§ 20 WahlG

BVerfG, 03.06.1954 - 1 BvR 183/54

1. Politische Parteien können, auch wenn sie nicht rechtsfähig sind, ihr Recht auf gleiche Chancen bei der Zulassung zu einer Landtagswahl im Wege einer auf Art. 3 GG gestützten Verfassungsbeschwerde geltend machen.
2. Zulassungsbedingungen für Wahlvorschläge dürfen – soweit sie nicht überwiegend formale Bedeutung haben – grundsätzlich nur solchen Parteien auferlegt werden, bei denen Zweifel bestehen können, ob sie nach ihrer zahlenmäßigen Bedeutung und Beständigkeit in dem jeweils in Betracht kommenden politischen Raum geeignet sind, bei der Bildung funktionsfähiger Mehrheiten und Regierungen mitzuwirken.
3. Das Erfordernis von 100 Unterschriften für Kreiswahlvorschläge (§ 20 Abs. 2 Satz 3 des Wahlgesetzes von Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 26. März 1954) überschreitet bei der besonderen Ausgestaltung des Wahlsystems in Nordrhein-Westfalen nicht die Grenze des nach Art. 3 GG Zulässigen.
4. Der Gesetzgeber von Nordrhein-Westfalen war angesichts der Verschiedenheit des Wahlsystems in Bund und Land durch Art. 3 GG nicht gezwungen, Parteien, die bei der letzten Bundestagswahl auf die Landesliste Bundestagsmandate erhalten hatten, bei der Zulassung zur Landtagswahl ebenso vom Unterschriftenquorum zu befreien wie Parteien, die in der letzten Wahlperiode ununterbrochen mit mindestens drei Abgeordneten im Landtag vertreten waren.
5. Art. 21 GG ist nicht dadurch verletzt, daß nach dem Landeswahlgesetz von Nordrhein-Westfalen eine Partei bei Einreichung eines Wahlvorschlages Satzung und Programm vorlegen und einen nach demokratischen Grundsätzen gewählten Vorstand nachweisen muß.