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Friedrich Carl von Savigny
Friedrich Carl von Savigny (1779-1861) war ein deutscher Jurist und Rechtsphilosoph, der als einer der Begründer des modernen deutschen Zivilrechts gilt.
1. Kurzinformationen
Savigny gehörte der sogenannten Heidelberger Schule an, die sich für eine Reform des deutschen Rechts einsetzte und die Auffassung vertrat, dass das Recht nicht von Gesetzen, sondern von den Gewohnheiten und Bräuchen einer Gesellschaft geprägt wird. Er argumentierte, dass das Recht immer im Wandel begriffen ist und sich an die sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnisse anpassen muss.
Savigny ist vor allem durch sein Werk "System des heutigen römischen Rechts" bekannt geworden, in dem er das römische Recht als lebendiges Recht darstellte und die Auffassung vertrat, dass das römische Recht auch in der modernen Zeit noch von großer Bedeutung ist. Savigny plädierte dafür, das römische Recht als Quelle des deutschen Rechts zu nutzen und es an die Bedürfnisse der modernen Gesellschaft anzupassen.
Savignys Ideen hatten großen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Zivilrechts und waren maßgeblich an der Reform des deutschen Zivilrechts im 19. Jahrhundert beteiligt. Er gilt als einer der wichtigsten Rechtsphilosophen des 19. Jahrhunderts und seine Ideen haben auch in der heutigen Zeit noch große Bedeutung.
2. Frühes Leben und Ausbildung
Friedrich Carl von Savigny wurde am 21. Februar 1779 in Frankfurt am Main geboren. Er entstammte einer wohlhabenden Adelsfamilie, die ursprünglich aus Lothringen stammte und bereits im 17. Jahrhundert nach Deutschland übersiedelte. Schon früh zeigte sich sein Interesse an juristischen Fragen und der Wissenschaft im Allgemeinen. Nach dem Tod seiner Eltern kam Savigny unter die Vormundschaft seines Onkels und wuchs in einer intellektuell anregenden Umgebung auf.
Savigny begann 1795 sein Jurastudium an der Universität Marburg, wo er unter anderem bei Anton Bauer, einem führenden Zivilrechtler seiner Zeit, lernte. In Marburg schloss er sein Studium 1800 mit der Promotion ab und habilitierte sich nur ein Jahr später. Während seiner Studienzeit unternahm Savigny auch Reisen nach Göttingen, Leipzig und Halle, wo er seine Kenntnisse in der Rechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie und den antiken Sprachen vertiefte.
3. Wissenschaftlicher Aufstieg und Lehre
Bereits in jungen Jahren machte sich Savigny mit seiner ersten großen Veröffentlichung, der „Recht des Besitzes“ (1803), einen Namen. In diesem Werk befasste er sich mit dem römischen Besitzrecht und legte eine der ersten systematischen Darstellungen dieses Rechtsgebiets vor. „Das Recht des Besitzes“ wurde nicht nur in Deutschland, sondern auch international beachtet und gilt bis heute als Meilenstein der Rechtswissenschaft. Savigny wandte in diesem Werk historische und dogmatische Methoden an und zeigte auf, wie das römische Recht durch präzise Analyse und historische Interpretation auf das moderne Recht angewandt werden könne.
1808 wurde Savigny auf eine Professur für Römisches Recht an die Universität Landshut berufen. Zwei Jahre später folgte er einem Ruf an die Universität Berlin, die gerade erst gegründet worden war und wo er eine zentrale Figur des neuen akademischen Lebens wurde. In Berlin lehrte er bis 1842 und prägte mit seinem wissenschaftlichen Werk und seinen Vorlesungen Generationen von Juristen.
4. Historische Rechtsschule
Savigny ist vor allem als Begründer der Historischen Rechtsschule bekannt, die er als Reaktion auf die naturrechtlichen Theorien der Aufklärung entwickelte. Im Gegensatz zu den Vertretern des Naturrechts, die davon ausgingen, dass das Recht aus vernunftbasierten Prinzipien abgeleitet werden könne, argumentierte Savigny, dass das Recht organisch aus der historischen Entwicklung eines Volkes hervorgehe. Seiner Auffassung nach könne man Recht nicht losgelöst von den sozialen, kulturellen und historischen Bedingungen eines Landes verstehen.
Diese Position vertrat er in seinem einflussreichen Werk „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ (1814), in dem er sich gegen die damals diskutierten Pläne eines allgemeinen deutschen Zivilgesetzbuchs aussprach. Savigny argumentierte, dass das Recht in Deutschland auf einer historisch gewachsenen Rechtskultur basiere, die in erster Linie durch das römische Recht und die deutsche Rechtsgeschichte geprägt sei. Ein allzu schnelles Kodifikationsvorhaben wie der Code Napoléon in Frankreich wäre daher für die Rechtsentwicklung in Deutschland nicht förderlich.
