Art. 2 REG
BGH, 28.02.1955 - GSZ 4/54
1. Ein Verfolgter des nationalsozialistischen Regimes kann, ohne ein Verfahren nach dem für die amerikanische Besatzungszone geltenden Rückerstattungsgesetz eingeleitet zu haben, Wertpapiere von der Verwahrbank herausverlangen, die seinerzeit durch § 3 der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 zugunsten des Reiches für verfallen erklärt, gegen die aber keine weiteren Massnahmen getroffen worden waren, wenn die Wertpapiere unter seinem Namen während der nationalsozialistischen Herrschaft im Depot der Bank lagen und heute noch dort liegen und dem Herausgabeverlangen das Recht der Wertpapierbereinigung nicht entgegensteht.
2. Die Verfallerklärung des § 3 der 11. DVO zum Reichsbürgergesetz war wegen Verstosses gegen die Eigentumsgarantie und den Gleichheitssatz von vornherein nichtig. Ein Sperrvermerk, der lediglich der Beachtung dieser nichtigen Verfallerklärung dienen sollte, ist als gegenstandslos zu behandeln.
3. Die Verfallerklärung bildete einen Entziehungstatbestand im Sinne der Rückerstattungsgesetze, soweit sie eine tatsächliche Behinderung des Vermögensinhabers in der freien Verfügung über sein Vermögen zur Folge hatte. Der Verfolgte oder seine Erben gewannen jedoch mit dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes ohne weiteres die uneingeschränkte Verfügungsmacht über solche für verfallen erklärte Vermögensgegenstände zurück, die ohne Veränderung der sie betreffenden tatsächlichen Verhältnisse erhalten geblieben waren. Der Durchführung eines Rückerstattungsverfahrens bedurfte es bei solcher Sachlage nicht.
4. Lebten zur Zeit des Zusammenbruchs weder der Verfolgte noch Leibes- oder Testamentserben von ihm, so handelt es sich bei dem von der Verfallerklärung betroffenen Vermögen, auch wenn es im übrigen unangetastet geblieben ist, um entzogenes Vermögen im Sinne der Rückerstattungsgesetze, das von den Nachfolgeorganisationen in Anspruch genommen werden kann.
5. Die Entscheidung der Frage, ob ein Tatbestand in den Anwendungsbereich der Rückerstattungsgesetze fällt, ist den ordentlichen Gerichten nicht entzogen.