RG, 16.12.1879 - III 106/79

Daten
Fall: 
Schadensersatzanspruch nach dem Haftpflichtgesetz
Fundstellen: 
RGZ 1, 46
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
16.12.1879
Aktenzeichen: 
III 106/79
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Kreisgericht Stettin.
  • Appellationsgericht daselbst.
Stichwörter: 
  • Begründungsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruches nach dem Haftpflichtgesetz

Ist zur Begründung eines Schadensersatzanspruches auf Grund des §. 2 des Haftpflichtgesetzes die Darlegung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der Verletzung und dem Funkbetriebe erforderlich?

Tatbestand

Kläger, welcher in der Zuckerfabrik der beklagten Aktiengesellschaft seit längerer Zeit beschäftigt war, wurde im Februar 1878 beauftragt, unter Aufsicht eines Aufsehers Z. neun für die Fabrik bestimmte Zuckerfässer mit dem von ihm geleiteten Fuhrwerke zu holen. Er wurde durch ein während des Transportes vom Wagen herunterfallendes Faß beschädigt und behauptet, daß dieser Unfall durch ein Verschulden des den Wagen begleitenden Aufsehers Z. verursacht sei. Gestützt auf §. 2 des Reichshaftpflichtgesetzes fordert er eine Entschädigung wegen der in Folge des Unfalles eingetretenen dauernden Verminderung seiner Erwerbsfähigkeit. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen abgewiesen, weil nach §. 2 a. a. O. die Begründung eines Schadensersatzanspruches einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Verletzung und dem Fabrikbetriebe voraussetze und Kläger einen solchen nicht dargethan habe.

Die vom Kläger gegen diese Entscheidung wegen Verletzung der §§. 2 u. 3 des Haftpflichtgesetzes eingewendete Nichtigkeitsbeschwerde wurde aus folgenden Gründen verworfen:

Gründe

"Indem das Appellationsgericht davon ausgegangen ist, daß zur Begründung eines Schadenersatzanspruches auf Grund des §. 2 des Haftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871 die Darlegung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Unfalle und dem Fabrikbetriebe erforderlich sei, verletzt es nicht den §. 2 a. a. O., sondern wendet ihn richtig an. Es ergiebt sich dieses nicht allein aus der Fassung des §. 2, wonach derjenige, welcher ein Bergwerk etc. betreibt, für den Schaden haftet, welcher dadurch entsteht, daß ein Bevollmächtigter etc. oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat, die Anwendbarkeit des §. 2 also ausgeschlossen ist, wenn der Unfall sich außerhalb des Bereiches des Fabrikbetriebes zugetragen hat, sondern es geht dieses auch aus den im Reichstage über das Gesetz gepflogenen Verhandlungen hervor.

Die Frage, ob ein solcher ursächlicher Zusammenhang im vorliegenden Falle vorhanden sei, beruht auf einer Würdigung der konkreten thatsächlichen Verhältnisse und es enthält deren Verneinung keine Verletzung des §. 2. Darauf, daß der Kläger, als er verunglückte, durch seine Thätigkeit, das Herbeiholen der Fässer, nicht unmittelbar in den Fabrikbetrieb eingetreten ist, würde es allerdings nicht ankommen; allein der Appellationsrichter geht davon aus, daß die Herbeischaffung,der leeren Fässer nach der Fabrik, soweit es sich nur um den Akt der Herbeiholung handle, mit dem Betriebe der Fabrik nichts gemein habe, und ist für die Schlußfolgerung, daß, wenn Kläger bei dieser Gelegenheit durch das Verschulden eines Aufsehers des Fabrikunternehmers eine Körperverletzung erlitten habe, der ursachliche Zusammenhang zwischen der Verletzung und dem Fabrikbetriebe fehle, die weitere Anführung, daß der Verletzte durch seine Thätigkeit nicht unmittelbar in den Fabrikbetrieb eingetreten sei, nicht wesentlich."