OLG Karlsruhe, 29.03.2012 - 9 U 143/10

Daten
Fall: 
Gutgläubiger Erwerb eines unterschlagenen Gebrauchtfahrzeugs
Fundstellen: 
BeckRS 2012, 15535; DAR 2012, 514; LSK 2012, 410212
Gericht: 
Oberlandesgericht Karlsruhe
Datum: 
29.03.2012
Aktenzeichen: 
9 U 143/10
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 

1. Wenn der Verkäufer eines Gebrauchtfahrzeugs unter falschem Namen handelt, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an, welche Person auf Verkäuferseite Vertragspartner sein soll. Bei einem Geschäft, das unter den anwesenden Personen sofort abgewickelt wird (Übergabe des Fahrzeugs nebst Papieren gegen Barzahlung des Kaufpreises), liegt es nahe, dass die als Verkäufer handelnde Person Vertragspartner wird, und nicht etwa derjenige, unter dessen Namen der Verkäufer auftritt.
2. Beim Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen durch einen privaten Verkäufer ist eine zügige Abwicklung durch Übergabe des Fahrzeugs gegen Barzahlung heute weit verbreitet. Wenn sich der Verkäufer, der den Wagen unterschlagen hat, durch einen echten Fahrzeugschein und einen gefälschten Fahrzeugbrief legitimiert, können die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Eigentumserwerb für den Käufer vorliegen. Der Käufer handelt nicht ohne weiteres grob fahrlässig, wenn er sich über die Identität des Verkäufers nicht durch Vorlage eines Ausweises vergewissert.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 10.09.2010 - 3 O 73/10 B - hinsichtlich der Hauptsache wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, das Fahrzeug Wohnmobil Euromobil 585 HSS, BJ. 06/1997, Basismodell VW T 4 TDI, Fahrgestell-Nr. … an den Kläger heraus zu geben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

II.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 €, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die Frage, wer Eigentümer eines Wohnmobils ist. Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Herausgabe des Fahrzeugs, das sich in dessen Besitz befindet.

Der Beklagte war jedenfalls bis 2007 Eigentümer des Wohnmobils Euromobil 585 HSS mit der Fahrgestell-Nr. … Am 01.07.2007 vermietete der Beklagte das Fahrzeug an eine unbekannte Person. Das Wohnmobil wurde von dieser Person nicht zurück gebracht, sondern unterschlagen.

Der Kläger ist Gebrauchtwagenhändler. Am 25.07.2007 stieß er in einer Zeitung auf ein Verkaufsangebot für ein Wohnmobil, das sein Interesse fand. In der Anzeige war eine Handy-Nummer des Verkäufers angegeben. Der Kläger nahm telefonisch mit dem Verkäufer Kontakt auf. Am selben Tag fuhr der Zeuge S. im Auftrag des Klägers mit dem Zug nach Nürnberg, um dort den Kauf des Wohnmobils für den Kläger abzuwickeln. Der Zeuge S. fand das Wohnmobil schließlich auf einem Parkplatz im Bereich von Erlangen vor. Es kam vor Ort zum Abschluss eines handschriftlichen Kaufvertrages (Anlage K 1). Die für die Verkäuferseite anwesenden Personen übergaben dem Zeugen S. das Wohnmobil, einen Kraftfahrzeugbrief und den KFZ-Schein. Der KFZ-Brief war, wie sich später herausstellte, gefälscht (vgl. die Kopie in der Anlage K 2). Der Zeuge S. händigte seinen Verhandlungspartnern den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 9.000,00 € vor Ort in bar aus. Das erworbene Fahrzeug überbrachte er dem Kläger.

