RG, 05.04.1884 - I 18/84

Daten
Fall: 
Versäumnis des Berufungsklägers vor Erlassung eines Versäumnisurteiles
Fundstellen: 
RGZ 12, 364
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
05.04.1884
Aktenzeichen: 
I 18/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • OLG Posen

Worauf hat sich die Prüfung des Berufungsgerichtes im Falle der Versäumnis des Berufungsklägers vor Erlassung eines Versäumnisurteiles zu erstrecken?

Aus den Gründen

"Den Gründen, aus welchen das Oberlandesgericht den Antrag auf Erlassung des Versäumnisurteiles wider die nicht erschienenen Beklagten und Berufungskläger deshalb abgelehnt hat, weil der Kläger die Zustellung des Urteiles erster Instanz nicht nachgewiesen hatte, konnte nicht allenthalben beigetreten werden. Allerdings hat nach §. 497 C.P.O. das Berufungsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft, und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt sei; aber wie ein ungünstiges Ergebnis dieser Prüfung im allgemeinen die zunächst nur dem Berufungskläger nachteilige Folge hat, daß das Rechtsmittel als unzulässig verworfen werden muß, so ist auch nur der Berufungskläger diejenige Partei, welcher die betreffenden Nachweisungen obliegen. Wenn daher der Berufungskläger im Termine zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint, so ist auf jene Prüfung überhaupt noch nicht einzugehen, ebensowenig wie auf die andere, ob die Berufung begründet sei. Es genügt, daß nach §. 504 Abs. 1 vgl. mit §. 295 C.P.O. auf Antrag des Berufungsbeklagten die Berufung zurückgewiesen wird, wobei unentschieden bleibt, ob sie als unzulässig oder als unbegründet angenommen wird. Keinesfalls aber dürfte auf Grund des §. 300 Abs. 1 Nr. 1 C.P.O. von dem erschienenen Berufungsbeklagten als eine Voraussetzung für die Erlassung des Versäumnisurteiles verlangt werden, daß er die Zulässigkeit der Berufung darthue; denn diese Gesetzesbestimmung hat nur solche "Nachweisungen" im Auge, welche an und für sich der erschienenen Partei obliegend.1

Jedoch erschien die angefochtene Entscheidung aus dem Grunde als gerechtfertigt, weil nach §. 477 Abs. 2 C.P.O. die etwa vor Zustellung des Urteiles erster Instanz geschehene Berufungseinlegung überhaupt rechtlich wirkungslos sein wurde, also auch nicht die Wirkung ausüben dürfte, daß die Berufung bereits durch ein der Rechtskraft fähiges Versäumnisurteil zurückgewiesen würde. Deshalb wird allerdings mit Recht von dem erschienenen Berufungsbeklagten der Nachweis verlangt, daß und wann die Zustellung des Urteiles erfolgt sei. Wird dann eine Zustellung nachgewiesen, welche nicht später fällt, als die aus den Gerichtsakten ersichtliche Terminsbestimmung, so steht der Erlassung des Versäumnisurteiles nichts mehr im Wege, indem gegen den nicht erschienenen Berufungskläger ohne weiteres angenommen werden darf, daß er die mit der Terminsbestimmung versehene Berufungsschrift dem erschienenen Berufungsbeklagten auch habe zustellen lassen. Wird nur eine hinter das Datum der Terminsbestimmung fallende Zustellung des Urteiles nachgewiesen, so muß der Berufungsbeklagte daneben freilich noch den Nachweis erbringen, daß auch die Berufungsschrift ihm nicht früher zugestellt sei." ...

  • 1. Vgl. auch Wagemann in der Zeitschrift für deutschen Civilprozeß Bd. 6 S. 60 flg.