RG, 06.07.1920 - II 30/20

Daten
Fall: 
Lizenz am Warenzeichen
Fundstellen: 
RGZ 100, 22
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
06.07.1920
Aktenzeichen: 
II 30/20
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Landgericht Dresden
  • Oberlandesgericht Dresden

In welchen Grenzen ist die Erteilung einer Lizenz am Warenzeichen zulässig ?

Tatbestand

Für die im Eigentum des Beklagten, des sächsischen Staatsfiskus, stehende Porzellanmanufaktur in Meißen ist die sogenannte Schwertermarke, die von ihr seit fast 200 Jahren geführt wird, unter dem 2. Oktober 1894 neu als Warenzeichen für Porzellanprodukte aller Art angemeldet und eingetragen worden. Der Kläger betreibt in Dresden unter der Firma A. H. eine Porzellanhandlung und Porzellanmalerei. In deren Beständen befindet sich ein Vorrat weißen - unbemalten - Porzellans aus der Meißner Porzellanmanufaktur, das die Kurschwertermarke trägt und nach dem 2. Oktober 1894 bezogen ist.

Der Kläger verlangt, da der Beklagte ihm das Recht hierzu auf Grund seines Warenzeichenrechts bestreitet, festzustellen, daß er berechtigt sei, das weiße, mit der Kurschwertermarke versehene Porzellan zu bemalen und bemalt in den Handel zu bringen. Zur Begründung dafür, daß er damit nicht in das Zeichenrecht des Beklagten eingreife, behauptet er, daß die Bemalung überhaupt nicht durch die Kurschwerter gedeckt werde, und ferner, daß jedenfalls der Beklagte mit dieser Gebarung einverstanden gewesen sei.

Beide Instanzen wiesen die Klage ab. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Gründe

1.

Das in gekreuzten Kurschwertern bestehende Warenzeichen des Beklagten ist für "Porzellanprodukte aller Art" eingetragen. Schon hieraus erhellt, daß es nicht auf weißes unbemaltes Porzellan beschränkt ist, sondern außer diesem auch bemaltes Porzellan mit umfaßt. Dann ist es aber nicht nur Kennzeichen dafür, daß das einzelne Warenstück, auf dem sich das Warenzeichen befindet, aus Porzellan hergestellt ist, das aus der Meißner Manufaktur stammt, oder daß es dort aus solchem Porzellan seine plastische Form erhalten hat, sondern weiter auch dafür, daß es als Fertigerzeugnis vollständig so, wie es im Verkehr gehandelt wird, also gegebenenfalls auch mit seiner Bemalung, dort hergestellt worden ist (RGSt. Bd. 23 S. 368, 369), Daß dies auch die Auffassung des Publikums in seiner Gesamtheit ist, das als Käufer bemalter Porzellangegenstände in Betracht kommt, stellt das Berufungsgericht tatsächlich fest und erklärt es ausdrücklich für unrichtig, daß das Warenzeichen seine ihm nach der Anmeldung zukommende Bedeutung, ein Hinweis auf den Ursprung auch der Malerei aus dem Betriebe der Manufaktur zu sein, verloren habe. Hiernach würde eine Bemalung durch Dritte außerhalb des Betriebs der Manufaktur nur dann nicht in den Schutzbereich des Warenzeichens eingreifen, wenn der zu bemalende Gegenstand sich nicht mehr im Handelsverkehr befände der die Bemalung im rechtlich zulässigen Einverständnisse mit der Manufaktur erfolgte. Jede andere Bemalung eines mit dem Warenzeichen versehenen weißen Porzellanstückes aus der Meißner Manufaktur durch Dritte hat die Wirkung, daß dann auch das bemalte Warenstück als mit dem Warenzeichen versehen im Verkehr auftritt. Denn es ist dadurch die Beziehung zwischen dem Zeichen und dem bemalten Stück hergestellt, die nach der Verkehrsauffassung den Hinweis auf die Herkunft des Fertigerzeugnisses in der vorliegenden Gestalt enthält, wobei es selbstverständlich gleichgültig ist, zu welchem Zeitpunkt, ob vor oder nach der Bemalung, das Zeichen angebracht worden ist. Entscheidend ist, daß das bemalte Stück als mit dem Warenzeichen versehen sich im Verkehr befindet (RGSt. Bd. 37 S.258, Bd. 30 S. 95, Bd. 43 S 107). Was die Revision dafür vorbringt, daß nach der Verkehrsauffassung das Warenzeichen die Malerei nicht decke, richtet sich gegen die tatsächlichen Feststellungen. Auch insofern ihre prozessuale Unzulänglichkeit damit behauptet wird, sind die Anführungen nicht geeignet, sie zu erschüttern. Die Revision selbst zieht aus ihrem Vorbringen auch nur die Folgerung, daß es "durchaus möglich gewesen sei, daß sich die Ansicht ausbilde, die Marke decke die Malerei nicht". Das Berufungsgericht stellt demgegenüber aber eben fest, daß diese Möglichkeit nicht eingetreten ist. Daß es möglich gewesen sei, wie die Revision behauptet, im Verkehr festzustellen, ob die Malerei von der Manufaktur herrühre oder nicht, weil nur die beiden ersten Qualitäten von der Manufaktur selbst bemalt würden, die dritte aber nicht und weil die verschiedenen Qualitäten durch Schnitte auf den einzelnen Stücken gekennzeichnet würden, würde nur dann von Belang sein, wenn letztere Gepflogenheit - ihre Richtigkeit unterstellt - nicht nur einzelnen Käufern, sondern dem großen Publikum allgemein bekannt wäre. Dieses Anführen ist vom Berufungsgericht auch ersichtlich nicht unbeachtet gelassen worden, es stellt demgegenüber aber fest, daß das große Publikum in seiner Allgemeinheit aus der ersten, zweiten und dritten Wahl diese Folgerung nicht zieht. Im übrigen ist auch bei der Anmeldung des Warenzeichens ein Unterschied zwischen den verschiedenen Qualitäten nicht gemacht worden, vielmehr deckt das Zeichen schlechthin alle bemalten Porzellanstücke ohne Unterschied der Qualität des Porzellans.

