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BVerfG, 10.05.1972 - 1 BvR 286/65, 1 BvR 293/65, 1 BvR 295/65

Daten
Fall: 
Honorarverteilung
Fundstellen: 
BVerfGE 33, 171; NJW 1972, 1509; DVBl 1973, 179; DÖV 1972, 752
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
10.05.1972
Aktenzeichen: 
1 BvR 286, 293, 295/65
Entscheidungstyp: 
Beschluss

Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Honorarverteilungsmaßstäben, durch die Honorarforderungen von Kassenärzten im Sinne der Vorschrift des § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO gekürzt werden.

Inhaltsverzeichnis 

Beschluß

des Ersten Senats vom 10. Mai 1972
-- 1 BvR 286, 293, 295/65 --
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Augenarztes Dr. B..., D... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Franz Wildermann, Düsseldorf, Königsallee 46 - gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 1965 - 6 Rka 15/64 - und die zugrunde liegenden Bescheide - 1 BvR 286/65 -; 2. der Frau Th... geb. W..., als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen praktischen Arztes Dr. Th... M... - Bevollmächtigter: Dr. Hanns Ropertz, Düsseldorf, Heinrich-Heine-Allee 38 - gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 1965 - 6 Rka 18/64 - und die zugrunde liegenden Bescheide - 1 BvR 293/65 -; 3. des praktischen Arztes Dr. B..., O... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Rolf Watty, Hilden, Klotzstraße 25 - gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Januar 1965 - 6 Rka 17/64 - und die zugrunde liegenden Bescheide - 1 BvR 295/65 -.

Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gründ

A.

Die Verfassungsbeschwerden richten sich dagegen, daß Honoraranforderungen von Kassenärzten auf Grund eines Honorarverteilungsmaßstabes gekürzt worden sind, den ihre Kassenärztliche Vereinigung als Satzung erlassen hatte.

I.

1.

Die Beziehungen zwischen den Krankenkassen und den im Rahmen der Sozialversicherung tätigen Ärzten waren ursprünglich durch privatrechtliche Verträge geregelt, die u.a. die Honorarsätze festlegten. Daran hat die im Jahre 1911 erlassene Reichsversicherungsordnung (RVO) zunächst nichts geändert. Beginnend mit dem sog. Berliner Abkommen aus dem Jahre 1913, einer Vereinbarung zwischen den Spitzenorganisationen der Kassen und der Ärzte, traten dann aber in der Folgezeit immer stärker kollektivrechtliche Regelungen in den Vordergrund, durch die nicht zuletzt die Stellung der Ärzte gegenüber der Krankenkasse gestärkt werden sollte. Zwar wurden weiterhin zwischen Arzt und Krankenkasse privatrechtliche Einzelverträge geschlossen; deren Inhalt war jedoch weitgehend durch Gesamtverträge bestimmt.

Im Jahre 1931 kam es zu wesentlichen Änderungen, die durch die Verordnung über kassenärztliche Versorgung vom 14. Januar 1932 (RGBl. I S. 19) als Neufassung der §§ 368 bis 373 in die Reichsversicherungsordnung eingefügt wurden. Neben einer Neuregelung der kassenärztlichen Zulassung wurde insbesondere das Abrechnungsverfahren geändert, indem zwischen Ärzten und Krankenkassen die Kassenärztlichen Vereinigungen eingeschaltet wurden, die alle Kassenärzte ihres Bezirks umfaßten und an welche die Kassen zur Abgeltung aller ärztlichen Ansprüche eine Gesamtvergütung zahlten.

Zur Teilnahme an dem so geordneten Kassenarztsystem waren die Ärzte seit der Zulassungsverordnung vom 17. Mai 1934 (RGBl. I S. 399) ohne weiteres und ohne Abschluß eines besonderen Vertrages allein auf Grund des Aktes der Zulassung berechtigt und verpflichtet. An die Stelle der zunächst privatrechtlich und auf Bezirksebene organisierten Kassenärztlichen Vereinigungen trat auf Grund der Verordnung vom 2. August 1933 (RGBl. I S. 567) die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands als öffentlich-rechtliche Körperschaft, die mit Zustimmung des Reichsarbeitsministers Satzungen erlassen durfte. (Zur Entwicklung des Kassenarztwesens vgl. auch BVerfGE 11, 30.)

2.

Das damit geschaffene fast rein öffentlich-rechtliche System blieb in seiner Gesamtstruktur auch in der Neufassung der §§ 368 ff. RVO durch das Gesetz über Kassenarztrecht vom 17. August 1955 (BGBl. I S. 513) aufrechterhalten. Nach diesem Gesetz sind die zugelassenen Kassenärzte wie bisher ohne weiteres Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen, die ihrerseits jeweils für das Gebiet eines Landes gebildet werden. Diese sind ebenso wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung Körperschaften des öffentlichen Rechts und unterstehen staatlicher Aufsicht, die sich darauf erstreckt, daß Gesetz und Satzung beachtet werden (§ 368 k). Sie sind berechtigt und verpflichtet, Satzungen zu erlassen, die von der Vertreterversammlung zu beschließen sind und der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedürfen (§ 368 m).

Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung sicherzustellen und zu gewährleisten, daß diese Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 368 n). Ihnen obliegt ferner die Verteilung der Gesamtvergütung, die von den Krankenkassen zur Abgeltung der ärztlichen Leistungen mit befreiender Wirkung gezahlt wird und die sich in der Regel nach der Zahl der Versicherten und dem durchschnittlichen Jahresbedarf eines Versicherten an kassenärztlichen Leistungen (Kopfpauschale) bestimmt (§ 368 f). Der Kassenarzt hat also einen Vergütungsanspruch nur gegen die Kassenärztliche Vereinigung, deren Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse den Vergütungsanteil kürzen können, soweit der Arzt gegen die Verpflichtung zur wirtschaftlichen Behandlungsweise verstößt (§ 368 n). Über die Verteilung der Gesamtvergütung durch die Kassenärztliche Vereinigung ist ferner folgendes bestimmt:

§ 368 f
(1) ... Sie (die Kassenärztliche Vereinigung) wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, den sie im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen festgesetzt hat. Bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen; eine Verteilung der Gesamtvergütung nur nach der Zahl der Behandlungsfälle (Krankenscheine) ist nicht zulässig. Der Verteilungsmaßstab soll zugleich sicherstellen, daß eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Kassenarztes verhütet wird.
(2) bis (5) ...

3.

Nach dem mit den Verfassungsbeschwerden beanstandeten Honorarverteilungsmaßstab der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vom 28. Mai 1960 (Rheinisches Ärzteblatt, Sonderheft vom 28. Juni 1960), den die Vertreterversammlung im Benehmen mit den Krankenkassen festgesetzt hatte und der ab 1. Juli 1960 für die Dauer von zwei Jahren angewendet worden ist, war die Gesamtvergütung der Krankenkassen nach Abzug gewisser Vorwegzahlungen "zur quotenmäßigen Bezahlung der nach der Prüfungsordnung anerkannten und nach § 2 gegebenenfalls gekürzten Honoraranforderungen der Kassenärzte" zu verwenden. § 2 lautete auszugsweise wie folgt:

  1. In Erfüllung der Bestimmungen des § 368 f Abs. 1 RVO sind die nach Prüfung anerkannten Honoraranforderungen eines Arztes einer Begrenzung nach der als Anlage I beigefügten Staffel zu unterziehen. Die Staffel muß einmal im Jahr überprüft werden, ob sie den gegebenen Verhältnissen noch gerecht wird.
  2. Ausgenommen von dieser Begrenzung sind:
    a) Forderungen eines Arztes für Röntgenunkosten, die gesondert nach der als Anlage II beigefügten Staffel begrenzt werden;
    b) Forderungen eines Arztes für Zeitversäumnis und Fuhrkosten nach § 4;c) ...

Die Begrenzung hatte nach der Anlage I in der Weise zu erfolgen, daß die anerkannten vierteljährlichen Honoraranforderungen bis zu 12 000 DM in voller Höhe der quotenmäßigen Verteilung zugrunde gelegt wurden, während die darüber hinausgehenden Beträge von 1000 DM zu 1000 DM fortschreitend mit jeweils 100 DM weniger anzusetzen waren; der 20 000 DM übersteigende Betrag durfte daher nur noch mit 10%, eine Honoraranforderung von beispielsweise 21 000 DM nur in Höhe von insgesamt 16 500 DM (78, 57%) berücksichtigt werden.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein lagen die vierteljährlichen Honoraranforderungen der Kassenärzte auf dem Sektor der RVO-Krankenkassen im Durchschnitt bei 7609 DM im Jahre 1960, bei 7649 DM im Jahre 1961 und bei 8166 DM im Jahre 1962.

II.

1.

Der Beschwerdeführer zu 1) ist Augenarzt, der verstorbene Ehemann der Beschwerdeführerin zu 2) war praktischer Arzt und der Beschwerdeführer zu 3) ist ebenfalls praktischer Arzt. Ihnen wurden im Jahre 1961 ihre nach der Preugo errechneten Honoraranforderungen, die auch Forderungen für Zeitversäumnisse und Fuhrkosten enthielten, von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein unter Anwendung des § 2 des Honorarverteilungsmaßstabes 1960 wie folgt gekürzt: Dem Beschwerdeführer zu 1) wurden von seiner 1922 Fälle umfassenden Forderung von 21 806 DM für das zweite Vierteljahr 1961 nur 16 585 DM anerkannt, dem verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin zu 2) von seiner 1678 Fälle umfassenden Gesamtforderung von 21 272 DM für das dritte Vierteljahr 1961 nur 17 548 DM und dem Beschwerdeführer zu 3) von seiner 1274 Fälle umfassenden Gesamtforderung von 21 320 DM für das erste Vierteljahr 1961 nur 17 405 DM. Die gegen diese Honorarabrechnungsbescheide eingelegten Widersprüche wurden von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zurückgewiesen.

2.

Durch im wesentlichen übereinstimmende Urteile hat das Sozialgericht Düsseldorf den gegen diese Bescheide gerichteten Klagen stattgegeben.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat die Berufungen gegen diese Urteile zurückgewiesen (vgl. Sozialrechtliche Entscheidungssammlung, 2. Folge III/1, Nr. 32 zu § 368 f). Es hat die Kürzungsregelung als eine mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbare Berufsausübungsregelung angesehen. Indem diese Regelung schematisch und ausnahmslos sämtliche, die abstrakte Wertgrenze von 12 000 DM übersteigenden Leistungen geringer bewerte, gehe sie weit über das erstrebte Ziel hinaus. Sie treffe nicht nur die unerwünschte übermäßige Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit, das früher so genannte Kassenlöwentum, sondern -- da die Überschreitung der Wertgrenze weder zwangsläufig noch regelmäßig Ausdruck einer unsorgfältigen Vielgeschäftigkeit sei -- nicht minder die Tätigkeit des auf die Einhaltung der Gebote der Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit stets sorgsam Bedacht nehmenden Arztes. Eine Regelung aber, die mißbilligtes und fördernswertes Verhalten mit denselben Folgen belege, könne nicht als eine dem Gemeinwohl dienliche, vernünftige und zweckmäßige Lösung beurteilt werden. Zugleich gefährde sie den Anspruch des Versicherten auf ausreichende ärztliche Versorgung und freie Arztwahl und bringe den Arzt in einen Interessenkonflikt: Verweigere er medizinisch gebotene Leistungen oder weise er den hilfesuchenden Kranken zurück, um der Kürzungsregelung zu entgehen, dann mißachte er elementare Grundsätze der kassenärztlichen Versorgung und des ärztlichen Berufsethos.

