RG, 08.11.1884 - I 60/84

Daten
Fall: 
Schlußbestimmung des §. 530 C.P.O.
Fundstellen: 
RGZ 15, 431
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
08.11.1884
Aktenzeichen: 
I 60/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • AG Bremen
  • LG Bremen
  • OLG Hamburg

Verhältnis der Fälle der sofortigen Beschwerde zu der allgemeinen Schlußbestimmung des §. 530 C.P.O.

Tatbestand

Gegen einen im Zwangsvollstreckungsverfahren vom Landgerichte als Beschwerdegericht erlassenen Beschluß legte die Gläubigerin wiederum Beschwerde ein; dieselbe wurde aber wegen Versäumung der Notfrist des §. 540 Abs. 2 C.P.O. vom Oberlandesgerichte als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde, bei welcher die gesetzlichen Förmlichkeiten der sofortigen Beschwerde eingehalten waren, wurde vom Reichsgerichte für unbegründet erklärt.

Aus den Gründen:

... "Man könnte vielleicht bezweifeln, ob die Einlegung der Beschwerde in diesem Falle überhaupt an die in §. 540 Abs. 2 C.P.O. bestimmte Notfrist, deren Versäumung hier thatsächlich außer Zweifel stehen würde, gebunden gewesen sei. Man könnte nämlich etwa meinen, es habe sich hier nicht sowohl um eine sofortige Beschwerde nach §. 701 C.P.O., als um eine gewöhnliche Beschwerde nach der allgemeinen Bestimmung des §. 430 daselbst gehandelt. Daß der Fall, wo eine Beschwerde, wie hier ... geschehen war, als unzulässig verworfen ist, an sich unter diese Bestimmung fällt, ist nicht zu bezweifeln. Jedoch würde hierdurch allein die Anwendbarkeit der in §. 540 C.P.O. "für die Fälle der sofortigen Beschwerde" gegebenen Formvorschriften noch nicht ausgeschlossen sein. Die sofortige Beschwerde ist im Sinne der Civilprozeßordnung nicht etwa ein besonderes, von der gewöhnlichen Beschwerde verschiedenes Rechtsmittel, sodaß gegebenen Falles diese beiden Rechtsmittel der betroffenen Partei zur Auswahl stehen könnten; sondern die Eigenschaft der Beschwerde als "sofortiger" ist nur eine für gewisse Fälle vorgesehene Qualifikation des einen Rechtsmittels der Beschwerde, welche immer da eintritt, wo überhaupt nach besonderer Vorschrift der Civilprozeßordnung die sofortige Beschwerde stattfindet, gleichviel ob im einzelnen Falle zugleich auch schon nach der allgemeinen Vorschrift des §. 530 eine Beschwerde gegeben sein würde. Dies wird ganz klar gestellt dadurch, daß in §. 229 C.P.O. für den Fall der Ablehnung eines Gesuches um Aussetzung des Verfahrens die sofortige Beschwerde gegeben wird, was bei Zugrundelegung der entgegengesetzten Auffassung deshalb zwecklos sein würde, weil in diesem Falle unzweifelhaft auch schon nach §. 530 vgl. mit §. 225 daselbst die Beschwerde Platz greift. Für den gegenwärtigen Fall könnte man mithin nur unter der Voraussetzung dazu gelangen, von der zweiwöchigen Notfrist der sofortigen Beschwerde abzusehen, wenn man annähme, daß ein Beschluß, wodurch nicht etwa auf Beschwerde einer Partei materiell etwas in Ansehung der Zwangsvollstreckung verfügt, sondern nur eine im Zwangsvollstreckungsverfahren erhobene Beschwerde als unzulässig verworfen wird, nicht zu denjenigen Entscheidungen gehörte, welche im Sinne des §. 701 C.P.O. " im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen können". Dann würde allerdings hier überhaupt nicht die sofortige Beschwerde, sondern nur die gewöhnliche Beschwerde auf Grund des §. 530 C.P.O. in Frage kommen. Zu einer so engen Auslegung des §. 701 liegt aber kein genügender Anlaß vor. Es behält daher sein Bewenden dabei, daß alle im Zwangsvollstreckungsverfahren überhaupt vorkommenden Beschwerden als sofortige zu behandeln sind." ...