BVerfG, 15.12.1959 - 1 BvL 10/55
Zur Frage der verfassungsmäßigen Abgrenzung von Amnestietatbeständen.
Beschluß
des Ersten Senats vom 15. Dezember 1959
– 1 BvL 10/55 –
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 8 des Gesetzes über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren (Straffreiheitsgesetz 1954) vom 17. Juli 1954 (BGBl. S. 203) – auf Vorlage des Landgerichts Bonn vom 10. November 1954 – 8 KMs 8/53 -.
Entscheidungsformel:
§ 8 des Gesetzes über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren (Straffreiheitsgesetz 1954) vom 17. Juli 1954 (Bundesgesetzblatt I S. 203) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
Gründe
A.
I.
Bei der ersten Strafkammer des Landgerichts in Bonn ist ein Strafverfahren gegen den Wirtschaftsjournalisten Dr. Platow, einen seiner Mitarbeiter und 18 weitere Angeklagte – zum größten Teil Beamte und Angestellte von Bundesministerien – anhängig.
Dr. Platow lieferte von 1946 bis 1951 einer Reihe kleinerer Zeitungen ohne eigenen Wirtschaftsteil Nachrichten aus der Wirtschaft (sogenannter "Pressedienst"). Außerdem unterhielt er für einen Kreis von mehreren hundert Abonnenten aus Industrie und Wirtschaft einen vertraulichen Informationsdienst (sogenannte "Platow-Briefe"). Die Anklage legt Dr. Platow und seinem Mitarbeiter im wesentlichen zur Last, sie hätten sich ihr Informationsmaterial in der Weise beschafft, daß sie ihre Mitangeklagten durch Bestechung zur Preisgabe von Dienstgeheimnissen (§ 353 b StGB) und zur Urkundenbeseitigung im Amt (§ 348 Abs. 2 StGB) verleitet hätten.
Im Laufe des Strafverfahrens haben die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten beantragt, das Verfahren auf Grund des § 8 des Straffreiheitsgesetzes vom 17. Juli 1954 (BGBl. I S. 203) – im folgenden StFG – einzustellen.
Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"§ 8 Nachrichtentätigkeit
Für Straftaten, welche die Mitteilung, Beschaffung oder Verbreitung von Nachrichten über Angelegenheiten zum Gegenstand haben mit denen Angehörige des öffentlichen Dienstes befaßt sind, oder welche damit derart in Zusammenhang stehen, daß sie solche Taten vorbereiten, fördern, sichern oder decken sollten, wird über die §§ 2, 3 hinaus ohne Rücksicht auf die Höhe der rechtskräftig verhängten oder zu erwartenden Strafe Straffreiheit gewährt, wenn die Tat vor dem 1. Januar 1952 begangen worden ist."
II.
Die Strafkammer hat durch Beschluß vom 10. November 1954 – 8 KMs 8/53 – gemäß Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt.
Sie ist der Auffassung, eine Einstellung komme nur auf Grund des § 8 StFG in Betracht; bei allen Angeklagten sei eine die allgemeine Straffreiheitsgrenze von drei Monaten (§ 2 StFG) übersteigende Strafe zu erwarten. Die den Angeklagten zur Last gelegten Straftaten seien auch nicht nach § 9 Abs. 2 StFG von der Straffreiheit ausgeschlossen, weil die Angeklagten weder aus Gewinnsucht noch aus gemeiner Gesinnung gehandelt hätten.
Die Strafkammer sieht sich jedoch aus folgenden Gründen an einer Einstellung des Verfahrens gehindert. § 8 StFG sei verfassungswidrig, weil der Bundesgesetzgeber nur zum Erlaß eines allgemeinen Straffreiheitsgesetzes zuständig sei, die zur Nachprüfung gestellte Vorschrift aber in der Hauptsache oder zumindest in entscheidendem Maße bezwecke, die in den sogenannten "Platow-Komplex" verwickelten Personen zu amnestieren. Der Zuschnitt auf einen nach Zahl und Tathergang bekannten kleinen Kreis strafbarer Handlungen ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Inhalt dieser Straffreiheitsnorm. § 8 StFG sei nach Inhalt, Umfang und Zielrichtung an die Stelle eines bereits 1953 beschlossenen, aber nicht verkündeten Straffreiheitsgesetzes getreten, das bei den gesetzgeberischen Beratungen vorwiegend als "Platow- Amnestie" bezeichnet worden sei. In der parlamentarischen Diskussion sei ausdrücklich darauf abgehoben worden, daß lediglich etwa 40 Personen von diesem Gesetz erfaßt würden. Wegen der hohen, für die in Frage stehenden Taten angedrohten Mindeststrafen gewähre § 8 StFG Straffreiheit ohne Rücksicht auf die Höhe der zu erwartenden Strafen; insbesondere seien Bestechungsdelikte nicht von der Straffreiheit ausgenommen. Auch der gewählte Stichtag sei offensichtlich auf den "Platow- Komplex" zugeschnitten.
