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BGH, 19.01.1989 - 1 StR 641/88

Daten
Fall: 
Kollektivbeleidigung von Soldaten
Fundstellen: 
BGHSt 36, 83; AfP 1989, 535; JR 1989, 514; JZ 1989, 644; MDR 1989, 558; NJW 1989, 1365; NStZ 1989, 361; StV 1992, 157
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
19.01.1989
Aktenzeichen: 
1 StR 641/88
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Traunstein

1. Die aktiven Soldaten der Bundeswehr können kollektiv beleidigt werden.
2. Beleidigungen von Soldaten als Angriffe auf die Menschenwürde?

Gründe

Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der Angeklagte als Mitglied des Redaktionskollektivs einen in der Ausgabe Nr. 35 der "br.er fliegenden blätter" am 18. Dezember 1987 veröffentlichten Artikel verfaßt, der sich mit den öffentlichen Gelöbnisfeiern der Bundeswehr kritisch auseinandersetzt. In dem knapp zwei DIN A4-Seiten umfassenden Beitrag finden sich folgende Wendungen:

"In dieser Richtung war von der SPD-Fraktion nichts zu hören, als das Militärspektakel im Gemeinderat erörtert wurde. Sie hielt sich in ihrer Ablehnung zur Verärgerung vieler friedliebender Menschen sehr zurück. Der Soldatenberuf sei ein Beruf wie jeder andere und die Angehörigen anderer Berufsgruppen würden auch nicht öffentlich vereidigt, war als fadenscheinige Begründung zu hören.

Damit befindet sich die SPD-Fraktion aber sauber auf dem Holzweg. Es ist im Gegenteil sogar so, daß es kaum einen Beruf gibt, der mit dem Soldatenberuf vergleichbar wäre. Höchstens noch der des Folterknechts, des KZ-Aufsehers oder des Henkers. Denn wo sonst wird man schon dazu ausgebildet, möglichst perfekt Menschen umzubringen? ...

Aber: Ob notwendig oder nicht, daß man zum Killen abgerichtet wird, das läßt sich nicht wegdiskutieren. Und ein Beruf, dessen eigentlicher Zweck das Morden und Aufrechterhalten einer gigantischen Mordmaschinerie ist, ist eben ein moralisch verwerflicher Beruf.

Um so mehr sind normale Wehrdienstpflichtige und alte Weltkriegsteilnehmer zu bedauern weil sie vom hochheiligen Vaterland (d.h. das Vaterland kann ja auch nichts dafür, nur dessen schäbige Politiker) zu diesem blutigen Handwerk gepreßt wurden und immer noch werden. Sie können - sofern sie nicht auch Militär-Enthustasten sind - Entschuldigungen für sich in Anspruch nehmen, die für den echten Berufssoldaten nicht gelten..."

Das Landgericht hat den Angeklagten deshalb wegen Beleidigung aller aktiven und ehemaligen Soldaten der Bundeswehr zu einer Geldstrafe verurteilt.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft erhebt die Sachrüge und beanstandet, daß der Angeklagte aufgrund des festgestellten Sachverhalts nicht auch wegen Beleidigung der Bundeswehr sowie wegen Verleumdung und Volksverhetzung verurteilt worden ist. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Die Verurteilung wegen Beleidigung weist Rechtsfehler zu Gunsten und zu Lasten des Angeklagten auf.

a) Das Landgericht hat die Äußerungen des Angeklagten ohne Rechtsfehler dahin ausgelegt (vgl. BGHSt 21, 371 [372]; 32, 310 [311]), daß sich die Angriffe des Angeklagten vordergründig zwar gegen den Beruf des Soldaten richten, daß damit aber auch die Menschen getroffen werden sollen, die die Aufgabe des Soldaten wahrnehmen; dieser Schluß rechtfertigt sich daraus, daß sich der Beitrag in vielfacher Hinsicht mit der Lage und den Problemen der Soldaten befaßt.

Die vom Angeklagten gebrauchten Vergleiche und Wertungen sind auch grundsätzlich geeignet, Soldaten der Bundeswehr in ihrer Ehre zu kränken. Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, daß die angeführten undifferenzierten Vergleiche Mißachtung gegen Soldaten ausdrücken und daß diese Wirkung dadurch verstärkt wird, daß mit drastischen Formulierungen auf die mit der Tätigkeit der Soldaten verbundene Ausbildung zu töten - z.B. mit der Wendung "gigantische Mordmaschinerie" - hingewiesen wird.

Der Angeklagte kann sich zur Rechtfertigung seiner Äußerungen nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berufen. Zwar stand es ihm frei, sich mit den öffentlichen Gelöbnisfeiern der Bundeswehr kritisch auseinanderzusetzen und dabei auch scharfe und polemische Formulierungen, überspitzte und plakative Wertungen zu gebrauchen (vgl. BVerfGE 24, 278 [286]; 42, 163 [169]; BGH(Z) NJW 1981, 2117, 2119; BayObLG NStZ 1983, 265); das rechtfertigt jedoch nicht Beschimpfungen, Schmähungen und Diffamierungen (vgl. BGH(Z) NJW 1974, 1762, 1763; 1977, 626, 627; BayObLG NStZ 1983, 126 und 265; OLG Düsseldorf(Z) NJW 1986, 1262), wie sie hier verwendet wurden.

b) Zu weit gefaßt ist jedoch der Schuldumfang insoweit, als das Landgericht auch alle ehemalige Soldaten als beleidigt angesehen hat.

In der Rechtsprechung ist zwar seit jeher anerkannt, daß die Beleidigung einer Mehrheit einzelner Personen unter einer Kollektivbezeichnung in der Weise möglich ist, daß mit der Bezeichnung einer bestimmten Personengruppe alle ihre Angehörigen getroffen werden sollen, wobei der Täter selbst diese Personen nicht zu kennen und sich vorzustellen braucht. Demgemäß wurde eine kollektive Beleidigung u.a. anerkannt für den preußischen Richterstand (RGRspr. 1, 292), die Großgrundbesitzer mit Ausnahme etwa sozialdemokratisch gesinnter (RGSt 33, 46 [47]), die deutschen Offiziere (RG LZ 1915, 60), die deutschen Arzte (RGJW 1932, 31, 13), die in Deutschland lebenden Juden, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen waren (BGHSt 11, 207 [208]); verneint wurde die Beleidigungsfähigkeit für "alle an der Entnazifizierung Beteiligten", die Katholiken, die Protestanten, die Akademiker (BGHSt 11, 207 [209]), "die Robenknechte von Moabit" (KG JR 1978, 422), die Polizei in ihrer Gesamtheit (OLG Düsseldorf NJW 1981, 1522).

Als wesentliches Kriterium für die Möglichkeit der Kollektivbeleidigung wurde in der bisherigen Rechtsprechung - weil feststehen müsse, welche einzelnen Personen beleidigt sind - angesehen, daß sich die bezeichnete Personengruppe auf Grund bestimmter Merkmale so deutlich aus der Allgemeinheit heraushebe, daß der Kreis der Betroffenen klar abgegrenzt sei (vgl. z.B. BGHSt 2, 38 [39]; 11, 207 [208]; RGSt 33, 46 [47]). Jedoch hatte bereits das Reichsgericht (RGSt 31, 185) für Unsicherheiten der Abgrenzung anerkannt, daß diese nicht geeignet seien, die Kränkung derjenigen Personen in Frage zu stellen, deren Zugehörigkeit zur Gruppe außer Zweifel stehe. Tatsächlich reicht das Kriterium der klaren Abgrenzung nicht aus, eine Ausuferung der Kollektivbeleidigung zu verhindern, weil derjenige, der der angesprochenen Personengruppe unzweifelhaft angehört, jedenfalls Strafverfolgung verlangen könnte (Androulakis, Die Sammelbeleidigung 1970 S. 46); es ist aber jederzeit feststellbar, wer etwa Katholik oder Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist und wer nicht.

