BVerfG, 03.07.1962 - 2 BvR 15/62
1. Gesetze, auf Grund deren nach Art. 103 Abs. 2 GG eine Tat bestraft werden kann, sind auch Rechtsverordnungen, die im Rahmen einer dem Art. 80 Abs. 1 GG entsprechenden Ermächtigung ergangen sind.
Der Gesetzgeber muß die Ermächtigung zur Strafandrohung im Gesetz unzweideutig aussprechen und dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aus der Ermächtigung und nicht erst aus der auf sie gestützten Verordnung voraussehbar sind.
2. Auch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ist eine Freiheitsbeschränkung im Sinne des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.
Dem Vorbehalt nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG genügen nur förmliche Gesetze. Der Gesetzgeber muß hinreichend deutlich bestimmen, was strafbar sein soll und weiterhin Art und Maß der Strafe im förmlichen Gesetz festlegen; dem Verordnunggeber darf er nur die Spezifizierung des Straftatbestands überlassen.
Urteil
des Zweiten Senats vom 3. Juli 1962 auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 1962
- 2 BvR 15/62 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Maschinenschlossers .., Bevollmächtigte: Rechtsanwälte .., gegen die Urteile des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Alsfeld vom 13. April 1961 - 7 Ms 28/61 -, des Landgerichts Gießen vom 24. Juli 1961 - 7 Ms 28/61 (Ns) - und des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 25. Oktober 1961 - 2 Ss 888/61.
Entscheidungsformel:
1. Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (Main), 2. Strafsenat, vom 25. Oktober 1961 - 2 Ss 888/61 - verstößt gegen Artikel 103 Absatz 2 und Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 GG, soweit der Beschwerdeführer nach § 2 Absatz 1 und § 71 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Dezember 1960 (BGBl. I S. 897) zu zwei Wochen Haft verurteilt worden ist; es wird insoweit aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt (Main) zurückverwiesen.
2. § 71 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 (BGBl. I S. 1131) und der Bekanntmachungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 24. August 1953 (BGBl. I S. 1166), vom 29. März 1956 (BGBl. I S. 271) und vom 6. Dezember 1960 (BGBl. I S. 897) verstößt gegen Artikel 103 Absatz 2 und Artikel 104 Absatz 1 Satz 1 GG und ist daher nichtig.
Gründe
A.
I.
1. Der Beschwerdeführer ist vom Amtsgericht - Schöffengericht - Alsfeld nach den §§ 2 und 71 der Straßenverkehrs-Zulassungs- Ordnung (StVZO) zu 3 Wochen Haft und nach § 142 StGB wegen Unfallflucht zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt worden. Seine Berufung hat das Landgericht Gießen mit der Maßgabe verworfen, daß er wegen Unfallflucht in Tateinheit mit Trunkenheit am Steuer zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat verurteilt wurde. Auf die Revision des Beschwerdeführers hat das Oberlandesgericht Frankfurt/M. am 25. Oktober 1961 das Urteil des Landgerichts Gießen aufgehoben und den Beschwerdeführer wegen Trunkenheit am Steuer (§§ 2 Abs. 1, 71 StVZO) zu 2 Wochen Haft und wegen Unfallflucht zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt.
Das Oberlandesgericht meint, die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Haftstrafe aus § 71 StVZO sei zulässig, weil dem Eingriffsvorbehalt nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die in einer Rechtsverordnung enthaltene Strafandrohung genüge, wenn sie durch ein förmliches Gesetz gedeckt sei. Als gesetzliche Grundlage für § 71 StVZO lasse sich zwanglos auch § 21 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) auffassen. Dem Wortlaut des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ("auf Grund eines förmlichen Gesetzes", nicht etwa: "durch ein förmliches Gesetz") werde unnötig Gewalt angetan, wenn man ihn dahin verstehe, daß in jedem Fall die Freiheitsentziehung in Form eines förmlichen Gesetzes angedroht sein müsse.