Die Strafkammer vertritt weiter die Auffassung, § 8 StFG begünstige den von ihm erfaßten Personenkreis ohne sachlichen Grund in einem mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbarenden Ausmaß. Die Schwierigkeiten beim Aufbau der Bundesverwaltung rechtfertigten allenfalls eine besonders gestaltete Straffreiheit für die Fälle des Geheimnisverrates. Es sei aber offensichtlich ungerecht, auch für die im Zusammenhang mit derartigen Straftaten begangenen strafbaren Handlungen, insbesondere Bestechungsdelikte, ohne Rücksicht auf die Höhe der zu erwartenden Strafen Straffreiheit zu gewähren. Da eine Amnestie ohnehin in gewissem Sinne einen Eingriff in die Rechtspflege darstelle, müsse der Gesetzgeber in besonderem Maße auf die Gleichmäßigkeit und Gleichartigkeit der gewährten Straffreiheit bedacht sein.
III.
Der Bundestag hält § 8 StFG für verfassungsmäßig. Diese Bestimmung stelle ihrer abstrakten Fassung wegen ein Gesetz im materiellen Sinne dar. Der "Platow-Komplex" bilde nicht ihren ausschließlichen Gegenstand. Es werde neben den mit dieser Fallgruppe zusammenhängenden Straftaten noch eine unbestimmte Zahl anderer strafbarer Handlungen erfaßt, von deren Vorhandensein der Gesetzgeber mit gutem Grund habe ausgehen dürfen. Die im 46. (Untersuchungs-)Ausschuß des 1. Bundestages ermittelten Vorkommnisse hätten nur den Anlaß für die Schaffung des streitigen Amnestietatbestandes abgegeben.
Der erfaßte Personenkreis werde auch nicht in einer gegen den Gleichheitssatz verstoßenden Weise begünstigt. Im Bundestag sei das Bedürfnis vorherrschend gewesen, unter Verhaltensweisen im Presse- und Nachrichtenwesen der Nachkriegsjahre einen allgemeinen Schlußstrich zu ziehen. Indem der Gesetzgeber aus diesen Erwägungen heraus den Geltungsbereich des § 8 StFG nicht in gleicher Weise eingeschränkt habe wie die übrigen Amnestietatbestände, habe er sich im Rahmen des ihm eingeräumten weiten Ermessensbereichs gehalten.
Der Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht in Bonn hält § 8 StFG ebenfalls für verfassungsmäßig. Im gleichen Sinne haben sich zwei der Angeklagten geäußert.
Die Bundesregierung hat im Hinblick auf die eingehende Stellungnahme des Bundestages von einer Äußerung abgesehen. Der Bundesminister der Justiz hat eine Übersicht über die Zahl der Personen vorgelegt, denen eine Vergünstigung nach dem Straffreiheitsgesetz 1954 bis zum 31. Dezember 1954 zuteil geworden ist.
IV.
Es kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil kein Verfassungsorgan dem Verfahren beigetreten ist.
B.
§ 8 StFG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
I.
Der Bundesgesetzgeber war zum Erlaß einer Straffreiheitsnorm, wie sie § 8 StFG darstellt, befugt.
1. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits ausgesprochen hat, kann der Bund auch Straffreiheit gewähren für Straftaten, über die im ersten Rechtszug Gerichte der Länder zu urteilen haben (BVerfGE 2, 213 [220 ff.] ). Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zur Gewährung von Straffreiheit durch ein Gesetz ergibt sich – je nachdem, ob anhängige Verfahren niedergeschlagen oder ob rechtskräftig verhängte Strafen erlassen werden – entweder aus seiner Gesetzgebungsmacht für den Bereich des gerichtlichen Verfahrens oder aus seiner Kompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiete des Strafvollzugs (Art. 74 Ziff. 1 GG). Zur Errichtung eines Hindernisses für die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung durch ein Gesetz ist der Bundesgesetzgeber dann befugt, wenn nicht nur die Straffolgen von Einzelfällen, sondern von einer "unübersehbaren und unbestimmten, nach Typen gekennzeichneten Zahl von Straftaten" geregelt werden (BVerfGE 2, 213 [222]).
