BVerfG, 07.05.1957 - 2 BvR 2/56
1. Wird mit der Verfassungsbeschwerde die Verletzung einer Grundgesetzbestimmung gerügt, die einen für den herkömmlichen Begriff des Wahlrechts typischen Inhalt hat, so handelt es sich um eine Verfassungsbeschwerde aus dem Bereich des Wahlrechts nach § 14 Abs. 1 BVerfGG. Wird die Verletzung anderer Normen gerügt, kann eine Verfassungsbeschwerde aus dem Bereich des Wahlrechts dann vorliegen, wenn der angefochtene Hoheitsakt typische Wahlrechtsfragen betrifft.
2. Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Kommunalwahlgesetz mit der Behauptung, das Gesetz verletze die Art. 38 und 28 GG, ist nicht zulässig.
Beschluß
des Zweiten Senats vom 7. Mai 1957
- 2 BvR 2/56 -
gem. § 24 BVerfGG in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Kreises Saulgau; 2. des Kreises Ravensburg; 3. des Kreises Ehingen/Donau; 4. des Kreises Wangen/Allgäu; 5. des Kreises Tuttlingen: 6. des Kreises Hechingen; 7. der Stadt Tuttlingen; 8. der Stadträte der Stadt Tuttlingen... (a-u) gegen Art. 29 des baden-württembergischen Gesetzes zur vorläufigen Angleichung des Kommunalrechts (GAK) vom 13. Juli 1953 (GBl. S. 97).
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerden werden als unzulässig verworfen.
Gründe
A.
Die Verfassungsbeschwerden vom 28. September, 2. Oktober und 14. Oktober 1953 richten sich gegen Art. 29 des badenwürttembergischen Gesetzes zur vorläufigen Angleichung des Kommunalrechts (GAK) vom 13. Juli 1953 (GBI. S. 97 ff.).
Nach § 14 Abs. 3 des Zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern vom 4. Mai 1951 (BGBl. I S. 284) konnte die Verfassunggebende Landesversammlung u. a. Gesetze beschließen, die im Interesse der Bildung des neuen Bundeslandes schon vor Inkrafttreten der Verfassung erforderlich waren. In Vollzug dieser bundesgesetzlichen Ermächtigung erging das GAK.
Art. 29 GAK lautet:
"1. Die nächsten regelmäßigen Wahlen zu den Gemeinderäten und zu den Kreistagen im Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern finden im November 1953 statt. Das Innenministerium bestimmt den Wahltag.
2. Die Amtszeit der nach bisherigem Recht Ende 1954 ausscheidenden Hälfte der Mitglieder des Gemeinderats endet mit dem 30. November 1953, diejenige der anderen Hälfte mit dem 30. November 1956.
3. Die Amtszeit der zur Zeit im Amt befindlichen Mitglieder der Kreistage endet mit dem 30. November 1953."
Durch die in Art. 29 GAK vorgenommene Angleichung der Kommunalwahltermine in Baden-Württemberg wurden für den Landesteil Württemberg-Hohenzollern die bis Ende 1954 bzw. 1957 laufenden Wahlperioden der Gemeinderäte und Kreistage verkürzt.
Die antragstellenden Kreise und die Stadt Tuttlingen sehen in Art. 29 GAK einen verfassungswidrigen Eingriff in das durch Art. 28 GG gewährleistete Recht der Selbstverwaltung. Sie führen ferner aus, § 14 Abs. 3 des zweiten Neugliederungsgesetzes ermächtige die Verfassunggebende Landesversammlung nicht zu derartig einschneidenden Maßnahmen.
Die antragstellenden Stadträte sehen in der Verkürzung der Wahlperiode einen verfassungswidrigen Eingriff in ihr passives Wahlrecht. Sie rügen die Verletzung der Art. 20, 28 Abs. 1 und 38 GG. Da die Stadträte nach dem württemberg-hohenzollerischen Kommunalbeamtengesetz vom 17. Oktober 1951 (RegBl. S. 109) Ehrenbeamte seien, werde durch Art. 29 GAK auch Art. 33 GG verletzt.
