BGH, 13.08.2007 - AnwZ (B) 51/06
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des 2. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7. April 2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind Sozien einer Anwaltskanzlei in M. , in der neben ihnen drei weitere Rechtsanwälte als Angestellte tätig sind. Sie verwendeten Kanzleibriefbögen, in deren Kopfleiste die Bezeichnung "Dr. T. , W. & Kollegen" und darunter die Vor- und Nachnamen der beiden Antragsteller aufgeführt waren. Die Antragsgegnerin erteilte den Antragstellern mit Schreiben vom 2. Dezember 2005 unter Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung einen "belehrenden Hinweis" dahingehend, dass die Briefkopfgestaltung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 BRAO unzulässig sei; der Zusatz "& Kollegen" erfordere es, dass auf dem Briefbogen nicht nur die beiden Antragsteller, sondern mindestens zwei weitere Rechtsanwälte namentlich genannt würden.
Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Anwaltsgerichtshof zugelassene sofortige Beschwerde der Antragsteller. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
II.
Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist zulässig ( § 223 Abs. 3 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1.
Die Antragsteller waren zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens befugt. Das angefochtene Schreiben der Antragsgegnerin vom 2. Dezember 2005 ging über eine bloße Belehrung im Sinne des 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO hinaus; es handelte sich bei dem "belehrenden Hinweis" - wie auch die beigefügte Rechtsmittelbelehrung deutlich macht - um eine hoheitliche Maßnahme, die geeignet war, die Antragsteller in ihren Rechten einzuschränken, und über die der Anwaltsgerichtshof daher sachlich entscheiden durfte (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juli 2005 - AnwZ(B) 42/04, NJW 2005, 2692 [BGH 25.07.2005 - AnwZ B 42/04], unter II 1 m.w.Nachw.).
2.
Der Anwaltsgerichtshof hat zu Recht angenommen, dass die von der Antragsgegnerin beanstandete Gestaltung des damals verwendeten Kanzleibriefbogens gegen § 10 Abs. 1 Satz 3 BORA verstößt, weil dort nicht, wie es diese Bestimmung erfordert, mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern namentlich aufgeführt sind.
Bei der Bezeichnung "Dr. T. , W. & Kollegen" in der Kopfleiste des Briefbogens handelt es sich um eine Kurzbezeichnung im Sinne der §§ 9, 10 BORA, (vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2005 - AnwZ(B) 35/04, NJW 2005, 1770 [BGH 18.04.2005 - AnwZ B 35/04], unter III 1 b aa; Hartung/Holl/Römermann, Anwaltliche Berufsordnung, 3. Aufl., § 9 BORA Rdnr. 40, 45; Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 9 BORA Rdnr. 4), das heißt um eine Bezeichnung für die Anwaltskanzlei, in der nur der Name eines oder einzelner Rechtsanwälte, die sich zu gemeinschaftlicher Berufsausübung verbunden haben, mit einem auf die Anwaltsgemeinschaft hinweisenden Zusatz verwendet wird (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2001 - AnwZ(B) 11/00, NJW 2001, 1573, unter II 2 b). Bei Verwendung einer solchen Kurzbezeichnung muss mindestens eine der Kurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freien Mitarbeitern auf den Briefbögen namentlich aufgeführt werden ( § 10 Abs. 1 Satz 3 BORA). Daran fehlt es bei der hier zu beurteilenden Gestaltung des Kanzleibriefbogens.
Die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof haben mit Recht angenommen, dass durch den Zusatz "& Kollegen" in der Kurzbezeichnung angedeutet wird, dass sich mit den Antragstellern mindestens zwei weitere "Kollegen" zu gemeinschaftlicher Berufsausübung verbunden haben und dass deshalb auf dem Kanzleibriefbogen außer den Antragstellern noch mindestens zwei weitere der in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte namentlich hätten aufgeführt werden müssen. Das Beschwerdevorbringen der Antragsteller rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Antragsteller meinen, da der Terminus "& Kollegen" namensmäßig neutral sei, bestehe keine Verpflichtung, angestellte Rechtsanwälte, die von dieser Bezeichnung erfasst würden, namentlich zu benennen. § 10 Abs. 1 Satz 2 BORA stelle klar, dass eine solche Verpflichtung nur für angestellte Mitarbeiter gelte, die in der Kurzbezeichnung namentlich genannt seien. Auch die Verpflichtung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 BRAO bestehe daher - bei einer hier gebotenen teleologischen Reduktion der Vorschrift - nur für Namen, die in der Kurzbezeichnung enthalten seien, nicht aber bei Verwendung des neutralen Terminus "Kollegen".
Dies trifft nicht zu. Die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 3 BORA soll Transparenz gewährleisten. Wenn in der von einer Anwaltskanzlei verwendeten Kurzbezeichnung eine bestimmte Anzahl der in der Kanzlei aktiv tätigen Rechtsanwälte zum Ausdruck kommt, so sollen diese nicht anonym bleiben, sondern es sollen entsprechend viele Rechtsanwälte dem rechtsuchenden Publikum namentlich benannt werden. Die Regelung dient damit - ebenso wie die ihr vorangestellten Bestimmungen in § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 BORA - dem legitimen Informationsinteresse der Rechtsuchenden und stellt ebenso wie § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 BORA eine Berufsausübungsregelung dar, die gewichtigen Belangen des Gemeinwohls dient und damit verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. zu § 10 Abs. 1 Satz 1 BORA: Senatsbeschluss vom 19. November 2001 - AnwZ(B) 75/00, NJW 2002, 1419 [BGH 19.11.2001 - AnwZ B 75/00], unter II 2 b aa, bestätigt durch BVerfG, NJW 2002, 2163 [BVerfG 13.06.2002 - 1 BvR 736/02]). Die Bestimmung ist - ihrem Wortlaut entsprechend - auch dann anzuwenden, wenn in der Kurzbezeichnung - wie hier - eine bestimmte Anzahl aktiv tätiger Rechtsanwälte durch den anonymisierenden Zusatz "& Kollegen" zum Ausdruck kommt. Das Interesse der Antragsteller, die mit der namentlichen Nennung angestellter Kollegen verbundenen haftungs- und steuerrechtlichen Konsequenzen vermeiden zu wollen, rechtfertigt es nicht, dem rechtsuchenden Publikum die Information vorzuenthalten, welche - mindestens zwei - weiteren Kollegen in der Kanzlei der Antragsteller neben diesen tätig sind. Wenn die Antragsteller und die bei ihnen angestellten Rechtsanwälte die mit einer Außensozietät verbundenen Konsequenzen nicht wünschen, steht es ihnen frei, diese Konsequenzen durch die Wahl einer Kurzbezeichnung zu vermeiden, die nicht zur Offenbarung der Namen der in der Kanzlei tätigen angestellten Rechtsanwälte nötigt (etwa "Dr. T. und W. ").
3.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 12.500 EUR festgesetzt.
Den Gegenstandswert für das Verfahren hat der Anwaltsgerichtshof entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht zu hoch angesetzt. Er entspricht dem vom Senat in Fällen dieser Art üblichen Wert (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. April 2005, aaO, und 25. Juli 2005, aaO).