2. § 8 StFG gewährt nicht nur für eine im wesentlichen bekannte Zahl von Einzelfällen Straffreiheit; er ist kein Verwaltungsakt in Gesetzesform, sondern ein allgemeiner, auf eine unbestimmte Vielzahl von Sachverhalten anwendbarer Rechtssatz.
a) Von der durch ihn normierten Straffreiheit werden diejenigen Straftaten umfaßt, welche "die Mitteilung, Beschaffung oder Verbreitung von Nachrichten über Angelegenheiten zum Gegenstand haben, mit denen Angehörige des öffentlichen Dienstes befaßt sind". Daneben erstreckt sich die Straffreiheit auf die Delikte, die jene Straftaten "vorbereiten, fördern, sichern oder decken sollten".
§ 8 StFG umschreibt mithin den Kreis der Delikte, für die Straffreiheit gewährt wird, nach generellen Merkmalen, normiert also seine Rechtswirkung für strafbare Handlungen, die nach Sachtypen gekennzeichnet sind.
b) Die allgemeine Umschreibung des Gesetzesinhalts hat auch zur Folge, daß eine unbestimmte Vielzahl sachtypisch bezeichneter Straftaten der gesetzlichen Rechtsfolge unterworfen wird. § 8 StFG verschafft nicht lediglich den in den "Platow-Komplex" verwickelten Personen Straffreiheit; er kommt jedem zugute, der eine unter den Amnestietatbestand fallende Straftat begangen hat. Entsprechend seiner allgemeinen Fassung ist § 8 StFG bereits in einer Anzahl von Fällen angewandt worden, die nicht mit dem "Platow-Komplex" zusammenhängen:
Der Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht in Koblenz hat den Rest einer gegen einen Angestellten des Wirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz wegen Geheimnisbruchs (§ 353 b StGB) verhängten Gefängnisstrafe auf Grund des § 8 StFG erlassen (5 KLs 82/50).
Der Oberbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat die Einstellung eines gegen einen Bundesbeamten und einen Landesbeamten eingeleiteten Ermittlungsverfahrens u. a. damit begründet, daß § 8 StFG der Strafverfolgung entgegenstehe.
Der Oberstaatsanwalt bei dem Landgericht in Bonn hat den Rest einer einem ehemaligen Amtsgehilfen im Bundeskanzleramt wegen fortgesetzten Bruchs der Amtsverschwiegenheit (§ 353 b StGB) und anderer Delikte auferlegten Gefängnisstrafe gemäß § 8 StFG erlassen (8 KLs 11/51).
Die IV. Strafkammer bei dem Landgericht München I hat ein gegen einen Journalisten und seine Verlobte wegen Diebstahls geheimer Akten aus der bayer. Staatskanzlei eingeleitetes Strafverfahren mit der Begründung eingestellt, es lägen die Voraussetzungen des § 9 StFG 1949 und des § 8 StFG 1954 vor 1 c Js 710 ab/54 / IV – 488/54.
Ebenfalls außerhalb des "Platow-Komplexes" stehen folgende noch anhängige Verfahren wegen Nachrichtentätigkeit, in denen die Entscheidung über die Einstellung mit Rücksicht auf den Vorlagebeschluß der 1. Strafkammer des Landgerichts in Bonn zurückgestellt worden ist:
Ermittlungsverfahren gegen einen Wirtschaftsjournalisten als Herausgeber eines politischen und wirtschaftlichen Informationsdienstes und einen Fachjournalisten als Mitarbeiter wegen aktiver Bestechung und Mitteilung amtlicher Schriftstücke (§ 353 c StGB) (StA Bonn, 8 Js 290/52).
Ermittlungsverfahren gegen eine ehemalige Angestellte im Pressereferat eines Bundesministeriums wegen schwerer passiver Bestechung und Geheimnisverrats (§ 353 StGB) (StA Bonn, 8 Js 70/52). Ermittlungsverfahren gegen den verantwortlichen Redakteur und den Wirtschaftsredakteur eines Informationsdienstes wegen aktiver Bestechung und Mitteilung amtlicher Schriftstücke (StA Bonn, 8 Js 287/52).
Strafverfahren gegen einen ehemaligen Angestellten des Bundestages wegen einfacher und schwerer passiver Bestechung (LG Bonn, 8 KLs 11/53).
Strafverfahren gegen einen ehemaligen Angestellten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes wegen Geheimnisverrats, Urkundenbeseitigung im Amt und schwerer passiver Bestechung (LG Bonn, 8 KLs 4/54).
Schließlich wurde in einem Fall, in dem die Voraussetzungen des § 8 StFG erfüllt waren, das eingeleitete Ermittlungsverfahren aus anderen Gesichtspunkten eingestellt.