Die Beschwerdeführer stellen den Antrag:
1. Es wird festgestellt, daß Art. 29 des Gesetzes zur vorläufigen Angleichung des Kommunalrechts (GAK) vom 13. Juli 1953 (Gesetzblatt für Baden-Württemberg Nr. 16 vom 29. Juli 1953 S. 103) gegen Art. 28 und 33 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (Bundesgesetzblatt 1949 S. 1 ff.) verstößt und deshalb nichtig ist.
2. Die Beschwerdegegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, durch einstweilige Anordnung den Vollzug von Art. 29 bis zur endgültigen Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden auszusetzen. Durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - 1 BvR 444/53 - vom 11. November 1953 (BVerfGE 3, S. 41) wurde dieser Antrag abgelehnt.
Der Verfassunggebenden Landesversammlung, der Vorläufigen Landesregierung von Baden-Württemberg sowie dem Gemeindetag Württemberg-Hohenzollern wurde gemäß § 94 BVerfGG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Verfassunggebende Landesversammlung hat hiervon keinen Gebrauch gemacht.
Die Vorläufige Landesregierung von Baden-Württemberg hielt die Verfassungsbeschwerden der Antragsteller Nr. 1 bis 7 für unbegründet, da weder Art. 28 GG noch sonstiges Bundesrecht durch Art. 29 GAK verletzt werde. Zu den Verfassungsbeschwerden der Antragsteller Nr. 8 a) bis u) wurde unter Hinweis auf § 90 BVerfGG vorgetragen, daß im Rahmen von Verfassungsbeschwerden die Verletzung von Art. 20 und 28 GG nicht gerügt werden könne. Obwohl die Antragsteller nach württemberg-hohenzollerischem Recht Ehrenbeamte seien, verletze Art. 29 GAK nicht die in Art. 33 GG garantierten Rechte. Ein Anspruch auf eine bestimmte Dauer des Ehrenamtes sei aus Art. 33 GG nicht ableitbar.
Der Gemeindetag von Württemberg-Hohenzollern schloß sich im wesentlichen der Auffassung der Beschwerdeführer an.
B.
Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung war nach § 14 Abs. 1 BVerfGG vom 12. März 1951 der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts zur Entscheidung über alle Verfassungsbeschwerden berufen. Durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 21. Juli 1956 (BGBl. I S. 662) ist §14 dahin neu gefaßt worden, daß für Verfassungsbeschwerden nach § 91 BVerfGG und Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Wahlrechts der Zweite Senat für zuständig erklärt wurde. Nach Art. 4 Satz 1 des Änderungsgesetzes gingen mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes anhängige Verfahren in der Lage, in der sie sich befanden, auf den nunmehr zuständigen Senat über.
a) Mit den Verfassungsbeschwerden Nr. 1 bis 7 rügen Gemeindeverbände und eine Gemeinde die Verletzung von Art. 28 GG durch ein Landesgesetz. Es handelt sich demnach um Verfassungsbeschwerden nach § 91 BVerfGG, die dem Zweiten Senat zugewiesen sind.
b) Bei den Verfassungsbeschwerden Nr. 8 a) bis u) handelt es sich um Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Wahlrechts, für die ebenfalls der Zweite Senat zuständig ist. Es ist hier nicht erforderlich, abschließend dazu Stellung zu nehmen, was unter dem Begriff " Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Wahlrechts" in § 14 Abs. 1 BVerfGG zu verstehen ist. Die Antragsteller rügen u. a. die Verletzung der in Art. 28 und 38 GG enthaltenen Vorschriften über das passive Wahlrecht. Art. 38 GG ist jedenfalls eine Norm, die einen für den herkömmlichen Begriff des Wahlrechts typischen Inhalt hat. Eine Verfassungsbeschwerde, die die Rüge der Verletzung einer solchen Norm enthält, ist sicher als Verfassungsbeschwerde aus dem Bereich des Wahlrechts zu werten.
