RG, 08.04.1919 - II 442/18
Bedeutung der Kaufvertragsklausel "glückliche Ankunft vorbehalten".
Tatbestand
Die Klägerin forderte Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines am 28. Februar 1916 mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrags über 50 Barrel animalische Fettsäure. Die Beklagte entgegnete, sie habe sich nur mit dem Vorbehalte glücklicher Ankunft der Ware in Lübeck zur Lieferung verpflichtet, die Ware sei aber infolge eines Ausfuhrverbots in Dänemark zurückgehalten worden. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen machte das Kammergericht die Entscheidung von einem dem Inhaber der Beklagten über den behaupteten Vorbehalt auferlegten Eide abhängig. Es führte aus: Sei der Vorbehalt erfolgt, so sei unzweifelhaft eine ganz bestimmte, konkretisierte Ware verkauft, und da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Lieferung dieser Ware der Beklagten ohne Verschulden unmöglich geworden sei, so sei die Beklagte von ihrer Lieferungspflicht befreit und der Schadensersatzanspruch der Klägerin hinfällig. Sei jedoch der Vorbehalt von der Beklagten nicht gemacht worden, so habe sie sich schlechthin verpflichtet, 20 Barrel animalische Fettsäure zu liefern. Da eine objektive Unmöglichkeit, die Ware zu beschaffen, zur Zeit, als sie die Lieferung versprach, nicht vorgelegen habe, so sei sie nach den für den Gattungskauf geltenden Grundsätzen zur Lieferung verpflichtet gewesen. Die Klägerin könne daher, da die Voraussetzungen des § 328 BGB. vorlägen, Schadensersatz verlangen.
Auf die Revision der Klägerin wurde das Urteil des Kammergerichts aufgehoben und die Sache in die Berufungsinstanz zurückverwiesen.
Aus den Gründen
... "Das Berufungsgericht scheint allerdings anzunehmen, daß die Klausel "glückliche (gute) Ankunft vorbehalten" mit einem reinen Gattungskauf unvereinbar sei, während sie auch bei einem solchen Kaufe wirksam werden kann, sobald sich die Lieferpflicht des Verkäufers auf eine bestimmte Sache beschränkt hat (vgl. RGZ. Bd. 93 S. 171). Allein nach der ganzen Sachlage handelt es sich hier nicht um einen reinen Gattungskauf. Es muß vielmehr als feststehend gelten, daß die Beklagte sich von vornherein nur zur Lieferung aus einer bestimmten, und zwar aus der ihr nach den Aussagen der Zeugen C. und L. kurz vorher von der Aktiengesellschaft Vereinigte Chemische Werke in Ch. verkauften größeren Partie Ware verpflichten wollte, und daß sie diesen ihren Willen, wenn auch unter Verschweigung des Namens ihres Lieferanten, beim Abschluß des Vertrags erkennbar zum Ausdruck gebracht hat. Bei einem beschränkten Gattungskaufe hat aber die Klausel "glückliche Ankunft vorbehalten" sogleich, wie bei einem Spezieskaufe, die Kraft einer auflösenden Bedingung.
Dagegen kann dem ferneren Revisionsangriffe die Berechtigung nicht abgesprochen werden. Die Beklagte hat im Prozesse selbst angegeben, daß die Ware, die aus Dänemark habe kommen sollen, beim Vertragschlusse tatsächlich noch nicht nach Lübeck unterwegs gewesen, sondern von den dänischen Behörden auf Grund eines Ausfuhrverbots zurückgehalten und auch später nicht freigegeben worden sei. Hätte sie daher, wie sie behauptet, die Ware von Anfang an als "angeblich" auf Lübeck schwimmend bezeichnet, so würde sie auf Grund der Klausel "glückliche Ankunft vorbehalten" von der Lieferungspflicht frei geworden sein. Anders läge die Sache aber möglicherweise dann, wenn sie der Klägerin, wie diese behauptet und der Zeuge La. bestätigt hat, beim Vertragschluß erklärt haben sollte, "die Ware sei nach Lübeck unterwegs und ihr Eintreffen werde dort stündlich oder in den allernächsten Tagen erwartet". Denn damit würde sie möglicherweise die Gewähr dafür übernommen haben, daß der Ankunft der Ware in Lübeck ein Ausfuhrverbot nicht entgegenstehe, und sie würde sich alsdann auf jene Klausel wohl nicht berufen können. Nach dieser Richtung hin läßt das Berufungsurteil die erforderliche Prüfung vermissen (vgl. § 346 HGB., § 157 BGB.)." ...