Seine Ansichten fanden großen Anklang bei vielen zeitgenössischen Juristen, und die Historische Rechtsschule entwickelte sich zu einer der einflussreichsten Strömungen der deutschen Rechtswissenschaft im 19. Jahrhundert. Während Savigny vor allem für die Betonung des römischen Rechts bekannt wurde, betonten andere Vertreter der Schule, wie Karl Friedrich Eichhorn und Georg Friedrich Puchta, verstärkt die germanischen Rechtstraditionen.
5. System des heutigen Römischen Rechts
Ein weiteres Hauptwerk Savignys ist das „System des heutigen Römischen Rechts“, eine achtbändige Abhandlung, die er zwischen 1840 und 1849 verfasste. In diesem monumentalen Werk legte er eine umfassende Darstellung des geltenden römischen Rechts in Deutschland vor. Er verband dabei seine historischen Studien mit einer systematischen Analyse der einzelnen Rechtsinstitute. Das „System“ ist ein Beispiel für Savignys Methode, historische Forschung und dogmatische Systematisierung zu verbinden, und war maßgeblich für die Weiterentwicklung des Zivilrechts im deutschsprachigen Raum.
Savignys Arbeiten beeinflussten nicht nur die deutsche, sondern auch die europäische Rechtsentwicklung. Die intensive Beschäftigung mit dem römischen Recht trug wesentlich zur Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bei, das 1900 in Kraft trat. Viele der grundlegenden dogmatischen Strukturen des BGB lassen sich auf Savignys System zurückführen.
6. Politisches Wirken
Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit spielte Savigny auch eine Rolle in der preußischen Politik. Von 1842 bis 1848 war er als Justizminister im preußischen Kabinett tätig und versuchte, seine rechtswissenschaftlichen Überzeugungen in praktische Politik umzusetzen. Obwohl seine Zeit als Minister relativ kurz war, zeigte sie seine Überzeugung, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Recht auch einen unmittelbaren Einfluss auf die Gesetzgebung haben sollte.
Als Justizminister setzte Savigny sich vor allem für eine Reform des Zivil- und Strafrechts ein und versuchte, das römische Recht weiter im preußischen Recht zu verankern. Allerdings blieb er in vielen seiner Reformvorhaben erfolglos, da die politischen Rahmenbedingungen in der Zeit des Vormärz in Preußen oft nicht stabil genug waren, um tiefgreifende juristische Reformen durchzusetzen.
7. Spätes Leben und Vermächtnis
Nach seinem Rücktritt aus der Politik widmete sich Savigny wieder verstärkt der Wissenschaft. Er zog sich aus der aktiven Lehre zurück, blieb aber weiterhin eine einflussreiche Figur in der Rechtswissenschaft. 1850 wurde er in den preußischen Staatsrat berufen und nahm bis zu seinem Tod im Jahr 1861 an den Beratungen des Gremiums teil.
Savignys wissenschaftliches Werk und seine Lehre hinterließen tiefe Spuren in der Rechtswissenschaft. Er gilt als einer der bedeutendsten Rechtsdenker Deutschlands und als Begründer einer Methodologie, die die Rechtswissenschaft zu einer präzisen und systematischen Disziplin machte. Insbesondere seine Betonung der historischen Bedingtheit des Rechts und seine Ablehnung eines abstrakten Naturrechts hatten einen tiefgreifenden Einfluss auf die Rechtsentwicklung in Deutschland und Europa.
Savigny prägte nicht nur die akademische Welt, sondern auch die gesetzgeberische Praxis in Deutschland. Seine Werke wurden von Juristen und Wissenschaftlern in ganz Europa gelesen und beeinflussten Generationen von Rechtswissenschaftlern. Die von ihm entwickelte historische und dogmatische Methode bildete die Grundlage für viele der großen juristischen Werke des 19. und 20. Jahrhunderts und bleibt auch heute noch eine zentrale Strömung in der Rechtswissenschaft.
8. Rezeption und Bedeutung
Savignys Historische Rechtsschule hat bis heute einen nachhaltigen Einfluss auf die deutsche und europäische Rechtsentwicklung. Die von ihm begründete Methode, das Recht in seinen historischen und gesellschaftlichen Kontexten zu verstehen, führte zu einer umfassenden Rezeption des römischen Rechts und war maßgeblich für die Kodifikationsprozesse in Deutschland.
Auch wenn die Historische Rechtsschule in späteren Jahren teils für ihre Abkehr von modernen, gesellschaftspolitischen Entwicklungen kritisiert wurde, bleibt Savignys Werk eine unverzichtbare Grundlage für das Verständnis der modernen Rechtswissenschaft. Viele seiner Ansichten und Methoden, insbesondere seine Betonung der dogmatischen Systematisierung des Rechts, finden sich in den Strukturen moderner Gesetzeswerke wieder.
Friedrich Carl von Savigny starb am 25. Oktober 1861 in Berlin, doch sein geistiges Erbe lebt bis heute weiter. Seine Werke gehören weiterhin zu den Pflichtlektüren für Jurastudenten, und seine Methoden haben die deutsche Rechtswissenschaft grundlegend geprägt.