Das Urteil ist dem Beschwerdeführer am 11. Dezember 1961 zugestellt worden.
2. Gegen dieses Urteil und die vorinstanzlichen Entscheidungen hat der Beschwerdeführer am 9. Januar 1962 Verfassungsbeschwerde erhoben und beantragt, das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/M. vom 25. Oktober 1961 insoweit aufzuheben, als er nach den §§ 2 Abs. 1 und 71 StVZO zu 2 Wochen Haft verurteilt worden sei, und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Frankfurt/M. zurückzuverweisen. Er macht geltend, die angefochtenen Entscheidungen verstießen gegen Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, nach dem Freiheitsentziehung nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes zulässig sei. Die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung sei jedoch kein förmliches Gesetz, sondern nur eine Rechtsverordnung. Die richterliche Entscheidung, durch die eine Freiheitsentziehung angeordnet werde, müsse unmittelbar auf einem förmlichen Gesetz beruhen. Es sei verfassungswidrig, wenn zwischen die Willensentscheidung der gesetzgebenden Körperschaften und den Richterspruch eine Rechtsverordnung eingeschaltet werde; selbst wenn dies zulässig wäre, fehle es hier auf jeden Fall an einer ausreichenden Ermächtigung zum Erlaß der Verordnung.
Gemäß § 94 BVerfGG ist dem Bundesminister der Justiz, dem Bundesminister für Verkehr und dem Hessischen Justizminister Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Der Bundesminister der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet und § 71 StVZO für verfassungsmäßig. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 832) enthalte § 71 StVZO keine selbständige Strafandrohung mehr. Die bundesgesetzliche Strafsanktion für alle Anordnungen, zu deren Erlaß das Straßenverkehrsgesetz ermächtige, sei in § 21 StVG enthalten. § 71 StVZO habe lediglich die Bedeutung einer deklaratorischen Wiederholung dieser Strafandrohung. Der Beschwerdeführer könne seine Verurteilung nach § 71 StVZO im Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht erfolgreich anfechten; es fehle die verfassungsrechtliche Beschwer, weil er auf Grund einer anderen, inhaltsgleichen Norm - § 21 StVG - hätte verurteilt werden können. Bei dieser Sachlage hätte eine Revision unter Berichtigung des Schuldspruchs als unbegründet verworfen werden müssen. Das Oberlandesgericht habe überdies sein Urteil, wenn auch nur mittelbar, auf § 21 StVG gründen wollen und gegründet. § 71 StVZO sei aber auch dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn er eine selbständige Strafandrohung enthalte. Er sei vorkonstitutionelles Recht, das nach Art. 123 Abs. 1 GG fortgelte, selbst wenn es nicht unter Beachtung der förmlichen Anforderungen zustande gekommen sei, denen die unter der Herrschaft des Grundgesetzes handelnden Staatsorgane unterworfen seien. Das gelte auch für das Erfordernis der Gesetzesform nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, das nicht auf Recht aus der Zeit vor dem Zusammentritt des Bundestages zurückbezogen werden könne.
Im übrigen gelte Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG nicht für das materielle Strafrecht. Die förmlichen Anforderungen an die Normierung von Straftatbeständen seien in Art. 103 Abs. 2 GG abschließend geregelt, während Art. 104 GG förmliche Garantien gegenüber der Exekutive enthalte. Sofern Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG an die Gesetzesform der Eingriffsregelung stärkere Anforderungen stelle als Art. 103 Abs. 2 GG an das materielle Strafrecht, solle dadurch verhindert werden, daß sich die Exekutive ihre Eingriffsregelungen im Verordnungswege selbst setze. Dieser Gesichtspunkt der Gewaltenteilung sei im Verhältnis zur Strafgerichtsbarkeit ohne Bedeutung. - Selbst wenn man aber Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG für den Bereich des Strafrechts Geltung beilegen wolle, enthalte er kein Verbot, Straftatbestände mit Freiheitsstrafandrohung in Verordnungsform oder mit Hilfe von Blankettstrafgesetzen zu normieren. Dem Erfordernis des förmlichen Gesetzes genüge eine ausdrückliche Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen, wenn der Gesetzgeber in ihr die für die Ordnung des zu regelnden Lebensbereiches entscheidenden Vorschriften selbst gesetzt habe.
