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RG, 29.03.1919 - V 364/18

Daten
Fall: 
Widerspruch und Widerspruchsklage gegen eine Hypothek als Verweigerung einer Leistung
Fundstellen: 
RGZ 95, 224
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
29.03.1919
Aktenzeichen: 
V 364/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Verden
  • OLG Celle

Sind der anfechtungsweise im Verteilungstermin einer Zwangsversteigerung vom Konkursverwalter erhobene Widerspruch gegen eine Hypothek und die anschließende Widerspruchsklage als Verweigerung einer Leistung des Gemeinschuldners im Sinne des § 41 Abs. 2 KO. aufzufassen und sonach an die Anfechtungsfrist des § 41 Abs. 1 nicht gebunden?

Tatbestand

Durch Altenteils- und Abfindungsvertrag vom 18. Oktober 1912 hatte der Mühlenbesitzer Friedrich P. sein Mühlengrundstück H. Bl. 132 seinem Sohne Karl P. gegen Übernahme der dinglichen und persönlichen Schulden und Lasten zu Eigentum überlassen und übergeben, sich aber die Verwaltung und Nutznießung bis zum 1. April 1918 und für sich und seine Ehefrau ein in den §§ 4 bis 7 des Vertrags näher bezeichnetes Altenteil vorbehalten, auch seinen 5 andern Kindern, den beklagten Geschwistern P., eine Abfindung von je 1000 M ausbedungen. Für diese Abfindungen wurde auf dem Grundstück eine Sicherungshypothek von 5000 M eingetragen. Der Hypothek standen 44000 M andere Hypotheken vor, doch sollen diese nach der Behauptung der Beklagten bis auf 24000 M bezahlt gewesen sein.

Im Frühjahr 1914 verkaufte Karl P. das Grundstück, nachdem die Mühle abgebrannt und die Versicherungsentschädigung auf 9904 M festgesetzt war, nach Angabe der Beklagten für 32000 M. Er hatte dafür ein anderes, für den Mühlenbetrieb angeblich günstiger gelegenes Grundstück, H. Bl. 198, erworben und ließ darauf die Abfindungen und das Altenteil, die auf H. Bl. 132 gelöscht wurden, neu eintragen. Die Sicherungshypothek für die Abfindungen von 5000 M kam in Abt. III Nr. 4 an sicherer Stelle zu stehen. Nachdem die Neueintragungen am 27. April 1914 bewirkt waren, verfiel am 22. Juni 1914 Karl P. infolge der durch die Grundstückskäufe und den Mühlenneubau eingetretenen Überschuldung in Konkurs.

Im Zwangsversteigerungsverfahren des Grundstücks H. Bl. 198 kamen die Beklagten laut Teilungsplan vom 17. Januar 1916 mit ihrer Sicherungshypothek zur Hebung. Der Konkursverwalter widersprach aber und hat mit der im Februar 1916 erhobenen Klage die Eintragung der Sicherungshypothek vom 27. April 1914 sowie die Anweisung auf den Versteigerungserlös angefochten. Er machte geltend, daß nach den Feststellungen in anderen Prozessen Karl P. schon vor der Neueintragung der Hypothek, am 14. April 1914, seine Zahlungen eingestellt und daß die Verschiebung der Hypothek die Benachteiligung der Gläubiger bezweckt habe. Der Antrag ging dahin, festzustellen, daß den Beklagten kein Recht auf die Auszahlung des Versteigerungserlöses zustehe, dieser vielmehr unter Abänderung des Teilungsplans der Konkursmasse zu überweisen sei.

Die Beklagten bestritten, daß Karl P. schon vor Eintragung der neuen Hypothek seine Zahlungen eingestellt habe, daß die alte Hypothek, wie der Konkursverwalter behauptet hatte, wertlos gewesen und daß die Gläubiger benachteiligt worden seien.

Während das Landgericht der Klage stattgab, wies das Oberlandesgericht sie ab. Der Revision ist stattgegeben worden aus folgenden Gründen:

Gründe

... "Der Berufungsrichter hat die Anfechtung der Hypothekeneintragung auf H. Bl. 198 nach § 41 KO. für verspätet erachtet. Das Konkursverfahren sei am 22. Juni 1914 eröffnet, die Anfechtungsklage aber erst nach Ablauf der einjährigen Ausschlußfrist, im Februar 1916, erhoben worden. Die vom Konkursverwalter geltend gemachte frühere außergerichtliche Anfechtung komme nicht in Betracht (RGZ. Bd. 58 S. 44, Bd. 62 S. 199, Gruchot Bd. 49 S. 1094). Ebensowenig die Ausnahme des § 41 Abs. 2, die auch nach Ablauf der Ausschlußfrist die Verweigerung einer geschuldeten Leistung zulasse, denn es handle sich im vorliegenden Falle nicht um eine schuldrechtliche Leistung sondern um Geltendmachung des dinglichen Hypothekenrechts. ...

Diese Ausführungen des Berufungsrichters und die darauf beruhende Zurückweisung der Anfechtungseinrede des Konkursverwalters sind unhaltbar. Der den Widerspruch gegen den Verteilungsplan verfolgende Konkursverwalter verweigert die Leistung aus dem Versteigerungserlös zugunsten des Gemeinschuldners und seiner Konkursmasse. Die dem Anspruche der Beklagten entsprechende Verpflichtung des Gemeinschuldners war allerdings, da der persönliche Anspruch im Konkurse nicht verfolgt worden ist, nur dinglicher Natur, § 41 Abs. 2 KO. beschränkt sich aber nicht auf rein persönliche Ansprüche, ist vielmehr, wie vom Reichsgerichte wiederholt ausgeführt worden ist (RGZ. Bd. 62 S. 199, Bd. 84 S. 225), ausdehnend auszulegen und auch auf solche Ansprüche anzuwenden, die aus einem dinglichen Rechte, sei es auch nur mittelbar, durch Versteigerung und Hinterlegung erwachsen sind . Um so weniger kann, bei der Begriffsbestimmung der Hypothek in § 1113 BGB. die Anwendung auf Ansprüche, die dem Hypothekengläubiger gegen den Versteigerungserlös zustehen, einem Bedenken unterliegen.

Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben und die Sache zur weiteren Erörterung in die Vorinstanz zurückzuverweisen."