Fünf Journalisten war zur Last gelegt worden, sie hätten eine ehemalige Angestellte eines Bundesministeriums bestochen. Zunächst wurde die Entscheidung über die Einstellung bis zur Klärung der Frage, ob § 8 StFG verfassungsmäßig sei, zurückgestellt. Später wurde das Verfahren auf Grund des § 2 StFG eingestellt, weil keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von drei Monaten zu erwarten sei StA Bonn, 8 Js 70/52). 3. Dem § 8 StFG kann nicht im Hinblick auf seinen zahlenmäßig beschränkten Anwendungsbereich der Charakter eines für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen geltenden generellen Rechtssatzes abgesprochen werden.
3. Dem § 8 StFG kann nicht im Hinblick auf seinen zahlenmäßig beschränkten Anwendungsbereich der Charakter eines für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen geltenden generellen Rechtssatzes abgesprochen werden.
a) Sofern Amnestien nicht aus Anlaß eines besonders bedeutsamen Ereignisses im Leben eines Volkes (z. B. Inkrafttreten einer neuen Verfassung) gewährt werden, liegt ihnen in der Regel die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, unter eine Zeit, in der das Rechtsbewußtsein infolge außergewöhnlicher Verhältnisse erheblich gestört war, einen Strich zu ziehen. Es wird dabei einer allgemeinen Befriedung der Vorrang vor der Durchsetzung von Strafandrohungen eingeräumt. In diesen Fällen stellt eine Amnestie die Reaktion auf eine bestimmte Situation in der Vergangenheit dar und ist jeweils auf vergangene Sachverhalte bezogen. Je nachdem, auf welchen Gebieten und in welchem Umfang das Rechtsbewußtsein in einer verworrenen Zeit einer Erschütterung ausgesetzt war, kann der Gesetzgeber die Straffreiheit nach den verschiedensten Gesichtspunkten ausgestalten, beispielsweise, indem er nur für bestimmte Deliktstypen Straffreiheit gewährt oder sie von verschiedenen Voraussetzungen abhängig macht oder in ihrem Ausmaß abstuft. Dabei ist der Kreis der von einer Amnestievorschrift erfaßten Straftaten um so kleiner, je differenzierter der Gesetzgeber ein Straffreiheitsgesetz ausgestaltet.
b) Das in der Begriffsbestimmung des Bundesverfassungsgerichts enthaltene Merkmal "unübersehbar" ist nicht mit der vorlegenden Strafkammer dahin zu verstehen, es müsse von der Straffreiheit eine so große Zahl von Fällen erfaßt sein, daß sie nicht auf den ersten Blick überschaut, sondern nur "mit Hilfe eines erheblichen statistischen Aufwands" erfaßt werden könne.
Nicht die größere oder kleinere Zahl der unter ein Straffreiheitsgesetz fallenden Straftaten ist entscheidend. Es kommt vielmehr darauf an, ob sich wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestandes nicht genau übersehen läßt, auf wieviele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet (vgl. BVerfGE 8, 332 [361]). Übrigens ist § 8 nicht die einzige Bestimmung des Straffreiheitsgesetzes, deren Anwendungsbereich begrenzt ist. Auch andere Vorschriften dieses Gesetzes verschaffen ihres differenzierten Inhalts wegen nur einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Personen Straffreiheit. So wurde nach einer vom Bundesjustizministerium für die Zeit bis einschließlich 31. Dezember 1954 angestellten statistischen Erhebung z. B. für Straftaten während des Zusammenbruchs (§ 6 StFG) lediglich in 64 Fällen Straffreiheit gewährt.
4. § 8 StFG verliert den Charakter einer allgemeinen, lediglich sachtypisch begrenzten Amnestienorm auch nicht deswegen, weil dem Gesetzgeber bei seiner Beschlußfassung der Komplex bekannt war, der wahrscheinlich den größten Teil der erfaßten strafbaren Handlungen ausmacht.
