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BVerfG, 19.07.1966 - 2 BvF 1/65

Daten
Fall: 
Parteienfinanzierung I
Fundstellen: 
BVerfGE 20, 56; BayVBl 1966, 313; BayVBl 1966, 345; DÖV 1966, 563; DVBl 1966, 636; JuS 1966, 413; JuS 1967, 64; JZ 1966, 517; MDR 1966, 903; NJW 1966, 1499
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
19.07.1966
Aktenzeichen: 
2 BvF 1/65
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • BVerfG, 25.03.1966 - 2 BvF 1/65

1. Das Bundeshaushaltsgesetz (Art. 110 Abs. 2 GG) stellt nicht lediglich ein im Haushaltsplan enthaltenes Zahlenwerk fest, sondern enthält zugleich die Bewilligung der im Haushaltsplan ausgeworfenen Mittel, also die Ermächtigung an die Regierung, diese Mittel für die in den Titeln des Haushaltsplans festgelegten Zwecke auszugeben. Solche Ermächtigungsvorschriften sind Recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG und können deshalb im Normenkontrollverfahren auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft werden.
2. Der Grundgesetzgeber hat sich, indem er die freiheitliche demokratische Grundordnung geschaffen hat, für einen freien und offenen Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes entschieden. Dieser Prozeß muß sich vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen. Den Staatsorganen ist es grundsätzlich verwehrt, sich in bezug auf diesen Prozeß zu betätigen (Art. 20 Abs. 2, 21 GG).
3. Einwirkungen der Staatsorgane auf diesen Prozeß sind nur dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn sie durch einen besonderen, sie verfassungsrechtlich legitimierenden Grund gerechtfertigt werden können.
4. Mit dem demokratischen Grundsatz der freien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen ist es nicht vereinbar, den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes für ihre gesamte Tätigkeit im Bereich der politischen Meinungs- und Willensbildung zu gewähren.
5. Art. 21 Abs. 1 GG, der die Struktur der Parteien als frei konkurrierender, aus eigener Kraft wirkender und vom Staat unabhängiger Gruppen verfassungskräftig festlegt, verbietet es, die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen.

Inhaltsverzeichnis 

Urteil

des Zweiten Senats vom 19. Juli 1966 auf die mündliche Verhandlung vom 19., 20. und 21. April 1966
- 2 BvF 1/65 -
in dem Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 1 des Gesetzes über die Festlegung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 vom 18. März 1965 (BGBl. II S. 193), soweit durch diese Bestimmung im Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 ein Betrag von 38 Millionen DM für die Aufgaben der Parteien nach Art. 21 des Grundgesetzes bereitgestellt worden ist. Antragsteller: Die Regierung des Landes Hessen, vertreten durch den Ministerpräsidenten, Wiesbaden - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt...
Entscheidungsformel:

§ 1 des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 vom 18. März 1965 (BGBl. II S. 193) ist insoweit nichtig, als diese Vorschrift den Bundesminister des Innern ermächtigt, gemäß Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 des Bundeshaushaltsplans 38 Millionen DM für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes auszugeben.

Gründe

A.

I.

Zuschüsse an die politischen Parteien aus Haushaltsmitteln des Bundes waren erstmals im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1959 vorgesehen. Im Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern - Kapitel 02 Titel 620 wurden auf Vorschlag des Haushaltsausschusses des Bundestags 5 Millionen DM mit der Zweckbestimmung "Zuschüsse zur Förderung der politischen Bildungsarbeit der Parteien" eingesetzt.
In den Erläuterungen zu diesem Titel hieß es:

"Die Mittel sollen die Parteien bei der Wahrnehmung ihres Auftrages, an der politischen Bildung des deutschen Volkes mitzuwirken, unterstützen ..."