Der Hessische Minister der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet, weil Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG auf gerichtlich erkannte Freiheitsstrafen keine Anwendung finde. Der Wortlaut dieser Vorschrift, die im Gegensatz zu Art. 2 Abs. 2 GG von einer "Beschränkung" der Freiheit spreche, könne nur im Sinne einer tatsächlichen Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit verstanden werden. Durch das Strafurteil werde eine derartige tatsächliche Beschränkung noch nicht herbeigeführt.
II.
1. § 2 Abs. 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung lautete in seiner ursprünglichen Fassung in der vom Reichsverkehrsminister erlassenen Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 13. November 1937 (RGBl. I S. 1215) und in der im Zeitpunkt der Verurteilung maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 6. Dezember 1960 (BGBl. I S. 897) unverändert:
§ 2
(1) Wer infolge körperlicher oder geistiger Mängel sich nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn in geeigneter Weise - für die Führung von Fahrzeugen nötigenfalls durch Vorrichtungen an diesen - Vorsorge getroffen ist, daß er andere nicht gefährdet. Die Pflicht zur Vorsorge obliegt dem Verkehrsteilnehmer selbst oder einem für ihn Verantwortlichen, z.B. einem Erziehungsberechtigten.
§ 71 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung lautete in der Fassung vom 13. November 1937:
§ 71
Wer Vorschriften dieser Verordnung oder zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen des Reichsverkehrsministers vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Reichsmark oder mit Haft bestraft.
Im Zeitpunkt der Verurteilung des Beschwerdeführers hatte er nach der Bekanntmachung vom 6. Dezember 1960 (BGBl. I S. 897) auf Grund der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 (BGBl. I S. 1131) folgenden Wortlaut:
§ 71
Wer Vorschriften dieser Verordnung oder zu ihrer Ausführung erlassenen Anweisungen vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft, wenn die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
2. Beim Erlaß der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung hatte der Reichsverkehrsminister von der Ermächtigung Gebrauch gemacht, die ihm in den §§ 6 Nr. 1 und 27 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 (RGBl. S. 437) in der Fassung des Gesetzes vom 10. August 1937 (RGBl. I S. 901) erteilt worden war.
Das Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 ist auf Grund des Art. 8 des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 832) unter der Bezeichnung "Straßenverkehrsgesetz" am 19. Dezember 1952 neu bekanntgemacht worden (BGBl. I S. 837).
Die Ermächtigungsvorschriften des Straßenverkehrsgesetzes, die der Bundesminister für Verkehr für die Änderung des § 71 StVZO in Anspruch genommen hat, lauteten im Zeitpunkt des Erlasses der Änderungsverordnung vom 24. August 1953:
§ 6
(1) Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über
1. die Ausführung der §§ 1 bis 5 a, insbesondere über das Mitführen von Anhängern, über Mindestbedingungen und zeitliche Befristung der Fahrerlaubnis und über Gesundheitsprüfungen zum Zweck der Feststellung mangelnder Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen;
2. die Zulassung ausländischer Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugführer;
3. die sonstigen zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Straßen und zur Verhütung vermeidbarer Belästigungen erforderlichen Maßnahmen über den Straßenverkehr, insbesonderea) über die Beschaffenheit, die Ausrüstung, die Prüfung und die Kennzeichnung der Fahrzeuge,
b) über das Feilbieten, den Erwerb und die Verwendung von Fahrzeugteilen, die in einer amtlich genehmigten Bauart ausgeführt sein müssen,
c) über das Mindestalter der Führer von Fahrzeugen und ihr Verhalten, jedoch nicht über die höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit von Personenkraftfahrzeugen,
d) über den Schutz der Nachtruhe und der Erholungsuchenden gegen Störung durch den Kraftfahrzeugverkehr,
e) über die Anforderungen an Fahrlehrer und Sachverständige im Kraftfahrzeugverkehr,
f) über Ortstafeln und Wegweiser,
g) über das Verbot von Werbung und Propaganda durch Bildwerk, Schrift, Beleuchtung oder Ton, soweit sie geeignet sind, außerhalb geschlossener Ortschaften die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer in einer die Sicherheit des Verkehrs gefährdenden Weise abzulenken oder die Leichtigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen;4. die tägliche Höchstzeit der Lenkung eines Lastkraftwagens oder Kraftomnibusses und die erforderlichen Ruhepausen für alle Personen einschließlich derjenigen, die ein solches Kraftfahrzeug nicht auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses führen;
5. Gebühren für behördliche oder amtlich angeordnete Maßnahmen im Straßenverkehr bei Durchführung der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen. Die Gebühren sind nach den tatsächlichen Aufwendungen zu bemessen.
