RG, 02.03.1917 - VII 301/16
Fallen die im § 635 BGB. bestimmten Schadensersatzansprüche unter die Vorschrift des § 640 Abs. 2?
Aus den Gründen
... "Mit der herrschenden Lehre ist anzunehmen, daß der ganz unzweideutige Wortlaut der in § 640 Abs. 2 gegebenen Vorschrift, die nur "die in den §§ 633 und 634 bestimmten Ansprüche" als solche bezeichnet, die zwecks Aufrechterhaltung bei der Abnahme vorbehalten werden müssen, nicht zuläßt, die Vorschrift auch auf die im § 635 bestimmten Schadensersatzansprüche auszudehnen. Gegenüber dem klaren Wortlaute kann weder, wie in Goldmann-Lilienthal, Bürgerl. Gesetzbuch Bd. 1 S. 651 Anm. 33 ausgeführt wird, die Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch, wie Dernburg in seinem Bürgerl. Recht § 320 VI meint, die Berufung auf Treu und Glauben entscheidend in Betracht kommen, letzteres um so weniger, als es sich, worauf in dem Kommentar der Reichsgerichtsräte Anm. 4 zu § 640 hingewiesen wird, im Falle des § 635 um Ansprüche handelt, die ein vom Unternehmer zu vertretendes Verschulden oder eine besondere Zusicherung zur Voraussetzung haben.
Mit Recht ist deshalb der Berufungsrichter davon ausgegangen, daß nur dann, wenn im einzelnen Falle nach den begleitenden Umständen in der trotz Kenntnis der Mangelhaftigkeit erfolgten vorbehaltlosen Abnahme des Wertes ein Verzichtswille erkennbar zutage getreten ist, auch der Untergang der aus § 635 hergeleiteten Ersatzansprüche eintritt. Ob aber in den zum Nachweis eines solchen Verzichtwillens geltend gemachten Umständen der Ausdruck eines dahingehenden Willens zu finden ist, war Sache der tatsächlichen Würdigung durch den Berufungsrichter." ...