Anwaltsmanagement im DAV

*Die Managementfragen der Kollegen haben den Deutschen Anwaltverein schon immer beschäftigt, vermutlich schon vor seiner Neugründung im Jahr 1949. Erst ab diesem Zeitpunkt aber sind Art und Umfang dieses Interesses in den Archiven dokumentiert. Sie zeigen einzelne Phasen, die teils von der technisch/organisatorischen Entwicklung, teils von politischen Absichten geprägt sind:

  • Die ersten Jahre von 1950 bis 1958: Hier ist es überwiegend der Geschäftsführer Dr. Jürgen Chemnitz selbst, der den Kollegen mit Rat und Tat zur Seite steht,
  • der Rationalisierungsausschuss (1959-1983): Das war eine Handvoll von Kollegen, die sich auf Zuruf organisierten und zusammen mit dem Geschäftsführer neben der individuellen Beratung einzelner Anwälte nun auch im Anwaltsblatt eine laufende Kolumne unterhielten,
  • der Ausschuss Büroorganisation und Bürotechnik (1984-2000): Er war ein förmlich vom DAV Vorstand berufener Ausschuss, der Art und Umfang seiner Tätigkeit zwar mit dem Geschäftsführer, dem Institut der Anwaltschaft für Büroorganisation und Bürotechnik (IdA)und dem Vorstand abstimmte, das Tagesgeschäft aber allein besorgte. Er begann, sich systematisch um Projekte und Veröffentlichungen zu kümmern, und eigene Ideen zu entwickeln.
  • die Arbeitsgemeinschaft Anwaltsmanagement (ab 2000): Sie wurde auf Anregung des Vorstandes von ihren Mitgliedern gegründet, die sich zum Ziel gesetzt haben, den Erfahrungsaustausch untereinander in das Zentrum ihrer Bemühungen zu stellen. Sie erfüllt gleichzeitig die Aufgaben des früheren Ausschusses Büroorganisation und Bürotechnik, soweit der DAV-Vorstand ihn in Einzelfragen beratend hinzuzieht (www.dav-mm.de).
  • Die Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement (ab 2005): Die Arbeitsgemeinschaft gibt sich eine neue Geschäftsordnung ändert ihren Namen. (Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement im DAV)

1. Die ersten Jahre

Unmittelbar nach dem Krieg bestand das erste Problem der Kollegen darin, sich die einfachsten Dinge wie Schreibmaschinen, Papier, Stempel usw. zu besorgen und ihren Bürobetrieb so einzurichten, dass sie ihre Arbeit machen konnten.

Anwälte, die schon vor dem Krieg in ihrem Beruf tätig waren, wussten, wie sie das zu machen hatten, denn einige von ihnen benutzten schon Diktiergeräte1, vervielfältigten Dokumente über Matrizen, hatten moderne Telefone usw. Die Anfänger hingegen, die sich oft nicht trauten, die örtlichen Kollegen um Rat zu fragen, schrieben an die Geschäftsstelle des DAV und der Geschäftsführer Dr. Chemnitz hatte stets ein offenes Ohr für sie. In seiner Korrespondenz finden sich Dutzende von Briefen mit individuellen und der konkreten Ratschlägen zu Büromaschinen, Einkaufsmöglichkeiten, Preisvergleichen etc.:

»Sehr geehrter Herr Kollege – die unter dem Namen »Rokli« vertriebenen Additionsmaschinen werden von der Firma Robert Kling, Wetzlar-GmbH, Oberbiel, hergestellt. Fordern Sie von dieser Firma bitte Prospekte an. In Betracht kommen für sie wohl die S 18 E zum Preise von DM 930,00 oder die S. 21 E zum Preise von DM 940,00. Die Maschinen rechnen auch unter Null und addieren. Möglicherweise genügt für ihre Zwecke aber auch die A. 17 E zum Preise von DM 598,00 die nur bis null rechnet. – mit kollegialer Hochachtung, Dr. Jürgen Chemnitz, Geschäftsführer«.

Zugegeben: damals gab es in ganz Deutschland vielleicht 20.000 Anwälte und heute gibt es über 150.000. Aber wir haben heute auch nicht einen Geschäftsführer, sondern 16 und trotzdem käme keiner von ihnen zu seiner Arbeit, wenn er solche Anfragen von Kollegen beantworten wollte.

Chemnitz aber schreibt daneben noch zur Buchführung2 oder verweist auf eine Kartei ausländischer Anwälte3. Immerhin erhielt er hier und da Hilfe von interessierten Kollegen, die Tipps zur Verfügung stellten wie vor allem Dr. Bury aus Hameln, Dr. Schramm aus München und Hans-Joachim Rückert aus Wetzlar.

Aber auch andere Kollegen, helfen ihm hier und da mit Ideen, wie Rechtsanwalt Steinbicker aus Bielefeld: »Mit bestem Erfolg verwende ich seit Jahren farbige Aktenschwänze in Leinen, acht Farben. Jedes Fach der laufenden Akten erhält eine Farbe. Vorteil: es fällt sofort auf, wenn eine Akte falsch abgelegt ist!«

Aber schon kurz danach hat die Einführung der Hängeregistratur – eine ähnliche Revolution wie 1961 die IBM Kugelkopf-Maschine – das ganze System der farbigen Schwänze wieder beseitigt, wie Rechtsanwalt Dehmer, Frankfurt am 13.7.1962 begeistert an die Schriftleitung des Anwaltsblattes schreibt: »Diese Methode scheint mir sogar wesentlich günstiger zu sein als die Methode des Aktenschwanzes, bei welcher immer der eine Aktenschwanz von dem anderen verdeckt wurde. Nach meiner Auffassung gehört der Aktenschwanz zu den schlechtesten Organisationsmitteln«.

