende Senat hält die vom Berufungsgerichte vertretene Ansicht für richtig. Die Zuständigkeit aus § 690 a. a. O. besteht bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung. Die Zwangsvollstreckung wird aber durch Pfändung und Überweisung einer Geldforderung so wenig beendigt, wie durch Pfändung körperlicher Sachen. Die gepfändete und überwiesene Forderung bleibt, wie die gepfändete körperliche Sache, im Vermögen des Schuldners; der Gläubiger hat nur die Befugnis, die Forderung namens seines Schuldners einzuziehen und sich dadurch Befriedigung zu verschaffen; Befriedigung erhält er aber erst durch Zahlung, gleichwie bei Pfändung körperlicher Sachen der Gläubiger erst nach Empfang des Erlöses befriedigt ist. Daß aber in letzterem Falle die Vollstreckung auch erst mit dem Empfange ihr Ende findet, wird kaum noch bestritten. Ist ferner zu beachten, daß der Gläubiger nach Überweisung der Forderung noch die Herausgabe der über die Forderung vorhandenen Urkunden nach § 737 Abs. 2 C.P.O. im Wege der Zwangsvollstreckung erwirken, daß er durch eine dem Schuldner zuzustellende Erklärung auf diese Art der Vollstreckung verzichten und zu einem anderen Exekutionsmodus übergehen kann, so ist, mit dem Berufungsgerichte, anzunehmen, daß die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung gleich der Pfändung körperlicher Sachen nur einen die Befriedigung vorbereitenden Charakter hat, also die Zwangsvollstreckung nicht beendigt. Ob die Überweisung einer Geldforderung an Zahlungsstatt anders zu beurteilen, oder ob auch für sie anzunehmen ist, daß sie nicht grundsätzlich und definitiv die Zwangsvollstreckung beendige, ist hier nicht zu entscheiden." ...

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