RG, 28.02.1919 - III 467/18

Daten
Fall: 
Neufestsetzung der Offizierspension
Fundstellen: 
RGZ 95, 89
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
28.02.1919
Aktenzeichen: 
III 467/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

Haben pensionierte, anläßlich einer Mobilmachung zum aktiven Dienst wiederherangezogene Offiziere im Falle der Beförderung zu einem höheren Dienstgrad Anspruch auf Neufestsetzung ihrer Pension gemäß § 10 des Offizierpensionsgesetzes vom 31. Mai 1906?

Tatbestand

Der Kläger stand früher als Leutnant im aktiven preußischen Militärdienst. Im Jahre 1898 wurde er mit der gesetzlichen Pension verabschiedet, im Jahre 1900 zur Disposition gestellt und zum Bezirksoffizier ernannt. Aus dieser Stellung schied er 1906 aus; es wurde ihm als Oberleutnant z. D. der Abschied mit seiner Pension bewilligt, die kurz vorher anläßlich des Inkrafttretens des Offizierpensionsgesetzes vom 31. Mai 1906 neu geregelt worden war. Nach der Mobilmachung im August 1914 wurde der Kläger, der inzwischen den Charakter als Hauptmann erhalten hatte, zum aktiven Militärdienst herangezogen. Im November 1914 erhielt er das Patent als Hauptmann. Wegen eines Leidens, das er sich 1915 im Dienst als Führer eines Rekrutendepots zuzog, erfolgte im August 1916 die Wiederaufhebung seiner Mobilmachungsbestimmung. Die Pension wurde gemäß § 8 Abs. 2, §§ 16, 17 OPG. um 4/60 des bisherigen pensionsfähigen Diensteinkommens erhöht. Sein Antrag auf Zubilligung der Pension eines Hauptmanns wurde abgelehnt. Er erhob deshalb Klage auf Gewährung dieser Pension. Im Verfahren über die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts beantragte er in erster Linie die Zurückweisung des Rechtsmittels, in zweiter Linie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Umpensionierung nach dem höheren Dienstgrad gemäß § 1 Abs. 1, §§ 2, 6, 8, 10, in dritter Linie die Feststellung der Verpflichtung zur Neu- oder Ergänzungspensionierung nach § 1 Abs. 2, §§ 6, 8,10 OPG. unter Zugrundelegung der Gebührnisse der der Kriegsstelle entsprechenden Friedensstelle.

Das Oberlandesgericht wies die Klage ab. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

Gründe

"Als Grundlage des mit dem Hauptantrag verfolgten Klaganspruchs kommt nur der § 10 Abs. 1 Satz 1 des Offizierpensionsgesetzes vom 31. Mai 1906 in Betracht, der bestimmt, daß während der Dauer eines Krieges als pensionsfähiges Diensteinkommen die Gebührnisse derjenigen Friedensstelle anzurechnen sind, welche der Kriegsstelle entspricht, deren Inhaber der Offizier zuletzt war. Dem vor dem bezeichneten Gesetze in Geltung gewesenen Recht war eine Bestimmung gleichen Inhalts fremd. Hätte daher die anderweite Regelung der Pension des Klägers, welche anläßlich seiner Wiederverwendung während des Krieges notwendig geworden ist, gemäß der Eingangsvorschrift in § 41 OPG. nach dem früheren Recht zu erfolgen, so wäre schon damit das Schicksal des Klaganspruchs zu Ungunsten des Klägers entschieden. Das Gleiche würde gelten, wenn eine der hier in Betracht zu ziehenden Ausnahmebestimmungen in § 41 Nr. 2 und 4 Platz griffe, die beide die Zugrundelegung des von dem Offizier vor seinem Ausscheiden bezogenen und nach den bisherigen Gesetzen anzurechnenden pensionsfähigen Diensteinkommens anordnen. Gegen die Heranziehung dieser Übergangsvorschriften walten jedoch mancherlei Bedenken ob, die auf sich beruhen können, weil der § 10, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, den pensionierten, anläßlich einer Mobilmachung zum aktiven Dienst wieder herangezogenen Offizieren überhaupt nicht zustatten kommt. Sie haben gemäß § 8 Abs. 2 lediglich Anspruch auf eine Erhöhung ihrer Pension, die nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 für jedes weitere Dienstjahr 1/60 oder 1/120 bis 45/60 des der Pensionsberechnung zugrundeliegenden Diensteinkommens betragen soll. Damit ist klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht, daß die Berechnungsgrundlage der Pension eines im Kriege wiederverwendeten Offiziers unverändert bleiben soll und daß ein höheres Diensteinkommen als das der bereits festgesetzten Pension zugrunde liegende insbesondere auch dann nicht Berücksichtigung finden darf, wenn der Offizier zu einem höheren Dienstgrad unter Gewährung der entsprechenden Bezüge befördert worden ist.