Die Mittel waren übertragbar. Sie waren zunächst gesperrt und durften nur mit Zustimmung des Haushaltsausschusses freigegeben werden. In seiner 107. Sitzung am 10. Februar 1960 beschloß der Haushaltsausschuß einstimmig:

"1. Der Titel 620 bei Kapitel 0602 soll für das Rechnungsjahr 1959 entsperrt werden. Die Aufteilung erfolgt auf die im Bundestag vertretenen Parteien nach dem Schlüssel ihrer Stärke im Bundesparlament.
2. Die Überweisung erfolgt auf ein Sonderkonto der Bundeszentralen der Parteien. Zwei verantwortliche Vertreter der Parteien bestätigen der Bundesregierung für die Bundesvorstände schriftlich den Empfang der Mittel für den im Bundeshaushalt genannten Verwendungszweck. Die Parteien verwenden die Mittel ohne besondere ministerielle Verwendungsrichtlinien in eigener Verantwortung. Sie geben dem Präsidenten des Bundesrechnungshofes spätestens sechs Monate nach Schluß des Rechnungsjahres einen schriftlichen Bericht über die Verwendung des Betrages."

Gleiche Beträge mit gleicher Zweckbestimmung wurden auch in den Haushaltsplänen des Bundes für die Rechnungsjahre 1960 und 1961 ausgeworfen. Die Beträge wurden in gleicher Weise wie der Betrag für 1959 verteilt.

Im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1962 wurde im Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern im Kapitel 02 unter Titel 612 ein Betrag von insgesamt 20 Millionen DM eingesetzt. Der Titel umfaßt neben "Sondermitteln für politische Bildungsarbeit" in Höhe von 5 Millionen DM - Untertitel 612a - erstmals "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes" in Höhe von 15 Millionen DM - Untertitel 612b -. Die Mittel unterlagen nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs. Über die Verteilung der Mittel aus dem Untertitel 612a hieß es in den Erläuterungen:

"Die Mittel werden auf die im Bundestag vertretenen Parteien nach dem Schlüssel ihrer Stärke im Bundesparlament aufgeteilt."

Die Mittel aus dem neu aufgenommenen Untertitel 612b waren mit einem Sperrvermerk versehen. Der Haushaltsausschuß des Bundestags beschloß in seiner 34. Sitzung am 29. Juni 1962, für den Untertitel 612b den gleichen Verteilungsschlüssel wie für den Untertitel 612a zu wählen. Danach wurden die gesamten Mittel aus Kapitel 0602 Titel 612 in Höhe von 20 Millionen DM nach dem d'Hondt'schen Verfahren auf die im Bundestag vertretenen Parteien verteilt.

Im Haushaltsplan für 1963 fiel der Untertitel 612a (Sondermittel für politische Bildungsarbeit) fort. Zugleich wurden die "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes" von 15 Millionen auf 20 Millionen DM erhöht (Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612). In den Erläuterungen zu Titel 612 hieß es:

"20 v.H. der Mittel werden auf die vier im Bundestag vertretenen Parteien zu je 5 v.H. und der Rest wird auf die vier im Bundestag vertretenen Parteien entsprechend ihrer Stärke aufgeteilt."

Im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1964 wurden die "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes (Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612) auf 38 Millionen DM erhöht. Die Mittel unterlagen weiterhin nur der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofs. Die Erläuterungen des Haushaltsplans 1963 wurden wie folgt ergänzt:

"Die Auszahlung der danach jeder Partei zustehenden Mittel erfolgt auf Antrag. Der Antrag kann auf einen Teilbetrag beschränkt werden."

Die für 1964 getroffene Regelung wurde im Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1965 wiederholt. Eine entsprechende Regelung ist auch im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1966 vorgesehen.

II.

