RG, 26.03.1902 - I 403/01

Daten
Fall: 
Duotal-Patent
Fundstellen: 
RGZ 51, 139
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
26.03.1902
Aktenzeichen: 
I 403/01
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Köln
  • OLG Köln
Stichwörter: 
  • Patentrecht.

1. Welche rechtliche Wirkung haben Bedingungen, die der Patentinhaber den Abnehmern der durch sein Patent geschützten Erzeugnisse bezüglich der Art des weiteren Verkehres mit diesen Erzeugnissen auferlegt?
2. Gelangen patentierte Erzeugnisse dadurch in den inländischen Verkehr, daß sie der Patentinhaber von dem inländischen Produktionsorte aus nach dem Auslande ausführt?
3. Enthält die ohne Genehmigung des Patentinhabers erfolgte Wiedereinfuhr von durch ihn ausgeführten patentierten Erzeugnissen eine Patentverletzung?

Sachverhalt

Die Klägerin hatte als Inhaberin eines deutschen Patentes auf ein Verfahren zur Herstellung von Guajakol-Karbonat (Duotal) klagend beantragt, der Beklagten den gewerbsmäßigen An- und Verkauf und und die Benutzung dieses Erzeugnisses überhaupt, eventuell wenigstens insoweit, als sie dasselbe nicht von inländischen Licenzträgern der Klägerin beziehe, bei Strafe zu untersagen. Unstreitig verwandten die Beklagten in ihrem Gewerbebetriebe von der Klägerin hergestelltes Duotal, das sie zu dem erheblich geringeren Preise, zu welchem die Klägerin ihr Produkt nach dem patentfreien Auslande absetzte, bezogen. Die Klägerin sah in der gegen ihren Willen erfolgenden Wiedereinfuhr des von ihr ausgeführten Produktes eine Verletzung ihres Patentrechtes und behauptete, die Beklagte hätte beim Erwerbe des Duotals gewußt oder doch aus dem niedrigen Erwerbspreise entnehmen müssen, daß das erworbene Produkt ohne Genehmigung der Klägerin aus dem Auslande wieder eingeführt sei. Die Beklagte bestritt, das Duotal aus dem Auslande bezogen zu haben, und führte aus, daß die Klägerin ihre Patentrechte gegen dritte Erwerber des von ihr selbst erzeugten und verkauften Produktes nicht geltend machen könne, vielmehr, wenn sie ihren Abnehmern die Weiterveräußerung im Inlande untersagt haben sollte, sich an diese Abnehmer halten müßte.

Die Klägerin drang in erster Instanz mit ihrem prinzipalen Klageantrage durch, wurde in der Berufungsinstanz dagegen sowohl mit diesem, wie mit dem eventuellen Antrage abgewiesen. Die Revision der Klägerin ist erfolglos geblieben.

Aus den Gründen

... “Nach § 4 des Patentgesetzes hat ein Patent die Wirkung, daß der Patentinhaber ausschließlich befugt ist, gewerbsmäßig den Gegenstand der Erfindung herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen. Diese Wirkung erstreckt sich, wenn ein Verfahren patentiert ist, auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse. Wegen der territorialen Natur des Patentschutzes ist seine Wirkung auf das Inland beschränkt. Das Patent schützt also die Ausnutzung der Erfindung durch den Patentinhaber in seinem inländischen Gewerbebetriebe. Besteht dieser Gewerbebetrieb in der Fabrikation und Verbreitung eines nach einem patentierten Verfahren hergestellten Produktes, so besteht die Wirkung des Patentes darin, daß im Inlande niemand außer dem Patentinhaber (und denjenigen Personen, die er dazu ermächtigt hat) das Produkt nach diesem Verfahren herstellen und in Verkehr bringen darf. Damit erschöpft sich aber auch die Wirkung des Patentschutzes. Hat der Patentinhaber unter diesem den Miterwerb anderer Personen ausschließenden Schutze sein Produkt hergestellt und in Verkehr gebracht, so hat er die Vorteile genossen, welche ihm das Patent gewährt, und damit sein Recht konsumiert. Das Patent räumt dem Patentinhaber nicht die Befugnis ein, Bedingungen vorzuschreiben, unter denen ein Verkehr mit seinem Produkte stattfinden soll. Will der Patentinhaber seinen Abnehmern derartige Bedingungen auferlegen, so ist er daran nicht verhindert; allein sein Recht hierzu entspringt lediglich aus der allgemeinen Vertragsfreiheit, nicht aus der Ausschließlichkeit seines Patentrechtes. Diese setzt den Patentinhaber in den Stand, mit Ausschließung Anderer darüber zu bestimmen, ob sein Produkt in den Verkehr gelangen soll, nicht aber die Art dieses Verkehrs nach seiner Willkür zu gestalten. Dafür, daß das Recht aus dem Patent auch diese Befugnis enthalte, giebt das Patentgesetz selbst keinen Anhalt. Es ist auch nicht anzunehmen, daß eine derartige Ausdehnung der Rechte des Patentinhabers der Absicht des Gesetzgebers entspreche, weil sie zu unerträglichen Belästigungen des Verkehrs führen würde.