Der Beklagte stellte wegen der Unterschlagung seines Wohnmobils eine Strafanzeige gegen Unbekannt. Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass das vom Kläger am 25.07.2007 erworbene Fahrzeug mit dem Wohnmobil identisch war, welches der Beklagte am 01.07.2007 an eine unbekannte Person vermietet hatte. Gegen den Kläger wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hehlerei eingeleitet. Nachdem der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Konstanz mit Beschluss vom 20.03.2008 eine Beschlagnahme des beim Kläger befindlichen Wohnmobils angeordnet hatte, gab dieser am 23.04.2008 das Fahrzeug an die zuständige Polizeidienststelle heraus. Noch am selben Tag wurde das Wohnmobil von der Polizei an den Beklagten bzw. an eine von diesem beauftragte Person ausgehändigt, da die Ermittlungsbehörden den Beklagten für den Eigentümer des Fahrzeugs hielten.

Der Kläger hat erstinstanzlich vom Beklagten Herausgabe des Wohnmobils verlangt, da er selbst - und nicht der Beklagte - rechtmäßiger Eigentümer des Fahrzeugs sei. Er sei beim Kauf des Fahrzeugs am 25.07.2007 Eigentümer geworden. Außerdem hat der Kläger den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangt. Der Beklagte ist dem Herausgabeverlangen entgegengetreten. Einem Eigentumserwerb des Klägers stehe entgegen, dass dieser bzw. der Zeuge S. hinsichtlich der Eigentümerstellung des Verkäufers nicht in gutem Glauben im Sinne von § 932 Abs. 1 Satz 1 BGB gewesen sei.

Das Landgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 10.09.2010 antragsgemäß zur Herausgabe des Wohnmobils und zur Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 718,40 € verurteilt. Der Kläger sei beim Erwerb des Wohnmobils am 25.07.2007 Eigentümer geworden. Soweit er bzw. der Zeuge S. keinen Verdacht hinsichtlich einer möglichen Unterschlagung geschöpft habe, falle ihm keine grobe Fahrlässigkeit zur Last. Daher seien die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Erwerb gemäß § 932 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten. Die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Erwerb seien entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht gegeben gewesen. Es habe eine Reihe von Umständen gegeben, aufgrund derer der Kläger und der Zeuge S. Verdacht hätten schöpfen müssen, dass das Fahrzeug nicht im Eigentum des Verkäufers stand. Insbesondere habe das Wohnmobil damals einen Wert von 19.000,00 € gehabt. Bei einem Kaufpreis von lediglich 9.000,00 € hätte dem Kläger und dem Zeugen S. auffallen müssen, dass bei diesem Geschäft etwas nicht in Ordnung sein konnte.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 10.09.2010 verkündeten Urteils des Landgerichts Konstanz - 3 O 73/10 B - die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts und ergänzt seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Verkehrswert des Wohnmobils und hat den Sachverständigen ergänzend mündlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das bei den Akten befindliche Gutachten und auf das Terminsprotokoll vom 08.03.2012 verwiesen.

II.

Die Berufung des Beklagten ist lediglich hinsichtlich der vorgerichtlichen Anwaltskosten begründet. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

1. Der Beklagte ist zur Herausgabe des in seinem Besitz befindlichen Wohnmobils gemäß § 985 BGB verpflichtet. Denn der Kläger ist Eigentümer des Fahrzeugs. Dem Beklagten steht im Verhältnis zum Kläger ein Recht zum Besitz nicht zu. Der Kläger hat das Eigentum am 25.07.2007 erlangt. An diesem Tag wurde ihm das Eigentum von dem unbekannten Verkäufer gemäß § 929 Satz 1 BGB (Einigung und Übergabe) übertragen.

a) Für den Vorgang des Erwerbs ist entsprechend den Feststellungen des Landgerichts von folgendem Sachverhalt auszugehen: Das Wohnmobil wurde am 25.07.2007 in dem Zeitungsinserat zu einem Preis von 10.900,00 € angeboten. Bei der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer einigte sich der Kläger - jedenfalls im Grundsatz - mit diesem über den Erwerb. Da sich das Fahrzeug in Nürnberg oder im Raum Nürnberg befinden sollte, vereinbarte der Kläger mit dem Verkäufer telefonisch, dass der vom Kläger beauftragte Zeuge S. zur Abwicklung des Kaufvertrages nach Nürnberg fahren sollte. Am Bahnhof in Nürnberg sollte der Zeuge S. vom Verkäufer abgeholt werden.

