BGH, 30.06.1982 - 2 StR 226/82
Der Tatbestand setzt voraus, daß sich im Tod die der Körperverletzung eigentümlichen Gefahren verwirklichen; dies kann auch der Fall sein, wenn eine lebensbedrohliche Verletzungshandlung zunächst nur zu einer Verletzungsfolge geführt hat, die einen tödlichen Ausgang noch nicht besorgen ließ, und der Tod erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände verursacht worden ist.
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 10. November 1981 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer (Schwurgericht) des Landgerichts zurückverwiesen.
II. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.
Die Revision des Angeklagten rügt die Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts. Sie ist offensichtlich unbegründet, soweit sie dem Schuldspruch gilt (§ 349 Abs. 2 StPO). Dagegen kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben.
Die Kammer hat strafschärfend berücksichtigt, daß "für den Angeklagten kein verständlicher Anlaß für die Tat bestand" (UA S. 16). Das ist rechtsfehlerhaft. Hätte ein solcher Anlaß bestanden, so wäre er strafmildernd ins Gewicht gefallen. Das bloße Fehlen eines Strafmilderungsgrundes darf indessen nicht straferschwerend bewertet werden (ständige Rechtsprechung, BGH NJW 1980, 2821; weitere Nachweise in NStZ 1981, 131, 133).
Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Erwägung der Kammer, zuungunsten des Angeklagten müsse sich auswirken, daß er keine Reue über die Tat gezeigt habe (UA S. 16). Der Bundesgerichtshof hat wiederholt betont, von einem leugnenden Angeklagten sei nicht zu erwarten, daß er Reue an den Tag lege, weil er damit seine Verteidigungsposition gefährden müßte (BGH, Beschlüsse vom 13. Juli 1977 - 3 StR 226/77 -, 4. November 1980 - 1 StR 373/80 - und 2. Juli 1981 - 1 StR 178/81-). Das gleiche gilt auch, wenn der Angeklagte zwar tatbestandsmäßiges Handeln einräumt, jedoch einen Geschehensablauf behauptet, bei dem sein Tun gerechtfertigt oder entschuldigt wäre. So liegt der Fall hier. Der Angeklagte hatte den Hergang so dargestellt, daß sein Onkel den Drilling auf ihn gerichtet habe; er selbst sei dann aus Angst, von ihm beschossen zu werden, schnell zum Hochsitz zurückgelaufen und habe ihn umgestürzt (UA S. 10). Auf der Grundlage dieser Einlassung hätte dem Angeklagten der Rechtfertigungsgrund der Notwehr oder zumindest doch der Schuldausschließungsgrund einer irrtümlich angenommenen Notwehrlage zur Seite gestanden.
Da das angefochtene Urteil auf die Revision der Staatsanwaltschaft insgesamt aufgehoben und die Sache an ein Schwurgericht zurückverwiesen worden ist (Senatsurteil vom 30. Juni 1982), ist auch auf die Revision des Angeklagten die Zurückverweisung an das Schwurgericht geboten.