Rechtsverordnungen des Bundesministers für Verkehr zur Durchführung der Vorschriften über die Beschaffenheit, die Ausrüstung und die Prüfung von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen bedürfen jedoch nicht der Zustimmung des Bundesrates; vor ihrem Erlaß sind die zuständigen obersten Landesbehörden zu hören.
(2) Soweit auf Grund der Anordnung nach Absatz 1 die Deutsche Bundesbahn, die Deutsche Bundespost, der Bundesgrenzschutz oder die Polizei Personen, die sie als Führer von Kraftfahrzeugen verwenden, die Fahrererlaubnis versagt oder entzogen haben, finden die Vorschriften des § 5 keine Anwendung.
§ 27
(1) Die Vorschriften im Teil I gelten mit Ausnahme des § 6 Abs. 1 Nr. 5 nicht für Kleinkrafträder und Fahrräder mit Hilfsmotor. Der Bundesminister für Verkehr bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats, welche Arten von Fahrzeugen dazu gehören; er hat dabei internationale Regelungen zu beachten und zu berücksichtigen, welche Fahrzeuge nach dem jeweiligen Stande der Technik eine geringere Gefährdung verursachen.
(2) Wird die Erlaubnis zur Führung eines Kleinkraftrades entzogen oder kommt ihre Entziehung in Betracht, so gilt § 4 Abs. 2 und 3.
(3) Der Bundesminister für Verkehr erläßt mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften über den Verkehr mit Kleinkrafträdern und Fahrrädern mit Hilfsmotor. Die Rechtsverordnungen dürfen keine strengeren Anforderungen vorsehen, als für den Verkehr mit anderen Krafträdern gelten.
Diese Vorschriften haben in der Folge nur geringfügige, für dieses Verfahren belanglose Änderungen erfahren.
3. Das Kraftfahrzeuggesetz vom 3. Mai 1909 in der beim Erlaß der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung geltenden Fassung enthielt in § 21 eine Blankettstrafbestimmung. Diese Vorschrift lautete:
§ 21
Wer den zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen erlassenen polizeilichen Anordnungen über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Reichsmark oder mit Haft bestraft.
Die Vorschrift wurde als § 21 in das Straßenverkehrsgesetz übernommen. Sie lautet nach den Änderungen durch das Gesetz vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I S. 832) und das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 (BGBl. I S. 710):
§ 21
Wer den Anordnungen zuwiderhandelt, die über den Straßenverkehr zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den öffentlichen Wegen oder Plätzen, zur Verhütung einer über das verkehrsübliche Maß hinausgehenden Abnutzung der Straßen oder zur Verhütung von Belästigungen erlassen worden sind, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft.
B.
Die - zulässige - Verfassungsbeschwerde ist begründet.
I.