3.

Auf die Revision der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein hat das Bundessozialgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Klagen mit folgender Begründung abgewiesen (vgl. BSGE 22, 218): Die gesetzliche Grundlage der beanstandeten Regelung, § 368 f Abs. 1 Satz 3 bis 5 RVO, greife zwar mittelbar in die Freiheit der kassenärztlichen Berufsausübung ein, werde aber durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Der Kassenarzt habe in eigener Person den Versicherten diejenige ärztliche Versorgung zuteil werden zu lassen, die zur Heilung oder Linderung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßig und ausreichend sei. Sei er durch die kassenärztliche Tätigkeit in einem solchen Maße in Anspruch genommen, daß er den einzelnen Kassenpatienten nicht mehr gründlich und persönlich behandeln könne, so liege ein Übermaß im Sinne von § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO vor; dessen Verhütung sei sogar durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit geboten. Eine gewisse Einschränkung der Einkünfte sei auch ein taugliches Mittel, um eine übergroße Kassenpraxis einzudämmen. Ein Kassenarzt müsse seine Praxis grundsätzlich in den Grenzen halten, die ihm eine persönliche, gründliche Behandlung ermöglichten, und hierzu notfalls auch zu dem groben Mittel der Zurückweisung von Patienten greifen, das dem überbeanspruchten Arzt -- abgesehen von Notfällen -- auch nach ärztlichem Standesrecht zu Gebote stehe.

Der beanstandete Honorarverteilungsmaßstab halte sich im Rahmen dieser gesetzlichen Ermächtigung und beachte auch die für Berufsausübungsregelungen bestehenden Schranken. Bei der Prüfung, ob die Regelung für die Betroffenen zumutbar und nicht übermäßig belastend sei, falle entscheidend ins Gewicht, daß die Gestaltung des Honorarverteilungsmaßstabes aus dem Recht der Selbstverwaltung einer autonomen Körperschaft fließe. Nach Auffassung des Gesetzgebers könne niemand besser als diese Körperschaft darüber entscheiden, wie die Gesamtvergütung unter Beachtung der wenigen gesetzlichen Leitgesichtspunkte und der örtlichen Besonderheiten sachgemäß zu verteilen sei. Ein ordnungsgemäß beschlossener Honorarverteilungsmaßstab sei deshalb nur dann für die Betroffenen unzumutbar, wenn er offensichtlich die für seine Gestaltung gezogenen Grenzen mißachte. Das sei bei der beanstandeten Regelung nicht der Fall. Sie werde selbst in ihrer wenig differenzierten Gestalt, die in mancherlei Hinsicht verfeinert werden könne, den gesetzlichen Erfordernissen gerecht und könne jedenfalls nicht als unzumutbar angesehen werden, da die Kürzungen erst bei einem Grenzwert von 12 000 DM einsetzten, der die entsprechenden Durchschnittswerte im Bereich Nordrhein um etwa 50% überschreite, und ferner in den unteren Stufen so gelinde sei, daß beispielsweise eine Honoraranforderung von 15 000 DM noch mit 96% des Gesamtbetrages berücksichtigt werde.

III.

1.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden greifen die Beschwerdeführer die Abrechnungs- und Widerspruchsbescheide der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein und die zu ihrem Nachteil ergangenen Urteile des Bundessozialgerichts sowie mittelbar den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Honorarverteilungsmaßstab 1960 an.

a) Alle Beschwerdeführer beanstanden die Besetzung des zuständigen Senats des Bundessozialgerichts, weil in Angelegenheiten der Kassenärzte Richter mitwirkten, die auf Grund von Vorschlagslisten der Kassenärztlichen Vereinigungen berufen würden, wobei nur Vorstandsmitglieder oder Bedienstete der Kassenärztlichen Vereinigungen, nicht jedoch Geschäftsführer oder Mitglieder der Vertreterversammlungen oder der Prüfungsausschüsse ausgeschlossen seien.

b) In der Sache selbst rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2, 3, 12 und 14 GG, wobei sie im wesentlichen den Urteilsgründen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts folgen.

Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG sei bereits darin zu erblicken, daß die Berufsausübung durch eine Satzung, den Honorarverteilungsmaßstab, und nicht durch ein förmliches Gesetz begrenzt werde. Jedenfalls aber sei die durch § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO zugelassene Berufsausübungsregelung in der Form des Honorarverteilungsmaßstabes der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein sachlich nicht gerechtfertigt, ungeeignet und übermäßig belastend. Einerseits beweise die Überschreitung des starren Grenzwertes von 12 000 DM noch keine Überbeschäftigung, da Leistungsvermögen und Organisationstalent der Ärzte verschieden seien und der Umfang der jeweiligen Ersatzkassen- und Privatpraxen ohnehin unberücksichtigt bleibe, zudem seien Risiken und Unkosten je nach der Fachrichtung der Ärzte ungleich. Andererseits lasse sich eine etwaige Überbeschäftigung nicht durch das Mittel der Honorarkürzung eindämmen. Eine derartige Überbeschäftigung beruhe häufig auf dem Mangel an Kassenärzten und insbesondere darauf, daß viele Patienten, die das Recht der freien Arztwahl hätten, bestimmte Ärzte vorzögen, deren Heilkunst besonderes Vertrauen genieße. Die Kürzungsregelung sei noch ein Relikt aus der Zeit, in der die Kassenarztzulassung in verfassungswidriger Weise von der Bedürfnisfrage abhängig gemacht worden sei (BVerfGE 11, 30); sie diene nicht dem Schutz der Versicherten, sondern bewirke lediglich eine Umverteilung der Gesamtvergütung innerhalb der beteiligten Ärzteschaft zugunsten derjenigen, die weniger leisteten oder neben einer kleinen RVO-Praxis eine große Privatpraxis unterhielten. Als einfacheres und weniger einschneidendes Mittel genüge die ohnehin vorgeschriebene Prüfung auf Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit der Behandlung. Die mangelnde Eignung der beanstandeten Regelung habe die Kassenärztliche Vereinigung selbst eingesehen und daher schon 1962 andere Kürzungsmaßstäbe beschlossen.

Selbst wenn eine Honorarkürzung zur Verhütung übermäßiger kassenärztlicher Tätigkeit an sich zulässig sein sollte, dann sei doch die vorliegende schematische Regelung unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG. Sie lasse alle Unterschiede zwischen den verschiedenen Fachrichtungen und der Zahl der Behandlungsfälle gänzlich außer acht, honoriere gleiche ärztliche Leistungen ohne sachlich gerechtfertigten Grund ungleich und treffe auch solche Ärzte, denen keine übermäßige Ausdehnung ihrer Praxis zur Last gelegt werden könne. Die Kürzung einer nach Prüfung auf Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit "anerkannten Honoraranforderung" verletze endlich auch das Recht der Beschwerdeführer aus Art. 14 GG.

2.

Die Landesverbände der Ortskrankenkasse Rheinland, der Betriebskrankenkasse Nordrhein-Westfalen und der Innungskrankenkassen Nordrhein und Rheinland-Pfalz, denen Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, halten die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. Nach ihrer Meinung sind Berufsausübungsregelungen in Form von Satzungen dann zulässig, wenn sie auf einer ordnungsgemäßen gesetzlichen Ermächtigung beruhen, die den Anforderungen des Art. 80 GG genügt. Dies sei bei § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO der Fall. Der beanstandete Honorarverteilungsmaßstab sei ferner nach den zutreffenden Ausführungen des Bundessozialgerichts durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt und für die Betroffenen nicht übermäßig belastend und unzumutbar. Er sei durch ein sachkundiges Gremium auf Grund von Erfahrungswerten festgesetzt worden, wobei sich eine Typisierung nicht habe vermeiden lassen. Daher seien auch die auf Art. 3 GG gestützten Rügen unbegründet. Die von den Beschwerdeführern empfohlene Orientierung an der Zahl der Behandlungsfälle führe übrigens erfahrungsgemäß zu ähnlichen Ergebnissen wie die beanstandete Orientierung an einem Honorargrenzwert. Ein Eingriff in Eigentumsrechte liege schon deshalb nicht vor, weil Honoraransprüche überhaupt erst auf Grund des Honorarverteilungsmaßstabes entstünden.

IV.

Der beanstandete Honorarverteilungsmaßstab der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein ist bereits nach zwei Jahren mit Wirkung ab 1. Juli 1962 dahin geändert worden, daß die Honoraranforderungen nach Anhörung des Prüfungsausschusses nur dann einer zu begründenden Kürzung unterzogen werden sollten, wenn "die nach Prüfung auf Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit verbleibende Honorarsumme im Vergleich zum statistischen Material und unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände der Gesamtpraxis erkennen läßt, daß vollwertige Leistungen nicht in allen Fällen entsprechend ihrem Wertansatz erbracht sein konnten" (Rheinisches Ärzteblatt, Sonderheft vom 15. Juni 1962). Auch diese Regelung ist in der Folgezeit wiederholt geändert worden; gemäß § 7 des Honorarverteilungsmaßstabes vom 15. Mai 1965 (Rheinisches Ärzteblatt 12/1965) hatte eine "Kürzung wegen übermäßiger Ausdehnung der Kassenpraxis" zu erfolgen,

(1) ... wenn die durchschnittliche Vierteljahreshonoraranforderung der jeweiligen Fachgruppe im Bereich Nordrhein im Vergleichszeitraum (Vierteljahresdurchschnitt der dem Abrechnungszeitraum vorangegangenen vier Quartale) um mehr als 100 Prozent und die entsprechende durchschnittliche Fallzahl um mehr als 150 Prozent überschritten werden. Trotz dieser Überschreitung entfällt eine Kürzung, wenn die Honoraranforderung den um 100 Prozent erhöhten Durchschnitt aller Ärzte im Bereich Nordrhein im Vergleichszeitraum nicht erreicht.

(2) Die Berechnung des Kürzungsbetrages wird wie folgt vorgenommen: Für jeweils ein Prozent, um das die gemäß Absatz 1 erhöhte Fallzahl überschritten wird, ist derjenige Betrag, um den die Honoraranforderung den gemäß Absatz 1 erhöhten Durchschnitt übersteigt, um 2% zu kürzen.