2.

Von den Ausnahmen, die keine Verletzung des Warenzeichens durch Bemalung des weißen, bereits mit der Marke versehenen Porzellans darstellen, kommt vorliegendenfalls nur die Zustimmung seitens der Manufaktur in Betracht, auf die sich der Beklagte beruft. Das Berufungsgericht lehnt auch die Zulässigkeit einer Berufung hierauf ohne Rechtsirrtum ab. Neben dem Schutze des Inhabers des Warenzeichens gegen unlauteren Wettbewerb anderer Gewerbetreibender bezweckt das WZG. auch den Schutz des Publikums, des Konsumenten, gegen Täuschungen durch den Gebrauch von Warenbezeichnungen. Auf eine solche Täuschung aber liefe es hinaus, wenn die Beamten der Manufaktur oder selbst die Vertreter der sächsischen Staatsregierung als Inhaber des Warenzeichens ihre Zustimmung dazu geben würden oder gegeben hätten, daß weißes Porzellan von Dritten bemalt und mit dem Warenzeichen versehen in den Verkehr gebracht würde, da hierdurch ein Irrtum darüber hervorgerufen wird, auch diese Bemalung sei in der Manufaktur erfolgt oder werde doch von ihr gebilligt und vertreten. Wenn das Berufungsgericht ein solches dem Zweck des Warenzeichens zuwiderlaufendes und eine Täuschung des Publikums ermöglichendes Verhalten als sittenwidrig und deshalb nach § 793 des sächsischen BGB. unverbindlich ansieht, so beruht das auf Anwendung des nicht revisiblen sächsischen bürgerlichen Rechts, entspricht aber auch dem Sinn und Zweck des WZG. (RGZ, Bd. 53 S. 95). Das alles trifft namentlich auch zu, wenn das von der Revision vorgebrachte, die Zustimmung der sächsischen Regierung und der verantwortlichen Leiter der Manufaktur ergebende Verhalten erwiesen würde. Denn immer ist eine Zustimmung zum Gebrauch eines Warenzeichens durch Dritte, die Erteilung einer Lizenz, nur in den Grenzen rechtswirksam, die durch den Zweck des Zeichenschutzes gesteckt sind, und nur insoweit, als dadurch nicht eine Täuschung des Publikums über die Herkunft der Ware herbeigeführt wird.