Diese Meinung hätte Rolf Bossi nicht unbedingt geteilt, denn auch in den Zeiten der Hängeregistratur liefen in seinem Büro jeden Tag zwei Rentner mit großen Waschkörben aktensuchend treppauf und treppab4, wie ich selbst beobachtet habe.

Um viele solcher Details wurde unter den Kollegen hart gekämpft, denn Anwälte sind Individualisten und jeder hält seine eigenen Organisationsideen für die genialsten. Reinhold Other aus Herzberg im Harz hatte zum Beispiel »mit der Stoppuhr festgestellt, dass meine Lehrlinge zum Ösen der Urkunde (2 Ösen einschließlich Einlegen) etwa 10 Sekunden benötigen. Mein Personal hat mir bestätigt, dass die Methode auf alle Fälle sehr viel schneller ist, als das frühere Heften mit der Heftnadel.«

Chemnitz ging diesen Hinweisen im Detail nach, verwies im konkreten Fall auf »den Nachteil, dass die Stanze zu klein ist, um durch die entstehende Öse das betreffende Schriftstück in einem Schnellhefter abzuheften.« und schickte die Briefe an die mitarbeitenden Kollegen, womit er eine heftige interne Diskussion über das Problem auslöste:

Dr. Bury hatte nämlich sofort durch Überprüfung anhand eigener Akten festgestellt, dass »durch die Stärke der Metallöse eine etwa dreifache Abhefthöhe in Anspruch genommen (wird), als wenn die Heftösen außerhalb des Bügels des Schnellhefters verwendet werden.«

Eine so völlige Ablehnung von Stanze und Öse wollte Dr. Chemnitz aber keinesfalls hinnehmen:

»Notarielle Urkunden sind normalerweise in Anwaltsakten keine Massenerscheinungen. Wenn in einem Prozess zwei oder drei davon einmal eine Rolle spielen, dann ist das schon viel. Unter diesen Umständen kann man – glaube ich – die dreifache Abhefthöhe der Ösung der Löcher für den Schnellhefter in Kauf nehmen, wenn man damit zugleich vermeiden kann, dass die Urkunde zum Zwecke des Abheftens in der Handakte des Anwalts für die Dauer des Prozesses gelocht und damit beschädigt werden muss.«

Wer außer einem deutschen Anwalt hätte die Nerven, den Detailproblemen so tief auf den Grund zu gehen und darüber mit anderen auch noch Debatten zu führen? Die Hartnäckigkeit des DAV-Geschäftsführers in diesen Fragen wird ihm gewiss auch bei anderen Debatten zugute gekommen sein. Damals konnte er noch alles selbst machen, heute hätte er gewiss mit gleicher Konsequenz das Delegieren gelernt, so wie es seine Nachfolger Karl Peter Winters und Dierk Mattik getan haben – nur so kann man die großen Linien im Auge behalten!

2. Der Rationalisierungsausschuss

Die Kollegen, die sich immer wieder zu Organisations-Themen austauschten, entschlossen sich Anfang 1959 beim Vorstand die Gründung eines offiziellen DAV-Ausschusses anzuregen, um so ihre Wirkung innerhalb des Verbandes zu verstärken. In diesem Ausschuss gab es sechs Referate: (Büroausrüstung / Arbeitsgang / Personaleinsatz / Gemeinschaftseinrichtungen der Anwaltschaft/Betriebsvergleich und Buchführung/Dokumentation und Rationalisierung der literarischen Hilfsmittel) die alle Organisationsprobleme abbildeten, die wir auch heute noch in unseren Unternehmen haben.

Den Namen »Organisationsausschuss« verwarf man, weil er zu allgemein sei, denn die Rationalisierung sollte das Ziel sein. Dr. Bury hatte dazu dynamische Vorstellungen, die er 1959 in einem Aufsatz im Anwaltsblatt veröffentlichen wollte:

»Eine Frage vorweg: weshalb kleinlich an Gehältern usw. sparen, statt mit frischer Kraft den Umsatz steigern? Antwort: der Anwaltsbetrieb verschluckt heute rund 60 % der Roheinnahmen. Ein Senken der Unkosten um nur 10 % entspricht geldlich einer Dauererweiterung des Mandantenkreises um 15 %. Wie schwer ist das! ... hier will der DAV mit seinem neu gegründeten »Organisationsausschuss« (OrgA) helfen, nach dem Muster der Industrie. Bei dieser hat sich die Produktivität des technischen Arbeiters in den letzten 100 Jahren um 1.400 %, die des Büroarbeiters aber nur um 40 % erhöht.«

Danach folgen eine Vielzahl von Ideen, die mit

  1. »Aufstellen von Tätigkeitsblättern«,
  2. »Ermitteln des Arbeitsflusses«,
  3. »Normung des Schreibgutes« bis
  4. »Einsatz der leitenden Kräfte« reicht.

Wie wenige Anwaltsbüros realisieren heute, 50 Jahre später, auch nur die wichtigsten diese Ideen!