§ 71 StVZO ist seit der Verordnung vom 24. August 1953 nachkonstitutionelles Recht. Nach Inkrafttreten des Grundgesetzes sind die vom Bundesminister für Verkehr bei der Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung als Ermächtigung in Anspruch genommenen §§ 6 und 27 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 erweitert und verkündet worden. § 71 StVZO selbst ist durch die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 in seinem materiell-rechtlichen - auch im strafrechtlichen - Inhalt geändert und gleichfalls in der nach Art. 82 GG und dem Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30. Januar 1950 (BGBl. S. 23) vorgeschriebenen Form verkündet worden.
1. Das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 sollte die Einheitlichkeit der Straßenverkehrsregelung wiederherstellen, die im Jahre 1937 durch die teilweise Übertragung der Verordnungsbefugnisse auf den Reichsminister des Innern zerrissen worden war. Das Recht zum Erlaß von Durchführungsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften über den Straßenverkehr wurde wieder dem Bundesminister für Verkehr übertragen. Zugleich wurde der Umfang der Ermächtigung nach § 6 StVG in einigen Bestimmungen erweitert und präzisiert. Wie der Ausschuß für Verkehrswesen im Bericht vom 22. Oktober 1952 (BT I/1949 Drucks. Nr. 3774) in seinen Änderungsvorschlägen hervorgehoben hat, leitete ihn der Gedanke, daß abgesehen von der Wiederherstellung einer einheitlichen Zuständigkeit auf dem Gebiet des Straßenverkehrs "die Ermächtigung in Übereinstimmung mit Artikel 80 des Grundgesetzes nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt werden mußte". Das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952 ist am 23. Dezember 1952 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 832) verkündet worden.
2. Auf Grund der §§ 1, 2, 6 und 27 des Straßenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1952, dessen Fassung auf dem obengenannten Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs beruht (BGBl. I S. 837), hat der Bundesminister für Verkehr mit Zustimmung des Bundesrats die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs- Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 erlassen, die am 3. September 1953 im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist (BGBl. I S. 1131). In ihr ist die Strafvorschrift des § 71 StVZO in ihrem materiell-rechtlichen Inhalt in zweifacher Hinsicht geändert worden.
Während nach der bis dahin geltenden Fassung nur Zuwiderhandlungen gegen "Anweisungen des Reichsverkehrsministers" (nach Art. 129 GG: des Bundesministers für Verkehr) mit Strafe bedroht waren, wurden nunmehr Zuwiderhandlungen gegen die zur Ausführung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erlassenen behördlichen "Anweisungen" schlechthin mit Strafe bedroht. Der Kreis der strafbaren Handlungen wurde dadurch erweitert. In der dem Bundesrat am 30. Juni 1953 vorgelegten Begründung zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und Straßenverkehrs- Ordnung (BR Drucks. Nr. 330/53, lfd. Nr. 49) war zwar die Ausdehnung der Strafbestimmungen auf Verstöße gegen die Anweisungen anderer Behörden als nicht nötig und "nicht ratsam" bezeichnet worden, "weil in § 6 des Straßenverkehrsgesetzes eine dem Artikel 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes entsprechende Ermächtigung zum Erlaß von Strafvorschriften fehlt". Der federführende Ausschuß für Verkehr und Post und der Ausschuß für Innere Angelegenheiten hatten aber dem Bundesrat empfohlen, dem Verordnungsentwurf mit der Änderung zuzustimmen, daß in § 71 StVZO die Worte "des Bundesministers für Verkehr" gestrichen und "nicht nur Zuwiderhandlungen gegen Anweisungen des Bundesministers für Verkehr, sondern auch gegen Anweisungen anderer Behörden strafrechtlich verfolgt werden können" (BR Drucks. Nr. 330/1/53 vom 23. Juni 1953, II lfd. Nr. 19; vgl. ferner die Begründung der Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 im Verkehrsblatt 1953 S. 439, 447).