Aber auch insoweit die Verletzung anderer Grundrechtsbestimmungen von den Antragstellern gerügt wird, ist der Zweite Senat zur Entscheidung zuständig. Zwar treffen die eben angestellten Erwägungen hier nicht zu, da beispielsweise Art. 33 GG keine Norm ist, die einen für den herkömmlichen Begriff des Wahlrechts typischen Inhalt hat. Die Rüge der Verletzung solcher Grundgesetz-Bestimmungen kann eine Verfassungsbeschwerde aber dann zu einer Verfassungsbeschwerde aus dem Bereich des Wahlrechts im Sinne von § 14 Abs. 1 BVerfGG machen, wenn der angefochtene Hoheitsakt typische Wahlrechtsfragen betrifft. Die Bestimmungen über die Dauer der Wahlperiode der Gemeinde- und Kreistage in Art. 29 GAK sind Normierungen in diesem Sinne.
C.
Die Verfassungsbeschwerden der Kreise und der Stadt sind unzulässig.
I.
Das Bundesverfassungsgericht ist für Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit Art. 28 GG rügen, nach § 91 Satz 2 BVerfGG nur subsidiär zuständig. Diese Vorschrift lautet:
"Die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ist ausgeschlossen, soweit eine Beschwerde wegen Verletzung des Rechtes auf Selbstverwaltung nach dem Rechte des Landes beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann."
Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung war die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts zur Rüge von Art. 29 GAK gemäß § 91 Satz 2 BVerfGG gegeben, da eine solche Verfassungsbeschwerde nach dem Übergangsrecht des neugebildeten Landes Baden-Württemberg zu einem Landesverfassungsgericht nicht erhoben werden konnte.
Die Verfassung des Landes Baden-Württemberg war noch nicht in Kraft getreten. Zwar wurde vor Verabschiedung der Verfassung durch Art. 17 des Gesetzes vom 15. Mai 1952 (GBl. S. 3) ein Vorläufiger Staatsgerichtshof errichtet. Dieser hatte jedoch keine Kompetenz für Verfassungsbeschwerden der Gemeinden und Gemeindeverbände. Seine Zuständigkeit für den Landesteil Württemberg-Hohenzollern entsprach gemäß Art. 17 Aks. 2 der des früheren Staatsgerichtshofs von Württemberg-Hohenzollern. Weder die Verfassung für Württemberg- Hohenzollern vom 20. Mai 1947 (RegBl. S. 1 ff.; Art. 65, 66) noch das Gesetz über den Staatsgerichtshof von Württemberg-Hohenzollern (§ 20 des Gesetzes vom 11. Januar 1949 - RegBl. S. 85) hatte aber eine Beschwerdemöglichkeit im Sinne von § 91 Satz 2 BVerfGG vorgesehen.
II.
Nach Art. 68 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg vom 11. November 1953 (GBl. S. 173) in Verbindung mit dem Gesetz über den Staatsgerichtshof vom 13. Dezember 1954 (GBl. S. 171) in der Fassung vom 28. März 1955 (GBl. S. 66) ist ein Staatsgerichtshof für Baden- Württemberg errichtet worden. Gemäß Art. 76 der Verfassung von Baden- Württemberg in Verbindung mit § 8 Ziffer 8, §§ 54 und 48 bis 50 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof ist dieses Gericht zur Entscheidung über Beschwerden von Gemeinden oder Gemeindeverbänden wegen Verletzung des in den Art. 71 bis 75 der Verfassung garantierten Rechts der Selbstverwaltung durch ein Landesgesetz zuständig. Nach Art. 88 der Verfassung von Baden-Württemberg erstreckt sich diese Zuständigkeit auch auf vorkonstitutionelles Landesrecht (zur Gültigkeit von Art. 88 der Verfassung von Baden- Württemberg vergleiche BVerfGE 4, 178 ff.).