Die Amnestie für Nachrichtentätigkeit wurde allerdings dadurch ausgelost, daß im 46. Ausschuß des 1. Bundestages (sogenannter Platow-Untersuchungsausschuß) Mißstände auf dem Gebiete des Informationswesens festgestellt worden waren. Der 1. Bundestag nahm in seiner 273. Sitzung am 18. Juni 1953 (BT I/1949, Prot. S. 13543 ff.) den Entwurf eines Gesetzes über Straffreiheit an, der von mehreren Fraktionen in Kenntnis der in jenem Ausschuß untersuchten Vorkommnisse eingebracht worden war (BT I/1949, Drucks. Nr. 3935). Nach dem Gesetzesbeschluß (BR Drucks. 299/53, 429/53) sollte Verlegern, Journalisten und Angehörigen des öffentlichen Dienstes Straffreiheit gewährt werden, soweit sie in der Zeit bis zum 31. Dezember 1951 "unmittelbar oder mittelbar Nachrichten, Informationen oder Artikel in strafbarer Weise mitgeteilt, entgegengenommen oder verbreitet" oder zu solchen Handlungen angestiftet oder Beihilfe geleistet hatten; Straffreiheit sollte auch für solche Straftaten eintreten, die aus Anlaß derartiger Nachrichtentätigkeit begangen worden waren. Der Beschluß von Bundestag und Bundesrat wurde nicht Gesetz, weil der Bundesminister der Justiz ihn verfassungsrechtlicher Bedenken wegen nicht gegenzeichnete. Mit der Aufnahme eines nicht mehr auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen abstellenden besonderen Amnestietatbestandes für Nachrichtentätigkeit in das Straffreiheitsgesetz 1954 sollte der Grundgedanke jenes Gesetzesbeschlusses unter Behebung der geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken verwirklicht werden (vgl. Amtl. Begründung zu § 7 des Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit – BR Drucks. Nr. 508/53, S. 17).
Muß hiernach davon ausgegangen werden, daß dem Gesetzgeber die Fälle des "Platow-Komplexes" im wesentlichen bekannt waren, so zwingt dies doch nicht dazu, § 8 StFG als sogenanntes Individualgesetz zu werten.
Anlaß zu speziellen Straffreiheitsnormen für besondere Deliktstypen werden oft konkrete Einzelfälle sein, in denen nach Auffassung des Gesetzgebers die Verwirrung des Rechtsbewußtseins auf einem bestimmten Gebiet besonders sinnfällig in Erscheinung getreten ist und die deshalb sogar als Modellfälle für die gesetzliche Regelung dienen. Je größer die Zahl solcher Modellfälle im Verhältnis zu der mutmaßlichen Gesamtzahl der von der konkreten Straffreiheitsnorm Betroffenen ist, desto eher kann allerdings der Eindruck entstehen, die dem Gesetzgeber bekannten Delikte bildeten den eigentlichen Gegenstand der gesetzlichen Regelung. Der Anwendungsbereich der zur Nachprüfung gestellten Norm ist aber nicht auf den "Platow- Komplex" beschränkt. Über das bei dem vorlegenden Gericht anhängige Verfahren hinaus wird für alle vom Tatbestand des § 8 StFG erfaßten Fälle von Nachrichtentätigkeit Straffreiheit gewährt. Erschöpft sich der in einer Norm zum Ausdruck kommende, objektivierte Wille des Gesetzgebers aber nicht darin, ausschließlich die Fälle zu regeln, die den Anlaß zum Erlaß jener Norm gegeben haben, ist sie vielmehr nach der Natur der in Betracht kommenden Sachverhalte geeignet, unbestimmt viele weitere Fälle zu erfassen, so stellt sie auch dann einen allgemeinen Rechtssatz dar, wenn dem Gesetzgeber eine größere Zahl von Modellfällen gegenwärtig war (vgl. BVerfGE 7, 129 [150 f.]).
5. Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht im Hinblick auf den vom Gesetzgeber mit der Gewährung von Straffreiheit für Nachrichtentätigkeit verfolgten Zweck geboten. Die Strafkammer sieht in § 8 StFG zu Unrecht ein sogenanntes "getarntes Individualgesetz". Von einem solchen kann nur dann gesprochen werden, wenn der Gesetzgeber ausschließlich einen bestimmten Einzelfall oder eine bestimmte Gruppe von Einzelfällen regeln will und zur Verdeckung dieser Absicht generell formulierte Tatbestandsmerkmale dergestalt in einer Norm zusammenfaßt, daß diese nur auf jene konkreten Sachverhalte Anwendung finden kann, die dem Gesetzgeber vorschwebten und auf die die Norm zugeschnitten ist. Es muß also zunächst die Feststellung gerechtfertigt sein, daß der Sache nach ein Individualgesetz vorliegt; erst dann ist für die weitere Prüfung Raum, ob der Gesetzgeber einer Norm absichtlich eine Formulierung gegeben hat, die deren Individualcharakter verbergen soll.
Bei der Prüfung, ob eine Norm ein Individualgesetz oder einen allgemeinen Rechtssatz darstellt, ist zunächst ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln. Wie das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen hat (BVerfGE 1, 299 [312]), ist für die Auslegung einer Vorschrift der in ihr zum Ausdruck kommende, objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder ist nicht entscheidend. Wie bereits ausgeführt, beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 8 StFG keinesfalls darauf, lediglich in den Fällen des "Platow- Komplexes" Straffreiheit zu verschaffen; vielmehr kommt der zur Nachprüfung gestellten Straffreiheitsnorm nach ihrem Inhalt die Fähigkeit zu, unbestimmt viele weitere Sachverhalte zu erfassen.