Demgemäß kann der eigentliche Grund, warum große Gruppen wie Katholiken und Protestanten, aber auch die Frauen, die Gewerkschafter, die Arbeitgeber nicht kollektiv beleidigungsfähig sind, nicht allein die mangelnde Abgrenzbarkeit des Kreises der Betroffenen sein. Infolgedessen wird in der Literatur als weiteres Kriterium für die Annahme der Kollektivbeleidigung gefordert, daß der fragliche Personenkreis zahlenmäßig überschaubar ist (Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 23. Aufl. Vorbem. §§ 185 ff. Rn. 7; Arzt JuS 1982, 717, 719; kritisch auch Androulakis a.a.O. S. 63 ff., 79 ff.; Wagner JuS 1978, 674, 677). Andere Überlegungen zielen darauf ab, daß Kollektivbeleidigungen übertreiben und stereotypisieren; es handele sich um Verallgemeinerungen, bei welchen die individuelle Ausnahme stets miterklärt sei, wenn die Kollektivbezeichnung eine nicht überschaubare Personenmenge umfasse und infolgedessen eine konkrete Beziehung der Nachrede oder des Werturteils des Täters auf bestimmte Personen nicht erkennbar sei. Da offen bleibe, wer überhaupt beleidigt sei, sei niemand beleidigt (Herdegen in LK 10. Aufl. vor § 185 Rn. 22 unter Hinweis auf BayObLGSt 1958, 34, 35; vgl. Androulakis a.a.O. S. 79 ff.; Liepmann, Die Beleidigung, VDB Bd. IV 1906 S. 217; Wagner JuS 1978, 674, 678).

Der Senat ist der Meinung, daß allein die Größe der beleidigten Gruppe kein ausreichendes Kriterium ist, um zusammen mit der Abgrenzbarkeit zu der an sich aus rechtsstaatlichen Gründen gebotenen Einschränkung der Kollektivbeleidigung zu gelangen; es ist nicht zuverlässig abzugrenzen, wo die nicht mehr überschaubare Menge beginnen würde. Dagegen ist richtig, daß Kollektivbeleidigungen vielfach allgemeine Werturteile enthalten, die nicht geeignet sind, einzelne Menschen in ihrer Ehre zu kränken. Bei Äußerungen wie "alle deutschen Ärzte sind Kurpfuscher" oder "alle deutschen Richter beugen das Recht" liegt auf der Hand, daß solche Behauptungen - und zwar auch in den Augen des sich so Äußernden - nicht zutreffen; mangels Bezug auf individualisierbare Personen kann sich auch niemand betroffen sehen.

Jedoch gibt es abwertende Äußerungen über Kollektive, für die dieser Einwand nicht greift. So liegt es hier. Der Angeklagte hat sein Unwerturteil mit einem Kriterium verbunden, das eindeutig allen Soldaten zuzuordnen ist, weil es ein äußeres Verhalten und ein objektives Eingebundensein in das angefochtene Kollektiv beschreibt. Wer, wie er, den Soldatenberuf mit der Tätigkeit von KZ-Aufsehern, Henkern und Folterknechten vergleicht, greift deshalb ohne Einschränkung alle Soldaten an; die Frage, wem die abwertenden Äußerungen zuzuordnen sein könnten, stellt sich nicht.

Der Senat ist daher der Auffassung, daß der Angeklagte entsprechend dem Strafantrag des Bundesministers der Verteidigung alle Soldaten beleidigt hat, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels im aktiven Dienst standen; für Reservisten gilt das nur insoweit, als sie sich in einem Wehrdienstverhältnis befanden (§ 1 Abs. 2 SoldatenG, § 4 Abs. 1, 3, 4 WPflG). Der damit gezogene Kreis der Betroffenen ist zwar groß, aber klar abgrenzbar und insoweit auch überschaubar. Nicht auszuschließen ist freilich, daß auch aktive Soldaten der Bundeswehr - etwa Wehrpflichtige - die Wertungen des Angeklagten teilen. Insoweit läge ein tatbestandsausschließendes Einverständnis vor (vgl. Herdegen a.a.O. § 185 Rn. 41). Dieser Personenkreis wäre jedoch so gering, daß er für den Schuldumfang nicht ins Gewicht fallen würde.

Anders liegt es hinsichtlich der ehemaligen Soldaten der Bundeswehr. Insoweit ist zunächst der Schuldumfang schon deshalb zu weit gefaßt, weil es an den erforderlichen Strafanträgen (§ 194 Abs. 1 StGB) fehlt. Der Strafantrag des Bundesministers der Verteidigung konnte und sollte nur die zur Tatzeit aktiven Soldaten erfassen; Strafanträge ehemaliger Soldaten sind nur in zwei Fällen gestellt worden.

