BVerwG, 31.05.1988 - 4 B 88.88

Daten
Fall: 
Satteldach
Fundstellen: 
NVwZ 1989, 355; DÖV 1989, 723; BauR 1988, 698
Gericht: 
Bundesverwaltungsgericht
Datum: 
31.05.1988
Aktenzeichen: 
4 B 88.88
Entscheidungstyp: 
Beschluss
Richter: 
Schlichter, Kühling, Sommer

Der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat
am 31. Mai 1988
durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schlichter und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kühling und B. Sommer
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 1988 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32.500 DM festgesetzt.

Gründe

Der Beschwerde bleibt der Erfolg versagt. Aus dem Beschwerdevorbringen lassen sich keine Gründe entnehmen, die gemäß § 132 Abs. 2 VwGO zur Zulassung der Revision führen.

Die Rechtssache hat nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung. Das Berufungsgericht sieht den vom Kläger geplanten und teilweise schon ohne Genehmigung verwirklichten Dachgeschoßausbau nicht als eine durch § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 in Verbindung mit Satz 3 BauGB erleichterte Erweiterung eines zulässigerweise im Außenbereich errichteten Wohnhauses an. Die zu diesem Ergebnis führenden Überlegungen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz und bedürfen keiner Klärung in einem Revisionsverfahren.

§ 35 Abs. 4 Satz 3 (2. Halbsatz) BauGB schränkt die Erweiterung eines Wohnhauses auf die Einrichtung einer zweiten Wohnung sowie dahin ein, daß das Wohngebäude vom bisherigen Eigentümer und seiner Familie selbst genutzt wird. Das Berufungsgericht folgert daraus, daß das Vorhaben des Klägers, der die zweite Wohnung für ein Gärtner- oder Hausmeisterehepaar verwenden will, nicht unter die genannte Regelung fällt. Was die Beschwerde dagegen einwendet, ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Auffassung des Berufungsgerichts hervorzurufen. Der Wortlaut des Gesetzes spricht nicht gegen, sondern für die Auslegung des Berufungsgerichts. Wenn das Gesetz eine Eigennutzung des Wohngebäudes zur Voraussetzung einer erleichterten Erweiterung macht, so sind darin die durch Erweiterung hinzukommenden Gebäudeteile selbstverständlich einbegriffen; denn "das Wohngebäude" bleibt auch nach einer baulichen Erweiterung dieselbe Sache. Anders als die Beschwerde meint, brauchte das Gesetz die Erweiterung in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich zu erwähnen, wenn es in dem vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Sinn verstanden werden wollte. Daß sich für alleinlebende ältere Menschen das Bedürfnis ergeben mag, "Verwandte oder Dritte" zu ihrer Unterstützung und gegebenenfalls Pflege aufnehmen zu müssen, vermag eine über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehende Auslegung des § 35 Abs. 4 BauGB nicht zu rechtfertigen. Das Berufungsgericht legt zutreffend dar, daß diese Regelung wegen ihres Ausnahmecharakters grundsätzlich eng auszulegen ist (BVerwG, Beschluß vom 29. September 1987 - BVerwG 4 B 191.87 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 240). Daß zur Familie des Eigentümers auch Angehörige seines Ehepartners gehören, versteht sich ebenfalls bereits nach allgemeinem Sprachgebrauch von selbst und wird in § 8 Abs. 2 II. WoBauG ausdrücklich festgelegt (s. dazu das Urteil des Senats vom 23. Januar 1981 - BVerwG 4 C 82.77 - BVerwGE 61, 285 <289.f.>). Die Beschwerde mißversteht das Berufungsurteil, wenn es aus ihm die Rechtsauffassung entnimmt, daß jeweils nur die Angehörigen des Eigentümers selbst maßgeblich seien. Die entsprechende Bemerkung ist lediglich fallbezogen eng formuliert und hat übrigens keinerlei tragende Bedeutung.

Da das angefochtene Urteil bereits mit dieser Begründung durchsteht, braucht auf die weiteren Beschwerdegründe nicht eingegangen zu werden; denn bei einem Urteil, das, wie hier, auf mehrere die Entscheidung selbständig tragende Begründungen gestützt ist, kann die Revision nicht zugelassen werden, wenn nicht hinsichtlich jedes dieser tragenden Gründe ein Zulassungsgrund geltend gemacht worden ist (BVerwG, st. Rspr., z.B. Beschluß vom 17. April 1985 - BVerwG 3 B 26.85 - Buchholz 451.90 Nr. 53). Übrigens würde auch die weitere vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Das Berufungsgericht hält eine Inanspruchnahme des § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB durch den Kläger auch deshalb für ungerechtfertigt, weil die vom Kläger geplante Erweiterung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse nicht angemessen sei. Das Gesetz selbst aber läßt ohne weiteres erkennen, daß es insoweit nicht, wie die Beschwerde meint, darauf ankommt, wie die jeweiligen Bewohner ihre Bedürfnisse selbst bestimmen; dies wäre mit dem nunmehr ausdrücklich in das Gesetz aufgenommenen Grundsatz einer größtmöglichen Schonung des Außenbereichs offensichtlich nicht vereinbar (§ 35 Abs. 5 BauGB). Kommt es danach auf eine objektive Bewertung der jeweiligen familiären Wohnbedürfnisse an, so liegt es nahe, daß sich das Berufungsgericht dabei an den Zahlen orientiert, die nach § 39 des II. Wohnungsbaugesetzes für förderungswürdige Bauten gelten (s. dazu auch bereits das o.a. Urteil des Senats vom 23. Januar 1981).

Auch mit der Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht kann die Beschwerde keinen Erfolg haben. Auf der unterlassenen Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob eine Einliegerwohnung eingerichtet werden könnte, kann das Berufungsurteil nicht beruhen. Auf diese Möglichkeit hat das Berufungsgericht ersichtlich nur beiläufig hingewiesen, ohne daß dies die Entscheidung trägt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, [...].

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32.500 DM festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 1 GKG.

Prof. Dr. Schlichter
Dr. Kühling
Sommer