Bei der Abgrenzung der Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts von der Zuständigkeit der Landesverfassungsgerichte ist davon auszugehen, daß in einem betont föderativ gestalteten Staat wie der Bundesrepublik Deutschland die Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder grundsätzlich selbständig nebeneinanderstehen (BVerfGE 4, S. 178 [189]). Entsprechendes gilt für den Bereich der Verfassungsgerichtsbarkeit des Bundes und der Länder. Die Nachprüfung von Landesgesetzen auf ihre Vereinbarkeit mit der Landesverfassung ist grundsätzlich Sache der Landesverfassungsgerichte. Dies ergibt sich aus Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG. Auch für sonstige Landesverfassungsstreitigkeiten sind grundsätzlich die Landesverfassungsgerichte zur Entscheidung berufen. Das Bundesverfassungsgericht ist hier nur subsidiär zuständig (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 GG). Dem entspricht die Regelung in § 91 BVerfGG, wonach die Gemeinden und Gemeindeverbände das Bundesverfassungsgericht nur dann anrufen dürfen, wenn nicht der Rechtsweg zu dem Landesverfassungsgericht eröffnet ist.
Es kann unentschieden bleiben, wie die Zuständigkeitsfrage zu lösen wäre, wenn ein Land zunächst auf die Errichtung eines Landesverfassungsgerichts ganz verzichtet oder dessen Zuständigkeit nicht auf Verfahren nach § 91 BVerfGG ausgedehnt hätte und erst während der Rechtshängigkeit von derartigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht die Zuständigkeit eines Landesverfassungsgerichts begründen würde. Der hier zu entscheidende Fall ist insofern besonders geartet, als es sich um Verfassungsbeschwerden aus einer Zeit handelt, in der Baden- Württemberg erst im Begriffe war, sich als Land der Bundesrepublik zu organisieren.
Die nach Erhebung der Verfassungsbeschwerden in Kraft getretene Landesverfassung sieht nun in Art. 76 die Zuständigkeit des Landesverfassungsgerichts im Sinne von § 91 Satz 2 BVerfGG vor. Bereits bei seiner Konstituierung hat das Land demnach den in § 91 BVerfGG vorgesehenen eigenen Rechtsschutz geschaffen und damit der subsidiären Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts die Rechtsgrundlage entzogen. Das gilt sicher für Verfassungsbeschwerden, die nach diesem Zeitpunkt erhoben werden. Es würde aber dem föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik widersprechen, wenn die während der Konstituierung des Landes erhobenen Beschwerden vom Bundesverfassungsgericht entschieden würden, obgleich das Land mit der Einführung einer eigenen Verfassungsgerichtsbarkeit durch die Verfassung zugleich auch den Gemeinden für Verfassungsbeschwerden im Sinne des § 91 BVerfGG den Rechtsweg zum Landesverfassungsgericht eröffnet hat.
Wenn die Beschwerdeführer sich darauf berufen, daß für das gerichtliche Verfahren allgemein der Grundsatz der perpetuatio fori gelte, so ist demgegenüber festzustellen, daß Grundsätze aus anderen Verfahrensarten auf die Verfassungsgerichtsbarkeit nicht ohne weiteres Anwendung finden können, und daß das oben dargelegte Verhältnis des Bundesverfassungsgerichts zu den Landesverfassungsgerichten in anderen Verfahrensarten keine Parallele hat.
Deshalb ist eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für das vorliegende Verfahren nicht mehr gegeben. Eine Verweisung des Rechtsstreits an den zuständigen Staatsgerichtshof ist wegen Fehlens entsprechender gesetzlicher Bestimmungen und wegen des besonders gearteten Verhältnisses zwischen beiden Gerichtsbarkeiten nicht statthaft. Die Beschwerden mußten daher verworfen werden.
D.
Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer Nr. 8 a) bis u) sind gleichfalls unzulässig.
Art. 38 GG, dessen Verletzung die Beschwerdeführer rügen, gilt nur für die Wahl der Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Die Beschwerdeführer berufen sich weiter auf Art. 28 GG und meinen damit offenbar die Ausdehnung der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 GG auf die Landtags- und Kommunalwahlen. Eine Verletzung des subjektiven Wahlrechts bei Landtags- und Kommunalwahlen kann jedoch nicht mit der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht gerügt werden. Wenn § 90 BVerfGG den Art. 38 GG als eine Rechte des einzelnen enthaltende Bestimmung des Grundgesetzes aufführt, deren Verletzung mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann, so bezieht sich das nur auf die Rechte des einzelnen bei der Bundestagswahl (BVerfGE 3, 383 [390 f.]; Urteil vom 23. 1. 1957 - 2BvR 6/56 -). Das Bundesverfassungsgericht könnte sich nur im Verfahren über eine zulässige Verfassungsbeschwerde veranlaßt sehen, von Amts wegen zu prüfen, ob landesrechtliche Bestimmungen über das Wahlrecht gegen das objektive Recht des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen (vgl. BVerfGE 3, 383 [391]; Urteil vom 23. 1. 1957 - 2 BvF 3/56 -).
Eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Kommunalwahlgesetz kann also mit der Behauptung, das Gesetz verletze die Art. 38 und 28 GG nicht erhoben werden.
Die Beschwerdeführer berufen sich weiter auf Art. 33 GG, weil sie nach § 6 des württemberg-hohenzollerischen Kommunalbeamtengesetzes vom 17. Oktober 1951 (RegBl. S. 109) Ehrenbeamte seien. Aus dem Vortrag der Beschwerdeführer ergibt sich, daß mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 33 Abs. 2 bis 5 GG geltend gemacht werden soll, da Art. 33 Abs. 1 GG in keinerlei rechtlichen Zusammenhang mit Art. 29 GAK gebracht werden kann.
Auch die Absätze 2 bis 5 dieser Grundgesetzbestimmung können durch Art. 29 GAK unter keinem denkbaren Gesichtspunkt verletzt sein. Es kann dahingestellt bleiben, ob zu den Ämtern im Sinne der Absätze 2 und 3 auch die Mitgliedschaft in einer aus allgemeinen Wahlen hervorgehenden Vertretung des Volkes (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) gehört; jedenfalls berührt ein Gesetz, das die Wahlperioden der Gemeinde- und Kreisvertretungen verkürzt, weder das Gebot des gleichen Zugangs zu einem solchen Amt noch das Verbot der Benachteiligung wegen des Bekenntnisses oder der Weltanschauung. Die Absätze 4 und 5 endlich sprechen eindeutig nur vom öffentlichen Dienst, worunter die Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaften selbst dann nicht fallen, wenn ihnen ein Gesetz die Rechtsstellung eines "Ehrenbeamten" einräumt. Zudem enthält Abs. 4 überhaupt kein Recht des einzelnen; wenn Absatz 5 auch Rechte des einzelnen garantieren sollte (vgl. BVerfGE 3, 58 [136]; 4, 205 [210]; 4, 294 [295]), so haben jedenfalls die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums nichts mit der Wahlperiode von Gemeindevertretungen zu tun.
Somit ergibt sich, daß die Verfassungsbeschwerden der Stadträte, soweit Art. 38 und 33 GG gerügt wird, unzulässig sind, weil eine Verletzung dieser Bestimmungen durch die angefochtene Vorschrift unter keinem Gesichtspunkt denkbar ist.
Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, daß Art. 29 GAK gegen Art. 20 GG verstoße. Art. 20 GG ist in § 90 BVerfGG nicht aufgeführt. Mit der Behauptung, daß ein Landesgesetz diesen Artikel verletze, kann also eine Verfassungsbeschwerde nicht erhoben werden. Das Gericht könnte allenfalls im Rahmen einer zulässig erhobenen Verfassungsbeschwerde sich von Amts wegen veranlaßt sehen, auch die Übereinstimmung des angegriffenen Gesetzes mit anderen Verfassungsbestimmungen zu überprüfen (vgl. BVerfGE 1, 264 [271]; 3, 58 [74, 136]; 3, 288 [333]; 3. 383 [391]; 4, 294 [295]). Da es an der Voraussetzung einer zulässigen Verfassungsbeschwerde fehlt, konnte das Gericht nicht in die Prüfung eintreten, ob Art. 29 GAK mit Art. 20 GG vereinbar ist.
Aus den gleichen Erwägungen kann die Rüge, Art. 29 GAK verstoße gegen § 14 Abs. 3 des Zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern vom 4. Mai 1951 (BGBl. I S. 284) nicht Gegenstand der verfassungsrechtlichen Überprüfung in diesem Verfahren sein.