Als der Zeuge S. in Nürnberg eintraf, wurde er vom Verkäufer nicht abgeholt. Eine telefonische Kontaktaufnahme des Zeugen S. mit dem Verkäufer ergab, dass dieser verhindert sei. Der Zeuge S. solle mit einem Taxi zu einem bestimmten Parkplatz im Bereich von E. fahren, wo sich das Wohnmobil befinde. Der Zeuge S. fuhr dorthin, fand das Wohnmobil vor und traf zwei Personen an, die vom Verkäufer beauftragt waren, für diesen zu handeln. Es fanden weitere Verkaufsverhandlungen statt, bei denen der Zeuge S. auf verschiedene kleinere Mängel des Fahrzeugs hinwies, und in denen es um den Preis ging. Im Rahmen dieser Verhandlungen führte der Zeuge S. mehrere Telefonate per Handy sowohl mit dem Verkäufer als auch mit dem Kläger. Dabei wurde schließlich Einigkeit erzielt, dass der Zeuge S. das Wohnmobil für den Kläger zum Preis von 9.000,00 € erwerben sollte. Der Zeuge S. formulierte handschriftlich den Kaufvertrag (Anlage K 1), welchen er für den Kläger unterschrieb. Als Verkäufer wurde im Kaufvertrag „P. B.“ eingetragen, wobei es sich um die Personalien des Beklagten handelte, die dem Fahrzeugschein entnommen wurden. Für den Verkäufer, mit welchem der Zeuge S. lediglich per Handy Kontakt hatte, unterschrieb vor Ort eine der beiden anwesenden männlichen Personen mit „B.“

b) Bei der Übergabe des Fahrzeugs und bei der Einigung über den Eigentumsübergang handelte der Zeuge S. als Vertreter für den Kläger. Die vor Ort anwesenden beiden Personen handelten auf der Gegenseite als Vertreter für den Verkäufer, zu dem der Kläger und der Zeuge S. Kontakt nur per Handy hatten. Die Vollmacht der für den Verkäufer handelnden Personen ergibt sich daraus, dass diese in Übereinstimmung mit den telefonischen Angaben des Verkäufers gegenüber dem Zeugen S. handelten. Die Vollmacht des Zeugen S., für den Kläger zu handeln, ergibt sich daraus, dass der Kläger diesen mit der Abwicklung des Kaufvertrages beauftragt hatte. Zum Übergang des Eigentums auf den Kläger war es ausreichend, dass der Zeuge S. vor Ort Besitzer des Fahrzeugs wurde. Denn der Kläger wurde gleichzeitig mittelbarer Besitzer. Der mittelbare Besitz im Verhältnis zum Zeugen S. ergibt sich aus §§ 662, 667 BGB.

c) Der unbekannte Verkäufer ist am 25.07.2007 unter dem Namen P. B. (dem Namen des Beklagten) aufgetreten. Vertragspartner des Klägers war allerdings nicht der Beklagte, sondern der tatsächlich handelnde Verkäufer. Es reicht - für die Wirksamkeit der Willenserklärungen - daher aus, dass die vor Ort anwesenden Personen von dem Verkäufer bevollmächtigt waren, den Kauf abzuwickeln. Da der Beklagte nicht Vertragspartner war, war eine Vollmacht des Beklagten für den Verkauf nicht erforderlich.

Wenn eine Person unter einem fremden Namen auftritt, gibt es für die rechtliche Bewertung zwei verschiedene Möglichkeiten: Zum einen ist es möglich, dass nicht die handelnde Person, sondern derjenige, dessen Namen angegeben wird, Vertragspartner werden soll. Andererseits ist es möglich, dass nicht der angegebene Name entscheidend ist, sondern dass die handelnde Person - unabhängig vom unrichtigen Namen - Vertragspartner wird. Entscheidend ist dabei, wie der Erklärungsempfänger das Verhalten des unter fremden Namen Handelnden verstehen musste. Kommt es für den Erklärungsempfänger wesentlich auf die persönliche Identität seines Vertragspartners an, dann ist davon auszugehen, dass der Erklärungsempfänger nur mit dieser Person einen Vertrag abschließen will. Ist hingegen die Identität des Vertragspartners für den Erklärungsempfänger nicht entscheidend, weil der Erklärungsempfänger im Vordergrund die Person sieht, die ihm gegenüber auftritt, dann ist die handelnde Person als Vertragspartner anzusehen (vgl. BGH, NJW-RR 1988, 814; OLG Düsseldorf, NJW 1989, 906).

Entscheidend ist im vorliegenden Fall, dass die maßgeblichen Willenserklärungen mündlich abgegeben wurden. Wer persönlich mit einem bestimmten Gegenüber verhandelt, will in der Regel mit diesem Gegenüber den Vertrag abschließen. Maßgeblich war für den Kläger und den Zeugen diejenige Person, die das Zeitungsinserat aufgegeben hatte, die als Verkäufer auftrat und mit der die Verhandlungen per Handy geführt wurden. Im Hinblick auf die telefonischen Verhandlungen kann der vorliegende Fall nicht anders beurteilt werden, wie bei einer persönlichen Anwesenheit des Verkäufers vor Ort auf dem Parkplatz in E.

Für die Frage, wer aus der Sicht des Erklärungsempfängers Vertragspartner sein soll, kann auch die Art der Abwicklung des Geschäfts eine Rolle spielen. Im vorliegenden Fall wurde der Fahrzeugkauf vollständig vor Ort abgewickelt durch Übergabe des Fahrzeugs, der Fahrzeugpapiere und Bezahlung des Kaufpreises. Da die Abwicklung (mit Ausnahme der Übersendung von Reparaturrechnungen, die für den Kläger allerdings keine wesentliche Rolle spielten) vor Ort abgeschlossen war, spielte die Identität des Verkäufers für den Kläger keine wesentliche Rolle. Auch dies spricht dafür, dass in einem Fall der vorliegenden Art die handelnde Person auf Verkäuferseite aus der Sicht des Erklärungsempfängers als Verkäufer auftritt (vgl. für entsprechende Fälle OLG Düsseldorf - 11. Senat -, NJW 1989, 906; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Auflage 2009, Rdnr. 2273; vgl. für die ähnliche Konstellation einer Gewinnzusage gemäß § 661 a BGB auch BGH, NJW-RR 2006, 701; anders OLG Düsseldorf - 22. Senat -, NJW 1985, 2484; OLG Koblenz, Urteil vom 04.11.2010 - 5 U 883/10 -, Rdnr. 8, zitiert nach Juris). Die Auslegung der Erklärungen muss insbesondere berücksichtigen, dass - jedenfalls heute - der Kauf eines Gebrauchtwagens ein Massengeschäft des täglichen Lebens ist, bei dem der Name des Verkäufers für den Käufer in der Regel weitgehend gleichgültig ist (vgl. Reinking/Eggert a. a. O.).

Dass der Verkäufer den Kläger bei Abschluss des Kaufvertrages über seine Identität getäuscht hat, ist ohne Bedeutung. Für den Verkäufer kam es darauf an, dass der von ihm angegebene falsche Name mit den entsprechenden Eintragungen im KFZ-Schein und im KFZ-Brief übereinstimmte. Für die rechtliche Bewertung spielt dies jedoch keine Rolle, da es für die Auslegung der Erklärungen allein auf den Empfängerhorizont ankommt. Daher ist entscheidend darauf abzustellen, dass bei einem Gebrauchtwagenkauf, der sofort gegen Barzahlung abgewickelt wird, für den Käufer allein die Person, mit der er verhandelt, im Vordergrund steht (vgl. OLG Düsseldorf - 11. Senat -, NJW 1989, 906; anders OLG Düsseldorf, NJW 1985, 2484).

2. Der Umstand, dass der Verkäufer des Wohnmobils am 25.07.2007 nicht Eigentümer war, steht dem Eigentumserwerb des Klägers nicht entgegen. Denn hinsichtlich der fehlenden Eigentümerstellung des Verkäufers greift zugunsten des Klägers der Schutz des guten Glaubens gemäß § 932 Abs. 1 Satz 1 BGB ein.

a) Ein Abhandenkommen (§ 935 Abs. 1 BGB) steht dem gutgläubigen Erwerb nicht entgegen. Denn das Fahrzeug ist dem Beklagten nicht entwendet worden. Eine Unterschlagung des gemieteten Wohnmobils ist kein Abhandenkommen im Sinne von § 935 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 71. Auflage 2012, § 935 BGB, Rdnr. 7).

b) Da der Zeuge S. als Vertreter des Klägers aufgetreten ist, sind sein Kenntnisstand und seine Erkenntnismöglichkeiten gemäß § 166 Abs. 1 BGB für die Frage des guten Glaubens maßgeblich. Gemäß § 932 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es auf den Zeitpunkt der Übergabe des Wohnmobils an. Entscheidend ist, dass der Zeuge S. zu diesem Zeitpunkt in gutem Glauben war.

c) Der gute Glaube des Zeugen würde nur bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Nichteigentums fehlen. Eine einfache Fahrlässigkeit reicht nicht. Ein Eigentumserwerb wäre nur dann zu verneinen, wenn dem Zeugen S. vorzuwerfen wäre, dass er in ungewöhnlich hohem Maße diejenige im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hätte, die im gegebenen Fall sich jedem hätte aufdrängen müssen (vgl. Palandt/Bassenge a. a. O., § 932 BGB, Rdnr. 10). Ein solcher Vorwurf ist jedoch nicht gerechtfertigt. Es kann dahinstehen, ob der Zeuge S. unter den gegebenen Umständen Sorgfaltspflichten verletzt hat. Eine eventuelle Pflichtverletzung erreicht jedenfalls nicht das Maß der groben Fahrlässigkeit.

d) Der Käufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs darf in der Regel auf das Eigentum des Verkäufers vertrauen, wenn dieser sich im Besitz des Fahrzeugs befindet und wenn ihm Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief ausgehändigt werden können. Eine besondere Rolle spielt dabei der Fahrzeugbrief, der rechtlich zwar keine besondere Legitimationswirkung hat, der in der Praxis bei der Abwicklung von Kaufverträgen jedoch erhebliche Bedeutung für den Vertrauensschutz hat (vgl. zu den Grundsätzen beispielsweise BGH, Urteil vom 30.10.1995 - II ZR 254/94 -, Rdnr. 11, zitiert nach Juris; Reinking/Eggert a. a. O., Rdnr. 2244 ff.). Im vorliegenden Fall waren diese, für den Vertrauensschutz des Käufers wesentlichen, Umstände aus der Sicht des Zeugen S. gegeben. Insbesondere lag ein Kraftfahrzeugbrief vor, in welchem diejenige Person eingetragen war, unter deren Namen der Verkäufer auftrat.

Für die Sorgfaltsanforderungen müssen die Umstände berücksichtigt werden, unter denen heute üblicherweise Gebrauchtwagenverkäufe stattfinden. Der Gebrauchtwagenkauf ist zu einem Massengeschäft geworden. Jedenfalls bei privaten Verkäufern, die in Zeitungen oder im Internet inserieren, ist eine zügige Abwicklung vielfach üblich. Es ist üblich, dass Gebrauchtwagen nach kurzer Besichtigung vor Ort gekauft werden, dass der Kauf sofort durch Übergabe des Fahrzeugs und Barzahlung abgewickelt wird, und zwar auch dann, wenn sich Käufer und Verkäufer vorher nicht kannten. Gerade bei einer zügigen Abwicklung gewinnen die oben angegebenen Umstände für die Legitimation des Verkäufers (Besitz des Fahrzeugs, Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein) besondere Bedeutung. Wenn der Verkäufer auf diese Weise seine Legitimation zum Verkauf nachweisen kann, finden weitere Überprüfungen seiner Berechtigung durch den Käufer normalerweise nicht statt. Denn ansonsten würden sich Hindernisse ergeben, die der heute üblichen zügigen Abwicklung von Gebrauchtwagengeschäften bei privaten Verkäufern entgegenstehen würden. Dementsprechend kommt eine grobe Fahrlässigkeit des Käufers bei einer Legitimation des Verkäufers durch den Besitz von Fahrzeug, Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief nur unter besonderen Umständen in Betracht. Solche Umstände sind vorliegend jedoch nicht gegeben.

