RG, 07.12.1883 - II 286/83

Daten
Fall: 
Öffentliche Bekanntmachung des Aufgebotes
Fundstellen: 
RGZ 11, 371
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
07.12.1883
Aktenzeichen: 
II 286/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Köln
  • OLG Köln

Öffentliche Bekanntmachung des Aufgebotes.
Auslegung von §. 20 Abs. 3 des preuß. Ausführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung vom 24. März 1879.

Tatbestand

Auf Antrag von L. wurde das Aufgebotverfahren zur Kraftloserklärung von 8 Stammaktien der Rheinischen Eisenbahn eingeleitet und wurden diese Aktien durch Urteil vom 19. Dezember 1881 für kraftlos erklärt. L. erhob Klage gegen die Bahngesellschaft mit dem Antrage, dieselbe zur Ausfertigung neuer Aktien verpflichtet zu erklären. Die Beklagte wendete ein, daß dem §. 20 preuß. Ausführungsges. zur C.P.O. zuwider die öffentlichen Bekanntmachungen nicht in den durch ihre Statuten bezeichneten Blättern stattgefunden habe (§. 834 C.P.O.). In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen, in zweiter Instanz derselben gemäß erkannt, die Revision aber zurückgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Zur Begründung der Revision ist nur die Rüge einer Verletzung von §. 20 Abs. 3 preuß. Ausführungsges. zur C.P.O. vom 24. März 1879 erhoben. Diese Rüge erscheint nicht gerechtfertigt. Besagter §. 20 Abs. 3 bestimmt:

"Betrifft das Aufgebot Urkunden, für deren Aufgebot die Bekanntmachung durch namentlich bezeichnete Blätter in Privilegien oder Statuten besonders vorgeschrieben ist, so erfolgt die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebotes (§. 842 Abs. 1 C.P.O.) auch durch einmalige Einrückung in diesen Blättern."

Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, daß diese Bestimmung im vorliegenden Falle nicht zutreffe, da in den Statuten der Rheinischen Eisenbahngesellschaft zwar vorgeschrieben sei, daß die bezüglichen Bekanntmachungen in einer Berliner, einer Kölnischen, einer Aachener, einer Augsburger, einer Brüsseler und einer Zeitung in Frankfurt a. M. zu erfolgen hätten, nicht aber bestimmte Zeitungen genannt seien.

Diese Ansicht erscheint völlig richtig. Sie entspricht zunächst dem natürlichen Wortsinne, gemäß dessen unter namentlich bezeichneten Blättern nur bestimmte, mit ihrem Namen bezeichnete Blätter zu verstehen sind. Sie entspricht aber auch dem Zwecke des Gesetzes, vertragsmäßig begründete Rechte bezw. Interessen möglichst zu schonen.

Wenn bei der Emission eines Inhaberpapieres angekündigt ist, daß die zum Zwecke der Amortisation nötigen Bekanntmachungen nur in bestimmten, mit Namen bezeichneten Blättern erfolgen werden, so liegt darin eine Zusicherung, zufolge deren der Inhaber sich um andere Blätter als die benannten nicht zu kümmern braucht. Anders ist es, wenn nur bestimmt ist, es hätten die fraglichen Bekanntmachungen in Blättern gewisser Orte zu erfolgen. Insofern an diesen Orten Blätter in großer Zahl erscheinen, auch neue gegründet werden können, tritt hier der Gesichtspunkt einer vertragsmäßigen Zusicherung ganz in den Hintergrund und nur die Absicht hervor, für eine möglichst zweckmäßige Art der Veröffentlichung Sorge zu tragen. Wenn nun das Gesetz eine neue, ihm noch zweckmäßiger erscheinende Art der Veröffentlichung vorschreibt, so durfte es davon ausgehen, daß durch seine Vorschrift vertragsmäßige Interessen nicht verletzt würden.

Diese Auffassung stimmt auch ganz überein mit der Entstehungsgeschichte der in Frage stehenden Bestimmung. Im Gesetzesentwurfe fand sich dieselbe nicht, in der Landtagskommission wurde jedoch angeregt, ob nicht der Inhaber ein Recht habe die Bekanntmachung in den Blättern zu verlangen, welche bei der Emission als diejenigen bezeichnet seien, in welchen das Aufgebot bekannt zu machen sei. Es wurde entgegnet, daß zwar von einem bezüglichen Rechte nicht die Rede sein könne, jedoch die Billigkeit dafür spreche, dem Wortlaute des Papieres zu genügen, und wurde demgemäß ein Zusatz folgenden Inhaltes vorgeschlagen:

"Sind durch Statut für eine bestimmte Gattung von Wertpapieren andere als die in §. 187 C.P.O. bezeichneten Blätter für das Aufgebot bestimmt, so hat in diesen Blättern etc."

Bei zweiter Lesung erhoben sich Bedenken gegen diese Fassung, weil sie in verschiedener Richtung zu weit gehe und einer Beschränkung bedürfe. Infolgedessen wurde die jetzige Fassung, welche von namentlich bezeichneten Blättern spricht, beschlossen.

Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Auslegung des Oberlandesgerichtes die richtige und danach die obbezeichnete Lüge ungerechtfertigt sei."