Durch erneute Änderungen in den folgenden Jahren wurde diese Regelung noch weiter verfeinert; u.a. wurde die Kürzung auf höchstens 50% der Überschreitungssumme begrenzt und der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung ermächtigt, von Kürzungsmaßnahmen abzusehen, wenn "eine Ablehnung der Behandlung zwecks Verhütung übermäßiger Ausdehnung der Kassenpraxis nicht möglich ist, ohne die kassenärztliche Versorgung im Bereich des betroffenen Arztes zu gefährden".

B.

I.

Die Rüge der unvorschriftsmäßigen Besetzung, welche die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Ärztekammer-Entscheidung (BVerfGE 18, 241) erhoben haben, greift nicht durch. Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen in einem Fall, in dem es ebenfalls um Honoraranforderungen von Kassenärzten gegen Kassenärztliche Vereinigungen ging, entschieden, daß gegen die Besetzung der Sozialgerichte keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BVerfGE 27, 312). Daß einer der beteiligten ehrenamtlichen Richter vorher als Mitglied der Vertreterversammlung an der Beschlußfassung über den beanstandeten Honorarverteilungsmaßstab mitgewirkt habe und daher von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen gewesen wäre, haben die Beschwerdeführer nicht behauptet.

II.

Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Honorarabrechnungs- und Widerspruchsbescheide sowie die Urteile des Bundessozialgerichts verletzen keine Grundrechte der Beschwerdeführer.

1.

In den genannten Bescheiden und Urteilen ist die Kürzungsregelung im Honorarverteilungsmaßstab 1960 der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (§ 2 in Verbindung mit Anlage I) zum Nachteil der Beschwerdeführer angewendet worden. Dieser Honorarverteilungsmaßstab beruht zwar seinerseits auf der gesetzlichen Vorschrift des § 368 f Abs. 1 Satz 3 bis 5 RVO. Diese Bestimmungen und insbesondere die Sollvorschrift in Satz 5 reichen jedoch für sich allein nicht aus, um die Grundlage für Honorarabrechnungsbescheide zu bilden und die Kürzung von Honoraranforderungen wegen übermäßiger Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit zu ermöglichen (so schon BSGE 21, 235). Vielmehr enthalten sie lediglich Richtlinien für Festsetzung und Inhalt des "Honorarverteilungsmaßstabes", der seinerseits die maßgebende Norm für die Honorarverteilung darstellt.

2.

Als Maßstab für die Prüfung, ob der auf der Grundlage des § 368 f. Abs. 1 RVO von der Vertreterversammlung beschlossene Honorarverteilungsmaßstab, insbesondere die in ihm enthaltene Kürzungsregelung, verfassungsmäßig geschützte Rechte der Beschwerdeführer verletzt, ist Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG heranzuziehen. Dabei sind die Gerichte und ebenso die Beschwerdeführer selbst zu Recht davon ausgegangen, daß die strittige Kürzungsregelung weder unmittelbar noch mittelbar die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigt, sondern in ihrer berufsregelnden Auswirkung lediglich in die Freiheit der Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG eingreift. Ob und innerhalb welcher Grenzen derartige Berufsausübungsregelungen verfassungsrechtlich auch in Gestalt von Satzungen autonomer Berufsverbände zulässig sind, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom gestrigen Tag in der Sache 1 BvR 518/62 und 1 BvR 308/64 näher erörtert. Danach darf der staatliche Gesetzgeber einen solchen Verband am ehesten zur Ordnung berufsinterner Angelegenheiten ermächtigen, die das Verhältnis der Verbandsmitglieder untereinander betreffen, wobei die Anforderungen an die Bestimmtheit der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigung nicht gemäß Art. 80 Abs. 1 GG, sondern unter sinngemäßer Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht zu Art. 12 Abs. 1 GG entwickelten Stufentheorie zu beurteilen sind.

Die Ermächtigung zum Erlaß von Honorarverteilungsmaßstäben mit Kürzungsregelungen der strittigen Art genügt den danach zu stellenden Anforderungen. Sie betrifft die Verteilung einer Gesamtvergütung zwischen den zugelassenen Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigungen, also einen für die selbstverantwortliche Ordnung interner Angelegenheiten naheliegenden und bevorzugt geeigneten Bereich. Im Bericht der Sozialenquete-Kommission (Anlage [Sonderdruck] zur BTDrucks. V/961 vom 3. Oktober 1966) wird die Honorarverteilung durch Kassenärztliche Vereinigungen als brauchbare, mit der freiheitlichen Ordnung kompatible Kompromißlösung des nahezu unlösbar erscheinenden Problems der Ärztehonorierung gewürdigt (Textnr. 637 ff.). Die gesetzliche Ermächtigung des § 368 f Abs. 1 RVO ist auch hinreichend bestimmt, wenn dabei berücksichtigt wird, daß eine Regelung, die nur einen speziellen Teilbereich ärztlicher Berufsausübung betrifft und die lediglich die übermäßige Ausdehnung dieser Tätigkeit durch das Mittel der Honorarverteilung verhindern will, keinen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübung der Ärzte darstellt. Die Ermächtigungsvorschrift erscheint zwar auf den ersten Blick dürftig. In Wahrheit ist aber der Spielraum der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Festsetzung des Honorarverteilungsmaßstabes recht begrenzt, da einerseits der Betrag der zu verteilenden Gesamtvergütung und andererseits die Summe der nach Art und Umfang der ärztlichen Leistung zu berechnenden, meist auf der Grundlage von Gebührenordnungen ermittelten Honoraranforderungen festliegen und innerhalb dieses Rahmens eine prinzipiell gleichmäßige Verteilung zu erfolgen hat. Abgesehen von der hier nicht interessierenden gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Behandlung bleibt daher im wesentlichen nur Spielraum für die Festlegung mehr technischer Einzelheiten und für die im vorliegenden Fall strittige Kürzungsregelung. Deren Umfang ist allerdings in § 368 f Abs. 1 Satz 5 RVO nur durch den Begriff "Übermaß" festgelegt. Schon das Bundessozialgericht hat aber zutreffend ausgeführt, dieser Begriff werde inhaltlich dadurch näher bestimmt, daß das Sozialversicherungsrecht eine nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßige und ausreichende, d. h. gründliche und sorgfältige Behandlung durch den Arzt persönlich vorschreibe. Aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Regelung ist daher zu erkennen, daß die Grenze zu einer übermäßigen Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit dann überschritten wird, wenn eine solche Behandlung der Patienten infolge Überbeschäftigung des Arztes nicht mehr gewährleistet erscheint. Es kommt hinzu, daß der Honorarverteilungsmaßstab "im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen" festzusetzen ist, daß die Kassenärztliche Vereinigung der staatlichen Rechtsaufsicht untersteht und daß Honorarverteilungsmaßstäbe zusammen mit den Honorarfestsetzungsbescheiden von den Sozialgerichten auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden können.

