RG, 28.11.1884 - III 130/84
Wann ist der Anwalt berechtigt eine Beweisgebühr nach §. 13 Nr. 4 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte zu berechnen?
Tatbestand
In einem Prozesse wegen Ehescheidung hatte der einen Ehebruch seiner Frau behauptende klagende Ehemann auf den angeblichen Konkumbenten als Zeugen sich berufen. Das Gericht erließ einen darauf bezüglichen Beweisbeschluß und setzte gleichzeitig zur Aufnahme des Zeugenbeweises und zu weiterer Verhandlung über einen noch nicht erledigten Streitpunkt Termin an. Bevor dieser Termin abgehalten wurde, erschien jedoch der Zeuge, welcher vom Gerichte geladen worden war, vor dem Gerichtsschreiber und gab die Erklärung ab, daß er das Zeugnis verweigere. In der nun folgenden mündlichen Verhandlung wurde zunächst von diesem Sachverhältnisse den Parteianwälten Mitteilung gemacht, welche die Mitteilung entgegennahmen, ohne irgend welche Erklärungen daran zu knüpfen, sodann wurde die Verhandlung fortgesetzt und nach deren Schlusse das Urteil gesprochen.
Der Anwalt des Klägers glaubte daraufhin neben der Verhandlungsgebühr auch die Beweisgebühr des §. 13 Nr. 4 Geb.-O. für Rechtsanwälte berechnen zu dürfen. Das Landgericht ließ die Berechnung zu, vom Oberlandesgerichte wurde sie für unzulässig erachtet, weil keine Beweisaufnahme stattgefunden habe. Das Reichsgericht hat die gegen diesen Beschluß gerichtete Beschwerde verworfen aus folgenden Gründen:
Gründe
"Die Beweisgebühr des §. 13 Nr. 4 Geb.-O. für Rechtsanwälte ist nicht dadurch bedingt, daß eine Beweisaufnahme stattgefunden hat, und daß der Anwalt in dem Beweiserhebungstermine anwesend gewesen ist. Aber sie setzt zum mindesten voraus, daß das Beweisverfahren begonnen und der Anwalt in demselben seine Thätigkeit entwickelt hat. Vorliegenden Falles ist zwar das Beweisverfahren damit eingeleitet worden, daß Beweisbeschluß erlassen und ein Zeuge seitens des Gerichtes geladen wurde, das weitere Verfahren hat jedoch seine Erledigung dadurch gefunden, daß der Zeuge vor dem Gerichtsschreiber die Erklärung abgab, sein Zeugnis verweigern zu wollen, und daß die Mitteilung hiervon den Parteianwälten in dem Termine gemacht wurde, in welchem die mündliche Verhandlung der Sache fortgesetzt worden ist. In der einfachen Entgegennahme dieser das Beweisverfahren abschließenden Eröffnung kann eine die Beweisgebühr rechtfertigende Thätigkeit des klägerischen Anwaltes nicht erblickt werden."