e) Soweit der Zeuge S. bei der Übergabe am 25.07.2007 nicht erkannt hat, dass der Kraftfahrzeugbrief gefälscht war, ist ihm nach Auffassung des Senates kein Vorwurf zu machen. Auch für den Senat ist die Fälschung (vgl. die Ermittlungsakte, AS. 285) kaum erkennbar. Auch bei der KFZ-Zulassungsstelle in W., bei der der gefälschte Brief zum Zwecke der Stilllegung am 08.08.2007 vorgelegt wurde, ist die Fälschung nicht aufgefallen.

f) Die Umstände der Vertragsabwicklung mussten nach Auffassung des Senates bei dem Zeugen S. keinen besonderen Verdacht erregen. Es ist beim Verkauf von Gebrauchtwagen durchaus nicht ungewöhnlich, dass der Verkäufer sich durch einen Angehörigen oder einen Freund vertreten lässt. Der Umstand, dass man sich auf einem Parkplatz und nicht etwa bei der Wohnung einer der beteiligten Personen trifft, fällt nicht aus dem Rahmen, zumal Privatpersonen, die ein Fahrzeug verkaufen wollen, dieses nicht immer in der Nähe ihrer Wohnung stationiert haben.

g) Der Zeuge S. hat sich nicht über die Identität der Personen vergewissert, mit denen er auf dem Parkplatz in Erlangen verhandelt hat. Ob man in diesem Umstand einen Sorgfaltsverstoß erblicken mag, kann dahinstehen. Jedenfalls lässt sich keine grobe Fahrlässigkeit feststellen. Denn auch die Abwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs mit unbekannten Personen fällt nicht aus dem Rahmen, wenn die grundlegenden Voraussetzungen für die Legitimation des Verkäufers (Besitz von Fahrzeug, Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief, siehe oben) vorliegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gebräuchliche Formulare für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge nur zum Teil eine Legitimation des Verkäufers durch einen Ausweis vorsehen. Es gibt im Internet verfügbare Formulare (beispielsweise www.t...de und www.K...de), die keine persönliche Identifizierung des Verkäufers durch einen Ausweis vorsehen.

h) Keine Indizwirkung konnten für den Kläger und den Zeugen S. die Preisverhandlungen haben. Wenn ein Fahrzeug in einem Inserat für 10.900,00 € angeboten wird, ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Kaufinteressent verhandelt, und bei einem Hinweis auf bestimmte Mängel oder Schäden vor Ort den Preis ggf. um 1.900,00 € (auf 9.000,00 €) herunter handeln kann.

i) Der Umstand, dass es sich bei den vor Ort in Erlangen für den Verkäufer auftretenden Personen - nach dem Eindruck des Zeugen S. - möglicherweise um Sinti handelte, spielt keine Rolle. Denn es gibt keinen Erfahrungssatz, dass Angehörige der Sinti besonders häufig unterschlagene Fahrzeuge verkaufen würden.

j) Entgegen der Auffassung des Beklagten ergeben sich auch aus dem möglicherweise relativ günstigen Kaufpreis im vorliegenden Fall keine Gesichtspunkte, die das Verhalten des Zeugen S. als grob fahrlässig erscheinen lassen könnten. Zwar hat der Sachverständige Bo. in seinem Gutachten den Händlereinkaufspreis für das Wohnmobil zur damaligen Zeit auf etwa 15.000,00 € geschätzt. Der im Inserat vom Verkäufer genannte Preis von 10.900,00 € und der letztlich ausgehandelte Kaufpreis von 9.000,00 € lagen deutlich unter diesem vom Sachverständigen geschätzten Wert. Dies reicht nach Auffassung des Senates jedoch nicht aus für die Annahme, dass sich dem Zeugen S. die Möglichkeit einer Unterschlagung des Fahrzeugs und einer Totalfälschung des Kraftfahrzeugbriefes hätte aufdrängen müssen.

aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein besonders niedriger Kaufpreis beim Kaufinteressenten unter Umständen Zweifel an der Eigentümerstellung des Verkäufers wecken kann oder wecken muss. Hierbei kommt es allerdings auf die Umstände des Einzelfalles an. Von Bedeutung ist insbesondere die Person des Verkäufers. Ist der Verkäufer selbst KFZ-Händler, kann bei einem besonders niedrigen Kaufpreis Anlass für Argwohn beim Käufer bestehen. Denn ein KFZ-Händler kann in der Regel den Wert des Fahrzeugs einschätzen, und ist zudem normalerweise daran interessiert, beim Verkauf Gewinn zu erzielen (vgl. BGH, NJW-RR 1987, 1456; Reinking/Eggert a. a. O., Rdnr. 2260).

bb) Allerdings ist bei der Bewertung des Kaufpreises zu berücksichtigen, dass es beim Kauf von Gebrauchtfahrzeugen keine festen Werte für übliche Kaufpreise gibt. Vielmehr werden Gebrauchtwagen regelmäßig innerhalb einer bestimmten Preisspanne veräußert, so dass ein günstiger Kaufpreis, der sich in einer bestimmten Spanne bewegt, für sich allein keinen Verdacht an der Eigentümerstellung des Verkäufers wecken muss (vgl. Reinking/Eggert a. a. O., Rdnr. 2260). In besonderen Maße gilt dies, wenn - wie vorliegend - als Verkäufer eine Privatperson auftritt. Zum einen hat eine Privatperson als Verkäufer nicht unbedingt die gleiche Marktkenntnis wie ein professioneller KFZ-Händler. Zum anderen gibt es beim Verkauf von Fahrzeugen durch Privatpersonen nicht selten ein persönliches Interesse, das Fahrzeug zügig zu veräußern, wodurch finanzielle Interessen des Verkäufers ggf. in gewissem Umfang zurücktreten können. Ein Gebrauchtwagenhändler wie der Kläger kennt diese Marktmechanismen, und ist dementsprechend ständig auf der Suche nach günstigen Angeboten von Privatpersonen, die er nutzen möchte. Günstige Angebote in Zeitungsanzeigen sind aus seiner Sicht daher - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - noch nicht ohne Weiteres Anlass für Zweifel an der Eigentümerstellung des Verkäufers, der sich im Besitz der KFZ-Papiere befindet.

cc) Aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen und der mündlichen Erläuterung im Senatstermin ergeben sich keine Indizien dafür, dass sich dem Zeugen S. bei der Abwicklung des Kaufs ein Verdacht gegenüber dem Verkäufer hätte aufdrängen müssen. Der Kläger hat im Senatstermin bei seiner Anhörung Bedenken gegen den vom Sachverständigen geschätzten Händlereinkaufspreis von 15.000,- Euro vorgebracht. Diese Bedenken können dahinstehen. Denn Anhaltspunkte für eine grobe Fahrlässigkeit des Klägers, bzw. des Zeugen S., bestehen auch dann nicht, wenn man diese Schätzung als zutreffend unterstellt. Der Zeuge S. brauchte nicht davon auszugehen, dass „etwas nicht in Ordnung“ war; vielmehr lag es für den Zeugen S. nahe, von einem relativ günstigen Angebot im Rahmen der üblichen Preisspannen auf dem Gebrauchtwagenmarkt auszugehen.

