RG, 29.11.1881 - II 397/81

Daten
Fall: 
Gebrauch der Firma
Fundstellen: 
RGZ 5, 110
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
29.11.1881
Aktenzeichen: 
II 397/81
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Halberstadt
  • OLG Naumburg

Gebrauch der Firma im Sinne von Art. 27 H.G.B. Aufnahme des Namens eines ausgetretenen Gesellschafters in die neue Firma der Gesellschaft durch Beifügen eines das Nachfolgeverhältnis bezeichnenden Zusatzes?

Tatbestand

Bis zum 3. September 1880 bestand in Halberstadt eine Kommanditgesellschaft unter der Firma J. Habbel & Co., deren persönlich haftende Gesellschafter Johannes Habbel und Otto Junkerstorff waren. Durch Vertrag vom besagten Tage trat Habbel aus dieser Gesellschaft aus und es ward bestimmt, daß die bisherige Firma I. Habbel & Co. gelöscht und das Geschäft von den beiden verbleibenden Gesellschafter": unter der Firma Otto Junkerstorff & Co. weitergeführt werde, an welche dasselbe mit Aktiven und Passiven übergehe.

Habbel gründete sofort mit der Witwe Habbel eine neue Kommanditgesellschaft, bei welcher er persönlich haftender Gesellschafter ist, und welche am 16. September 1880 zum Handelsregister angemeldet wurde mit der Firma J. Habbel & Co.

Im November 1880 erhob diese Firma Klage gegen die Firma Otto Junkerstorff & Co., in welcher sie geltend machte, der Beklagte bediene sich in seinem Geschäftsverkehre der Firma Otto Junkerstorff & Co. vormals J. Habbel & Co., zu welcher er nicht berechtigt sei, und wodurch er sie (Klägerin) beschädigt habe. In erster Instanz wurde diese Klage abgewiesen, in zweiter Instanz zuerkannt und die eingelegte Revision zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Die angefochtene Entscheidung läßt eine Verletzung von Rechtsnormen nicht erkennen.

Zunächst ist mit Recht angenommen, daß der Gebrauch einer Firma im Sinne von Art. 27 H.G.B. vorliege.

Richtig ist, daß Art. 27 a. a. O. nicht jeden Gebrauch einer Firma im Auge hat, sondern nur denjenigen, welcher beim Handelsbetriebe im Sinne von Art. 15 H.G.B. stattfindet. Wenn bei den Beratungen der Nürnberger Kommission (Protok. S. 924) bemerkt wurde: "Der Gebrauch einer Firma liege nur vor, wenn unter ihrer Anwendung ein Handelsgeschäft geschlossen, eine Unterschrift abgegeben worden sei und dergleichen", so ist schon durch letzteren Zusatz angedeutet, daß man nur die Hauptfälle des Gebrauches der Firma hervorheben, nicht aber denselben auf diese Fälle beschränken wollte. In vorliegendem Falle ist thatsächlich festgestellt, daß die Beklagte in einer Aufschrift an der Ladenthüre, in Zeitungsinseraten, Geschäftsanzeigen, Empfehlungskarten, Briefen und Rechnungen für Geschäftsfreunde, ihre Firma mit dem in Frage stehenden Zusätze gebraucht habe. In diesen Thatsachen hat der Appellationsrichter mit Recht einen Gebrauch der Firma im Sinne der Art. 15. 27 a. a. O. gefunden, denn sie beziehen sich unmittelbar auf den Geschäftsbetrieb der Beklagten und bekunden den Willen, sich bei diesem Betriebe der fraglichen Firma zu bedienen (vgl. Entsch. des R.O.H.G.'s Bd. 14 Nr. 61 S. 184).

Eine weitere Frage ist, ob der Zusatz: "vormals J. Habbel & Co." als Bestandteil der Firma oder nur als eine nicht zur Firma gehörige, die Benachrichtigung des Publikums bezweckende Notiz zu betrachten sei.

Das Oberlandesgericht erklärt, es betrachte fraglichen Zusatz als Bestandteil der Firma, nehme also an, daß sich die Beklagte der Firma " Otto Junkerstorff & Co., vormals J. Habbel & Co." bedient habe.

Mag nun auch die Frage, ob ein derartiger Zusatz einen Bestandteil der Firma bilde, nicht immer thatsächlicher Natur sein, so läßt sich doch jedenfalls in der vorliegenden Entscheidung ein Rechtsirrtum nicht erkennen, denn die Form des Zusatzes ist der Art, daß allerdings das Ganze geeignet erscheint als Firma zu dienen, das heißt, den Namen zu bilden, unter welchem die Beklagte ihr Geschäft zu betreiben und die Unterschrift abzugeben beabsichtigte.

Es fragt sich daher nur, ob Beklagte berechtigt war, sich der Firma "Otto Junkerstorff & Co., vormals J. Habbel & Co." zu bedienen, und ob Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt ist.

