Art. 11 GG

Art. 11 GG - Freizügigkeit (Kommentar)

(1) Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet.

(2) Dieses Recht darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes und nur für die Fälle eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden oder in denen es zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand oder die freiheitliche demokratische Grundordnung des Bundes oder eines Landes, zur Bekämpfung von Seuchengefahr, Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen, zum Schutze der Jugend vor Verwahrlosung oder um strafbaren Handlungen vorzubeugen, erforderlich ist.

BVerfG, 16.01.1957 - 1 BvR 253/56

1. Art. 11 GG betrifft nicht die Ausreisefreiheit.
2. Die Ausreisefreiheit ist als Ausfluß der allgemeinen Handlungsfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet.
3. Verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG ist die verfassungsmäßige Rechtsordnung, d.h. die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind.
4. Jedermann kann im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen, eine seine Handlungsfreiheit beschränkende Rechtsnorm gehöre nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung.

BVerfG, 07.05.1953 - 1 BvL 104/52

1. Freizügigkeit bedeutet das Recht, unbehindert durch die deutsche Staatsgewalt an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, auch zu diesem Zweck in das Bundesgebiet einzureisen.
2. Dieses Grundrecht haben auch die Deutschen in der sowjetischen Besatzungszone und im sowjetischen Sektor Berlins.
3. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit, das Verfahren zur Einschränkung der Freizügigkeit auf Grund des Art. 11 Abs. 2 GG nach seinem Ermessen zu regeln, dabei auch aus zwingenden Verfahrensgründen die Ausübung der Freizügigkeit bis zur endgültigen Entscheidung im Einzelfalle zu suspendieren.
4. Ein Gesetz ist nicht verfassungswidrig, wenn eine Auslegung möglich ist, die im Einklang mit dem Grundgesetz steht, und das Gesetz bei dieser Auslegung sinnvoll bleibt.
5. § 1 Abs. 2 des Notaufnahmegesetzes vom 22. August 1950 enthält keine erschöpfende Regelung der anerkannten Aufnahmegründe. Im Notaufnahmeverfahren ist vielmehr dann, wenn keiner dieser Gründe vorliegt, weiter zu prüfen, ob die Versagung der Aufnahme gemäß Art. 11 Abs. 2 GG im Einzelfalle gerechtfertigt ist.
6. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG liegt nur dann vor, wenn die Sonderbehandlung gerade wegen eines der dort aufgeführten Gründe eintritt.