RG, 18.11.1901 - I 216/01

Daten
Fall: 
Einrede des Schiedsvertrages
Fundstellen: 
RGZ 49, 429
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
18.11.1901
Aktenzeichen: 
I 216/01
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Schneidemühl
  • OLG Posen

Unterliegt die Einrede des Schiedsvertrages (§ 274 Abs. 2 Nr. 3 C.P.O.) der Beschränkung des § 528 Abs. 1 Satz 1 C.P.O. auch dann, wenn das Verfahren erster Instanz schon vor dem 1. Januar 1900 beendet worden ist?

Gründe

"Mit Unrecht behauptet der Kläger, die Beklagte sei mit der Einrede des Schiedsvertrages, weil sie dieselbe nicht in erster Instanz vorgebracht habe, und die Voraussetzungen, unter denen nach § 528 Abs. 1 Satz 1 C.P.O. prozeßhindernde Einreden noch in der Berufungsinstanz geltend gemacht werden können, nicht gegeben seien, ausgeschlossen. Das Endurteil erster Instanz ist bereits am 19. Oktober 1897 ergangen. Das gesamte Verfahren erster Instanz unterlag demnach noch den Prozeßgrundsätzen des vor dem 1. Januar 1900 in Kraft gewesenen Rechtes. Damals aber war die in Rede stehende Einrede noch nicht eine prozeßhindernde; sie ist vielmehr erst durch § 274 Abs. 2 Nr. 3 C.P.O. n. F. dazu erklärt worden. Auf die im vorliegendem Rechtsstreite erhobene Einrede fand demnach die Vorschrift des § 274 Abs. 1: "Prozeßhindernde Einreden sind gleichzeitig und vor der Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache vorzubringen", keine Anwendung. Der § 528 Abs. 1 Satz 1 hat aber offensichtlich nur solche prozeßhindernde Einreden im Auge, welche dieser Vorschrift in erster Instanz unterlagen; denn er knüpft den Ausschluß an die Voraussetzung eines Verschuldens der Partei beim Nichtvorbringen in erster Instanz, und von einem Verschulden kann nur bei Übertretung des prozeßrechtlichen Gebotes des § 274 Abs. 1 die Rede sein. Wenn es auch richtig ist, daß der Beklagten nicht ein wohlerworbenes Recht zustand, die Einrede noch in der Berufungsinstanz vorzubringen, und Prozeßvorschriften an sich sofort mit ihrem Inkrafttreten auch auf anhängige Prozesse Anwendung finden (Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 16 S. 398), so kann das betreffende Prozeßgesetz sich doch sehr wohl hinsichtlich seines Anwendungsbereiches selbst beschränken. Diese Selbstbeschränkung des § 528 Abs. 1 Satz 1 muß aber, wie dargelegt, aus seinem Inhalte und dem engen Zusammenhange mit § 274 entnommen werden. In demselben Sinne haben sich auch hervorragende Kommentatoren der Civilprozeßordnung ausgesprochen.

Vgl. Petersen-Anger, Anh. 1 Nr. 18 d; Gaupp-Stein, Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Änderungen der Civilprozeßordnung, Art. 1 Nr. 4, Bem. 15 S. 45; Struckmann u. Koch zu § 274 Bem. 6 Abs. 2." ...