Aktuelle Nachrichten
Anklage gegen Ex-RBB-Intendantin Schlesinger
Nach langen Ermittlungen hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin Anklage gegen die frühere Intendantin des RBB, Patricia Schlesinger, und drei weitere ehemalige leitende Mitarbeiter erhoben. Die Behörde wirft ihnen im Zusammenhang mit dem RBB-Skandal unter anderem Untreue vor.
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Krypto-Pleitier Do Kwon zu 15 Jahren Haft verurteilt
Der Zusammenbruch des Digitalwährungs-Duos Terra und Luna löste vor drei Jahren einen Domino-Effekt im Krypto-Markt aus. Der Gründer soll nun in den USA wegen Betrugs ins Gefängnis.
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The Nissan Iberia case
BVerwG 2 WDB 7.25 - Beschluss - Aufhebung der Einstellung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens
Economic growth, UK merger control
The online food delivery cartel
21/3252: Gesetzentwurf Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes (PDF)
Trading Charity erzielt 80.000 € an Spenden
VIa ZR 293/24, Entscheidung vom 09.12.2025
6 ARs 12/25, Entscheidung vom 27.11.2025
3 StR 458/25, Entscheidung vom 28.10.2025
3 StR 583/24, Entscheidung vom 28.10.2025
3 StR 418/25, Entscheidung vom 28.10.2025
I ZR 220/24, Entscheidung vom 22.10.2025
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XIII ZB 73/22, Entscheidung vom 20.10.2025
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6 StR 622/24, Entscheidung vom 15.10.2025
6 StR 250/25, Entscheidung vom 23.09.2025
3 StR 250/25, Entscheidung vom 16.09.2025
BVerwG 2 WA 2.24 - Beschluss
Gestaltungsmöglichkeiten beim Betriebsübergang
Ob Outsourcing, Unternehmensverkauf oder Umwandlung – Betriebsübergänge sind in der Wirtschafts- und M&A-Welt allgegenwärtig. Im ersten Teil unserer Blogserie zu Betriebsübergängen haben wir die Basics besprochen, also wann ein Betriebsübergang vorliegt und welche Rechtsfolgen ein solcher hat. Neben dieser rechtlichen Bewertung von Betriebsübergängen ist für Veräußerer und Erwerber aber regelmäßig relevant, wie sich Betriebsübergänge gestalten lassen, damit diese den beiderseitigen unternehmerischen Zielsetzungen entsprechen. Denn obwohl § 613a BGB klare Vorgaben macht und von Gesetzes wegen unabdingbar ist, bestehen durchaus Spielräume – sowohl zur Vermeidung als auch zur gezielten Gestaltung eines Betriebsübergangs. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten von Betriebsübergängen in der Praxis.
Gestaltung von BetriebsübergängenIst ein Betriebsübergang nicht vermeidbar oder sogar ausdrücklich gewünscht, etwa weil der Erwerber gerade auf den Übergang des bisherigen Personals angewiesen ist, kommt es in der Praxis darauf an, ihn rechtssicher und strategisch sinnvoll zu gestalten. Dabei bietet das Arbeitsrecht verschiedene Gestaltungsspielräume, um einen Übergang strukturiert vorzubereiten und umzusetzen.
Schaffung und Gestaltung übergangsfähiger OrganisationseinheitenWie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 21. März 2024 (2 AZR 79/23) klargestellt hat, ist es grundsätzlich zulässig, eine übertragungsfähige Organisationseinheit eigens zum Zweck der Übertragung zu schaffen (vgl. Bissels/Münnich, jurisPR-ArbR 28/2024 Anm. 3). Damit bestätigt das Gericht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH, dass auch neu gebildete Organisationseinheiten – sofern sie die erforderlichen Merkmale erfüllen – Gegenstand eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs im Sinne von § 613a BGB sein können:
„Jedenfalls ist es unionsrechtlich unerheblich, wie lange die wirtschaftliche Einheit beim Veräußerer vor dem Betriebsübergang bereits bestanden hat. Sie kann auch allein zum Zweck der Ermöglichung eines Betriebs(teil)übergangs geschaffen werden, lediglich „betrügerische oder missbräuchliche“ Fälle haben außer Betracht zu bleiben″.
Zwar kann die organisatorische Abgrenzung einer solchen wirtschaftlichen Einheit in Fällen, in denen kurz vor dem Übergang eine zuvor nur tätigkeitsbezogen abgegrenzte Einheit organisatorisch verselbstständigt wird, weiterhin in der Praxis herausfordernd sein. Gelingt die organisatorische Verselbstständigung jedoch, ist der Zeitpunkt der entsprechenden Maßnahmen unerheblich. Das BAG betont ausdrücklich, dass es für die Bewertung von § 613a BGB unerheblich sei, ob die Einheit ausschließlich zum Zweck der Übertragung geschaffen wurde und wann dies erfolgt ist.
Für die praktische Umsetzung gilt:
Soll eine eigenständige und klar abgrenzbare wirtschaftliche Einheit entstehen, müssen die materiellen und immateriellen Betriebsmittel, die für den jeweiligen arbeitstechnischen (Teil-)Zweck erforderlich sind, vom verbleibenden Betrieb funktional getrennt und eindeutig zugeordnet werden. Eine optische, organisatorische oder räumliche Trennung kann die Abgrenzung zusätzlich verdeutlichen und dokumentieren.