Unzweifelhaft war die Beklagte berechtigt, die Thatsache, daß sie auf Grund des Vertrages vom 3. September 1880 Inhaberin des früher unter der Firma J. Habbel & Co. zu Halberstadt betriebenen Handelsgeschäftes geworden sei, öffentlich bekannt zu machen. Der Appellationsrichter verneint dieses Recht keineswegs, erkennt es vielmehr ausdrücklich an und erklärt nur, daß die Beklagte nicht befugt gewesen sei, diese Veröffentlichung in der Weise zu bewerkstelligen, daß sie die Worte "vormals I. Habbel & Co." in ihre Firma aufnahm. Diese Ansicht erscheint begründet.

Das Handelsgesetzbuch (Artt. 16 flg.) verbietet es, bei Gründung einer Firma fremde Namen in dieselbe aufzunehmen und wahrt dementsprechend jedem das Recht, seinen eigenen Namen bei Gründung einer Firma zu benutzen. Wer demnach bei Gründung einer Firma sich eines fremden Namens willkürlich bedient, handelt nicht nur unbefugt, sondern greift auch in die Rechte desjenigen ein, dem dieser Name gehört und zwar, ganz abgesehen von allgemeinen Prinzipien, schon deshalb, weil diesem hierdurch das Recht, seinen eigenen Namen bei Gründung einer Firma zu benutzen, wem auch nicht entzogen, doch verkümmert wird.

Als Ausfluß dieser allgemeinen Grundsätze sind die Bestimmungen der Artt. 22. 24 H.G.B. anzusehen, welche teils direkt, teils analog auf den vorliegenden Fall Anwendung finden.

Offenbar ist der Fall gegeben, von welchem Art. 24 a. a. O. spricht, denn die Abtretung des Geschäftes fand nicht an dritte Personen, sondern an die Mitgesellschafter statt, und es handelte sich in der That nur um das Ausscheiden eines Gesellschafters.

Für diesen Fall bestimmt Art. 24 Abs. 2 a. a. O., es dürfe die seitherige Firma ohne Einwilligung des austretenden Gesellschafters nicht fortgeführt werden, wenn, sie den Namen desselben enthalte. Hieraus folgt nicht bloß, daß die frühere diesen Namen enthaltende Firma nicht unverändert fortgeführt werden darf, sondern, daß es auch unerlaubt ist, irgend eine neue Firma zu wählen, welche den Namen des Ausgeschiedenen enthält. Daß letzteres insbesondere auch in Fällen zu gelten habe, wo dieser Name bezw. die denselben enthaltende frühere Firma in einer das Nachfolgeverhältnis andeutenden Weise in die neue Firma aufgenommen wird, ist nicht zu bezweifeln und erhellt klar, wenn man die Bestimmungen des Art. 22 a. a. O., deren analoge Beiziehung keinem Bedenken unterliegt, ins Auge faßt. Aus diesen Bestimmungen ergiebt sich nämlich, daß derjenige, welcher ein Handelsgeschäft mit Aktiven und Passiven, jedoch ohne die Firma erworben hat, die frühere Firma auch nicht mit einem das Nachfolgeverhältnis bezeichnenden Zusätze führen darf, und es ist im Sinne dieser Bestimmungen kein Unterschied zu machen, ob zur Bezeichnung dieses Nachfolgeverhältnisses die alte Firma vorangestellt wird oder nachfolgt, ob also z. B. die Firma lautet "F. Schmitt's Nachfolger A. Müller" oder "A. Müller, vormals I. Schmitt."

Vgl. Anschütz und Völderndorff Bd. 1 S. 150. 187, und Urt. des Oberappellationsgerichtes zu Lübeck vom 26. März 1872 ( Goldschmidt, Zeitschrift Bd. 20 S. 617). Hiernach erscheint die bezügliche Entscheidung des Oberlandesgerichtes gerechtfertigt und erweist sich insbesondere auch die Rüge verfehlt, dasselbe habe nicht festgestellt, daß der Gebrauch des fraglichen Zusatzes nach Eintragung der klägerischen Firma stattgefunden, denn das Klagerecht der Klägerin war auch ohne diesen Eintrag gegeben.

Was schließlich den Entschädigungsanspruch anbelangt, so kann Klägerin zweifellos eine Entschädigung insofern verlangen, als ihr durch die Aufnahme des fraglichen Zusatzes in die Firma ein besonderer Schaden zugegangen ist, der nicht entstanden wäre, wenn die Beklagte sich darauf beschränkt hätte, die Thatsache, daß sie Nachfolgerin der früheren Firma J. Habbel & Co. sei, in anderer Weise zu veröffentlichen. Der Appellationsrichter erklärt, er nehme an, daß ein Schaden entstanden sei, also Anlaß vorliege, die Entschädigungspflicht im allgemeinen und vorbehaltlich der Liquidation des Schadens auszusprechen. Diese Würdigung ist eine thatsächliche und der Nachprüfung des Revisionsrichters entzogen."