Hieraus folgt, daß Verletzung solcher Bedingungen, welche die Klägerin ihren Abnehmern bezüglich des weiteren Absatzes ihres Produktes auferlegt hat, nicht vermöge ihrer aus dem Patent fließenden absoluten Rechte, sondern nur vermöge ihrer Rechte aus den mit ihren Abnehmern geschlossenen Verträgen, also gegenüber solchen Personen, welche diese Vertragsrechte gegen sich gelten lassen müssen, von ihr geltend gemacht werden können; denn die Ware, welche die Klägerin einmal in Verkehr gebracht hat, ist patentrechtlich frei von Verkehrsbeschränkungen. Da nun einerseits unstreitig ist, daß dasjenige Guajakol-Karbonat, welches die Beklagte verarbeitet, Fabrikat der Klägerin, also von dieser hergestellt und in Verkehr gebracht ist, andererseits aber von der Klägerin nicht behauptet wird, daß die Beklagten einer vertragsmäßigen Beschränkung in der Benutzung und Weiterveräußerung dieses Produktes unterworfen seien, so sind sowohl der prinzipale wie der eventuelle Antrag der Klägerin unbegründet.

Dies gilt auch dann, wenn das von der Beklagten für ihren Gewerbebetrieb erworbene Guajakol-Karbonat aus dem Auslande eingeführt sein sollte. Allerdings ist die Klägerin vermöge des ihr erteilten Patentes rechtlich in der Lage, die Einführung von nach dem patentierten Verfahren hergestellten Guajakol-Karbonat aus dem Auslande in das Inland zu verbieten oder von ihrer Genehmigung abhängig zu machen, Auch wenn sie selbst dieses Produkt im Auslande in Verkehr gebracht hätte, würde die Einführung desselben in das Inland ihr Patentrecht verletzen. Eine Patentverletzung liegt aber nicht vor, wenn das aus dem Auslande eingeführte patentierte Produkt von der Klägerin selbst im Inlande in Verkehr gebracht und dadurch von jeder patentrechtlichen Verkehrsbeschränkung für das Inland frei geworden ist. Ein solches Inverkehrbringen in Inlande hat aber auch dann stattgefunden, wenn die Klägerin das von ihr hergestellte Produkt von der inländischen Produktionsstätte aus nach dem Auslande versandt hat, damit es dort benutzt oder weiter veräußert werden könne. In gleicher Weise, wie schon durch die Einfuhr von durch ein Patent geschützten Gegenständen aus dem Auslande diese Gegenstände in den inländischen Verkehr gelangen, ohne daß es darauf ankommt, welcher weiteren Verfügung sie im Inlande unterworfen werden,
vgl. Entsch. des R.G.´s in Zivils. Bd. 45 S. 147,
gelangen patentierte Gegenstände auch dadurch in den inländischen Verkehr, daß sie von dem inländischen Produktionsorte aus zur Ausfuhr gelangen. Der ihre Einführung in den Verkehr bewirkende Rechtsakt vollzieht sich im Inlande durch die Absendung, gleichviel ob der rechtsgeschäftliche Erfüllungsort im Inlande, oder im Auslande liegt. Der Klägerin würde also auch dann, wenn, wie sie behauptet, die Beklagte von ihr nach dem Auslande ausgeführtes Guajakol-Karbonat wieder in das Inland eingeführt hätte, ein Rchte, der Beklagten die Bearbeitung und Veräußerung dieses Produktes zu verbieten, nicht zustehen.“ ...

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