Art. 98 GG

BVerfG, 27.06.1974 - 2 BvR 429/72, 2 BvR 641/72, 2 BvR 700/72, 2 BvR 813/72

1. Das Recht der richterlichen Amtsbezeichnungen gehört zum Statusrecht des Richters. Die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Gesetzes, das die Amtsbezeichnungen der Richter regelt, ergibt sich deshalb aus Art. 98 GG.
2. Es gibt einen hergebrachten und zu beachtenden Grundsatz des Richteramtsrechts, demzufolge dem Richter eine angemessene Amtsbezeichnung gebührt.
Angemessen ist eine Amtsbezeichnung nur, wenn sie über das dem Richter übertragene Amt hinsichtlich seines Ortes im Gefüge des Gerichtsaufbaus Aufschluß gibt, also wirklichkeitsgerecht ist, und wenn sie "anredefähig", d.h. auch im mündlichen Verkehr unverkürzt gebrauchsfähig ist.
3. Es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der Stellung des Leiters eines Amtsgerichts und der der übrigen Richter dieses Gerichts, der es verbietet, für Leiter des Amtsgerichts und die übrigen Richter dieses Gerichts dieselbe Amtsbezeichnung zu wählen; außerdem ist die Stellung und Aufgabe der Leiter aller Amtsgerichte im wesentlichen so gleich, daß nicht für die zum Präsidenten eines Amtsgerichts ernannten Leiter die Amtsbezeichnung "Präsident des Amtsgerichts" beibehalten und für die Leiter eines Amtsgerichts, die nicht zum Präsident ernannt waren, die Amtsbezeichnung "Richter am Amtsgericht" eingeführt werden darf.

BVerfG, 15.11.1971 - 2 BvF 1/70

1. Es gibt keine Subsidiarität des Normenkontrollverfahrens gegenüber einem möglichen legislativen Akt des Bundes, der ebenfalls zur Beseitigung des Landesgesetzes führen könnte.
2. Nach der Neufassung des Art. 75 GG durch das 22. Änderungsgesetz zum Grundgesetz ist es zweifelsfrei geworden, daß die Länder nach Art. 98 Abs. 3 GG auch die Zuständigkeit besitzen, für ihre Richter ein "besonderes" Besoldungsgesetz zu schaffen.
3. Die Rahmenvorschriften für das allgemeine Besoldungsrecht der Länder, zu deren Erlaß der Bund zuständig ist, sind, bezogen auf ihren Inhalt, "etwas anderes" als die besonderen Rahmenvorschriften für die besonderen Richterbesoldungsgesetze der Länder im Sinne des Art. 98 Abs. 3 GG. Solche Rahmenvorschriften hat der Bund bisher nicht erlassen. Deshalb sind die Länder derzeit in ihrer auf Art. 98 Abs. 3 GG gestützten Gesetzgebung frei.