Bury war seiner Zeit weit voraus und nannte die Dinge beim Namen: »Jeder fege in seinem Stall« forderte er die Kollegen auf, mit allen Ideen erst einmal bei sich selbst anzufangen, was ihm einen milden Tadel des Geschäftsführers einbrachte:

»Der von ihnen erteilte Rat ›Jeder fege in seinem Stall!‹ mag einem in ländlichen Gegenden gebräuchlichen Sprichwort entsprechen, muss aber den in einer größeren Stadt praktizierenden Anwalt, der keinen Kontakt zur Landbevölkerung mehr hat, eigenartig berühren. Es wird sie so verstehen, dass Sie damit sein Büro als ›Stall‹ bezeichnen wollen. Wie wäre es mit der Fassung: ›Jeder fange bei sich an!?‹«, regt Chemnitz an und sandte den Briefwechsel an die anderen Kollegen im Ausschuss (Schramm, Boeckler, Rückert, Schreiber).

Die hatten mit Burys Ideen noch ganz andere Probleme: »Ich würde anregen, im ersten Absatz den Hinweis auf die Dauererweiterung des Mandantenkreises zu streichen. Ich weiß nicht, inwiefern durch Senkung der Kosten der Mandantenkreis erweitert werden kann. Darüber hinaus rege ich an, die Punkte 1-4 nicht zu veröffentlichen. Es werden hier die Kollegen aufgefordert, in bestimmter Weise tätig zu werden. Vielleicht stimmt aber diese Arbeit mit dem, was wir später vorschlagen, nicht überein, dann gibt es Verärgerung«, schreibt Dr. Schramm per Eilboten an den DAV, der den Artikel dann stoppt. Schramm hatte Bury gründlich missverstanden, der lediglich meinte, es sei gewiss einfacher, durch richtige Arbeitsorganisation vor allem im Bereich der Arbeitsabläufe auf Dauer 10 % der Kosten zu sparen als 15 % mehr Dauermandanten zu akquirieren. Heute wissen wir, dass er recht hatte.

Das zeigt sich vor allem beim Kampf um das Diktiergerät. »Wo ist das Gerät, das eine mitdenkende Sekretärin ersetzt?« fragt Dr. Frank aus Mosbach , »die Mädchen fühlen sich als Roboter und beklagen sich insbesondere bei Versicherungsgesellschaften über die dadurch eintretende Überbelastung«, meint Dr. Eble aus München und ohne »lebensgetreue Tonwiedergabe« will Dr. Gloede aus Frankfurt so etwas nicht kaufen, denn »die Schreibdamen wollen die ›Stimme ihres Herrn‹ hören und nicht das Gekrächze eines heiseren Raben«.

Für Curt Daust aus Gelsenkirchen hingegen »leistet tatsächlich der Bürovorsteher zusammen mit dem Lehrling fast dasselbe, was früher fünf Angestellte geleistet haben…. Grundsatz: die teuerste Maschine ist immer noch billiger als der billigste Mensch.« Auf den ersten Blick klingt eine solche Bemerkung nicht sehr freundlich, aber die Erfahrung hat uns gezeigt, dass Anwälte nahezu nie Mitarbeiter entlassen, sondern lediglich durch geschickte Organisation mit den gleichen Mitarbeitern immer höhere Umsätze zuwege bringen.

Heute führen wir die gleiche Diskussion über die Einführung von Spracherkennungssystemen und ich bin sicher, in fünf Jahren haben sie sich durchgesetzt.

Solche Auseinandersetzungen blieben natürlich intern. Ins Anwaltsblatt kamen nur abgestimmte Verlautbarungen, überwiegend in amtlichem Ton (»Der Rationalisierungs-Ausschuss gibt bekannt«5) so etwa zur Übersendung von Mandantenkopien durch Gerichte und Behörden(1961), zur Versendung von Gerichtsakten, zur bargeldlosen Zahlung von Gerichtsgebühren (1972), usw.

Von 1959-1983 leistete der Ausschuss neben der allgemeinen Korrespondenz mit den Kollegen ganz Erhebliches:

  • er entwickelte einen Fragebogen, um zu ermitteln, welche Bürogeräte und Bürotechnik die Kollegen einsetzten (1961),
  • er gab ein »Merkblatt für Einkauf und Einsatz von Bürogeräte im Anwaltsbüro« heraus (1960)
  • er stellte den Kollegen immer wieder Markt- und Preisvergleiche zur Verfügung und beantwortet eine Vielzahl individueller Anfragen nach geeigneten Geräten und Organisationsmaßnahmen
  • im Kontakt mit Justizministern sorgte er für Vereinheitlichung einzelner Vorgänge und Formulare
  • er besuchte die Hannover Messe (seit 1961) und sorgte bei Anwaltstagen immer wieder für einzelne Bürogeräte-Ausstellungen (seit 1961)
  • er arbeitete einen Organisations-, Funktions- und Aktenplan für die Anwaltskanzlei aus (1970) (Schramm), den man noch heute im Wesentlichen übernehmen könnte. Schramms durchdachter Entwurf wurde allerdings scharf kritisiert, weil er viel zu kompliziert sei und ein »Sturm der Entrüstung« kam von den Bürovorstehern, die sich durch ihn gegängelt sahen.

Was jedes einzelne der Ausschussmitglieder geleistet hat, kann man nur schwer voneinander unterscheiden.

Hervorzuheben ist aber der Einsatz von Hans-Joachim Rückert (Wetzlar), des Vorsitzenden von 1972-1982, der auch nach seinem Ausscheiden aus dem Ausschuss unzähligen Kollegen viele Jahre lang mit Rat und Tat zur Seite stand. Er wurde für diesen Einsatz 1983 mit dem Ehrenzeichen der deutschen Anwaltschaft ausgezeichnet (hochbetagt starb er im Frühjahr 2009 im Alter von 97 Jahren).

