RG, 12.02.1895 - III 278/94

Daten
Fall: 
Formmangel im Kaufvertrage
Fundstellen: 
RGZ 35, 175
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
12.02.1895
Aktenzeichen: 
III 278/94
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Aurich
  • OLG Celle

Wird auch der Formmangel der im Kaufvertrage vom Verkäufer für die Vornahme der Auflassung erteilten Vollmacht durch die erfolgte Eintragung des Käufers in das Grundbuch geheilt?

Aus den Gründen

... "Der zwischen den Parteien abgeschlossene und von den Klägern angefochtene Kaufvertrag trägt die notariell beglaubigten Unterschriften der beiden Kläger als Verkäufer und des Beklagten als Käufers. Außer den Kaufbedingungen enthält er im § 6 eine Vollmacht, durch welche die Kläger den Gerichtsdiener K. ermächtigen, für sie vor dem Grundbuchamte die Auflassungserklärung abzugeben. Das ist durch K. geschehen, und darauf der Beklagte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die Kläger bestreiten nun die Rechtsgültigkeit des Kaufvertrages, der Vollmacht und der Eintragung, weil der Mitkläger R. R. nicht schreiben könne; seine Unterschrift sei nur dadurch ermöglicht worden, daß der beglaubigende Notar ihm die Hand geführt habe. Ohne den dafür angebotenen Beweis zu erheben, hat das Berufungsgericht den Formmangel des Vertrages als durch die erfolgte Auflassung geheilt, daher den Vertrag und die Auflassung als formell rechtswirksam angesehen.

Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsirrtum. Es ist zwar richtig, daß nach § 10 Eig.-Erw.-Ges. vom 5. Mai 1872 durch die Auflassung die Formmängel des die Auflassung veranlassenden Rechtsgeschäftes geheilt werden; weiter geht aber die Wirkung nicht. Nur der Kaufvertrag ist das Rechtsgeschäft, durch das die Auflassung veranlaßt ist, nicht die nur äußerlich damit verbundene Vollmacht. Auch diese erfordert schriftliche Form, die, wenn der Mitkläger wirklich Analphabet ist, nach §§ 172 flg. A.L.R. I. 5 nicht gewahrt sein würde. Fehlte es aber an einer gültigen Vollmacht, so kann an sich die Auflassung von den Klägern wirksam angefochten werden; damit würde auch die heilende Wirkung des § 10 a. a. O. beseitigt, dann aber der Kaufvertrag wegen ungenügender Form ungültig sein, ohne daß es auf die Simulation ankäme. Daß der Grundbuchrichter auf Grund der äußerlich genügende Unterschriften tragenden und notariell beglaubigten Urkunde die Auflassungserklärung entgegennehmen und die Umschreibung vornehmen durfte, ändert daran nichts." ...