3.

Die Ermächtigungsnorm des § 368 f Abs. 1 RVO und ebenso die darauf beruhende und von ihr gedeckte Kürzungsregelung bleiben auch materiellrechtlich noch innerhalb der verfassungsrechtlich einzuhaltenden Grenzen.

a) Die Regelung genügt -- wie auch das Bundessozialgericht im Ergebnis angenommen hat -- den Anforderungen, die gemäß Art. 12 Abs. 1 GG an normative Berufsausübungsregelungen zu stellen sind. Bei dieser Beurteilung ist nicht deshalb ein besonders milder Maßstab gerechtfertigt, weil die Gestaltung des Honorarverteilungsmaßstabes aus dem Recht der Selbstverwaltung einer autonomen Körperschaft der Ärzte fließt und weil daher ein ordnungsgemäß beschlossener Honorarverteilungsmaßstab erst bei offensichtlicher Mißachtung der rechtlich gezogenen Grenzen zu beanstanden wäre. Zwar gebührt den zuständigen Verbandsorganen im Rahmen ihrer Ermächtigung ähnlich wie dem staatlichen Gesetzgeber Gestaltungsfreiheit, kraft deren sie selbstverantwortlich und auf Grund eigener Sachkunde und Willensbildung zu beurteilen haben, wie die gestellten Aufgaben am zweckmäßigsten zu lösen sind. Sie haben dabei aber die durch die Grundrechte gezogenen Grenzen nicht weniger sorgsam einzuhalten als der demokratisch legitimierte Gesetzgeber. Bei der Bestimmung dieser Grenzen ist im vorliegenden Fall allerdings zu berücksichtigen, daß die strittige Regelung- wie erwähnt -- keinen besonders schwerwiegenden Eingriff darstellt und daß es entgegen dem irreführenden Ausdruck "Honorarverteilungsmaßstab" nicht eigentlich um die Kürzung eines dem Arzt vertragsrechtlich zustehenden Honoraranspruchs geht, sondern um die Verteilung einer Gesamtvergütung, die im Rahmen eines für den Arzt vorteilhaften öffentlichrechtlichen Sozialsystems auf gesetzlicher Grundlage festgesetzt wird. Geht man davon aus, dann hält die strittige Regelung noch den Anforderungen stand, wie sie das Bundesverfassungsgericht zuletzt im Beschluß vom 16. März 1971 (BVerfGE 30, 292 [316 f.]) zusammengefaßt hat.

aa) Die Regelung genügt zunächst dem Erfordernis, daß die freie Berufsausübung nur im Interesse des Gemeinwohls und nur zur Lösung solcher Sachaufgaben beschränkt werden darf, die ein Tätigwerden des Gesetzgebers überhaupt zu rechtfertigen vermögen und die der Wertordnung des Grundgesetzes nicht widersprechen; der Normgeber konnte den Eingriff in das Grundrecht mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls begründen und hat seine Rechtsetzungsmacht nicht zu sachfremden Zwecken mißbraucht.

Das mit der strittigen Kürzungsregelung verfolgte Ziel, nämlich die Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Kassenarzttätigkeit, ist nicht so geartet, daß es vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben könnte. Es soll verhindert werden, daß der zu den Kassen zugelassene Arzt auf Grund einer Überbeschäftigung für die Versorgung und ärztliche Betreuung der Kassenpatienten nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht. Das Bundesverfassungsgericht hat schon in einer früheren Entscheidung dargelegt, daß Berufsausübungsregelungen dem Arzt vorschreiben können, sich der ärztlichen Versorgung der Kassenmitglieder in vollem Umfang zu widmen und die kassenärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben (BVerfGE 16, 286 [298 f.]). Da § 368 f RVO und der Honorarverteilungsmaßstab der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein aus der Zeit vor der Kassenarzt-Entscheidung (BVerfGE 11, 30) stammen, läßt sich allerdings nicht völlig ausschließen, daß bei dieser Regelung auch die Absicht mitgespielt hat, einer begrenzten und planmäßig verteilten Anzahl von Kassenarztsitzen eine möglichst gleichmäßige Inanspruchnahme und damit zugleich einigermaßen gleichliegende Einkünfte zu verschaffen. Dies fällt jedoch nicht ins Gewicht, da jedenfalls die Sicherung einer zweckmäßigen und ausreichenden kassenärztlichen Versorgung keinen Mißbrauch der gesetzgeberischen Befugnisse darstellt.

bb) Die strittige Berufsausübungsregelung erfüllt ferner die weitere Voraussetzung, daß das vom Normgeber eingesetzte Mittel geeignet und erforderlich sein muß, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht weniger fühlbar einschränkendes Mittel nicht gewählt werden könnte.

Die Kürzung der Vergütung ist grundsätzlich geeignet, die kassenärztliche Tätigkeit einzuschränken und damit gleichzeitig eine zweckmäßige und ausreichende kassenärztliche Versorgung zu fördern. Es bietet sich auch keine andere wirksame und weniger einschneidende Möglichkeit an, eine Kassenpraxis von außen her in Grenzen zu halten, als eine Kürzung der Einkünfte. Der Beschwerdeführerin zu 2) kann insbesondere nicht darin gefolgt werden, daß einer Überbeschäftigung der Kassenärzte bereits durch die vorgeschriebene Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 368 n Abs. 4 RVO entgegengewirkt werden könne. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des Bundessozialgerichts verfolgt die Prüfung auf Wirtschaftlichkeit, Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlungs- und Verordnungsweise ganz andere Ziele als die hier in Rede stehende Vermeidung unzureichender Behandlung infolge Überbeschäftigung. Die beanstandete Regelung ist auch nicht deshalb untauglich zur Realisierung des angestrebten Zweckes, weil durch Vergütungskürzungen nur im nachhinein auf eine übermäßige Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit reagiert wird. Den Kassenärzten war es in Kenntnis des § 2 des Honorarverteilungsmaßstabes und der tatbestandsmäßig deutlichen Ertragsstaffel möglich, ihre Tätigkeit im voraus in der erforderlichen Weise einzuschränken. Im übrigen muß es als ausreichend angesehen werden, daß die Vergütungskürzung für ein Quartal den Arzt in der Folgezeit dazu anhält, den Umfang seiner Kassenarztpraxis zu überprüfen.

cc) Die strittige Regelung entspricht endlich auch dem allgemeinen Erfordernis, daß bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein muß und daß die Interessen des Gemeinwohls, denen die Regelung zu dienen bestimmt ist, um so stärker sein müssen, je empfindlicher die Berufsfreiheit beeinträchtigt wird.

Für diese Abwägung ist von Bedeutung, daß der Eingriff in die Berufsfreiheit der Ärzte mit Kassenpraxis jedenfalls dann nicht schwerwiegt, wenn auf den Durchschnitt der Kassenärzte im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein abgestellt wird. Bis 12 000 DM wurden die Honoraranforderungen in vollem Umfang der Verteilung zugrunde gelegt; darüber hinaus wurden sie progressiv um je 10% für jede weitere 1000 DM gekürzt. Der Grenzwert von 12 000 DM überschritt -- wie das Bundessozialgericht feststellt -- die durchschnittlichen Honoraranforderungen aller Kassenärzte im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein um etwa 50%. Von Kürzungsmaßnahmen war somit nur eine begrenzte Anzahl der Ärzte betroffen. Diesem nicht sehr erheblichen Eingriff steht gegenüber, daß eine Vergütungsbegrenzung zum Zwecke der Verhütung einer übermäßigen Ausdehnung der kassenärztlichen Tätigkeit, die entweder das persönliche Tätigwerden des Kassenarztes nicht mehr in dem erforderlichen Umfang gewährleistet oder die Gründlichkeit der Behandlung im Einzelfall in Frage stellt, als vernünftiger, wenn nicht sogar -- wie das Bundessozialgericht annimmt -- als überragender Grund des Gemeinwohls anzuerkennen ist.

b) Berufsausübungsregelungen können nicht nur dann verfassungswidrig sein, wenn sie in ihrer generellen Wirkung auf die betroffene Berufsgruppe die zuvor genannten Grundsätze verletzen. Sie müssen, wie das Bundesverfassungsgericht in dem erwähnten Beschluß ebenfalls ausgeführt hat (BVerfGE 30, 292 [327]), auch die Unterschiede berücksichtigen, die typischerweise innerhalb dieser Berufsgruppe bestehen, da anderenfalls Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein kann.

Nach Meinung der Beschwerdeführer liegt eine solche Verletzung vor, weil § 2 des Honorarverteilungsmaßstabes in Verbindung mit der Ertragsstaffel zu wenig differenziert gewesen sei und bestehende Unterschiede zwischen den Ärzten unberücksichtigt gelassen habe (vgl. NJW 1965, S. 2025, wo von einem nivellierenden Schematismus gesprochen wird). Mangels ausreichender Differenzierung wäre -- das ist den Beschwerdeführern zuzugeben -- die Kürzungsregelung auf längere Sicht nicht tragbar gewesen. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung ist jedoch bedeutsam, daß nicht nur von Anfang an ausdrücklich vorgeschrieben war, die Kürzungsstaffelung einmal jährlich darauf zu überprüfen, ob sie den gegebenen Verhältnissen noch gerecht wird, vielmehr wurde sie auch tatsächlich bereits nach zwei Jahren grundlegend geändert und in der Folgezeit immer weiter in einer Weise verfeinert, daß nunmehr unter dem Gesichtspunkt mangelnder Differenzierung keine Bedenken mehr erkennbar sind. Bei dieser Sachlage kann die Anfangsregelung trotz mangelnder Differenzierung noch als verfassungsmäßig angesehen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts läßt der Gleichheitssatz dem Normgeber einen weiten Gestaltungsspielraum; ob er jeweils die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat, ist vom Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen; vielmehr endet der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum erst dort, wo eine ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und mangels einleuchtender Gründe als willkürlich beurteilt werden muß. Dabei kann es bei komplexen Sachverhalten vertretbar sein, daß dem Gesetzgeber zunächst eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen eingeräumt wird und daß er sich in diesem Anfangsstadium mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen darf, die unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität namentlich deshalb gerechtfertigt sein können, weil eine Verfeinerung die Gefahr mangelnder Wirksamkeit mit sich bringen kann. In einem solchen Fall geben die damit verbundenen Unzuträglichkeiten erst dann Anlaß zur verfassungsrechtlichen Beanstandung, wenn der Gesetzgeber eine spätere Überprüfung und fortschreitende Differenzierung trotz ausreichenden Erfahrungsmaterials für eine sachgerechtere Lösung unterläßt (vgl. auch BVerfGE 16, 147 [187 f.]; 18, 224 [239]).

