Art. 75 GG
BVerfG, 15.11.1971 - 2 BvF 1/70
1. Es gibt keine Subsidiarität des Normenkontrollverfahrens gegenüber einem möglichen legislativen Akt des Bundes, der ebenfalls zur Beseitigung des Landesgesetzes führen könnte.
2. Nach der Neufassung des Art. 75 GG durch das 22. Änderungsgesetz zum Grundgesetz ist es zweifelsfrei geworden, daß die Länder nach Art. 98 Abs. 3 GG auch die Zuständigkeit besitzen, für ihre Richter ein "besonderes" Besoldungsgesetz zu schaffen.
3. Die Rahmenvorschriften für das allgemeine Besoldungsrecht der Länder, zu deren Erlaß der Bund zuständig ist, sind, bezogen auf ihren Inhalt, "etwas anderes" als die besonderen Rahmenvorschriften für die besonderen Richterbesoldungsgesetze der Länder im Sinne des Art. 98 Abs. 3 GG. Solche Rahmenvorschriften hat der Bund bisher nicht erlassen. Deshalb sind die Länder derzeit in ihrer auf Art. 98 Abs. 3 GG gestützten Gesetzgebung frei.
BVerfG, 04.06.1957 - 2 BvL 17/56; 2 BvL 22/56; 2 BvL 29/56
1. Die Regelung der Verjährung für Pressedelikte gehört im Sinne der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zum Gebiet der "allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse" (Art. 75 Nr. 2 GG), nicht zum Gebiet des Strafrechts oder des gerichtlichen Verfahrens (Art. 74 Nr. 1 GG).
2. Einzelne Vorschriften aus einer reichsgesetzlichen, erschöpfenden Regelung eines Rechtsgebiets, für das dem Bundesgesetzgeber nur eine Rahmenkompetenz zusteht, gelten nicht als Bundesrecht fort, selbst wenn sie vom Bundesgesetzgeber im Zusammenhang eines Rahmengesetzes erlassen werden könnten.
3. § 22 des Reichsgesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 (RGBI. S. 65) in der Fassung des Gesetzes vom 28. Juni 1935 (RGBI. I S. 839) ist Landesrecht geworden.
4. Soweit § 67 Abs. 1 StGB seit dem Gesetz vom 28. Juni 1935 (RGBI. I S. 839) auch die Verjährung der durch die Presse begangenen Verbrechen regelt, enthält er eine Norm des Presserechts, die Landesrecht geworden ist.
5. § 2 EGStGB setzt die in einer bundesstaatlichen Verfassung vorgenommene Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Gliedstaaten und die dort festgelegte Rangfolge der Rechtsquellen voraus. Sein Anwendungsbereich ist also wandelbar und muß auf die jeweils geltende bundesstaatliche Verfassung bezogen werden.
BVerfG, 01.12.1954 - 2 BvG 1/54
1. Rahmenvorschriften des Bundes im Sinne des Art. 75 GG müssen, wenn auch nicht in allen einzelnen Bestimmungen, so doch als Ganzes durch die Landesgesetzgebung ausfüllungsfähig und ausfüllungsbedürftig, jedenfalls auf eine solche Ausfüllung hin angelegt sein. Sie müssen dem Landesgesetzgeber Raum für Willensentscheidungen in der sachlichen Rechtsgestaltung übrig lassen und dürfen ihn nicht darauf beschränken, nur zwischen vorgegebenen rechtlichen Möglichkeiten zu wählen.
2. Bundesgesetzliche Vorschriften, die für die Besoldung der Landesbeamten Höchstbeträge unter Bezugnahme auf ein lückenloses und verbindliches Bundesbesoldungssystem festsetzen, überschreiten die Schranken der Rahmengesetzgebungsbefugnis des Bundes gemäß Art. 75 GG.
3. Ein Bundesgesetz, das gegen Vorschriften des Grundgesetzes verstößt, die der Sicherung des eigenstaatlichen Bereichs der Länder dienen, kann nicht durch die Zustimmung des Bundesrats oder der Länder gültig werden.
4. a) Eine Rechtsschranke für die Gesetzgebungsbefugnis im Bundesstaat - für Bund und Länder - ergibt sich aus dem ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz der Bundestreue.
b) Bleiben die Auswirkungen einer gesetzlichen Regelung nicht auf den Raum des Landes begrenzt, so muß der Landesgesetzgeber Rücksicht auf die Interessen des Bundes und der übrigen Länder nehmen.
c) Ein Landesgesetz kann wegen Verletzung der aus dem Grundsatz der Bundestreue abzuleitenden Schranken nur dann als verfassungswidrig verworfen werden, wenn der Landesgesetzgeber seine Freiheit offenbar mißbraucht hat.
BVerfG, 16.06.1954 - 1 PBvV 2/52
Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Juni 1954
- 1 PBvV 2/52 -
Auf gemeinsamen Antrag des Bundestags, des Bundesrats und der Bundesregierung erstattet das Plenum des Bundesverfassungsgerichts das folgende Rechtsgutachten: