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BGH, 31.01.1974 - VII ZR 99/73
Nach § 21 Satz 1 GOA wird ein Teilbetrag frühestens dann fällig, wenn der Architekt Teilleistungen erbracht hat und wenn er deren Bezahlung verlangt. Eine Teilabnahme des Architektenwerks ist für die Fälligkeit nicht Voraussetzung.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 1974
unter Mitwirkung der Richter Schmidt, Erbel, Dr. Girisch, Dr. Recken und Doerry
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 20. März 1973 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beklagte zu 4/5 und der Kläger zu 1/5 zu tragen.
Tatbestand
Die Beklagte beabsichtigte, ihr Grundstück in M. zu bebauen. Am 11. August 1967 reichte der Kläger für sie ein Baugesuch ein.
Die Baugenehmigung wurde im Dezember 1969 erteilt. Am 11. April 1970 bat der Kläger um Begleichung seiner gemäß § 19 Abs. 1 a)-c) GOA ermittelten Gebühren (Vorentwurf, Entwurf und Bauvorlagen) in Hohe von 6.260,80 DM. Außerdem verlangte er für die Planerneuerung der Baupolizeivorlagen 1.565,20 DM.
Die Beklagte zahlte nicht. Am 5. Januar 1971 forderte der Kläger für seine bisher geleisteten Arbeiten 12.880,03 DM.
Mit Schreiben vom 21. April 1971 erinnerte der Kläger an die Zahlung dieses Betrages. Die Beklagte teilte ihm daraufhin am 9. Juli 1971 mit, daß sie ihr Vorhaben aus finanziellen Gründen aufgebe.
Der Kläger hat 12.880,03 DM und Zinsen eingeklagt. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 12.384,65 DM nebst Zinsen verurteilt. Mit der Berufung hat die Beklagte beantragt, die Klage in Höhe von 10.819,45 DM mit Zinsen abzuweisen; die Verurteilung zur Zahlung des Entgelts für die Planerneuerung hat sie nicht angefochten. Gegenüber der Forderung von 6.260,80 DM aus der Rechnung vom 11. April 1970 hat sie sich auf Verjährung berufen.
Das Oberlandesgericht hat der Berufung teilweise stattgegeben und die Beklagte nur zur Zahlung von 7.826 DM, und zwar einschließlich jener 1.565,20 DM, verurteilt.
Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage, soweit dem Kläger mehr als 1.565,20 DM zuerkannt worden sind. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision. Seine wegen eines Betrages von 3.568,61 DM eingelegte Anschlußrevision hat er vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
I.
In Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Senats (BGHZ 59, 163; 60, 98) geht das Berufungsgericht davon aus, daß Gebührenforderungen der Architekten in zwei Jahren seit Ende des Jahres verjähren, in dem sie fällig geworden sind. Es läßt offen, ob der Kläger seine Leistungen bereits vor Einreichung des Baugesuchs erbracht hat. Da er deren Bezahlung erstmals mit Rechnung vom 11. April 1970 verlangt habe, sei die Forderung nicht vorher fällig geworden. Die am 1. Dezember 1971 zugestellte Klage habe den Ablauf der Verjährungsfrist mithin unterbrochen.
Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1.
Für den Beginn der Verjährungsfrist ist der Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung maßgebend (BGHZ 53, 222, 225; Senatsurteil vom 22. April 1971 - VII ZR 213/69 - Schäfer/Finnern Z. 300 Bl. 202). Da die Parteien die Geltung der GOA vereinbart haben, richtet sich die Fälligkeit nach § 21 Satz 1 GOA (BGHZ 60, 98, 100). Danach ist der Architekt berechtigt, von der Gebühr jeweils Teilbeträge entsprechend dem jeweiligen Stande seiner Leistung zu verlangen.
2.
Die Revision meint, es komme nur auf die Fertigstellung der Teilleistung an; ob der Architekt dafür schon Zahlung verlangt habe, sei für die Fälligkeit seiner Forderung ohne Bedeutung. Ihre Auffassung kann indessen nicht gebilligt werden.
Die Ausführungen von Roth/Gaber/Hartmann (Kommentar zum Vertragsrecht und zur Gebührenordnung für Architekten, 10. Aufl., § 21 Anm. 1), auf die sie sich beruft, geben hierzu keinen Aufschluß. Ludwigs/Ludwigs (Der Architekt, Vertragsrecht - Haftung - Gebührenordnung, S. 353) stellen es für den Eintritt der Fälligkeit darauf ab, ob der Architekt die Teilbeträge geltend macht. Nur von Nordenflycht und Bindhardt vertreten die Ansicht, daß die Teilforderung auch unabhängig davon fällig werde, ob der Berechtigte sie für fällig erkläre. Das gelte selbst dann, wenn ihm die Fälligkeit gar nicht bewußt sei (Fabricius/von Nordenflycht/Bindhardt, Gebührenordnung für Architekten, 8. Aufl., § 21 Anm. 7).
3.