Liegt sonach objektiv kein Individualgesetz vor, so ist es unerheblich, ob der "Platow-Komplex" für den Gesetzgeber eine dermaßen große Bedeutung besaß, daß demgegenüber andere, insbesondere noch unbekannte, aber als vorhanden angenommene Fälle an Gewicht für seine Entscheidung wesentlich zurücktraten. Denn selbst wenn die Ansicht des vorlegenden Gerichts zutreffend wäre, der Gesetzgeber habe mit der Schaffung des § 8 StFG "in der Hauptsache oder zumindest in entscheidendem Maße bezweckt, die Straf- und Ermittlungsverfahren im sogenannten Platow-Komplex zu amnestieren", ist es nicht gerechtfertigt, ein verdecktes Individualgesetz anzunehmen. Ist eine Norm nach ihrem objektiven Inhalt und ihrer möglichen Auswirkung als allgemeiner Rechtssatz anzusprechen, so wird sie nicht dadurch zu einem getarnten Individualgesetz, daß die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe beabsichtigten, vorwiegend bestimmte Einzelfälle zu treffen, oder daß für ihre Entschließung die Vorstellung entscheidend war, jedenfalls werde ein bestimmter Komplex von Fällen von der gesetzlichen Regelung erfaßt.
6. Da § 8 StFG nach allem einen allgemeinen Rechtssatz darstellt, war der Bund gemäß Art. 74 Ziff. 1 GG zum Erlaß dieser Norm zuständig. Die Entscheidung darüber, ob ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung der Straffreiheit für Nachrichtentätigkeit im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG bestand, war in das Ermessen des Bundesgesetzgebers gestellt (vgl. BVerfGE 2, 213 [224, 225]).
Wenn auch in Art. 72 Abs. 2 GG die Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zur konkurrierenden Gesetzgebung durch den Bund im einzelnen bezeichnet sind und damit die Ermessensfreiheit des Bundesgesetzgebers eingeengt wird, so stellt die Entscheidung über die Bedürfnisfrage doch eine echte Ermessensentscheidung dar. Als solche ist sie der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich entzogen (BVerfGE 2, 213 [224]). Der Gesetzgeber erachtete die im 46. (Untersuchungs-) Ausschuß des 1. Bundestages erörterten strafbaren Handlungen als amnestiewürdige Modellfälle und wollte durch eine generelle Regelung alle im Zusammenhang mit unerlaubter Nachrichtentätigkeit in Bund, Ländern und Gemeinden begangenen Straftaten amnestieren. Es ist nicht ersichtlich, daß er hierbei die seinem Ermessen gesetzten Grenzen verkannt und das ihm eingeräumte Ermessen mißbraucht habe.
II.
Der Inhalt der zur Nachprüfung gestellten Norm läßt keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz erkennen.
1. Der Gesetzgeber ist beim Erlaß eines Straffreiheitsgesetzes unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG nicht gehalten, Straffreiheit für alle strafbaren Handlungen und in gleichem Maße zu gewähren. Er darf nicht nur einzelne Deliktstypen gänzlich von der Amnestie ausnehmen, sondern auch bestimmte Tatbestände einer Sonderregelung unterwerfen. Bei welchen Delikten in besonderem Maße ein Gesamtinteresse an einer Befriedung besteht, hat er allein zu entscheiden. Auch ist es eine Frage seiner gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, in welchem Umfang er bei solchen Straftaten Straffreiheit gewähren will. Das Bundesverfassungsgericht kann ein Amnestiegesetz nicht daraufhin überprüfen, ob die dort getroffenen Regelungen notwendig oder zweckmäßig sind, vielmehr kann es nur feststellen, ob der Gesetzgeber die äußersten Grenzen des ihm offenstehenden weiten Ermessensbereichs überschritten hat.
Bei einem Straffreiheitsgesetz liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz erst dann vor, wenn die vom Gesetzgeber für einzelne Tatbestände getroffene Sonderregelung offensichtlich nicht am Gerechtigkeitsgedanken orientiert ist, wenn sich für sie also keine vernünftigen Erwägungen finden lassen, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonstwie einleuchtend sind.
2. § 8 StFG enthält keine in diesem Sinne willkürliche Sonderregelung.
