§ 794 ZPO

BGH, 24.10.1968 - II ZR 214/66

1. Macht eine Prozeßpartei, die mit dem Gegner während des Laufs der Berufungsbegründungsfrist einen Prozeßvergleich geschlossen hat, später die Nichtigkeit dieses Vergleichs geltend, so muß sie während des Laufs der in § 234 Abs. 1 ZPO bestimmten Frist die Berufung begründen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, um im Falle der Nichtigkeit des Vergleichs die Berufung weiterverfolgen zu können. Sie kann jedoch die Feststellung der Nichtigkeit des Vergleichs zumindest dann in Weiterführung des bisherigen Prozesses betreiben, wenn die Wiedereinsetzungsfrist abgelaufen ist, sofern ihre Vergleichsverpflichtungen über das hinausgehen, was sie nach dem erstinstanzlichen Urteil zu leisten hat.
2. Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Prozeßvergleichs kommt es im allgemeinen nicht auf das objektive Mißverhältnis zwischen der wahren Ausgangslage und den Leistungen an, die eine Partei mit Abschluß des Vergleichs übernommen hat. Ein solches Mißverhältnis kann aber Bedeutung gewinnen, wenn sich die begünstigte Partei dessen von Anfang an bewußt ist und weitere Umstände hinzutreten, derentwegen ihr Gesamtverhalten dahin zu würdigen ist, sie habe die andere Partei in einer gemäß § 138 BGB vorwerfbaren Weise übervorteilt.
3. Nimmt eine Partei selbst an gerichtlichen Vergleichsverhandlungen teil, so handelt deren Prozeßbevollmächtigter unter Umständen bei Abschluß des Prozeßvergleichs nach ihren Weisungen. Für die Anfechtung des Vergleichs kommt es in diesem Falle in entsprechender Anwendung des § 166 Abs. 2 BGB darauf an, ob die Partei vom Prozeßgegner getäuscht und dadurch bestimmt worden ist, die Weisung zum Abschluß des Vergleichs zu erteilen.