Schon 1961 machte der Ausschuss unerfreuliche Bekanntschaft mit dem Wettbewerbsrecht: Rinck hatte im Betriebsberater 1961,613 darauf hingewiesen, dass konkrete Produktempfehlungen durch einen Verband problematisch seien und die Firma Hermann Wolf Kunststoff Chemie beschwerte sich darüber, dass ihre Fotokopiegeräte nicht richtig bewertet worden seien. Chemnitz war nicht beeindruckt: »Ich meine deshalb, das wir künftig der Anwaltschaft eindeutig sagen sollten, was wir von den einzelnen auf dem Markt angebotenen Bürogeräten und deren Eignung für das Anwaltsbüro halten, da wir nur dadurch den Anwälten bei der Einrichtung ihrer Büros wirklich helfen können.«6

3. Der Ausschuss Büroorganisation und Bürotechnik (1983-2000)

Im Jahre 1981 hatte Karl Peter Winters das Amt des Hauptgeschäftsführers übernommen, es waren für einzelne Tätigkeitsbereiche jüngere Geschäftsführer eingestellt worden und ein neues Ausschussmitglied, Dr. Johann Tiling aus Hamburg hinzugestoßen, (1985-1988 auch als Vorsitzender). Tiling war ein außergewöhnlicher Anwalt, der mit seinem Bruder unter der sehr hanseatisch wirkenden Firmierung »Tiling Gebrüder« tätig war. Er hatte auch in Frankreich studiert, war international tätig und lehnte sich sicher bewusst an die Firmierung der »Coudert Brothers« an. Tiling hatte zutiefst verstanden, dass Anwälte auch Unternehmer sind und hat diese Perspektive mit seiner Firmierung, aber auch durch ein Unternehmens-Logo (einen reitenden Landsknecht, der auf einer Fahne vor seinem Büro flatterte und die Ex-Libris aller Bücher zierte!) unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.

Mit ihm, drei DAV Geschäftsführern (Winters, Dr. Chemnitz und Neuhaus), Rückert und Dr. Boye, ebenfalls aus Hamburg und stark für schwedische Mandanten engagiert, war der Ausschuss zweifellos professionell besetzt. In der Folgezeit traten außer mir selbst (1984) auch noch Dr. Abel, Schleswig, , Hans Buschbell, Düren , Michael Abels (Oppenhoff), Köln, Siegfried Irion, Munster, Claudia Wolf, Achern, und Manfred Brüning, Köln, hinzu – jeder in seinem Büro mit anspruchsvollen Managementaufgaben beschäftigt. 1991 luden wir Artur Garke, Quedlinburg, aus den neuen Bundesländern als weiteres Ausschussmitglied ein. Er konnte von den großen Organisationsproblemen der Kollegen berichten, die sich erstmals selbstständig machten. Im »Protokoll der Sitzung vom 15. April 1991 in Berlin (Ost)«, auf der der Ausschuss noch weitere vier Kollegen aus den neuen Bundesländern gebeten hatte, über die Lage zu berichten, heißt es:

»Herr Rechtsanwalt Garke beschreibt die aktuelle Situation der Kolleginnen und Kollegen wie folgt:
Keine Erfahrungen als Freiberufler, keine technische Ausstattung, Fachwissen muss erst angeeignet werden, sämtliche Hilfsmaterialien müssen angeschafft werden, Existenzängste bei den meisten Berufseinsteigern, hohe Mieten, Raumprobleme, keine Telefonleitungen der Bundespost, Schwierigkeiten beim Telefaxen (gefaxte Schriftsätze kommen häufig verstümmelt beim Empfänger an) – Ausnahme: Telefax um 2:00 Uhr morgens…. auch die Gerichte verfügen über keinerlei Fachliteratur… der Umgang mit Mandanten und Kanzleipersonal konnte in der Regel nicht erlernt werden… Der Konkurrenzkampf ist sehr groß.«

Garke nahm es auf Anregung von Buschbell dann energisch in die Hand, mit einer Handvoll Kollegen ein Buch über die wichtigsten Fragen zu schreiben, die man bei der neuen Einrichtung und den Betrieb eines Büros berücksichtigen muss7. Viele seiner Ideen sind in die künftigen Auflagen des DAV-Ratgebers für junge Anwälte eingegangen.

Die starke Einbeziehung der Geschäftsführung des DAV zeigte, wie sehr sich der Verband unter seinem jungen Präsidenten Dr. Rabe (1978-1983, ebenfalls Hamburg) und auch in der Folgezeit unter den Präsidenten Koch, Senninger und Busse bewusst war, dass er seinen fast 30.000 Mitgliedern in Managementfragen professionelle Unterstützung geben musste. Auch deshalb erhielt der Ausschuss die neue Bezeichnung »Ausschuss für Büroorganisation und Bürotechnik (BuB)«

Das Interesse des Vorstandes für das Thema Büroorganisation und Bürotechnik (im Klartext: Überwiegend Hardware und Software) überstieg bei weitem den Aufgabenbereich, den der Ausschuss bisher ausgefüllt hatte. Das war dem Vorstand von Anfang an klar.

Dem DAV war darüber hinaus bewusst, dass die Frage, inwieweit der Verband sich für oder gegen einzelne Produkte / Firmen, grundsätzliche rechtliche Probleme aufwarf und wollte dieses Thema daher in einem gewissen Abstand zur Verbandsarbeit halten.

