Die "Conference on Jewish Material Claims against Germany" als gesetzliche Treuhänderin der Erben der durch die Nationalsozialisten enteigneten Eigentümer
Der deutsche Gesetzgeber hat in dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) eine Rechtsgrundlage geschaffen, auf deren Grundlage Beträge in Milliardenhöhe als Entschädigung für die unrechtmäßige Enteignung von Juden durch die Nationalsozialisten ausgezahlt worden sind und nach wie vor ausgezahlt werden. Ein großer Teil der Entschädigungen sowie Tausende von Immobilien wurden auf der Grundlage des § 2 I 3 VermG an die Conference on Jewish Material Claims against Germany (JCC) gezahlt oder restituiert, sofern die tatsächlich Enteigneten oder ihre Rechtsnachfolger ihre Entschädigungs- oder Restitutionsansprüche nicht binnen einer Ausschlussfrist selbst angemeldet haben. Doch kommen diese immensen Vermögenswerte tatsächlich auch direkt den Geschädigten und ihren Rechtsnachfolgern zugute und auf welcher Rechtsgrundlage werden die Gelder von der JCC entgegengenommen?
Professor Dr. Fritz Enderlein kritisierte bereits, dass die Wiedergutmachung an den eigentlichen Opfern vorbei gehe. Tausende von Berechtigten hätten mangels Kenntnis ihrer Erbenstellung die Ausschlussfrist des § 30 a VermG nicht eingehalten und sich erst hiernach an die JCC gewendet.1 Tatsächlich hat die JCC in diesen Fällen eigene Ausschlussfristen gesetzt, binnen derer die tatsächlichen Erben ihr gegenüber Ansprüche auf eine Beteiligung an der gezahlten Entschädigung oder den erlangten Vermögenswerten geltend machen können. Nach Ablauf dieser Frist verweigert die JCC unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach zu ihren Gunsten eingetretene Rechtsnachfolge eine Zahlung an die Erben. Fritz Enderlein hat daher vorgeschlagen, durch eine Ergänzung des VermG die JCC rechtlich als Treuhänderin der verfolgten Juden zu definieren.2 Aber ist eine Ergänzung des Gesetzes auch tatsächlich erforderlich oder kommt eine konsequente Anwendung der bestehenden Vorschriften zumindest bei unterstellter Anwendbarkeit des deutschen Rechts nicht bereits zu demselben Ergebnis?
In diesem Zusammenhang höchst interessant ist eine nähere Untersuchung des § 2 I 3 VermG hinsichtlich der Frage, wer eigentlich der tatsächliche Berechtigte hinsichtlich der betroffenen Grundstücke und der ausgezahlten Entschädigungen ist, die JCC oder die natürlichen Erben der enteigneten Opfer der Nationalsozialisten. Da es um hohe Milliardenbeträge geht, ist es nur allzu verständlich, dass alle Beteiligten Rechtssicherheit wünschen und dringend benötigen. Die Praxis zeigt jedoch wie oben dargelegt nur allzu deutlich, dass diese Frage keineswegs geklärt erscheint. Es lohnt sich also eine nähere Betrachtung, welche Rechtsfolgen § 2 I 3 VermG eigentlich nach sich zieht.
Betrachtet man den Wortlaut der einschlägigen Normen des VermG, so fällt zunächst auf, dass diese keine ausdrücklichen Vorgaben und Verfahrensregeln enthalten, wie die JCC mit den ausgezahlten Entschädigungen und den übertragenen Vermögenswerten umzugehen hat und ob die natürlichen Erben hieran beteiligt werden müssen. Das Gesetz regelt lediglich, wer als Berechtigter gegenüber dem deutschen Staat seine Ansprüche anmelden kann. Aus dem Wortlaut von § 2 I VermG kann jedoch ebenso gefolgert werden, dass der deutsche Gesetzgeber von einem Rangverhältnis unter den Berechtigten ausgeht. § 2 I 3 VermG enthält die Regelung, dass die JCC nur als Berechtigte angesehen werden kann, soweit die Enteigneten oder ihre Erben (die Primärberechtigten) keine eigenen Ansprüche angemeldet haben. Die Vermögenswerte sollen also grundsätzlich an die ursprünglichen Eigentümer oder ihre Erben zurückübertragen werden. Kann eine solche Rückübertragung nicht stattfinden, weil die eigentlichen Eigentümer oder Erben mangels eigener Anträge unbekannt geblieben sind, dann soll die JCC ersatzweise die Berechtigung zur Beanspruchung der Entschädigung erhalten, damit nicht im Enddefekt der deutsche Staat selbst als Erbe des unbeanspruchten Vermögens von dem Unrecht des Nationalsozialismus profitieren könnte.