Auch die personelle Verselbstständigung ist entscheidend: Eine eigene Leitungsstruktur muss vorhanden sein, die befugt ist, den zugeordneten Beschäftigten Weisungen zu erteilen. Diese Struktur muss nicht lange im Voraus bestehen, sondern kann auch kurzfristig vor dem Übergang eingerichtet werden – solange die funktionale Eigenständigkeit der Einheit tatsächlich gewährleistet ist. Die entsprechende Führungskraft muss auch keine disziplinarische Leitungsmacht innehaben; erforderlich aber auch ausreichend ist ein Mindestmaß an Leitungsmacht.
Zuordnung von Arbeitnehmern zu übergehenden BetriebsteilenEin zentrales Gestaltungsmittel bei Betriebsübergängen ist die Zuordnung einzelner Arbeitnehmer zu bestimmten Betriebsteilen. Häufig besteht auf Seiten von Veräußerer und Erwerber der Wunsch, den Übergang einzelner Arbeitsverhältnisse gezielt herbeizuführen.
Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine solche Zuordnungsversetzung grundsätzlich auch dann zulässig, wenn diese im Rahmen eines anstehenden Betriebsübergangs darauf abzielt, den Übergang des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen (BAG, Urteil v. 21. März 2024 – 2 AZR 79/23). Entscheidend ist jedoch, dass die betroffenen Arbeitnehmer individual- und kollektivrechtlich wirksam der übergehenden wirtschaftlichen Einheit zugeordnet wurden. Damit gilt: Ohne wirksame vorherige Zuordnung erfolgt kein Übergang.
Innerhalb der Grenzen seines Direktionsrechts kann der Veräußerer also aktiv steuern, welche Arbeitnehmer einem übergehenden Betriebsteil zugeordnet oder daraus herausgelöst werden. Reicht das Direktionsrecht nicht aus, bieten sich ergänzende Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitnehmern an.
Empfehlenswert ist eine solche Zuordnungsversetzung insbesondere bei Beschäftigten, die in mehreren Organisationseinheiten eingesetzt sind und deren Arbeitsverträge keine klare organisatorische Zuordnung erkennen lassen. Denn hier stellt das BAG auf den Tätigkeitsschwerpunkt ab – dies ist typischerweise schwer zu bewerten und mithin mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Es macht für alle Beteiligten Sinn, vorher Klarheit zu schaffen.
Restrukturierung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang: ErwerberkonzeptAuch wenn § 613a Abs. 4 BGB ausdrücklich verbietet, Arbeitnehmer wegen eines Betriebsübergangs zu kündigen, bedeutet das nicht, dass betriebliche Umstrukturierungen vor dem Übergang grundsätzlich ausgeschlossen wären. In der Praxis kommt es vor, dass der Veräußerer bereits vor dem Übergangszeitpunkt Kündigungen ausspricht – etwa um den Betrieb an die Vorstellungen des Erwerbers anzupassen.
Ein solches Vorgehen ist allerdings nur unter engen Voraussetzungen rechtlich zulässig (vgl. dazu BAG, Urteil v. 20. März 2003 – 8 AZR 97/02). Die Rechtsprechung stellt zwar klar: § 613a Abs. 4 S. 1 BGB soll nicht dazu führen, dass Arbeitsverhältnisse künstlich bis zum Übergang fortbestehen müssen, wenn sachliche Gründe für eine Kündigung vorliegen. Gleichzeitig darf der in § 613a Abs. 1 BGB verankerte Bestandsschutz der Arbeitnehmer nicht umgangen werden:
Der Schutzgedanke des § 613a I 1, IV BGB steht einer […] Kündigung des Betriebsveräußerers auf Grund eines Erwerberkonzepts nicht entgegen. Diese Vorschriften sollen den Erwerber daran hindern, bei der Übernahme der Belegschaft eine freie Auslese zu treffen. Sinn und Zweck der Regelungen in § 613a I 1, IV BGB ist es aber nicht, den Erwerber auch bei einer fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit zu verpflichten, das Arbeitsverhältnis noch einmal künstlich zu verlängern.
Zulässig sind Kündigungen nur, wenn ein konkretes Erwerberkonzept oder ein Sanierungsplan bereits zum Zeitpunkt der Kündigung greifbare Formen angenommen hat. Eine bloße Aufforderung zur Personalreduzierung reicht nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Erwerber das Konzept ausdrücklich zu eigen macht und den Veräußerer beauftragt, die Maßnahmen bereits vor dem Übergang umzusetzen.
Um spätere Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden, sollten die Beteiligten lückenlos dokumentieren:
- das konkrete Restrukturierungs- oder Erwerberkonzept,
- das ausdrückliche Zueigenmachen durch den Erwerber und
- die Aufforderung an den Veräußerer, die Maßnahmen vor dem Übergang umzusetzen.
Der Betriebsübergang ist ein komplexes arbeitsrechtliches Instrument mit weitreichenden Folgen für alle Beteiligten. Während § 613a BGB den Schutz der Arbeitnehmer in den Mittelpunkt stellt, eröffnet das Recht zugleich Gestaltungsspielräume für eine bewusste Gestaltung – sei es zur Vermeidung eines Übergangs oder zur strategischen Planung und Umsetzung. Entscheidend ist dabei stets eine sorgfältige Analyse der konkreten Umstände und eine vorausschauende rechtliche Begleitung. Wer die rechtlichen Rahmenbedingungen kennt und gezielt nutzt, kann Betriebsübergänge nicht nur rechtssicher, sondern auch im Sinne aller Beteiligten gestalten.
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Der Beitrag Gestaltungsmöglichkeiten beim Betriebsübergang erschien zuerst auf CMS Blog.