Darüber hinaus ist der Kreis ehemaliger Soldaten derart groß und unüberschaubar, daß er insgesamt keine beleidigungsfähige Personenmehrheit mehr bildet. Abgesehen davon, daß auch unter den ehemaligen Soldaten einzelne die Beurteilung des Angeklagten teilen mögen, werden sich, etwa weil sie - manchmal seit Jahrzehnten - keine Verbindung mehr zur Bundeswehr haben, nicht wenige von seinen Äußerungen nicht getroffen fühlen. Als Betroffene können daher nur ehemalige Soldaten in Frage kommen, die sich weiterhin der Bundeswehr verbunden fühlen und diese Einstellung durch ihr Verhalten manifestieren, etwa durch regelmäßige Teilnahme an Wehrübungen oder Mitarbeit in soldatischen Interessenverbänden. Ob diese Voraussetzungen bei den beiden Antragstellern vorliegen, wird das Landgericht in der neuen Hauptverhandlung zu prüfen haben.

c) Gleichfalls rechtlichen Bedenken unterliegen jedoch die Erwägungen, mit denen das Landgericht eine Beleidigung der Bundeswehr als Institution verneint hat.

Neben Einzelpersonen sind auch Personengemeinschaften unter gewissen Voraussetzungen beleidigungsfähig (vgl. z.B. BGHSt 6,186 ff. m.w.N.). Für Behörden, politische Körperschaften und sonstige Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, folgt das schon aus § 194 Abs. 3, 4 StGB. Demgemäß ist auch die Bundeswehr als Institution passiv beleidigungsfähig (OLG Hamm NZWehrr 1977, 70 mit zustimmender Anmerkung Hennings).

Das Landgericht hat das nicht verkannt, eine Beleidigung der Bundeswehr jedoch wegen fehlenden Vorsatzes verneint. Die Erwägungen dazu geben zu rechtlichen Bedenken Anlaß. Zwar ist die Auslegung der Publikation des Angeklagten und damit auch die Feststellung des Zieles seiner Angriffe Sache des Tatrichters (BGHSt 21, 371 [372]; 32, 310 [311]). Der Schluß, der Artikel befasse sich in erster Linie mit den Soldaten, nicht mit deren Dienstherren, berücksichtigt jedoch entgegenstehende Textstellen nur unzureichend und ist damit nicht in Einklang zu bringen. Schon der Anlaß des Artikels, die geplante öffentliche Gelöbnisfeier der Bundeswehr in Br., zeigt, daß die Stoßrichtung der Angriffe eher auf die Institution Bundeswehr als auf den einzelnen Soldaten zielt. Demgemäß stehen im Vordergrund nicht beleidigende Äußerungen über einzelne oder eine Vielzahl von Soldaten oder konkret von ihnen durchgeführte Tätigkeiten, sondern abstrakte Betrachtungen über den Beruf des Soldaten, dessen eigentlicher Zweck das Morden und Aufrechterhalten einer "gigantischen Mordmaschinerie" sei. Bei diesen Äußerungen ist der Schluß, der Angeklagte habe nicht erwogen, seine Äußerungen seien geeignet, die Bundeswehr als Institution zu beleidigen, durch den Text der Publikation nicht belegt.

Anzumerken ist insoweit jedoch, daß besonderer Prüfung bedarf, ob bei Bejahung der Voraussetzungen des § 185 StGB hinsichtlich der Bundeswehr als Institution angesichts des Gewichts des Interesses der Öffentlichkeit an freier Kritik und ungebundener Diskussion gerade im hier fraglichen Bereich sowie unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Angeklagten bei Verbreitung seiner Schrift der Bereich dessen überschritten ist, was einer Institution wie der Bundeswehr, die sich auch unsachlicher und massiver Kritik eher stellen muß als eine Einzelperson, noch hinzunehmen zumutbar ist (vgl. OLG Hamm NZWehrr 1977, 70, 71; zur Anwendung des § 193 StGB in Fällen der Beleidigung BGH NStZ 1987, 554; BGH, Urt. vom 27. Januar 1984 - 5 StR 866/83; verneinend noch BGH, Urt. vom 31. März 1953 - 1 StR 584/52 bei Dallinger MDR 1953, 401).

Demgemäß kann das Urteil schon aus den angeführten Gründen keinen Bestand haben.