In dieser Formulierung und in dem Rangverhältnis zwischen Primärberechtigten und der JCC spiegelt sich der Sinn und Zweck der einschlägigen Regelungen des VermG deutlich wieder: Das unter den Nationalsozialisten begangene Unrecht soll direkt gegenüber den Opfern oder ihren Rechtsnachfolgern entschädigt werden. Dafür sollte der Schaden aber denknotwendig auch gegenüber der Person kompensiert werden, die ihn auch tatsächlich erlitten hat. Dem würde es jedoch zuwiderlaufen, wenn durch die Anwendung des § 2 I 3 VermG die eigentlichen Berechtigten aus ihrer Rechtsposition endgültig verdrängt werden würden und allein die JCC in die Rechtsposition des Rechtsnachfolgers der enteigneten Personen eintreten würde. Die eigentlichen Erben wären ohne Kenntnis auf einmal sämtlicher Rechte beraubt. Man kann beinahe sagen, der Sinn und Zweck des Gesetzes würde bei einer solchen Interpretation auf den Kopf gestellt werden. Auch in der Gesetzesbegründung lassen sich daher deutliche Anhaltspunkte finden, die gegen einen Rechtsverlust der Primärberechtigten sprechen. Hierin heißt es, dass den ehemaligen Eigentümern auf Antrag die entzogenen Vermögenswerte zurückgegeben bzw. zurückübertragen werden sollen.3 Die JCC kann erst dann als Rechtsnachfolgerin angesehen werden, wenn keine natürlichen Erben vorhanden sind (erbloses Vermögen) oder aber Ansprüche von diesen nicht geltend gemacht werden (unbeanspruchtes Vermögen). Hintergrund der sekundären Berechtigung der JCC ist, dass der Gesetzgeber erkannt hat, dass es dem Sinn und Zweck des Gesetzes wiedersprechen würde, wenn in den Fällen des erblosen oder des unbeanspruchten Vermögens der Fiskus des Staates begünstigt werden würde, in dessen jüngster Geschichte sich das wiedergutzumachende Unrecht ereignet hat.4 Der Sinn und Zweck der sekundären Berechtigung der JCC liegt also allein darin, das Fiskuserbrecht des deutschen Staates im Wege einer Rechtsnachfolgefiktion zugunsten der JCC in jedem Fall auszuschließen.5
Denn hätte der Gesetzgeber nicht in § 2 I 3 VermG die sekundäre Berechtigung der JCC geschaffen, dann würde sich nach Ablauf der Ausschlussfrist für die Anmeldung von Ansprüchen die folgende Situation ergeben: Ist kein gesetzlicher Erbe vorhanden oder auffindbar, dann ist der Staat grundsätzlich der gesetzliche Erbe. Nach Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach den §§ 1964 – 1966 BGB wird die Erbenstellung des Fiskus widerlegbar vermutet. Selbst wenn später im Einzelfall tatsächlich noch ein natürlicher Erbe des ehemaligen Eigentümers Kenntnis von seinem Erbe erlangen und Ansprüche gegen den Fiskus als Erbschaftsbesitzer geltend machen sollte, so wäre der Fiskus bis dahin berechtigt gewesen, lukrative Grundstücke etwa an Investoren zu veräußern und somit im Ergebnis von der unrechtmäßigen Enteignung der Juden durch die Nationalsozialisten zu profitieren. Um endgültig Klarheit über die betroffenen Grundstücke zu erhalten und jegliche Erbenstellung des Fiskus zu verhindern, musste der Gesetzgeber ein Instrument schaffen, um nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 30 a VermG die Grundstücke bzw. die Entschädigungen an den Kreis der Berechtigten zu übertragen. Die Ausschlussfrist des § 30 a VermG dürfte in erster Linie erforderlich gewesen sein, um im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und damit auch im gesamtstaatlichen Interesse sobald wie möglich Rechtsklarheit und Rechtssicherheit darüber herbeizuführen, ob und in welchem Umfang Vermögenswerte aufgrund von Rückübertragungsansprüchen in ihrer Verkehrsfähigkeit beeinträchtigt sind.6 Die Gesetzesbegründung lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber allein diese Problematik vor Augen hatte. Es lassen sich dagegen keine Anhaltspunkte dafür finden, dass der Gesetzgeber endgültig in die Rechtsstellung der Erben und das Rechtsverhältnis zwischen der JCC und den Erben eingreifen wollte.
Betrachtet man nun den Wortlaut von § 2 I 3 VermG vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck dieser Regelung noch einmal genauer, so wird deutlich, dass der Gesetzgeber ganz bewusst keineswegs in die Rechtsnachfolge der eigentlichen Erben eingreifen wollte, sondern lediglich eine auf das Verfahren nach dem VermG begrenzte Berechtigung der JCC zur Antragstellung geschaffen hat. Die JCC soll auf diese Weise die betroffenen Vermögenswerte übertragen bekommen oder Entschädigungen entgegennehmen können, das VermG spricht ihr jedoch nicht das Recht zu, hierüber als Rechtsnachfolger auch tatsächlich und endgültig verfügen zu können. Der Wortlaut von § 2 I 3 VermG geht nämlich lediglich von einer Fiktion der Rechtsnachfolge zugunsten der JCC aus. Die JCC gilt nur „in Ansehung der Ansprüche nach dem Vermögensgesetz“, also nur im Zusammenhang mit den Vorschriften des VermG als Rechtsnachfolgerin. Das bedeutet aber im Umkehrschluss, dass diese Fiktion auch tatsächlich nur auf das Verfahren nach dem Vermögensgesetz begrenzt ist und die JCC außerhalb dieses Verfahrens weder tatsächliche Rechtsnachfolgerin geworden ist, noch als solche anzusehen ist. Der Gesetzgeber wollte durch eine Rechtsnachfolgefiktion der JCC lediglich eine vorübergehende Berechtigung für diese schaffen, um eine Erbenstellung des deutschen Staates zu verhindern und eine Rückerstattung des Vermögens bzw. eine Entschädigung zu ermöglichen. Durch die kurzzeitige Fiktion der Rechtsnachfolge der JCC wird lediglich eine Brücke geschaffen, um ihren eigentlich unzulässigen Rückübertragungs- oder Entschädigungsantrag als zulässig zu behandeln. Es wird in dem Entschädigungsverfahren so getan, als wenn die JCC tatsächlich Rechtsnachfolgerin wäre. Wie der Begriff Fiktion jedoch schon deutlich macht, ist die Rechtsnachfolge lediglich erdacht, tatsächlich ist die JCC aber gerade nicht Rechtsnachfolgerin geworden. Die Rechtsstellung der eigentlichen Erben wird damit durch § 2 I 3 VermG gerade nicht berührt, diese bleiben rechtlich betrachtet die Rechtsnachfolger der enteigneten Opfer. Auch das BVerwG spricht in mehreren seiner Entscheidungen zum VermG deutlich davon, dass es sich lediglich um eine Fiktion der Rechtsnachfolge zugunsten der JCC handelt.7
Was aber bedeutet diese lediglich kurzzeitig für das Restitutions- und Entschädigungsverfahren fingierte Erbenstellung der JCC für ihr Rechtsverhältnis zu den tatsächlichen Erben? Sowohl die in dem Wortlaut der Norm verankerte Fiktion der Rechtsnachfolge und das in der Norm deutlich zum Ausdruck kommende Rangverhältnis zwischen den Primärberechtigten und der JCC als auch der aus den Gesetzesmaterialien ersichtliche Sinn und Zweck der Regelungen lassen eigentlich nur einen Schluss zu: Die JCC nimmt die Vermögenswerte und Entschädigungen lediglich für die eigentlichen Opfer und ihre Rechtsnachfolger entgegen, nicht aber an deren Stelle. Für das Rechtsverhältnis zwischen der JCC und den Opfern und ihren Rechtsnachfolgern kann dies nur bedeuten, dass dieses als ein gesetzliches Treuhandverhältnis zu verstehen ist. Die JCC nimmt die Vermögenswerte und Entschädigungen als Treuhänderin für die eigentlichen Primärberechtigten entgegen und ist damit natürlich an bestimmte Pflichten gebunden, bevor sie die Grundstücke oder Gelder ohne Kenntnis und Zustimmung der tatsächlichen Erben verwenden darf.