Des weiteren wurde an die ursprüngliche Fassung des § 71 StVZO die Subsidiaritätsklausel angefügt "... wenn die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist". Dieser Zusatz hat nicht "nur die Bedeutung eines Hinweises" (Begründung zur Verordnung vom 24. August 1953, BR Drucks. Nr. 330/53), sondern er enthält eine materiell-rechtliche Änderung. Soweit eine Zuwiderhandlung gegen § 71 StVZO zugleich eine andere, schwerere Strafe androhende Strafbestimmung verletzt, kann die Verurteilung im Schuldspruch jetzt nur noch auf Grund der schwereren Strafbestimmung ergehen (vgl. das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. März 1954, BGHSt 6, 25 [26 f.] und Floegel/Hartung, Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, 13. Aufl., 1961, zu § 71 StVZO S. 1206 und zu § 49 StVO Anm. 11 S. 705 f.).
Durch diese nach Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgte inhaltliche Änderung ist § 71 StVZO nachkonstitutionelles Recht geworden.
§ 71 StVZO ist daher auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen, ohne das es im vorliegenden Fall einer Untersuchung der Frage bedarf, ob vorkonstitutionelle Vorschriften, die in Freiheitsrechte eingreifen und den grundgesetzlichen Gesetzesvorbehalten nicht genügen, nach Art. 123 Abs. 1 GG auf die Dauer fortgelten oder ob die "Versteinerung" grundrechtsbeschränkenden Verordnungsrechts aus vorkonstitutionelle Zeit mit dem Charakter des Art. 123 Abs. 1 GG als einer Übergangsvorschrift unvereinbar ist.
II.
1. Nach Art. 103 Abs. 2 GG kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Wie schon der entsprechende Artikel 116 der Weimarer Reichsverfassung und § 2 Abs. 1 des Strafgesetzbuches enthält Art. 103 Abs. 2 GG den Grundsatz der Gesetzesgebundenheit im Strafrecht. Mit dem Verbot der analogen, gewohnheitsrechtlichen und rückwirkenden Strafbegründung und Strafverschärfung erschöpft sich die Bedeutung des Art. 103 Abs. 2 GG nicht. Er setzt begrifflich den Gesetzesvorbehalt für Strafbestimmungen voraus. Nur auf Grund eines gültigen Strafgesetzes kann eine strafgerichtliche Verurteilung erfolgen (Bay VerfGH Bd. 1, 101 [109 f.]).
Gesetze im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG sind nicht nur Gesetze im formellen Sinne, sondern auch Rechtsverordnungen, die im Rahmen von Ermächtigungen ergangen sind, die den Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügen. Wie das Bundesverfassungsgericht wiederholt ausgesprochen und wie die Bundesregierung auch in diesem Verfahren betont hat, müssen an die inhaltliche Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm für Eingriffs- und zumal für Strafgesetze strenge Anforderungen gestellt werden. Der Gesetzgeber muß die Ermächtigung zur Strafandrohung unzweideutig aussprechen und dabei Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung so genau umreißen, daß die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aus der Ermächtigung und nicht erst aus der auf sie gestützten Verordnung voraussehbar sind (vgl. BVerfGE 1, 14 [60]; 2, 307 [334]; 5, 71 [76]; 7, 282 [302]; 8, 274 [307 ff.]; 10, 251 [258]).
Der Angeklagte kann nur nach der Bestimmung desjenigen Gesetzes oder der mit gesetzlicher Ermächtigung erlassenen Rechtsverordnung bestraft werden, durch welche die Strafbarkeit begründet ist. Die Bestrafung auf Grund einer nicht auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Verordnung kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß "die Strafbarkeit" in einer anderen Vorschrift bestimmt gewesen sei.
2. Betrifft Art. 103 Abs. 2 GG Bestrafungen jeder Art durch gerichtliches Urteil, so zielt Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG auf den besonderen Schutz bei Freiheitsbeschränkungen sowohl gegenüber der Exekutive wie der Strafgerichtsbarkeit. Nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG kann die Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden.