Allerdings unterwirft das Gesetz die strafbare Nachrichtentätigkeit einer besonders gestalteten Rechtsfolge. Die Gewährung von Straffreiheit ist zunächst nicht davon abhängig, daß die zu erwartende Strafe eine bestimmte Höhe nicht überschreitet; außerdem erstreckt sich die Amnestie nicht nur auf Nachrichtentätigkeit, sondern auch auf die damit zusammenhängenden strafbaren Handlungen. Schließlich enthält § 8 StFG einen von der allgemeinen Regelung abweichenden Stichtag.
Indes waren für die Entscheidung des Gesetzgebers Erwägungen maßgebend, die es ausschließen, die gewährte Amnestie für Nachrichtentätigkeit als willkürlich und damit als verfassungswidrig zu kennzeichnen.
a) Die gesetzgebenden Körperschaften gingen bei ihren Beratungen davon aus, daß während des nationalsozialistischen Regimes keine Verbindung zwischen Verwaltung und Presse im Dienste möglichst weitgehender objektiver Information der Staatsbürger bestanden hatte. Die Vernehmungen in dem 46. (Untersuchungs-)Ausschuß des 1. Bundestages hatten ergeben, daß sich während der ersten Zeit des Neuaufbaues des Staatsapparates noch keine gefestigten Maßstäbe dafür gebildet hatten, wie das Bedürfnis der demokratischen Presse nach weitestgehender Unterrichtung mit den Interessen des Staates an der Wahrung vertraulich zu behandelnder Angelegenheiten zu vereinbaren sei. Die damals noch bestehende Unsicherheit war insbesondere dadurch verstärkt worden, daß die den Vertretern der Presse von den Bundesministerien erteilten Informationen nach Art und Umfang erhebliche Unterschiede aufwiesen. Es bestand, wie sich gezeigt hatte, auch keine übereinstimmende Praxis der Bundesministerien in der Frage, ob, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen ein Behördenbediensteter die Presse über Fragen seines Arbeitsbereiches unterrichten oder selbst Presseartikel verfassen dürfe.
Wenn nach der Überzeugung des Gesetzgebers solche Schwierigkeiten beim Aufbau der Bundesverwaltung bestanden hatten, kann nicht davon gesprochen werden, daß die Straffreiheit für Nachrichtentätigkeit ohne einen sich aus der Natur der zu regelnden Verhältnisse ergebenden einleuchtenden Grund, also willkürlich gewährt worden sei.
Auch die Erstreckung der für Nachrichtentätigkeit gewährten Straffreiheit auf die im Zusammenhang damit begangenen strafbaren Handlungen – insbesondere Bestechungsdelikte – läßt sich unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes noch rechtfertigen. Der Gesetzgeber ist ersichtlich davon ausgegangen, daß der Schwerpunkt und eigentliche Anlaß solcher Delikte ebenfalls in den ungeklärten Beziehungen zwischen Presse und Verwaltung gelegen habe. Daß er diesem Gesichtspunkt den Vorrang vor kriminalpolitischen Erwägungen eingeräumt hat, widerspricht nicht offensichtlich der Gerechtigkeitsidee.
Dem § 7 StFG liegt eine ähnliche Betrachtungsweise des Gesetzgebers zugrunde. Es werden von dieser Bestimmung nicht nur die eigentliche Personenstandsfälschung des § 169 StGB, sondern alle Straftaten erfaßt, die im Zusammenhang mit der Verschleierung des Personenstandes aus politischen Gründen begangen wurden. Amnestiert wird demnach – neben Urkundenfälschung, mittelbarer Falschbeurkundung, Benützung falscher Ausweise und ähnlichen Delikten – insbesondere die zum Zwecke der Verschleierung des Personenstandes begangene Bestechung (vgl. Brandstetter, Komm. zum Straffreiheitsgesetz 1954, Anm. 2 zu § 7).
b) § 8 StFG unterscheidet sich allerdings durch das Fehlen einer oberen Strafgrenze deutlich von den übrigen Bestimmungen des Straffreiheitsgesetzes 1954. Während die Gewährung von Straffreiheit grundsätzlich davon abhängt, daß keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe von drei Monaten und Geldstrafe, deren Ersatzfreiheitsstrafe drei Monate nicht übersteigt, allein oder nebeneinander verhängt oder zu erwarten ist (§ 2 Abs. 1 und 2 StFG), enthalten die besonderen Amnestietatbestände der §§ 3, 5, 6 und 7 Abs. 1 StFG eine Höchststrafgrenze von einem Jahr (drei Jahren) und lediglich in den Fällen des § 7 Abs. 2 und des § 8 StFG wird Straffreiheit ohne Rücksicht auf die Höhe der zu erwartenden oder rechtskräftig verhängten Strafe gewährt.
