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RG, 19.11.1918 - III 293/18

Daten
Fall: 
Räume zum Betrieb einer Schankwirtschaft
Fundstellen: 
RGZ 94, 138
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.11.1918
Aktenzeichen: 
III 293/18
Entscheidungstyp: 
Urteil

Ist der Vermieter, der Räume zum Betrieb einer Schankwirtschaft vermietet, zur Vornahme der baulichen Änderungen verpflichtet, von denen die Polizeibehörde die Erteilung der Schankerlaubnis an den Mieter abhängig macht, obwohl er bei dem Vertragsschluß erklärt hat, er vermiete die Räume so, wie er sie bis dahin benutzt habe?

Tatbestand

Durch schriftlichen Vertrag vom 28. Juli 1909 vermietete der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 15. August 1909 bis zum 15. August 1914 Räume zum Betrieb einer Schankwirtschaft und zur Wohnung. Im Februar 1913 erhob er gegen den Kläger die Räumungsklage und am 5. März 1913 erwirkte er eine einstweilige Verfügung, durch die dem Kläger die Räumung der Wohnung und der Geschäftsräume aufgegeben wurde. Auf Grund dieser Verfügung mußte der Kläger am 13. März 1913 die Mieträume verlassen. Schon vorher, am 1. dess. Mon., hatte er den Schankwirtschaftsbetrieb eingestellt. Ihm war nämlich die Schankwirtschaftserlaubnis am 27. Dezember 1909 unter der Bedingung erteilt worden, daß ein besonderer Abort für Frauen herzustellen sei. Nachdem er seit Oktober 1912 wiederholt zur Erfüllung dieser Bedingung innerhalb bestimmter Fristen vergeblich aufgefordert worden war, wurde ihm durch Verfügung vom 12. Februar 1913 aufgegeben, binnen 14 Tagen den Schankbetrieb einzustellen, widrigenfalls die polizeiliche Schließung der Schankräume und Strafverfolgung wegen unbefugter Ausübung des Schankgewerbes erfolgen werde. Daraufhin stellte der Kläger den Schankbetrieb am 1. März 1913 ein.

In dem auf Räumung gerichteten vorhergehenden Rechtsstreite wurde auf die Widerklage des jetzigen Klägers durch Urteil des Amtsgerichts vom 23. Dezember 1913, das durch Zurückweisung der Berufung am 12. Februar 1915 die Rechtskraft erlangte, festgestellt, daß der Mietvertrag vom 28. Juli 1909 bis zum 15. August 1914 laufe, und die einstweilige Verfügung am 13. Februar 1914 aufgehoben, weil die Voraussetzungen für deren Erlaß nicht vorgelegen hätten.

In dem vorliegenden Rechtsstreite verlangt der Kläger, der den Beklagten zur Herstellung des Frauenaborts wiederholt vergeblich aufgefordert hatte, Ersatz des Schadens, der ihm durch die vorzeitige Einstellung des Schankbetriebes und durch Räumung der Mieträume erwachsen sei. Das Landgericht hat ihn mit einem Teilbetrag abgewiesen und im übrigen die Entscheidung von einem Schätzungseide des Klägers abhängig gemacht. Die Berufung des Beklagten ist zurückgewiesen worden. Seine Revision hatte keinen Erfolg.

Gründe

... "Die Entscheidung hängt von der Frage ab, ob der Beklagte dem Kläger gegenüber verpflichtet war, den Frauenabort zu errichten, dessen Herstellung dem Kläger in der Schankwirtschaftserlaubnis zur Bedingung gesetzt war. Das Berufungsgericht bejaht diese Frage. Es geht davon aus, daß der Vermieter, der Räume zum Betrieb einer Schankwirtschaft vermietet, auf Grund des § 536 BGB. die Mieträume in einem solchen Zustande zu gewähren und während der Mietzeit zu erhalten hat, daß sie geeignet sind, für diesen Betrieb zu dienen, insbesondere den polizeilichen Anforderungen genügen, und nimmt deshalb an, daß er auch verpflichtet ist, diejenigen baulichen Veränderungen vorzunehmen, von denen die Polizeibehörde die Erteilung der Schankerlaubnis an den Mieter abhängig macht. Dem ist grundsätzlich, jedenfalls, wenn es sich, wie hier nach der nicht angefochtenen tatsächlichen Feststellung des Berufungsrichters, um eine bauliche Änderung geringfügiger Art handelt, beizupflichten.

Die Revision wendet sich auch nicht gegen die Aufstellung dieses Grundsatzes, sie hält ihn nur auf den gegebenen Fall nicht für anwendbar, weil der Beklagte nach seiner Behauptung die streitigen Räume lediglich in dem Zustande vermietet habe, in dem sie sich bei dem Abschlusse des Mietvertrags befunden hätten und von ihm bis dahin zum Schankwirtschaftsbetriebe benutzt worden seien; er habe damals ausdrücklich erklärt, er verpachte das Geschäft und die Räume so, wie er sie bis dahin benutzt habe. Diese Behauptung wird indessen mit Recht von dem Berufungsrichter für unerheblich erachtet. Durch eine Abrede solchen Inhalts wird dem Vermieter von dem Mieter nur die gesetzliche Haftung für solche Mangel erlassen, die für diesen bei dem Vertragsschluß ersichtlich waren, nicht für solche, die sich erst später herausstellen. Daß dem Kläger die Notwendigkeit eines besonderen Frauenaborts bekannt gewesen sei, hat der Beklagte aber nicht behauptet.

War demnach die Errichtung des Aborts Sache des Beklagten, so wird er nach § 538 BGB. mit Recht auf Schadensersatz in Anspruch genommen, da es sich um einen bei dem Vertragsschlusse vorhandenen Mangel handelt und der Beklagte nach der Feststellung des Berufungsgerichts mit dessen Beseitigung in Verzug gekommen ist." ...