RG, 05.03.1889 - II 19/89
Hat dann, wenn der Eigentümer eines Bauwerkes auf Grund des Art. 1386 des bürgerl. Gesetzbuches für den durch dessen Einsturz verursachten Schaden von dem Beschädigten in Anspruch genommen wird, der Beschädigte zu beweisen, daß der Einsturz in einem Mangel der Unterhaltung oder in einem Fehler der Bauart seinen Grund habe?
Gründe
"Das Urteil des Oberlandesgerichtes beruht auf der Unterstellung, es habe, wenn der Eigentümer eines Bauwerkes auf Grund des Art. 1386 des bürgerl. Gesetzbuches für den durch dessen Einsturz (im vorliegenden Falle durch das Herabstürzen eines vor einem Fenster angebrachten Drahtgitters) verursachten Schaden in Anspruch genommen werde, nicht der Beschädigte die in Art. 1386 des bürgerl. Gesetzbuches aufgestellte Voraussetzung, daß der schadenbringende Einsturz in einem Mangel der Unterhaltung oder in einem Fehler der Bauart seinen Grund habe, zu beweisen, sondern es sei Sache des Eigentümers des eingestürzten Bauwerkes, nachzuweisen, daß der Einsturz und die durch denselben zugefügte Beschädigung nicht in Mängeln der Sache, sondern in von außen wirkenden Kräften seine Ursache gehabt habe. Diese Rechtsansicht des Berufungsgerichtes verletzt das Gesetz.
Der Art. 1386 des bürgerl. Gesetzbuches knüpft in ganz bestimmter Weise die Haftbarkeit des Eigentümers eines Gebäudes für den durch dessen Einsturz verursachten Schaden an die Voraussetzung, daß der Einsturz eingetreten ist infolge des Mangels der Unterhaltung oder durch den Fehler seiner Bauart. (Le propriétaire d'un bâtiment est pesponsable du dommage caus'1 par sa ruine, lorqu'elle est arrivée par une siute de défaut d'entretien ou par le vice de sa construction.) Zum Klagegrunde für einen Schadensanspruch gegen den Eigentümer des Gebäudes wegen dessen Einsturzes gehört sonach auch, daß der Einsturz eingetreten ist infolge des Mangels der Unterhaltung oder durch den Fehler der Bauart. Wird diese Voraussetzung von dem auf Schadensersatz belangten Eigentümer nicht zugegeben, so trifft daher -- wenn nicht aus sonstigen gesetzlichen Bestimmungen Gegenteiliges sich ergiebt -- nach allgemeinen Regeln über die Beweislast denjenigen, welcher aus dem Vorhandensein dieses Erfordernisses der Klage einen Anspruch ableitet, die Beweispflicht für das Vorhandensein dieses Erfordernisses. Solche "gegenteiligen" Bestimmungen sind aber nicht vorhanden. Für eine solche gegenteilige Annahme giebt zunächst der Wortlaut des Art. 1386 selbst keinen Anhalt; vielmehr spricht dessen Fassung für die Beweispflicht desjenigen, der einen Anspruch gegen den Eigentümer des Gebäudes erhebt. Einer gegenteiligen Anschauung stehen auch nicht etwa die Gesetzesmaterialien1 zur Seite. Für eine gegenteilige Auffassung sind aber auch nicht aus der "Natur der Sache" Anhaltspunkte zu entnehmen. Namentlich kann eine etwaige Schwierigkeit des Beweises für den Beschädigten nicht dazu führen, diesen von der Beweislast eines Klagegrundes zu befreien und entgegen allgemeinen Grundsätzen über die Beweislast und ohne eine Stütze im Gesetze selbst vielmehr dem Eigentümer von vornherein de
- 1. vgl. Locré Legislation Bd. 13 S. 8 flg.