Von diesem Blickpunkt aus betrachtet, kann die strittige Kürzungsregelung um so eher für eine vorübergehende Zeit hingenommen werden, als sie von Anfang an nicht derart generalisierend war, daß man sie als evident unsachlich im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 3 Abs. 1 GG hätte bezeichnen können. Sie setzte keine starre Obergrenze und legte auch nicht schematisch die Zahl der Behandlungsfälle zugrunde, bei der der Umfang der jeweiligen Behandlung ohne jede Bedeutung geblieben wäre. Vielmehr wählte sie das elastischere Mittel der Ertragsstaffelung, die bei einem weit überdurchschnittlichen Betrag einsetzte und bei der die Wirkung der progressiven Kürzung immerhin dadurch etwas abgemildert wurde, daß mit steigendem Praxisumfang -- jedenfalls bis zu einer gewissen Grenze -- die Praxiskosten sinken.

Die Einwände der Beschwerdeführer gegen diese Regelung verkennen zudem folgendes: Gewiß wird es besonders erfahrene und leistungsfähige Ärzte geben, die auch bei hinreichend sorgfältiger Behandlung höhere Honoraransprüche erarbeiten als der Durchschnitt. Der Satzunggeber mußte sich aber zunächst bei seinem erstem Regelungsversuch an der Durchschnittspraxis orientieren. Ebensowenig konnte erwartet werden, daß die Kürzungsregelung auf die Gesamtleistung des Arztes einschließlich seiner Ersatzkassen- und Privatpraxis sowie auf sonstige Nebentätigkeiten ärztlicher und nichtärztlicher Art abstellte. Nebentätigkeiten konnten unberücksichtigt bleiben, da sie untypische Einzelfälle sind. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein konnte ferner im Sinne einer typisierenden Regelung davon ausgehen, daß der Durchschnitt aller Kassenärzte durch eine neben der Kassenpraxis ausgeübte, im einzelnen praktisch nicht erfaßbare Privat- oder Ersatzkassentätigkeit belastet war.

Schwerer verständlich erscheint, daß nicht zwischen den Fachärzten der verschiedenen Disziplinen unterschieden worden ist. Wie die vom Beschwerdeführer zu 3) vorgelegte Aufstellung zeigt, schwankten die durchschnittlichen Honoraranforderungen der verschiedenen Fachärzte in einem Quartal des Jahres 1962 im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein zwischen 6100 und 12 000 DM; Röntgenfachärzte erreichten durchschnittlich sogar Honoraranforderungen von 20 000 DM. Demgemäß stellt der derzeit geltende Honorarverteilungsmaßstab auf die durchschnittlichen Honoraranforderungen der Fachgruppe und zusätzlich auf die durchschnittliche Zahl der Behandlungsfälle ab; an die Stelle der durchschnittlichen Honoraranforderungen der Fachgruppe tritt der Durchschnitt der Honoraranforderungen aller Ärzte im Bereich Nordrhein erst dann, wenn dieser höher liegt. Trotz des genannten Mangels kann aber bei einer nur zwei Jahre lang angewendeten Anfangsregelung noch nicht beanstandet werden, daß sich der angegriffene Honorarverteilungsmaßstab zunächst am Gesamtdurchschnitt der Honoraranforderungen orientierte und etwaige Unterschiede zwischen den Arztgruppen unberücksichtigt ließ. Immerhin setzte die Kürzungsregelung erst bei einem weit überdurchschnittlichen Betrag an, der von keiner Arztgruppe mit Ausnahme der Röntgenfachärzte übertroffen wurde. Gerade für die Röntgenfachärzte hatte der beanstandete Honorarverteilungsmaßstab aber schon von Anfang an eine günstigere Sonderregelung vorgesehen. Bei den anderen Ärzten war die Spanne zwischen den Gynäkologen mit den niedrigsten und den Laboratoriumsärzten mit den höchsten Anforderungen nicht unerträglich hoch. Auch machte der beanstandete Honorarverteilungsmaßstab den Versuch einer Differenzierung wenigstens dahin, daß von der Begrenzung Forderungen für Zeitversäumnis und Fuhrkosten ausgenommen wurden (§ 2 Abs. 2 b).

4.

Art. 2 Abs. 1 GG scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als Prüfungsmaßstab schon deshalb aus, weil die beanstandete Regelung die Handlungsfreiheit im Bereich des Berufsrechts betrifft, die ihre besondere Gewährleistung in Art. 12 Abs. 1 GG gefunden hat (BVerfGE 23, 50 [55 f.]). Soweit Art. 14 GG als Prüfungsmaßstab in Betracht kommen sollte (vgl. dazu BVerfGE 30, 292 [334]; 31, 229 [239 f.]), kann die Regelung aus den oben zu Art. 12 Abs. 1 GG angestellten Erwägungen nicht beanstandet werden.

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