Die Absicht des Gesetzgebers, die Pensionsgebührnisse der in Frage stehenden Klasse von Offizieren in diesem Sinne zu regeln, ergibt sich auch aus der Überschrift des § 8, welche ganz allgemein dahin lautet: "Steigen der Pension der wiederverwendeten Offiziere". Unterstützend kommt hinzu, daß nach der Begründung zu dem Entwurf des § 8, der bis auf eine hier nicht erhebliche Abweichung Gesetz geworden ist, in der Vorschrift die einschlagenden Bestimmungen des früheren Rechts wiederholt werden sollen. Sie soll sich also inhaltlich mit dem § 21 des Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 in der Fassung des Gesetzes vom 22. Mai 1893 decken. Dort wurde aber den wiederverwendeten Offizieren ebenfalls ohne Rücksicht auf ihre inzwischen erfolgte Beförderung und den damit verknüpften Bezug eines höheren Diensteinkommens nur eine "Erhöhung der bisher bezogenen Pension" bewilligt, und diese war für jedes weitere Dienstjahr auf 1/60 "des derselben zugrunde liegenden pensionsfähigen Diensteinkommens" bemessen. Ist hiernach die Frage, welches Diensteinkommen bei der Feststellung der Pensionsgebührnisse der in § 8 Abs. 2 bezeichneten Gattung von Offizieren maßgebend ist, dort erschöpfend geregelt, so bleibt für eine unmittelbare oder auch nur für eine entsprechende Anwendung des § 10 kein Raum. Eine solche würde auch nicht mit § 24 Abs. 1 Nr. 2 vereinbar sein, wonach bei vorübergehender Heranziehung zum aktiven Dienst in Stellen, mit welchen der Bezug von Gehalt verbunden ist, das Recht auf Gewährung der Pension in Höhe des zustehenden Diensteinkommens ruht, also beim Aufhören der Verwendung wieder auflebt (§ 25 Abs. 3). Hätte der Gesetzgeber gewollt, daß Offiziere in der Lage des Klägers an den Wohltaten des § 10 teilnehmen, so wäre eine Ausnahme von § 24 Nr. 2 dahin vorzusehen gewesen, daß im Falle der Beleihung des Offiziers mit einer Kriegsstelle, die höher ist als die von ihm vormals bekleidete Friedensstelle, das Recht auf die Pension erlöschen solle. Das Fehlen einer solchen Bestimmung, die inbezug auf wiederangestellte (reaktivierte) Offiziere in § 22 Nr. 1 ausdrücklich, getroffen ist, beweist ebenfalls, daß eine Neufestsetzung der Pension im Kriege wiederverwendeter Offiziere nach Maßgabe des § 10 ausgeschlossen sein soll.

Damit erweist sich zugleich der erste Hilfsantrag des Klägers als hinfällig.

Dem zweiten Hilfsantrag steht entgegen, daß bei der oben festgestellten Tragweite des § 8 Abs. 2 auch die angebliche Dienstbeschädigung des Klägers die Anwendung des § 10 nicht zu rechtfertigen vermag. Der Umstand, daß in dieser Hinsicht die Offiziere des Beurlaubtenstandes und die ohne Pension ausgeschiedenen, vorübergehend wieder verwendeten Offiziere günstiger behandelt werden (§ 28), kann hieran nichts ändern, wie denn überhaupt dem klar erkennbaren Willen des Gesetzes gegenüber das Reichsgericht außerstande ist, den von der Revision geltend gemachten Billigkeitserwägungen Rechnung zu tragen. Im übrigen hat auch der Kläger den Nachweis der Dienstbeschädigung, der nur durch Vorlegung einer Entscheidung im Sinne des § 40 erbracht werden konnte, nicht geführt."