Die Bestimmung des § 21 Satz 1 GOA ist dahin zu verstehen, daß ein Teilbetrag frühestens fällig wird, wenn der Architekt Teilleistungen erbracht hat und wenn er deren Bezahlung verlangt. Wären die Gebührenansprüche auch ohne entsprechende Zahlungsaufforderung fällig, so würden ihr Umfang vom ständig wechselnden Arbeitsfortschritt abhängen, ohne daß dieser Umfang später zeitlich genügend bestimmt werden könnte. Denn der Architekt kann Teilbeträge schon verlangen, wenn er die in § 19 GOA näher beschriebenen Einzelleistungen noch nicht jeweils vollständig erbracht hat (vgl. Fabricius/von Nordenflycht/Bindhardt a.a.O. Anm. 6; Roth/Gaber/Hartmann a.a.O.; Ludwigs/Ludwigs a.a.O.; Häring, Der Architektenvertrag und seine Rechtsprobleme, S. 67).
Dem kann nicht entgegengehalten werden, der Architekt könne den Beginn der Fälligkeit beliebig dadurch hinausschieben, daß er keine Teilbeträge geltend mache. Durch § 21 Satz 1 GOA wird ihm lediglich das Recht eingeräumt, schon vor Fertigstellung des Gesamtwerks Teilbeträge zu verlangen. Macht er hiervon keinen Gebrauch, so wird auch keine Teilforderung fällig. Die Fälligkeit tritt dann jedenfalls nach Fertigstellung des Werks und mit der Überreichung der Schlußrechnung ein (§ 21 Satz 2 GOA).
4.
Das Berufungsgericht hat den Eintritt der Fälligkeit eines gemäß § 21 Satz 1 GOA verlangten Teilbetrages ferner davon abhängig gemacht, daß die entsprechenden Teilleistungen zuvor abgenommen worden sind.
Darauf kommt es indessen nicht an.
Nach § 641 Abs. 1 Satz 2 BGB ist dann, wenn das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt ist, die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. Diese Vorschrift kann auch für das Architektenwerk in Betracht kommen. Der Wille, daß das Architektenwerk in Teilen abzunehmen ist, darf aber nicht unterstellt werden. Er muß vom Architekten bewiesen werden (BGH NJW 1964, 647 [BGH 30.12.1963 - VII ZR 88/62]).
Die Bestimmung des § 21 Satz 1 GOA setzt dagegen eine Teilabnahme - und damit auch deren Vereinbarung - gerade nicht voraus. Das hat auch seinen guten Sinn. Eine Teilabnahme ist in den Fällen, in denen der Architekt die in § 19 GOA aufgeführten Einzelleistungen noch nicht vollständig erbracht hat, zumeist nicht durchführbar. Die Vereinbarung einer Teilabnahme würde deshalb nicht helfen. Der Architekt wäre vielmehr genötigt, seine Leistungen zunächst auf einen abnahmefähigen Stand zu bringen. Gerade das würde aber die in § 21 Satz 1 GOA getroffene Regelung außer Kraft setzen, weil der Architekt dann nicht mehr diejenigen Gebühren verlangen könnte, die dem jeweiligen Stande seiner Leistungen entsprechen.
II.
1.
Der Kläger hatte seiner Forderung zugrundegelegt, daß sich die volle Gebühr bei der hier zu berücksichtigenden Bauklasse III auf 5,2 % der Kostenanschlagssumme von 301.000 DM belaufen würde. Für Vorentwurf, Entwurf und Bauvorlagen hatte er deshalb 40 % von 15.652 DM, also 6.260,80 DM, verlangt.
Das Landgericht hat ihm für seine Leistungen nur 40 % von 15.050 DM zugesprochen. Es hat dabei § 10 Abs. 3 GOA nicht beachtet und angenommen, daß die volle Gebühr nur 5,0 % der Kostenanschlagssumme betrage.
Der Kläger hat das nicht angegriffen. Gleichwohl ist das Berufungsgericht bei der Ermittlung des dem Kläger zustehenden Honorars wiederum von 5,2 % ausgegangen. Es hat ihm demgemäß 6.260,80 DM - statt 6.020,- DM - zugebilligt. Hierzu hat es sich für befugt gehalten, weil es gleichzeitig andere, vom Landgericht zuerkannte Ansprüche abgewiesen hat.
2.
Das wird von der Revision vergeblich gerügt.
Das Berufungsgericht verstößt nicht gegen § 308 Abs. 2 ZPO, wenn es bei einzelnen Rechnungsposten über die Ansätze des Klägers hinausgeht. Entscheidend ist nur, daß die im Antrage geforderte Gesamtsumme nicht überschritten wird (vgl. Stein/Jonas/Schumann/Leipold, 19. Aufl., § 308 ZPO Anm. I a mit N 4; Wieczorek, § 308 ZPO Anm. B III a 1, jeweils mit Nachweisen; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 31. Aufl., § 308 ZPO Anm. 1 A). Hieran hat sich das Berufungsgericht gehalten.
III.
Die Revision der Beklagten ist nach alledem zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97, 92 ZPO.
Richter Schmidt
Richter Erbel
Richter Girisch
Richter Recken
Richter Doerry
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