RG, 30.11.1880 - II 295/80

Daten
Fall: 
Entschädigungsklage wegen Warenbezeichnung
Fundstellen: 
RGZ 3, 67
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
30.11.1880
Aktenzeichen: 
II 295/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Handelsgericht Mainz.
  • OLG Darmstadt.
Stichwörter: 
  • Entschädigungsklage wegen Gebrauches einer nach dem Markenschutzgesetz nicht als widerrechtlich anzusehenden Warenbezeichnung

Ist wegen Gebrauches einer nach dem Markenschutzgesetz vom 30. November 1874 nicht als widerrechtlich anzusehenden Warenbezeichnung eine Entschädigungsklage aus Art. 1382 Code civil zulässig?

Tatbestand

Die unter der Firma "Apollinarisbrunnen, vormals Kreuzberg" zu Remagen bestehende Aktiengesellschaft behauptet, daß der in Mainz, wohnende Beklagte das Wasser der Salzquelle zu Cronthal im Taunus mit der Bezeichnung "Apollinisbrunnen" und mit einer, ihrem angemeldeten Warenzeichen nachgebildeten Marke in den Handel bringe und feilhalte. Die auf §.13 Abs. 2 und §. 18 des Reichsgesetzes vom 30. November 1874, sowie auf Artt. 1382 und 1383 Code civil gestützte Klage ging dahin, daß dies dem Beklagten untersagt und derselbe zum Schadensersatz verurteilt werde. Das Handelsgericht hat nach dem Klageantrag erkannt und die Liquidation des Schadens vorbehalten. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage insoweit ab, als es sich um den Gebrauch der Bezeichnung "Apollinisbrunnen" handelt, verwarf dagegen die Berufung, insoweit der Beklagte für nicht berechtigt erklärt ist, das Wasser von Cronthal mit den in der Klage beschriebenen Marken auf den Krügen, Zinnkapseln, Korken und Etiketten in den Handel zu bringen und feilzubieten.

Die von der Klägerin eingelegte Revision wurde zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"In der gegenwärtigen Instanz handelt es sich nur noch darum, ob das Oberlandesgericht mit Recht unter teilweiser Annahme der Berufung des Beklagten denselben für berechtigt erklärt hat:

"das Wasser der Salzquelle des Bades Cronthal mit der Bezeichnung Apollinisbrunnen in den Handel zu bringen und feilzuhalten".

Das Oberlandesgericht hat diese Entscheidung auf §. 10 Abs. 1 des Markenschutzgesetzes vom 30. November 1874 gestützt, wonach durch die Anmeldung eines Warenzeichens, welches Buchstaben oder Worte enthält, niemand gehindert wird, seinen Namen oder seine Firma, sei es auch in abgekürzter Gestalt, zur Kennzeichnung seiner Waren zu gebrauchen. Weiter ist in den Gründen ausgeführt, "daß für die Besitzer des Cronthaler Wassers nichts im Wege gestanden hätte, auf ihre Warenzeichen den Namen Apollinisbrunnen zu setzen, wenn nur im sonstigen denselben mit den früher bestandenen Warenmarken der Klägerin eine Verschiedenheit gegeben worden wäre, zu deren Erkennung es nicht der Anwendung besonderer Aufmerksamkeit bedurft hätte."

Nun war freilich die vom Beklagten in Anspruch genommene Befugnis zur Bezeichnung seiner Ware mit dem Worte "Apollinisbrunnen" nicht nur im Verhältnis zu dem von der Klägerin angemeldeten Warenzeichen (Figurenzeichen) zu prüfen; denn die §§. 13. 14 und 18 des Markenschutzgesetzes gewähren, abgesehen von angemeldeten Warenzeichen, jedem inländischen Handeltreibenden einen Schutz gegen die widerrechtliche Bezeichnung von Waren mit seinem Namen oder seiner Firma, wie dies auch schon nach dem aufgehobenen §. 287 des Strafgesetzbuchs der Fall war.

Aber auch in dieser Richtung läßt die angefochtene Entscheidung eine Rechtsverletzung nicht erkennen.

Zunächst enthält die Bezeichnung "Apollinisbrunnen" schon deshalb nicht eine Anwendung des klägerischen Namens, weil die Klägerin als Aktiengesellschaft einen Namen im Sinne der angeführten Paragraphen des Markenschutzgesetzes nicht hat, Art. 18 H.G.B.

Ferner muß in der Entscheidung des Oberlandesgerichts die thatsächliche Feststellung gefunden werden, daß die klägerische Firma: "Apollinarisbrunnen, vormals Georg Kreuzberg" durch die Bezeichnung "Apollinisbrunnen" nicht mit Abänderungen wiedergegeben ist, welche nur durch Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können, §. 18 des Markenschutzgesetzes.

Hiernach bleibt nur noch zu untersuchen, ob die Klägerin die Bestimmung des Art. 1382 Code civil insoweit für sich anrufen kann, als sie behauptet, daß ihre Ware thatsächlich unter der Benennung "Apollinarisbrunnen" im Verkehr sei, und daß der Beklagte, welcher durch Annahme der Warenbezeichnung "Apollinarisbrunnen" doloser Weise eine Täuschung des Publikums zum Nachteil der Klägerin bezwecke, abgesehen von den Bestimmungen des Markenschutzgesetzes sich hierdurch einer widerrechtlichen Handlung schuldig mache.

Indessen kann eine Anwendbarkeit des Art. 1382 Code civil in dieser Hinsicht nicht zugestanden werden. Das Markenschutzgesetz hat sich, wie schon die Einleitung zu den Motiven des Entwurfs deutlich ergiebt (Reichstagsverh. 1874/75 Nr. 20), zur Aufgabe gestellt, den Schutz der Warenbezeichnungen, mögen dieselben in willkürlich gewählten Figuren oder in Namen und Firmen bestehen, auch civilrechtlich für das Deutsche Reich einheitlich und erschöpfend zu regeln; damit wäre es aber unvereinbar, eine Handlung, welche nach dem Markenschutzgesetz erlaubt ist, im Geltungsgebiete des Art. 1382 Code civil als eine widerrechtliche, welche zum Schadensersatz verpflichten würde, anzusehen."