RG, 07.05.1884 - I 108/84

Daten
Fall: 
Futterkosten
Fundstellen: 
RGZ 13, 396
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
07.05.1884
Aktenzeichen: 
I 108/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Neu-Ruppin
  • KG Berlin

Kommt bei Berechnung des Wertes des Beschwerdegegenstandes der Betrag der Futterkosten in Ansatz?

Aus den Gründen

... "Ob die Futterkosten überhaupt in Betracht kommen, hängt von der Auslegung des im §. 508 C. P. O. in Bezug genommenen §. 4 C. P. O. ab. Der §. 4 bestimmt:

Früchte, Nutzungen, Zinsen, Schäden und Kosten bleiben (bei der Wertsberechnung) unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

Bei der Auslegung dieser Bestimmung ist zunächst zu berücksichtigen, daß sie eine positive, Teile des Klag- bezw. Beschwerdeobjektes, welche an sich bei der Wertsberechnung mit zu berücksichtigen waren, aus Nützlichkeitsgründen, der Vereinfachung der Wertsberechnung halber, von der Berücksichtigung ausschließende ist und daher keine ausdehnende Anwendung auf andere verwandte Gattungen von Ansprüchen zuläßt. Die Bestimmung umfaßt ferner nicht alle Ansprüche, welche sich als Nebenansprüche charakterisieren lassen; die Aufzählung der Früchte, Nutzungen, Zinsen, Schäden und Kosten ist nicht bloß exemplifikativ zu nehmen; vielmehr sind nur die namentlich aufgezählten fünf Ansprüche, und zwar wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden, ausgeschlossen. Es könnte sich nun nur etwa fragen, ob die geforderten Futterkosten unter den Begriff der Schäden oder der Kosten zu subsumieren seien. Dies ist nicht der Fall. Die mit der Widerklage eingeklagten Futterkosten bilden eine notwendige Aufwendung, welche der Käufer auf die Erhaltung des Kaufobjektes macht, und welche dem redlichen Käufer nach §. 337 A. L. R. I. 5, §§. 212 flg. A. L. R. I. 7 nach den Grundsätzen negotium gestio, da der Käufer eine Aufwendung macht, welche sonst der Verkäufer hätte machen müssen, gesetzlich vergütet werden müssen. Die einfache redhibitorische Klage, bei welcher es auf eine, eine andere Beurteilung bedingende Schuld des Verkäufers (§. 320 A. L. R. I. 5) nicht ankommt, ist nicht auf den Ersatz eines Schadens, sondern nur auf Rückgängigmachung der beiderseitigen Leistungen, auf Herstellung des Zustandes vor dem Vertragsschlusse unter Berücksichtigung der zu ersetzenden Aufwendungen der einen oder anderen Partei gerichtet; von dem Ersatze eines Schadens im eigentlichen Sinne (§§. 285 flg. A. L. R. I. 5) ist dabei keine Rede. Die Futterkosten sind aber auch nicht zu den Kosten im Sinne des §. 4 C. P. O. zu rechnen. Das Gesetz versteht darunter nicht jede Geldaufwendung ohne Unterschied des Zweckes, sondern nur die durch die Rechtsverfolgung bezw. Verteidigung veranlaßten Kosten einschließlich der außergerichtlichen und der bereits vor der Erhebung der Klage aufgewendeten. Die in §. 212 flg. A. L. R. I. 7 behandelten Aufwendungen sind darunter nicht mit begriffen. Es ist aber auch bedenklich, den Anspruch auf Futterkosten als Nebenforderung zu charakterisieren. Es mag hierbei nicht entscheidend sein, daß die Futterkosten den Wert des Pferdes übersteigen. Aber der Anspruch auf Ersatz der Futterkosten ist ein ganz selbständiger, von dem Ansprüche auf Rücknahme des Pferdes ganz unabhängiger, welcher namentlich, wenn ein verkauftes Tier infolge des redhibitorischen Mangels gestorben ist, selbständig geltend gemacht werden kann und als eine gleichwertige Leistung neben den sonstigen zur Herstellung der Lage vor dem Vertragsschlusse dienlicher Leistungen steht. Derselbe steht daher nicht zu dem Widerklaganspruche auf Rücknahme des Pferdes, noch weniger aber zu dem Klaganspruche auf Zahlung des Kaufgeldes in dem Verhältnisse einer Nebenforderung zur Hauptforderung. Der §. 4 C. P. O. steht also der Berücksichtigung der Futterkosten bei der Berechnung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht entgegen, und es ist die Revisionssumme als vorhanden anzunehmen." ...