Art. 104 GG steht in untrennbarem Zusammenhang mit dem in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 GG geschützten Grundrecht auf Freiheit der Person. Ursprünglich war darum auch vorgesehen, die Vorschriften des Art. 104 mit denen des Art. 2 GG zusammenzufassen. Sie wurden später nicht aus systematischen, sondern aus redaktionellen Erwägungen in den Abschnitt "Rechtsprechung" verwiesen, um eine zu breite Ausgestaltung des Grundrechtsteils zu vermeiden.
Auch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ist eine Freiheitsbeschränkung im Sinn des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG. Wenn der Strafausspruch auch isoliert betrachtet die Freiheit noch nicht beschränkt, bildet er doch zusammen mit der ihm folgenden Strafvollstreckung einen Gesamtvorgang des Freiheitsentzugs (vgl. Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Konvention zum Schutze der Menschenrechte; Dürig, NJW 1961 S. 1831\l; Adolf Arndt, Rechtsprechende Gewalt und Strafkompetenz, in: Festgabe für Carlo Schmid, 1962, S. 5 ff., 31).
Dem Vorbehalt nach Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG genügen nur förmliche Gesetze, also nur Rechtsnormen, die im vorgeschriebenen Gesetzgebungsverfahren beschlossen worden sind. Eine Verordnung ist auch dann kein förmliches Gesetz im Sinn des Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn sie auf Grund einer in einem förmlichen Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen worden ist; daher müssen "die Voraussetzungen selbst, unter denen der Eingriff als solcher überhaupt zulässig ist, und die Natur des Eingriffs ... in dem förmlichen Gesetz selbst bestimmt sein" (BGHZ 15, 61 [64]). Bestimmt der Gesetzgeber hinreichend deutlich, was strafbar sein soll, und legt er weiterhin Art und Maß der Strafe im förmlichen Gesetz fest, überläßt er hingegen dem Verordnunggeber nur die Spezifizierung des Straftatbestandes, so wird die Rechtssicherheit und die Freiheit des einzelnen nach Sinn und Zweck des Art. 104 GG gewahrt und dem Gesetzgeber die ihm vom Grundgesetz auferlegte Verantwortung nicht abgenommen.
III.
§ 71 StVZO ist in Verbindung mit den Tatbeständen der Straßenverkehrs -Zulassungs-Ordnung eine selbständige Strafvorschrift und nicht nur ein deklaratorischer Hinweis auf die Möglichkeit der Bestrafung nach § 21 StVG, wie der Bundesminister der Justiz und der Bundesminister für Verkehr annehmen. Das ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, die in Schrifttum und Rechtsprechung stets als spezielle Norm gegenüber § 21 StVG verstanden worden ist. An dieser Rechtslage, die zumindest für die Zeit vor der Erweiterung des § 21 StVG durch das Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs unbestritten ist, hat der Erlaß dieses Gesetzes nichts geändert; weder wurde § 71 StVZO als selbständige Strafvorschrift ausdrücklich außer Kraft gesetzt noch vermochte die Erweiterung des § 21 StVG als der gesetzeskonkurrierenden generellen und daher im Spezialbereich nicht anwendbaren Norm ohne ausdrückliche gesetzgeberische Entscheidung die Geltung des § 71 StVZO als der speziellen Norm zu beeinträchtigen.
1. Die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und der Straßenverkehrs-Ordnung vom 24. August 1953 und die auf Grund dieser Verordnung neugefaßte Straßen- Verkehrs-Zulassungs-Ordnung sind keine Gesetze, sondern Rechtsverordnungen. Der Bundesminister für Verkehr hat die Änderungsverordnung auf die §§ 1, 2, 6 und 27 StVG gestützt. Durch die hier in Betracht kommenden §§ 6 und 27 ist er zwar ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrats Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Ordnung des Straßenverkehrs im Rahmen des aufgeführten Zuständigkeitskatalogs zu erlassen. In der Befugnis zum Erlaß dieser Regelungen für den Straßenverkehr kann aber keine Ermächtigung zum Erlaß von Strafvorschriften gefunden werden.