Indes kann der Verzicht des Gesetzgebers auf eine obere Strafgrenze im Hinblick auf seine an die besondere Natur der Nachrichtentätigkeit anknüpfenden Erwägungen nicht als offensichtlich unsachgemäß und deshalb willkürlich bezeichnet werden.
Wie bereits dargelegt, beruht die Amnestie für Nachrichtentätigkeit auf der Annahme des Gesetzgebers, daß nach dem Zusammenbruch die Beziehungen zwischen öffentlicher Verwaltung und Presse entsprechend den grundlegend geänderten Verhältnissen neu geordnet werden mußten. Es bestanden noch keine einheitlichen Vorstellungen über Art und Umfang der an die Presse zu erteilenden Informationen. Die Bundesministerien regelten ihr Verhältnis zur Presse nicht einheitlich, zum Teil sogar widersprüchlich. Feste Maßstäbe dafür, wie das Bedürfnis einer demokratischen Presse nach möglichst weitgehender Information unter gleichzeitiger Wahrung staatlicher Interessen zu befriedigen sei, bildeten sich erst im Laufe der Zeit heraus.
Dem Gesetzgeber wurde durch das Bekanntwerden einiger symptomatischer Fälle bewußt, daß die Unsicherheit über Art und Umfang zulässiger Informationen für Behördenbedienstete und Vertreter der Presse die ernste Gefahr schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften mit sich gebracht hatte. Mit Rücksicht hierauf wollte er unter die Zeit uneinheitlicher und widersprüchlicher Informationsgewährung einen Schlußstrich ziehen, um für die Zukunft den Weg für ein geordnetes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen öffentlicher Verwaltung und Presse freizumachen. In den parlamentarischen Beratungen kam wiederholt zur Sprache, eine unzulässige Informationserteilung berge die Gefahr in sich, daß eine "Kettenreaktion" schwerer strafrechtlicher Delikte ausgelöst werde. So wurde mehrfach hervorgehoben, daß es von der Zulässigkeit einer Information der Presse abhänge, ob das für einen Aufsatz nach den üblichen Sätzen bezahlte Zeilenhonorar für den Beamten ein Einkommen aus einer Nebentätigkeit darstelle oder ob es als Vorteil im Sinne der Bestechungsvorschriften des Strafgesetzbuches gewertet werden müsse. Auch wurde darauf hingewiesen, daß ein Journalist, dem regelmäßig amtliche Drucksachen ausgehändigt worden seien, Gefahr laufe, wegen gewerbsmäßiger Hehlerei bestraft zu werden, wenn der informierende Beamte diese Schriftstücke weitergegeben habe, ohne dazu befugt gewesen zu sein. Die sich aus der Natur der Nachrichtentätigkeit ergebende Gefahr der Anwendbarkeit von Strafnormen mit hohen Mindeststrafen bewog den Gesetzgeber, generell davon abzusehen, die Gewährung von Straffreiheit von der Höhe der im Einzelfall zu erwartenden Strafe abhängig zu machen. Er ging von der Erwägung aus, daß die Unsicherheit über das zulässige Maß einer Informationserteilung den eigentlichen Anlaß für die begangenen schweren Delikte darstelle und daß diesem Zusammenhang nur durch unbeschränkte Gewährung von Straffreiheit ausreichend Rechnung getragen werden könne.
Die auf Grund solcher Überlegungen getroffene Regelung läßt um so weniger eine Überschreitung des dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Ermessensbereichs erkennen, als für die im Zusammenhang mit Nachrichtentätigkeit begangenen Delikte nicht schlechthin, also ohne Rücksicht auf die Strafwürdigkeit im Einzelfall, Straffreiheit gewährt wird. Die allgemeinen Ausschlußgründe des § 9 StFG gelten auch für die Nachrichtentätigkeit. Demnach sind die in dem Katalog des § 9 Abs. 1 StFG aufgezählten strafbaren Handlungen auch dann von der Straffreiheit ausgeschlossen, wenn sie mit Nachrichtentätigkeit derart in Zusammenhang stehen, daß sie diese vorbereiten, fördern, sichern oder decken sollten. Außerdem wird für Nachrichtentätigkeit keine Amnestie gewährt, wenn sie auf Gewinnsucht beruht oder wenn die Art der Ausführung oder die Beweggründe des Täters eine gemeine Gesinnung erkennen lassen (§ 9 Abs. 2 StFG).
Indem der Bundesgesetzgeber aus den oben dargestellten Überlegungen ein vordringliches Interesse an einer möglichst umfassenden, lediglich durch die allgemeinen Ausschlußvorschriften des § 9 StFG eingeschränkten Befriedung bejahte, hat er den ihm zustehenden weiten Ermessensbereich nicht überschritten.