RG, 23.11.1917 - II 233/17
Kann der Kläger, der in erster Instanz aus einer ihm allein zustehenden Forderung auf Zahlung an seine Person geklagt hat, in der Berufungsinstanz ohne Einwilligung des Beklagten Zahlung an die von ihm und einem anderen gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechtes verlangen, weil die Forderung zum Gesellschaftsvermögen gehöre?
Tatbestand
Das Landgericht hat die auf Verurteilung des Beklagten zur Zurückzahlung von 8438,30 M Kaufpreis an den Kläger persönlich gerichtete Wandelungsklage auf die für dargetan erachtete Behauptung des Beklagten hin abgewiesen, daß der Klaganspruch nicht dem Kläger allein zustehe, sondern zum Vermögen einer von dem Kläger und der Firma S. L. & Co. gebildeten Gesellschaft bürgerlichen Rechtes gehöre. Der Kläger hat Berufung eingelegt und den Klagantrag aufrechterhalten, jedoch hilfsweise beantragt, den Beklagten zur Zahlung an ihn und L. gemeinschaftlich zu verurteilen. Der Beklagte hat der Zulassung des Hilfsantrags widersprochen. Seinem Antrage gemäß ist die Berufung zurückgewiesen worden, ebenso die Revision.
Aus den Gründen
"Die Revision, die den § 268 ZPO. und das materielle Recht, insbesondere den § 432 BGB., als verletzt bezeichnet, wendet sich ausschließlich gegen die Zurückweisung des in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrags auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung an ihn und L. gemeinschaftlich. Sie meint, daß der Kläger mit diesem Antrag ein eigenes Recht geltend gemacht habe, und daß infolgedessen eine Klagänderung nicht vorliege.
Unterstellt man als richtig, daß der Kläger sich nicht mit der Firma S. L. & Co., sondern mit L. persönlich in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes befindet, und daß er von L. ermächtigt worden ist, die Wandelung des von der Gesellschaft abgeschlossenen Kaufes zu fordern, so muß man ihn allerdings nach der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (vgl. RGZ. Bd. 70 S. 32, Bd. 76 S. 280, Bd. 86 S. 66; Jur. Wochenschr. 1916 S. 838) für befugt halten, auf Zahlung an ihn und L. gemeinschaftlich kraft eigenen Rechtes zu klagen. Daraus folgt jedoch nicht, daß er von dieser Befugnis auch noch in der Berufungsinstanz hätte Gebrauch machen können. Er hat in erster Instanz einen ihm allein, als Selbstläufer, angeblich zustehenden Anspruch geltend gemacht und demgemäß für seine Person Zahlung gefordert. Diesen Anspruch hat er auch in der Berufungsinstanz an erster Stelle verfolgt. Mit seinem auf Zahlung an ihn und L. gemeinschaftlich gerichteten Hilfsantrage hat er dagegen einen Anspruch zu verwirklichen gesucht, der zum Vermögen der von ihm und L. gebildeten Gesellschaft, also einer von seinem sonstigen Vermögen verschiedenen rechtlichen Einheit, einer Gemeinschaft zur gesamten Hand, gehört. Das ist ein neuer Anspruch im Sinne des § 529 Abs. 2 ZPO., den er in der Berufungsinstanz nur mit Einwilligung des Beklagten hätte erheben dürfen. Da diese Einwilligung versagt worden ist, hat das Berufungsgericht auch den Hilfsantrag mit Recht abgewiesen." ...