RG, 21.02.1889 - IV 309/88

Daten
Fall: 
Haftbarkeit des Prinzipals
Fundstellen: 
RGZ 23, 249
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
21.02.1889
Aktenzeichen: 
IV 309/88
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Posen
  • OLG Posen

Voraussetzungen der Haftbarkeit des Prinzipales aus den vom Verwalter abgeschlossenen Vertragen über künftige Lieferungen.

Gründe

"Die Beklagte wird aus Rechtsgeschäften in Anspruch genommen, welche ihr damaliger Gutsverwalter Z. mit dem Kläger abgeschlossen hat. In rechtlicher Beziehung kommt daher zunächst in Frage, ob Z. dabei innerhalb der Grenzen seiner Vollmacht gehandelt hat. Diese Frage ist ohne Rechtsnormverletzung vom Berufungsrichter in Übereinstimmung mit den von ihm in bezug genommenen Ausführungen des ersten Richters bejaht. Es handelt sich vorliegend teils um Verkäufe bestimmter Quantitäten bereits geernteter Feldfrüchte auf spätere Lieferung gegen Vorausempfang des Kaufpreises, teils um Entnahme von zum Betriebe der Wirtschaft dienlichen Waren auf Kredit. Die ersteren hat der Berufungsrichter als Verträge über künftige Lieferungen im Sinne des §. 131 A.L.R. I. 14 qualifiziert, durch welche der Prinzipal nur insoweit verpflichtet wird, als die Schließung derselben aus dem Auftrage notwendig folgt oder bei Verwaltungen der in Frage stehenden Art im ordinären Gange der Geschäfte gewöhnlich ist. Und der Berufungsrichter hat auf Grund der ihm innewohnenden Sachkenntnis unter vollständiger Billigung der bezüglichen thatsächlichen Erwägungen des ersten Richters, angenommen, daß die letzterwähnte Voraussetzung der Haftbarkeit des Prinzipales hier zutrifft. Diese an sich dem tatsächlichen Gebiete angehörende Feststellung ist, soviel ersichtlich, durch unrichtige Rechtsauffassung nicht beeinflußt. Der Angriff der Revision, daß der Berufungsrichter bei derselben insofern einen unrichtigen Maßstab angelegt habe, als es nicht auf dasjenige, was bei den Verwaltungen der Gutseigentümer, sondern nur auf dasjenige ankomme, was bei gleichartigen Gutsverwaltungen durch Administratoren üblich sei, kann nicht für zutreffend erachtet werden, obwohl ihm ein Ausspruch des vormaligen preußischen Obertribunales1 zur Seite steht. Denn da der Verwalter bei dem Betriebe der ihm übertragenen Geschäfte und insbesondere auch in dem Verhältnisse zu dritten Personen als Bevollmächtigter anzusehen ist (§. 109 A.L.R. 1.14)., so vertritt er insoweit den Eigentümer (§. 5 A.L.R. 1.13). Wenn daher das Gesetz die gewöhnliche Art des Betriebes derartiger Geschäfte zum Maßstabe für die dem Verwalter in Ermangelung abweichender Vertragsbestimmungen oder Instruktionen zustehenden Befugnisse macht, wie dies in den §§. 113.127.131 A.L.R. 1. 14 geschieht, so kann es hierbei nur an den eigenen Geschäftsbetrieb des Prinzipales gedacht haben, weil nur dieser bei Bestimmung des Umfanges der dem Verwalter präsumtiv übertragenen Befugnisse in Betracht kommen kann.

Vgl. auch §. 111 a.a.O., wo sogar dem konkreten Geschäftsbetriebe des einzelnen Prinzipales in dieser Hinsicht eine gewisse Bedeutung beigelegt wird.

Daß dies der Sinn des Gesetzes ist, geht auch klar aus der Fassung der §§. 127. 131 a. a. O. hervor, in welchen die gewöhnliche Art des Geschäftsbetriebes als gleichwertig neben die andere Alternative gestellt ist, daß ohne den fraglichen Vertragsschluß das übertragene Geschäft nicht gehörig betrieben werden könne bezw. die Befugnis zu solchem aus dem erteilten Auftrage notwendig folge. Es sind überall die objektiven Anforderungen eines ordnungsmäßigen Geschäftsbetriebes, welche die präsumtiven Grenzen der Ermächtigung bestimmen, und das Gesetz ist weit entfernt, den Maßstab hierfür aus der Geschäftspraxis der Verwalter als solcher entnehmen zu wollen. Anderenfalls würde es ja auch bis zur Ausbildung dieser Praxis in vielen Fällen an jedem Maßstabe fehlen, während solcher bei Zugrundelegung des eigenen Geschäftsbetriebes selten versagen wird." ...

  • 1. vgl. Entsch. des preußischen Obertrib. Bd. 16 S. 180.