§ 21 StVG kommt als Ermächtigung nicht in Frage; er ist selbst eine Strafvorschrift, enthält aber keine Ermächtigung an den Verordnunggeber, selbst Strafbestimmungen zu erlassen, auch nicht solche gleichen oder ähnlichen Inhalts.
Hiernach fehlt dem § 71 StVZO die erforderliche Rechtsgrundlage und er ist wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG nichtig.
2. Da § 71 StVZO überdies selbständig Freiheitsentziehung androht, aber kein förmliches Gesetz ist, ist er auch unvereinbar mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.
IV.
Das angefochtene Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/M. ist auf Grund der ungültigen Strafnorm des § 71 StVZO ergangen.
Der Angeklagte wurde "wegen Trunkenheit am Steuer (§§ 2, 71 StVZO)" zu 2 Wochen Haft verurteilt. Maßgeblich ist der Tenor des Urteils. Aber auch aus den Urteilsgründen ergibt sich, daß das Gericht die Freiheitsstrafe in Anwendung des § 71 StVZO ausgesprochen hat. Es hat es als zulässig und ausreichend erklärt, "wenn zwischen das förmliche Gesetz und den Richterspruch die eigentliche Strafdrohung in Form einer Rechtsverordnung eingeschaltet" werde, die allerdings "durch das Gesetz gedeckt" sein müsse. Das Oberlandesgericht hat dann ausgeführt, für den Freiheitsentzug auf Grund des § 71 StVZO biete sich als formelle gesetzliche Grundlage vor allem Art. 8 des Gesetzes zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 19. Dezember 1952, durch welche Bestimmung der Bundesverkehrsminister ermächtigt worden sei, den Wortlaut des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen mit neuem Datum und unter der Überschrift "Straßenverkehrsgesetz" bekanntzumachen und dabei Unstimmigkeiten des Wortlauts zu beseitigen. Auf diese Weise habe insbesondere § 21 StVG seine heutige gültige Fassung erhalten, die man zwanglos auch als die gesetzliche Grundlage für § 71 StVZO auffassen könne, möchten auch die Konkurrenzverhältnisse zwischen den beiden Bestimmungen noch nicht völlig geklärt sein. Das Oberlandesgericht scheint also die Bekanntmachungsermächtigung des Art. 8 des Straßenverkehrssicherungsgesetzes und § 21 StVG als "gesetzliche Grundlage für § 71 StVZO" aufzufassen, und zwar anscheinend als Ermächtigung, auf Grund deren der Verordnunggeber § 71 StVZO erlassen durfte. Als die Strafbestimmung, auf Grund deren es den Beschwerdeführer verurteilt hat, hat es aber nicht § 21 StVG, sondern § 71 StVZO betrachtet. Damit hat es dessen Grundrechte aus Art. 103 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt. Der Angeklagte durfte nur in Anwendung eines Gesetzes oder eines Gesetzes in Verbindung mit einer gehörig ermächtigten Verordnung bestraft werden, nach denen seine Tat mit Strafe bedroht war. Die Verurteilung kann daher nicht durch die Erwägung gerechtfertigt werden, daß sie - worüber hier nicht zu entscheiden ist - in Anwendung des § 21 StVG hätte erfolgen können und daß eine gegen die Verurteilung nach § 71 StVZO eingelegte Revision unter Berichtigung des Schuldspruchs hätte verworfen werden müssen.
V.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt/M. vom 25. Oktober 1961 hat somit die Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 103 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt, soweit er auf Grund des § 71 StVZO verurteilt worden ist. Es war gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG insoweit aufzuheben. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht Frankfurt/M. zurückverwiesen. Gemäß § 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG war die Nichtigkeit des § 71 StVZO als Strafvorschrift von dem Zeitpunkt an festzustellen, an dem er nachkonstitutionelles Recht geworden ist.