So wurde am 14.4.1983 eine GmbH mit der Bezeichnung »Institut der Anwaltschaft für Büroorganisation und Bürotechnik mbH « (IdA) gegründet, ein Betriebswirt (Harald Schütz) eingestellt und später die Hans-Soldan-Stiftung als Kommanditist aufgenommen. Rechtsanwältin Christel Riedel verstärkte die Geschäftsführung, die später von Helmut Ullrich übernommen wurde.

Die Aufgabe des Ausschusses sollte darin bestehen, nicht nur der Geschäftsführung und den Kollegen sondern jetzt auch diesem Institut beratend zur Seite zu stehen. Hans-Jürgen Rabe schrieb selbst 1984 das Geleitwort zu einem Sonderheft des Anwaltsblattes, in dem diese neue Struktur im Einzelnen vorgestellt wurde. Sein Nachfolger Ludwig Koch, der sich dem Thema ebenfalls engagiert widmete, sorgte 1985 auf dem 43. Anwaltstag in Mannheim für eine große Podiumsdiskussion, in der der Ausschuss seine Arbeit erläuterte und im Anwaltsblatt 10/85 ausführlich dokumentierte. Sie gilt, wie Dr. Schiefer, Stuttgart, in seiner Festrede auf dem 44. Anwaltstag 1986 hervorhob »als Geburtsstunde einer ersten Marketing-Idee der deutschen Anwaltschaft«8.

Tatsächlich war es ein Wagnis, vor Rechtsanwälten die sich herkömmlich als Organe der Rechtspflege und nicht als Dienstleister sahen, kommerzielle Begriffe wie »Management« oder »Marketing« zu benutzen. Bücher, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, bleiben auch heute noch wie Blei in den Regalen liegen: Anwälte scheinen eine ganz unlogische Freude daran zu haben, sich so zu organisieren, wie es ihrem jeweiligen Charakter entspricht (also oft genug kostspielig und umständlich), und effizientes Management gilt vielen von ihnen als Beweis für fehlende Kreativität und Eigensinn – Eigenschaften, die wir aber brauchen, um unser Geld zu verdienen. Gut organisierte Mitarbeiter können in großen Büros das Schlimmste verhindern, aber Einzelanwälte bleiben mit diesen Problemen allein.

Das Institut sollte sich neben den allgemeinen Managementfragen aber vor allem darauf konzentrieren, geeigneten Computerlösungen auf dem Markt zum Erfolg zu verhelfen.

Dr. Thomas Graefe, Anwalt aus München und Spezialist im IT Recht, hatte dem Vorstand dazu 1982 (Gründungsjahr von Microsoft) eine 50 seitige Ausarbeitung geschrieben, die noch heute durch ihre Präzision und Vollständigkeit beeindruckt. Im Grunde enthielt sie ein grobes Pflichtenheft für eine noch nicht geschriebene Software. Schon früher hatte es immer wieder Ansätze gegeben, sich mit der Industrie zusammen zu tun, um bestimmte Produkte besonders anwaltsfreundlich zu entwickeln.

Im Bereich der Software lag die Möglichkeit dazu näher auf der Hand als in allen anderen Bereichen. So entschied man sich im Vorstand, das Institut damit zu beauftragen, in Kooperation mit geeigneten Partnern (Advodat, Modsoft) dafür zu sorgen, dass ein genau auf Anwaltskanzleien zugeschnittenes Angebot auf den Markt käme.

Tatsächlich gab es damals zwar einzelne Programme die meist von Anwälten für besondere Aufgabenstellungen entworfen worden waren (zum Beispiel Forderungseinzug, Arbeiten mit Textbausteinen, Buchhaltung etc.), aber eine Lösung für die typische Allgemeinpraxis oder das mittelgroße Büro fehlten. Die Komplexität der Aufgabe ist von in jedem von ihnen unterschätzt worden und wird immer noch unterschätzt: trotz großer Verbreitung vieler Programme gibt es auch heute noch vielfach Umständlichkeiten in der Bedienung, unlogische Arbeitsabläufe und unfreundliche Bedieneroberflächen. Programme, die zum Beispiel in der Zwangsvollstreckung ein gutes Design aufweisen, haben Mängel in der Textverarbeitung usw. Auch die Standardisierung hatte noch einen weiten Weg vor sich, an dessen Beginn noch nicht absehbar war, dass Microsoft ein de facto Monopol erlangen würde: Modsoft versuchte mit einer Handvoll Informatikern gegen Microsoft ein Betriebssystem im Markt zu etablieren, das den unglücklichen Namen EUMEL9 trug – ein typischer Informatiker-Scherz, bei dem aber kein anderer mitlachen konnte.

Und schon bald tauchten ähnliche Probleme auf wie früher: andere Anbieter von Software beschwerten sich spätestens seit 1986 über die – wie behauptet einseitige – Förderung von Konkurrenten durch das Institut und dem dahinter stehenden DAV. Das Ziel, durch das Institut ein objektiv gültiges Qualitätssiegel vergeben zu lassen, war naturgemäß gefährdet, wenn das Institut selbst eigene Kooperationen mit Softwarehäusern einging. Auf Dauer zeigte sich, dass dieser Konflikt nicht lösbar war: das Institut wurde in der Folgezeit wieder aufgelöst und auch mit Modsoft, dass ein Mitgliederverwaltungs-Programm für den DAV geschrieben hatte, gab es Spannungen.

