RG, 07.07.1884 - II 211/84

Daten
Fall: 
Echtheit des Datums
Fundstellen: 
RGZ 12, 315
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
07.07.1884
Aktenzeichen: 
II 211/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Straßburg
  • OLG Kolmar

Wem liegt die Beweislast ob, wenn die Echtheit des Datums eines eigenhändigen letzten Willens bestritten ist?

Aus den Gründen

"Die Entscheidung hängt von Beantwortung der Frage ab, welcher Partei die Beweislast hinsichtlich der Echtheit des Datums eines eigenhändigen Testamentes obliege, und dabei wird gerügt, daß das Berufungsgericht mit Unrecht davon ausgegangen sei, daß der klagende Teil den Beweis der Unrichtigkeit zu führen habe. Diese Rüge geht fehl. Das eigenhändige Testament ist nämlich keine bloße Beweisurkunde, sondern der letzte Wille selbst, für welchen das Gesetz bestimmte Förmlichkeiten vorschreibt, mit dem ausdrücklichen Beisatze: " il n'est assujetti à aucune autre forme" (Art. 970 Code civil.)

Daraus folgt doppeltes: einmal, daß man weder erwarten, noch verlangen kann, der Testator werde außer den gesetzlich vorgeschriebenen Formen noch weitere (etwa Hinterlegung oder Eintragung) zu dem Zwecke beobachten, um den Legataren den Beweis der Wahrheit des angegebenen Datums zu sichern, daß also dessen eigenhändige Angabe des Datums im Testamente selbst als seine bis zum Beweise des Gegenteiles maßgebende Erklärung über die Zeit der Errichtung gelten muß. Weiter folgt daraus, daß die betreffs der Gewißheit des Datums von bloßen Beweisurkunden im Interesse dritter Personen gegebenen Vorschriften (z. B. Art. 1328 Code civil, abgesehen von §. 14 des Einf. Ges. zur C.P.O.) auf den letzten Willen keine Anwendung finden; denn, wenn die Wahrheit des in einem solchen angegebenen Datums in Zweifel gezogen wird, handelt es sich gar nicht darum, die Beweiskraft dieser Urkunde dritten Personen gegenüber zu bestreiten, sondern darum, den letzten Willen wegen eines Formfehlers anzufechten. Hiernach hängt die Frage der Beweislast mit dem rechtlichen Charakter des eigenhändigen Testamentes zusammen und daraus ergiebt sich, daß sie von dein §. 381 C.P.O., welcher von Beweisurkunden handelt, nicht berührt wird.

Der Vertreter der Revisionskläger versucht, durch eine veränderte Fragstellung zu einem anderen Ergebnisse zu gelangen, indem er denjenigen, welcher seine Ansprüche auf ein Testament stützt, darüber für beweispflichtig erklärt, daß ein Testament errichtet worden sei, wozu dann auch die Errichtung zu der behaupteten Zeit gehöre. Stellt man aber auch die Frage in dieser Weise, so müßte nach dem Ausgeführten auch dieser Beweis dadurch als erbracht gelten, daß ein äußerlich fehlerfreies, insbesondere mit einem Datum versehenes Testament vorgelegt wird, dessen Echtheit hinsichtlich der Schrift und Unterschrift anerkannt ist; es würde sich nämlich dann die gleiche gegen die Revisionskläger zu entscheidende Frage erheben, ob durch die in einen: solchen Testamente enthaltene Zeitangabe bis zum Beweise des Gegenteils als bewiesen zu gelten habe, daß das Testament zu der behaupteten Zeit errichtet worden sei."