Der Sachverständige hat bei seiner mündlichen Erläuterung darauf hingewiesen, dass es sich bei dem verkauften Wohnmobil nicht um ein marktgängiges Fahrzeug handelte, sondern um ein „schwieriges Auto“, bei dem es kaum Vergleichspreise auf dem Markt gab oder gibt. Es gab für das betreffende Wohnmobil auch keine Gebrauchtwagenlisten, aus denen ein Interessent einen üblichen Marktpreis hätte entnehmen können. Mithin hatte ein privater Verkäufer kaum eine Möglichkeit, sich bei der Festlegung seines Angebotspreises an bestimmten Vergleichspreisen zu orientieren. Es war daher aus der Sicht des Sachverständigen nicht ungewöhnlich, wenn bei dem seltenen Fahrzeug der Angebotspreis deutlich von dem geschätzten Verkehrswert abwich. Ein besonders günstiger Preis musste für den Zeugen S. - anders als beispielsweise bei einem marktgängigen Fahrzeug wie einem Pkw Golf - kein Anlass für die Annahme sein, dass mit dem Fahrzeug mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit „etwas nicht stimmen konnte“. Es kam hinzu, dass das Fahrzeug Ende Juli angeboten wurde; im Sommer werden nach den Ausführungen des Sachverständigen wesentlich weniger Wohnmobile gehandelt als etwa im Frühjahr, so dass auch die Jahreszeit ein weiterer Anlass für ein eher günstiges Angebot eines privaten Verkäufers sein konnte. Der Sachverständige hat erläutert, dass aus seiner Sicht aufgrund des günstigen Angebots Anlass bestanden hätte, das Fahrzeug besonders auf (offene oder verdeckte) Mängel zu untersuchen. Einen weitergehenden Verdacht hätte jedoch auch der Sachverständige aufgrund des vorliegenden Angebots nicht geschöpft.

dd) Der Kläger hat im Sommer 2007 versucht, das Wohnmobil an einen Interessenten in Frankreich zu veräußern. Dieses Geschäft ist letztlich gescheitert, weil eine Zulassung des aus Deutschland stammenden Fahrzeugs in Frankreich sich als nicht durchführbar erwies. Im Vorfeld hatte sich der Kläger mit dem französischen Interessenten allerdings bereits auf einen Kaufpreis von 10.600,00 € geeinigt (vgl. den vorgelegten Kaufvertrag, II 139). Dies spricht für die Richtigkeit der Einschätzung des Klägers, dass der Kaufpreis, zu dem er das Fahrzeug erwarb, zwar möglicherweise günstig war, aber keineswegs völlig aus dem Rahmen fiel. Denn ansonsten hätte es für ihn unschwierig möglich sein müssen, das Fahrzeug zu einem deutlich höheren Preis in Deutschland zu veräußern.

3. Die Berufung des Beklagten hat hingegen hinsichtlich der Anwaltsgebühren Erfolg. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 718,40 € wegen vorgerichtlicher Anwaltskosten nicht zu. Die Voraussetzungen für den Ersatz eines Verzugsschadens (§§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB) sind nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht gegeben. Ihm sind Anwaltskosten dadurch entstanden, dass sein Rechtsanwalt den Beklagten am 23.10.2008 aufforderte, das Fahrzeug heraus zu geben. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Beklagte jedoch noch nicht in Verzug. Denn eine frühere Mahnung des Klägers ist nicht vorgetragen. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind mithin nicht durch einen Verzug des Beklagten entstanden. Der Beklagte ist zwar möglicherweise durch das Schreiben des Klägervertreters vom 23.10.2008 in Verzug gesetzt worden. Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass nach Verzugseintritt zusätzliche Anwaltskosten entstanden wären.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Das Unterliegen des Klägers bei den Rechtsanwaltsgebühren ist bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen, da sich die vorgerichtlichen Anwaltskosten nicht auf den Streitwert auswirken.

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

6. Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO. Nach Auffassung des Senates hat die Frage, wie das Handeln des Verkäufers unter fremdem Namen im vorliegenden Fall zu beurteilen ist, grundsätzliche Bedeutung. Auch die Anforderungen an einen gutgläubigen Erwerb in entsprechenden Fällen sind von grundsätzlicher Bedeutung.