Die Gründung des Instituts war trotz der wenigen Jahre der Zusammenarbeit mit dem DAV nicht ohne Wirkung: das Institut hat gemeinsam mit dem Ausschuss Büroorganisation und Bürotechnik viele Marktteilnehmer erst darauf aufmerksam gemacht, dass die Anwälte ein Markt sind, um den es sich zu bemühen lohnt. Jedenfalls ist ab 1987 eine Vielzahl von Firmen mit Hardware, Software und allen neuen Technologien an die Anwälte herangetreten, haben branchenspezifische Lösungen angeboten und einen breiten Markt gefunden. Neben dem Institut sind auch andere Anbieter wie Advozert (Zertifizierungslösungen für Anwälte) oder Advo-Consult (Unternehmensberatung für Anwälte) entstanden, teilweise auch in Kooperation mit dem DAV oder mit seiner Unterstützung.

Trotz all dieser Schwierigkeiten hat das Institut in intensiver Zusammenarbeit mit dem Ausschuss eine Vielzahl von Managementthemen bearbeitet und die Mitglieder seines Ausschusses und viele andere Kollegen haben dabei mitgewirkt. Man organisierte:

  • Fachausstellungen für Bürotechnik in verschiedenen Städten (Wanderzirkus),
  • Seminare (in Zusammenarbeit mit der Anwaltsakademie),
  • Großveranstaltungen wie zum Beispiel den EDV-Sachverständigen-Tag
  • die Veröffentlichung geeigneter Anwaltsstatistiken (ab 1987)
  • die Einrichtung von EDV Stammtischen
  • der Organisation von Software-Hinterlegungsmodellen
  • Anregung von Wissensdatenbanken (Kooperation mit der Universität Erlangen)
  • Ideen um die betriebliche Altersversorgung
  • alle Tätigkeiten rund um die Anwaltstage, soweit sie mit seinem Thema zusammenhingen, vor allem die Lebende Musterkanzlei (ab 1989) und die Veranstaltungen für die Mitarbeiter zum Thema »Ich freu' mich aufs Büro« (Stuttgart 1993, Berlin 1995)
  • Ausbildung und Fortbildung für Anwälte und ihre Mitarbeiter
  • EDV-Checkbuch für Rechtsanwälte (Heussen im Oldenbourg-Verlag 1986,1988)
  • Mitarbeit im Management-Teil des im Beck'schen Rechtsanwaltshandbuches (seit 1989)
  • Kooperationen mit Rechtsschutzversicherern
  • Kooperationen mit Hersteller/Händlern für Bürogeräte oder andere Produkte (Kfz)
  • Kooperationen mit Verlagen (zum Beispiel im Bereich Datenbanken)
  • Pflege internationaler Kontakte (zum Beispiel mit der Law Society, London)

Der Ausschuss wurde von Anfang an sehr fachkundig von Heidemarie Haack-Schmahl betreut, die ihn mit vielen eigenen Ideen unterstützt hat. Die beste davon war die Erfindung eines Slogans, der seit Jahren im Zentrum der Werbekampagnen des DAV steht und wie kein anderer das Ziel des DAV auf den Punkt bringt: »Anwalt der Anwälte«10!

Danach folgten Andreas Hagenkötter und Jens Wagener, der auch die nachfolgende Arbeitsgemeinschaft von Anfang an mit organisiert hat.

Jedes Mitglied des Ausschusses hat im Lauf der Jahre im Anwaltsblatt zu einer Vielzahl von Managementfragen geschrieben, überwiegend aus eigener Erfahrung und als Antwort auf Hunderte von Nachfragen, die die Kollegen uns gestellt haben, wenn sie eine der vielen Veranstaltungen besuchten11.

1988 war ein kritisches Jahr für den Ausschuss. Tiling hatte persönlich den aus dem Umfeld der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (die Erfinder von EUMEL!) neu gegründeten Verein Recht und Information e. V. gefördert und damit möglicherweise Irritationen mit dem Institut der Anwaltschaft heraufbeschworen, das sich in Konkurrenz zu dem Verein fühlte. Im Ausschuss sah man das unkritisch, aber die Situation eskalierte und Tiling legte sein Amt nieder12. Manfred Brüning wurde bis zuletzt sein Nachfolger. Seine Amtszeit war durch den Präsidenten Busse am 6.2.1996 bis zum 31.12.2000 verlängert worden.

4. Die Arbeitsgemeinschaft Anwaltsmanagement (ab 2000)

So engagiert viele einzelne Kolleginnen sich mit Managementfragen beschäftigen, so wenig ist das selbstverständlich für die Masse der Anwälte. Das gilt für damals und gilt leider auch noch heute. Der Rückblick zeigt uns, dass der DAV – anders als die meisten seiner Mitglieder – die Bedeutung dieser Fragen von Anfang an klar erkannt hat, auch wenn sie organisatorisch ein wenig unklar gegliedert worden waren: Neben dem BuB-Ausschuss gab es im DAV auch den Ausschuss für Qualitätsmanagement (TQM) und einen anderen nur für Marketing, die auch jeweils mit dem Institut der Anwaltschaft zusammenarbeiteten. Nachdem das Institut seine Tätigkeit eingestellt hatte, haben die Geschäftsführer des DAV viele seiner Aktivitäten unmittelbar fortgeführt – so vor allem die Organisation der Büro-Fachausstellungen, die stets parallel zum Anwaltstag stattfinden.

Das sollte unter der Präsidentschaft von Michael Streck anders werden. Während die Ausschüsse – unmittelbar berufen vom Vorstand – nur beratend und anregend innerhalb des DAV wirken konnten, erschien es nun sinnvoll, sie zusammenzufassen und als Arbeitsgemeinschaft auf eine breite Basis zu stellen. Diese Aufgabe übertrug er mir.

