Ist der Beschuldigte bei der ersten polizeilichen Vernehmung über seine Aussagefreiheit und sein Recht auf Zuziehung eines Verteidigers belehrt worden, so dürfen Angaben, die er in freier Entscheidung ohne Beistand eines Verteidigers macht, auch dann entgegengenommen und verwertet werden, wenn er zunächst die Zuziehung eines Verteidigers gewünscht hat (Abgrenzung zu BGH, NJW 1996, 1547 [BGH 12.01.1996 - 5 StR 756/94]).
§ 163a StPO
BGH, 13.05.1996 - GSSt 1/96
Hat eine Privatperson auf Veranlassung der Ermittlungsbehörden mit dem Tatverdächtigen ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht ein auf die Erlangung von Angaben zum Untersuchungsgegenstand gerichtetes Gespräch geführt, so darf der Inhalt des Gesprächs im Zeugenbeweis jedenfalls dann verwertet werden, wenn es um die Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung geht und die Erforschung des Sachverhalts unter Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert gewesen wäre.
BGH, 12.01.1996 - 5 StR 756/94
1. Verlangt der Beschuldigte nach der Belehrung, vor der Vernehmung mit einem Verteidiger zu sprechen, so ist die Vernehmung zu diesem Zweck sogleich zu unterbrechen.
2. Will der Vernehmungsbeamte Fall die Vernehmung fortsetzen, wenn der Beschuldigte nach der Belehrung das Gespräch mit eiem Verteidiger verlangt, so ist dies ohne vorangegangene Verteidigerkonsultation nur zulässig, wenn sich der Beschuldigte nach erneutem Hinweis auf sein Recht auf Zuziehung eines Verteidigers mit der Fortsetzung der Vernehmung einverstanden erklärt. Dem müssen allerdings ernsthafte Bemühungen des Polizeibeamten vorausgegangen sein, dem Beschuldigten bei der Herstellung des Kontakts zu einem Verteidiger in effektiver Weise zu helfen. Dies alles ist deshalb geboten, weil der Beschuldigte insbesondere im Falle der vorläufigen Festnahme durch die Ereignisse verwirrt und durch die ungewohnte Umgebung bedrückt und verängstigt ist.
3. Unzulässig ist es, dem Beschuldigten die Bereitschaft zur Hilfe bei der Kontaktaufnahme zu einem Verteidiger durch bloße Scheinaktivitäten vorzuspiegeln und die von vornherein erwartete Erfolglosigkeit sowie die damit verbundene Entmutigung des Beschuldigten zu Fortsetzung des Vernehmungsversuchs auszunutzen. Die bloße Überlassung des Branchentelefonbuchs mit einer großen Zahl von Eintragungen von Rechsanwälten wird i. d. R. keine Hilfe sein. U. U. kann es geboten sein, dem Beschuldigten die Telefonnummer eines anwaltlichen Notdienstes mitzuteilen. Bei einem Verstoß gegen diese Grundsätze ist die Aussage des Beschuldigten unverwertbar, sofern der Verwertung der Vernehmung in der Hauptverhandlung rechtzeitig widersprochen wurde.
BGH, 27.02.1992 - 5 StR 190/91
1. Ist der Vernehmung des Beschuldigten durch einen Beamten des Polizeidienstes nicht der Hinweis vorausgegangen, daß es dem Beschuldigten freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen, so dürfen Äußerungen, die der Beschuldigte in dieser Vernehmung gemacht hat, nicht verwertet werden (gegen BGHSt 31, 395 = NJW 1983, 2205).
2. Hat der Beschuldigte sein Recht zu schweigen ohne Belehrung gekannt, oder hat der verteidigte Angeklagte in der Hauptverhandlung ausdrücklich der Verwertung zugestimmt oder ihr nicht bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt widersprochen, kann seine Aussage verwertet werden. Dem verteidigten Angeklagten steht ein Angeklagter gleich, der von dem Vorsitzenden über die Möglichkeit des Widerspruchs unterrichtet worden ist.
BGH, 28.04.1987 - 5 StR 666/86
Was ein Beschuldigter einem Mitgefangenen erzählt hat, der auf Veranlassung der Polizei auf seine Zelle gelegt wurde, um ihn über das Tatgeschehen auszuhorchen, darf nicht verwertet werden.
Verwertbar ist dagegen die Aussage, die ein in der Hauptverhandlung vernommener Zeuge gemacht hat, den die Polizei auf Grund von Angaben des Beschuldigten gegenüber dem Mitgefangenen ermittelt hat.