Dies hat der BGH in den 1950er Jahren bereits in einer absolut vergleichbaren Situation erkannt.8 Hier ging es um die Zahlung von Entschädigungen nach dem amerikanischen Rückerstattungsgesetz an die Jewish Restitution Successor Organization (JRSO), welche später im Übrigen mit weiteren Nachfolgeorganisationen zur JCC verschmolzen wurde. Die JRSO erreichte wie die JCC durch Globalanmeldungen zahlreiche Entschädigungszahlungen, die sie an jüdische Organisationen in den USA und in Israel weiterleitete. Auch die JRSO vertrat hierbei die Ansicht, dass sie auf Grundlage des Rückerstattungsgesetzes Rechtsnachfolgerin und damit Alleinberechtigte geworden sei. Dem hat der BGH in seiner Entscheidung widersprochen und ausgeführt, dass die Nachfolgeorganisationen im Interesse der Verfolgten nach dem Schutzgedanken der Rückerstattungsgesetze lediglich eine Treuhänderstellung einnehmen würden. Die Verdrängung der eigentlichen Erben durch die JRSO würde nämlich im Grunde überhaupt erst dazu führen, dass sich der Unrechtsgehalt der nationalsozialistischen Maßnahmen voll zu Lasten der Verfolgten auswirke. Die Gerechtigkeitsidee, die der Wiedergutmachungs- und Rückerstattungsgesetzgebung zugrunde liege, sei grundsätzlich nämlich nur dann erfüllt, wenn der Schaden auch in der Person desjenigen beseitigt werde, der ihn auch tatsächlich erlitten habe. Daher sei die lediglich formale Argumentation der JRSO, sie sei in die Rechtsstellung der Erben eingerückt und diese hätten ihre Rechtsstellung durch Versäumung der Anmeldefrist verwirkt, in Anbetracht ihrer tatsächlichen Treuhänderstellung nicht überzeugend.9 Vergleicht man die damalige Situation mit der heutigen und der Argumentation der JCC, so lassen sich die vom BGH aufgestellten Grundsätze und der zugrundeliegende Gedankengang ohne weiteres auf die aktuelle Problematik übertragen. Dass dies richtigerweise auch von der aktuelleren Rechtsprechung zum VermG so erkannt wird, zeigt sich etwa darin, dass auf eben diese Entscheidung des BGH Bezug genommen wird.10
Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass die tatsächlichen Erben auch bei Anwendung des § 2 I 3 VermG Rechtsnachfolger der enteigneten Opfer geblieben sind und die Vermögenswerte und Entschädigungszahlungen lediglich an die JCC als gesetzliche Treuhänderin der Erben übertragen worden sind. Hieraus lassen sich verschiedene wechselseitige Rechte und Pflichten für das Rechtsverhältnis zwischen JCC und den Rechtsnachfolgern ableiten.
Zum einen bestehen Rechte und Pflichten aus dem gesetzlichen Treuhandverhältnis. Der Treuhänder (also die JCC) hat das Vermögen als Rechtsträger für den Treugeber zu verwalten, wobei die Vermögensverwaltung an einen bestimmten Zweck gebunden ist. Dieser Zweck findet sich in dem eigentlichen Zweck der Restitution und Entschädigungszahlung nach dem VermG, nämlich in der Beseitigung des Schadens in der Person desjenigen, der ihn erlitten hat. Die JCC hat im Rahmen des Treuhandverhältnisses nach diesem Zweck zu handeln und die Werte und Gelder damit den Primärberechtigten direkt zugute kommen zu lassen. Die Vermögensverwaltung im Rahmen der Treuhand muss stets fremdnützig dem Interesse des Treugebers dienen und darf nie dem Interesse des Treuhänders selbst dienen. Bevor die JCC die Vermögenswerte und Entschädigungszahlungen damit allgemein für die Opfer des Nationalsozialismus oder entsprechende Projekte verwenden kann, muss sie also zunächst das Einverständnis der tatsächlichen Rechtsnachfolger einholen, auch wenn die Gelder zu noch so lobenswerten Zwecken eingesetzt werden sollen. Da im Innenverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber die Vorschriften über den Auftrag zumindest analog Anwendung finden, können die tatsächlichen Rechtsnachfolger gemäß § 667 BGB von der JCC als Treuhänderin dasjenige herausverlangen, was diese im Rahmen der Geschäftsbesorgung erlangt hat; im Ergebnis also die nach dem VermG in Empfang genommenen Vermögenswerte oder Entschädigungszahlungen. Kann sie die Vermögenswerte oder die Entschädigung nicht mehr an die Erben herausgeben, weil sie diese bereits anderweitig verwendet hat, so macht sie sich unter Umständen schadensersatzpflichtig. Zwar kann sie sich hinsichtlich ihres vermuteten Verschuldens jeweils im Einzelfall exculpieren, indem sie darlegt, dass sie aufgrund ernsthafter Ermittlungen und Bemühungen bei der Suche nach den Erben davon ausgehen durfte, dass keinerlei Primärberechtigte vorhanden sind oder diese auf ihre Ansprüche verzichten. Meiner Ansicht nach stellen allein Massenanzeigen über die betroffenen Grundstücke in der Zeitung jedoch keine ausreichenden Bemühungen dar, um die tatsächlichen Erben ausfindig zu machen. Hier wären konkrete Bemühungen und Nachforschungen im Einzelfall erforderlich.