Ich arbeitete gemeinsam mit den anderen Ausschussmitgliedern im Februar 2000 ein Konzept, das der Hauptgeschäftsführer Dierk Mattik sehr unterstützte, und mit der Gründungsveranstaltung am 31. März 2000 wurde die neue Arbeitsgemeinschaft aus der Taufe gehoben. Der DAV Vorstand war durch Rembert Brieske (1948-2010) vertreten, dessen unermüdlichen Einsatz für den Deutschen Anwaltverein nicht genug zu loben ist. Er hat die Arbeitsgemeinschaft immer wieder in vielen kritischen Situationen unterstützt Gastgeber war der Hamburgische Anwaltverein, dessen Vorstandsmitglied Dietrich Wenke schon vor längerer Zeit als Erster einen Werbefilm für Anwälte angeregt hatte und ihn tatsächlich herstellen ließ. Diese ungewöhnliche Idee hat den Boden für die spätere Werbekampagne des DAV bereitet.

In der ersten Versammlung fanden sich 34 Kollegen, die fest davon überzeugt waren, von den 100.000 Anwälten, die es damals schon gab, müssten sich doch mindestens 10 % für ihr wirtschaftliches Überleben und damit für ihre Managementprobleme interessieren13. Darin haben wir uns getäuscht: zum 1. Januar 2009 gibt es 260 Mitglieder, also 0,1735 % der zirka 150.000 Anwälte die derzeit zugelassen sind.

Die geringe Zahl der Anwälte, die sich im Bereich des Management für den Erfahrungsaustausch unter Kollegen interessieren, zeigt, dass der Markt das offenbar zulässt. Nur die großen Sozietäten organisieren sich professionell, alle anderen lassen sich von der Macht des Schicksals treiben.

Früher konnte das nicht anders sein: Schon Julius Magnus14 meinte angesichts der ständig steigenden Anwaltszahlen lakonisch: »der Divisor steigt, der Dividendus fällt«15 – und ihm ist nichts dazu eingefallen, wie sich das ändern könnte. Angesichts der strengen Bindungen durch die Standesrichtlinien und den Gesetzgeber konnte es die Idee eines »Anwaltsmarktes« nicht geben. Auch dreißig Jahre später war das noch nicht anders: nahezu selbstverständlich schreibt Rechtsanwalt Dr. Dittenberger, Kitzingen im Geleitwort zum ersten Heft des Anwaltsblattes 1950: »Es ist das alte Problem der Überfüllung des Berufes, das sich uns stellt« – und hatte bei nur 12.844 Anwälten ebenso wie wir heute keine Antwort darauf16.

Man kann die Zahl aber auch positiver betrachten: Der damalige DAV-Ausschuss war genauso groß wie heute der geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft, dahinter stehen jetzt aber fast 300 Kollegen, von denen viele in örtlichen Netzwerken (Stammtische etc.) und Vereinen tätig sind und die wichtige Idee vermitteln, dass kein Anwalt, der sich aktiv um seine Managementprobleme kümmert, zum Strandgut der Anwaltsschwemme werden kann.

Das Arbeitsprogramm und die Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft die der Geschäftsführende Ausschuss unter seinem jetzigen Vorsitzenden, Christoph Vaagt durchführt, sind überwiegend identisch mit dem, was früher der Ausschuss getan hat. Hervorzuheben sind drei wichtige Veranstaltungen:

  • auf jedem Anwaltstag gibt es ein anspruchsvolles Programm zu einem aktuellen Schwerpunktthema (z. B. Personalmanagement) mit einer Vielzahl interner und externer Referenten
  • auf der jährlichen Herbsttagung, die meist auch von einem informellen Treffen der Mitglieder begleitet wird, werden die Grundlagenthemen behandelt
  • auf der Frühjahrstagung gibt es in zwei bis dreitägigen Workshops (möglichst im frühlingshaften Ausland) Gelegenheit zur Bewältigung typischer Probleme in einer kleinen Runde von Teilnehmern. Für andere Arbeitsgemeinschaften, wie zum Beispiel die Familienrechtler, hat ihre Frühjahrstagung in Griechenland Kultstatus. Das muss sich in der Arbeitsgemeinschaft Anwaltsmanagement erst noch entwickeln.

All diese Veranstaltungen werden von einer wesentlichen Idee getragen:
im Zentrum steht immer der »Erfahrungsaustausch unter Kollegen«, also die Förderung aller Möglichkeiten, das Managementwissen des einen mit dem anderen zu vergleichen und seine eigenen Kenntnisse auf diese Weise zu verbessern. In vielen örtlichen Anwaltvereinen geschieht das jeden Tag, wenn die Kollegen sich treffen – dafür brauchen sie die Arbeitsgemeinschaft nicht. Aber mancher Anwalt hat gute Gründe zu zögern, vertrauliche Daten, Informationen und Ideen, die ihm nützlich erscheinen, im örtlichen Kollegenkreis zur Debatte zu stellen. Manche Anwältin würde sich gerne mit einer Kollegin darüber austauschen, wie sie es fertigbringt, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen und findet in ihrer unmittelbaren Umgebung vielleicht niemanden, der eine vergleichbare Konstellation hat. Beide haben in der Arbeitsgemeinschaft über die Webseite oder andere Kontakte die Möglichkeit, einen Kollegen zu finden, der helfen wird, eine Lösung zu finden.