2. Der Tatbestand der Verleumdung nach § 187 StGB ist entgegen der Meinung der beschwerdeführenden Staatsanwaltschaft nicht erfüllt.

Bei seiner Auseinandersetzung mit dem Soldatenberuf geht der Angeklagte nicht davon aus, daß die von ihm kritisierte Tötung anderer Menschen anders als im offenen Kampf erfolgen würde. Er behauptet nicht, Soldaten der Bundeswehr würden tatsächlich wie Folterknechte, KZ-Aufseher oder Henker Menschen zu Tode bringen; daß diese Vergleiche nur seine Bewertung darstellen, liegt auf der Hand.

Der Angeklagte läßt freilich bei seinen Betrachtungen außer acht, daß die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nur zur Verteidigung eingesetzt werden dürfen (Art. 67a Abs. 2 GG).jede Tötungshandlung durch Soldaten der Bundeswehr erhält dadurch den Charakter einer kollektiven Notwehr; dadurch, daß der Angeklagte in seinem Pamphlet diesen Gesichtspunkt übersieht, stellt er jedoch keine unwahren Tatsachenbehauptungen auf und will dies ersichtlich auch nicht, zumal der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr allgemein bekannt ist.
3. Auch den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht als nicht erfüllt angesehen.

Dabei kann dahinstehen, ob der Wertung, die Äußerungen des Angeklagten seien nicht als Beschimpfungen oder böswillige Verächtlichmachung anzusehen, beigetreten werden kann. jedenfalls enthält der Artikel des Angeklagten, im Zusammenhang gelesen, keine Angriffe gegen die Menschenwürde der Soldaten der Bundeswehr.

Dieses Merkmal ist verwirklicht, wenn den angegriffenen Personen "ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft" bestritten wird und sie als "unterwertige Wesen" behandelt werden. Das "Menschentum" der Angegriffenen muß bestritten oder relativiert, der Betroffene im Kernbereich seiner Persönlichkeit getroffen werden; die Beeinträchtigung einzelner Persönlichkeitsrechte genügt nicht (Bericht des Rechtsausschusses BTDrucks. III/1746 S. 3; vgl. Schafheutle JZ 1960, 470, 473; Streng in Festschrift für Lackner 1987 S. 501, 504 f.; Giering StV 1985, 30, 34). Angriffe, die sich ausschließlich mit den beruflichen Funktionen der angegriffenen Gruppenmitglieder befassen, sind daher regelmäßig nur geeignet, diese im Kernbereich ihrer Persönlichkeit zu treffen, wenn sich daraus zugleich der Schluß ergibt, diese Tätigkeit charakterisiere den, der sie ausübe, als "unterwertiges Wesen" und nehme ihm sein Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit. So können aber die Darlegungen des Angeklagten insgesamt nicht verstanden werden. Er hat zwar verletzende Kritik an den beruflichen Funktionen der Soldaten der Bundeswehr und damit auch an ihnen selbst geübt, andererseits aber auch für die mißliche Lage, in der sich nach seiner Sicht "die armen Teufel, die sich zum Bund verpflichtet" haben, befinden, Verständnis gezeigt und gemeint, da "dämmere es dem einen oder anderen doch einmal, daß er eine äußerst fragwürdige Existenz" führe. Diese Ausführungen machen hinreichend deutlich, daß der Angeklagte den Soldaten der Bundeswehr ein Lebensrecht in der Gemeinschaft nicht absprechen will. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß sich der Angriff des Angeklagten in erster Linie gegen den Beruf des Soldaten richtete. Er nähert sich damit in seiner Tendenz einem Angriff auf die Institution Bundeswehr. Es ist jedoch anerkannt, daß zu den in § 130 StGB geschützten Teilen der Bevölkerung nicht institutionalisierte Personenmehrheiten zählen, soweit es um die Institution als solche geht und nicht um die hinter ihr stehenden Menschen (Lenckner a.a.O. § 130 Rn. 4; v. Bubnoff in LK 10. Aufl. § 130 Rn. 4; Giehring a.a.O. S. 32). So liegt es zwar hier nicht, doch mindert der vorrangige Angriff gegen die Einrichtung das Gewicht der mittelbaren Kränkung der hinter ihr stehenden Menschen und zeigt, daß es dem Angeklagten nicht darum ging, die Menschenwürde der Soldaten anzutasten.