In diesem Zusammenhang kann sich die JCC auch nicht darauf berufen, die Erben hätten ihre Ansprüche verwirkt, indem sie sowohl die Ausschlussfrist nach dem VermG als auch die seitens der JCC eigenmächtig gesetzten Ausschlussfristen versäumt hätten. Denn der Rechtsgedanke der Verwirkung kann nur dann zum Tragen kommen, wenn aus dem Verhalten des Betroffenen nach Treu und Glauben auch tatsächlich geschlossen werden kann, dass er seine Rechte nicht mehr ausüben möchte. Hierfür ist es aber denknotwendig gerade erforderlich, dass der Berechtigte auch tatsächlich Kenntnis von seiner Erbenstellung und damit von seinen Ansprüchen hat. Ist ihm seine Erbenstellung überhaupt nicht bekannt, so kann gerade nicht darauf geschlossen werden, dass er auf seine (ihm ja völlig unbekannten) Rechte verzichtet.
Außerdem muss es auch bei Anwendung des § 2 I 3 VermG dabei bleiben, dass die Erben in Ansehung des deutschen Rechts Gesamtrechtsnachfolger im Sinne des § 1922 BGB geworden sind. Konsequenterweise hätte die JCC mit den Vermögenswerten oder der Entschädigung etwas aus der Erbschaft erhalten, was ihr eigentlich aufgrund eines in Wirklichkeit gar nicht bestehenden Erbrechts (es handelt sich ja nur um eine Fiktion) überhaupt nicht zugestanden hätte. Die Situation ist vergleichbar mit der des unbeanspruchten Vermögens, für das der Fiskus als Erbe eintritt. Deshalb wäre die JCC ebenso wie der Fiskus als Erbschaftsbesitzer zu behandeln, von dem der Erbe gemäß § 2018 BGB das Erlangte herausverlangen kann.
Im Ergebnis lässt sich also festhalten, dass unter Zugrundelegung des Wortlauts von § 2 I VermG und seines Sinn und Zwecks hinreichend deutlich erkennbar ist, dass § 2 I 3 VermG nicht in die Rechtsnachfolge der tatsächlichen Erben eingreift. Diese bleiben gegenüber der JCC anspruchsberechtigt und werden nicht aus ihrer Rechtsposition verdrängt. Die JCC dürfte also zumindest unter Zugrundelegung der einschlägigen Vorschriften des deutschen Rechts die tatsächlichen Erben nicht durch die Setzung einer eigenen Ausschlussfrist von ihren Rechten ausschließen und diesen eine Beteiligung an der geleisteten Restitution oder Entschädigung verweigern.
- 1. Enderlein, in: ZOV 4/2010, 170 ff.
- 2. Enderlein a.a.O.
- 3. BT Drucksache 11/7831, S. 2.
- 4. BT Drucksache 11/7831, S. 4.
- 5. BVerwG, LKV 2005, 221, 222.
- 6. BVerwG, NJW 2005, 1139, 1140.
- 7. Vgl. etwa BVerwG, 23.10.2003, 7 C 64/02; BVerwG, 29.04.2004, 7 B 85/03; BVerwG, 09.12.2004, 7 C 9/04.
- 8. BGH, 28.02.1955, GSZ 4/54.
- 9. BGH, a.a.O.
- 10. So etwa BGH, 28.02.1955, GSZ 4/54.