Art. 21 GG

Art. 21 GG - Parteien (Kommentar)

(1) ¹Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. ²Ihre Gründung ist frei. ³Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. ⁴Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) ¹Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. ²Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

BVerfG, 21.10.1971 - 2 BvR 367/69

1. Im Zuge der durch Art. 21 GG geprägten Entwicklung von der liberalen parlamentarisch-repräsentativen Demokratie zu einer mehr radikalegalitären parteienstaatlichen Demokratie ist die den Abgeordneten in Bund und Ländern gewährte Aufwandsentschädigung zunehmend zu einem Gehalt oder einer Besoldung geworden.
2. Das Abgeordnetenruhegeld ist ein Annex dieser Besoldung; seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit ergibt sich aus dem Bezug des Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG zu Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG.

BVerfG, 15.01.1969 - 1 BvR 438/65

Der Ausspruch eines Berufsverbots gemäß § 42 l StGB durch die Strafgerichte gegen Presseangehörige wegen politischer Delikte widerspricht jedenfalls dann nicht dem Art. 18 GG, wenn die strafbare Handlung in einem Verstoß gegen ein Parteiverbot durch das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 21 Abs. 2 GG besteht.

BVerfG, 07.05.1957 - 2 BvH 1/56

1. Eine auf Landesebene organisierte und tätige politische Partei, die geltend macht, die Gleichheit der Wettbewerbschancen bei den Gemeindewahlen sei durch die rechtliche Gestaltung des Wahlverfahrens verletzt, kämpft um ihr Recht auf Teilhabe am Verfassungsleben. Sie kann daher insoweit beim Bundesverfassungsgericht einen Organstreit anhängig machen.
2. Der den politischen Parteien durch Art. 21 GG verliehene verfassungsrechtliche Status kommt ihnen auch in der Verfassungsordnung der Länder zu.

BVerfG, 17.10.1968 - 2 BvE 4/67

Leitsätze

1. Zum Begriff einer politischen Partei im Sinne des Art. 21 Abs. 1 GG gehört der Wille der Partei, an Wahlen in Bund oder Ländern innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne teilzunehmen.
2. § 2 Abs. 2 PartG konkretisiert den Art. 21 Abs. 1 GG. Er schränkt weder die Freiheit der Parteien in verfassungswidriger Weise ein, noch verstößt er gegen das verfassungsmäßig garantierte Verbot der Rückwirkung von Gesetzen.
3. § 2 Abs. 2 PartG ist vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an auf jede Partei anzuwenden, gleichgültig, ob sie sich vor oder nach diesem Zeitpunkt gebildet hat.
4. Eigene Wahlvorschläge im Sinne des § 2 Abs. 2 PartG sind nur die nach den Vorschriften des Wahlrechts zugelassenen und öffentlich bekanntgemachten Wahlvorschläge einer Partei, die diese unter ihrem Namen eingereicht hat.

BVerfG, 19.07.1966 - 2 BvF 1/65

1. Das Bundeshaushaltsgesetz (Art. 110 Abs. 2 GG) stellt nicht lediglich ein im Haushaltsplan enthaltenes Zahlenwerk fest, sondern enthält zugleich die Bewilligung der im Haushaltsplan ausgeworfenen Mittel, also die Ermächtigung an die Regierung, diese Mittel für die in den Titeln des Haushaltsplans festgelegten Zwecke auszugeben. Solche Ermächtigungsvorschriften sind Recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG und können deshalb im Normenkontrollverfahren auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft werden.
2. Der Grundgesetzgeber hat sich, indem er die freiheitliche demokratische Grundordnung geschaffen hat, für einen freien und offenen Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes entschieden. Dieser Prozeß muß sich vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen. Den Staatsorganen ist es grundsätzlich verwehrt, sich in bezug auf diesen Prozeß zu betätigen (Art. 20 Abs. 2, 21 GG).
3. Einwirkungen der Staatsorgane auf diesen Prozeß sind nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn sie durch einen besonderen, sie verfassungsrechtlich legitimierenden Grund gerechtfertigt werden können.
4. Mit dem demokratischen Grundsatz der freien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen ist es nicht vereinbar, den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes für ihre gesamte Tätigkeit im Bereich der politischen Meinungs- und Willensbildung zu gewähren.
5. Art. 21 Abs. 1 GG, der die Struktur der Parteien als frei konkurrierender, aus eigener Kraft wirkender und vom Staat unabhängiger Gruppen verfassungskräftig festlegt, verbietet es, die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen.

BVerfG, 30.05.1962 - 2 BvR 158/62

1. Die Verteilung von Sendezeiten im Rundfunk zum Zwecke der Wahlpropaganda muß am Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen der politischen Parteien gemessen werden.
2. Der Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen fordert, daß die Rechtsordnung jeder Partei grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und Wahlverfahren und damit die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet.
3. Mit dem Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen verträgt es sich, die jeweilige Bedeutung der politischen Parteien bis zu einem gewissen Grade bei der Bemessung der Sendezeiten zur Wahlpropaganda in Rechnung stellen.