Die neue Struktur, die Michael Streck für die Behandlung der Managementfragen im DAV angeregt hat, ist in den letzten Jahren wirksam geworden und hat eine gewisse Eigendynamik erreicht, die für die Zukunft hoffen lässt. Anwälte, die die Bedeutung des Managements auch für die Qualität ihrer Arbeit kennen, geben hier und da ihr Wissen weiter und vor allem die jüngeren Kollegen tauschten sich ohne jene Vorbehalte untereinander aus, die noch zum traditionellen Stil früherer Generationen gehören.

5. Jüngere Entwicklungen

Ab 2005 hat die Arbeitsgemeinschaft sich einen neuen Namen gegeben und sich vor allem auf die kleineren Sozietäten konzentriert. Sie hat derzeit (2024) ca. 200 Mitglieder. Daneben gibt es im Deutschen Anwaltverein seit 2022 das Forum für Wirtschaftssozietäten mit ca. 25 Mitgliedern (Forum für Wirtschaftskanzleien – Deutscher Anwaltverein). Im gleichen Jahr haben sich ca. 50 größere Sozietäten im Bundesverband der Wirtschaftskanzleien e. V. zusammengeschlossen, um auch politisch ihre Interessen unabhängig von DAV verfolgen zu können (BWD – Bundesverband der Wirtschaftskanzleien in Deutschland).

  • *. Aktualisierte Fassung eines Beitrags zur Festschrift für Michael Streck, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 2011, 695 ff.
  • 1. Der Parlograph, ein Platten-Diktiergerät war von Carl Lindström schon 1913 entwickelt worden. Franz Kafka benutzte es in der Rechtsabteilung der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen (AUVA) in Prag, in der er tätig war, zwar nicht, aber seine Verlobte, die es in Berlin vertrieb, stellte ihm die Neuerung vor. Ihm war sofort klar, welche technischen Möglichkeiten sich daraus ergaben: »Übrigens ist die Vorstellung ganz hübsch, dass in Berlin ein Parlograph zum Telefon geht und in Prag ein Grammophon, und diese zwei eine kleine Unterhaltung miteinander führen.« [(Franz Kafka: Briefe an Felice, Hrsg. Max Brod, Frankfurt am Main: Fischer 1967, S. 265.
  • 2. AnwBl 1950, 27.
  • 3. AnwBl 1950, 34.
  • 4. Auch heute noch ist die Aktensuche eines der wichtigsten Probleme: elektronische Markierungen, wie man sie auch für Textilien verwendet, könnten eine Lösung sein.
  • 5. AnwBl 1959, 246.
  • 6. Brief an den Ausschuss vom 15.6.1961.
  • 7. Artur Garke (Hrsg.) »Die moderne Anwaltskanzlei« 2. Auflage 1997.
  • 8. »Anwalt im Zeitalter der Dienstleistung – Herausforderung zum Wandel«, NJW 1987, 1969.
  • 9. Eumel – (Ruhrpott-Slang): ursprünglich im Werbefernsehen beheimatete Spezies von Gardinenschädlingen: kugelförmiger, fransiger Körper mit zwei langen Greifarmen, Kulleraugen und einem großen Maul mit entsprechendem Gebiss, welches dazu dient, die Gardine möglichst irreparabel zu schädigen. Im allgemeinen Sprachgebrauch auch: ein etwas dummer und chaotischer, aber liebenswerter Mensch – so wie die meisten Softwareprogramme eben waren. Microsoft war aber der größere Eumel. In der IT Szene hat der Begriff sich bis heute erhalten, siehe etwa www.eumel.org.
  • 10. Wie sie in einem Brief an Dr. Tiling, der sie um eine neue Idee für den Namen des Ausschusses gebeten hatte, am 27. April 1987 schreibt, ist ihr dieser Slogan »ganz zufällig im Wartezimmer meines Arztes eingefallen«.
  • 11. Viele dieser Aufsätze wirken auch heute noch völlig aktuell so etwa Tiling: »Die Organisation der Anwaltsbibliothek, AnwBl 1985,574 oder Abels: »Der Computer im Anwaltsbüro – auch ein rechtliches Problem?,« AnwBl 1984, 17.
  • 12. Sein Abschiedsbrief vom 24. Mai 1988 an die Mitglieder des Ausschusses ist bemerkenswert. Dort heißt es unter anderem: »Herrn Abels danke ich für die Übernahme des dornenreichen Dezernats Basisarbeit und für seinen erfrischenden Ausspruch, dass der Ausschuss doch bitte ein Sauhaufen bleiben möge!« (Michael Abels war hochrangiger Reserveoffizier und sprach auch gelegentlich so).
  • 13. Zum Vergleich: Die größten Arbeitsgemeinschaften Im DAV (zum Beispiel Familienrecht und Verkehrsrecht haben jeweils circa 6000 Mitglieder.
  • 14. Vorsitzender des DAV (1919-1922), Herausgeber der NJW (1867 (Berlin) -1944 (Theresienstadt)).
  • 15. Man merkt, dass wir nicht mehr so gebildet sind wie die Alten: ich habe einige Zeit rätseln müssen, bis mir klar wurde, dass er den Umsatz aller Anwälte durch deren Zahl geteilt hat.
  • 16. Allerdings dürfen wir aus politischen Gründen auch keine Antwort darauf wissen: würden wir es ebenso wie die Steuerberater in Deutschland oder die Anwaltskammern in Japan machen und hinter eine gediegene Ausbildung eine Anwaltsprüfung (oder wie in Österreich ein Assessoriat) setzen, wäre das Problem längst gelöst.
Literaturverzeichnis
Zitierte Literatur: 
  • Siehe Fußnoten.