1. Die Regierung des Landes Hessen - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt ... - begehrt im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG) die Feststellung:

"§ 1 des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 vom 18. März 1965 (BGBl. II S. 193) verstößt gegen die Art. 30, Art. 21 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 Satz 2, Art. 21 Abs. 1 Satz 3 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit durch diese Bestimmung im Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 ein Betrag von 38 Millionen DM für die Aufgaben der Parteien nach Art. 21 des Grundgesetzes bereitgestellt wird."

a) Die Antragstellerin ist der Ansicht, das Haushaltsgesetz setze materielles Recht und sei deshalb der Prüfung im Normenkontrollverfahren zugänglich. Sie hat ein Gutachten von Professor B.... über die "Nachprüfbarkeit des Bundeshaushaltsplans - Titel Zuwendungen an Parteien - im Normenkontrollverfahren" vorgelegt, das zu dem Ergebnis kommt, der gesetzlich festgestellte Haushaltsplan sei, auch wenn man ihn als ein Gesetz im nur formellen Sinne deute, als Bundesrecht im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG anzusehen und könne deshalb im Normenkontrollverfahren überprüft werden. Er sei aber auch deshalb "Bundesrecht" im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, weil er die Eigenschaft eines materiellen Gesetzes mindestens in den Teilen besitze, die - wie die Titel über Sondermittel für die Parteien - ohne weitere gesetzliche Deckung die Verwaltung allgemein ermächtigten, Leistungen zu gewähren. Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts zur Normenkontrolle über den Haushaltsplan werde durch die Rechnungsprüfungskompetenz des Bundesrechnungshofs (Art. 114 Abs. 2 GG) nicht ausgeschlossen. Die Befugnis einer Landesregierung, ein Normenkontrollverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG einzuleiten, werde hinsichtlich des Bundeshaushaltsplans auch nicht durch das Gebot der selbständigen Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern (Art. 109 GG) berührt.

Die Antragstellerin betont zur Frage der Zulässigkeit ferner, daß das Bundesverfassungsgericht über die durch den Antrag aufgeworfenen Rechtsfragen im Urteil vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51) nicht entschieden habe. Durch den jetzigen Antrag werde im Unterschied zum damaligen Verfahren die Frage gestellt, ob staatliche Zuwendungen an die Parteien in einen Ausgabetitel des Haushaltsplans eingesetzt werden dürften, ohne daß in einem Parteiengesetz, das zugleich Modalitäten und Ausmaß der staatlichen Zuschüsse regle, Rechtsansprüche der Parteien begründet seien. Im übrigen sei das Bundesverfassungsgericht an die Gründe seines Urteils vom 24. Juni 1958, auch an die tragenden Gründe dieses Urteils, nicht gebunden.

Die im Haushaltsgesetz der Exekutive erteilte Ausgabenermächtigung habe normative Wirkung. Sie sei der Nachprüfung im Normenkontrollverfahren auch nicht deshalb entzogen, weil Einzelpläne und Titel des Bundeshaushaltsplans nicht gemäß Art. 82 GG verkündet würden. Die Praxis der Verkündung des Haushaltsplans in abgekürzter Form beruhe auf Verfassungsgewohnheitsrecht. Schließlich könne auch nach Ablauf eines Haushaltsjahres festgestellt werden, ob die gesetzgebenden Körperschaften die Regierung durch das Haushaltsgesetz in verfassungsmäßiger Weise zu Ausgaben ermächtigt hätten.

b) Zur Begründung ihres Antrags trägt die hessische Landesregierung vor: Verfassungswidrig sei die Zuwendung staatlicher Mittel an die politischen Parteien durch Bereitstellung dieser Mittel in einem Haushaltstitel, der Rechtsansprüche der Parteien nicht begründen könne und sowohl die Verteilung der Mittel als auch den Verwendungszweck und die Verwendungskontrolle rechtlich ungesichert lasse. Diese Form der Subventionierung bringe die Parteien, die sich in ihrer Organisation auf den laufenden Staatszuschuß einstellten, in Abhängigkeit vom staatlichen Ämtersystem. Die Bundestagsmehrheit habe es in der Hand, in einem ihr günstigen Zeitpunkt die Zuschüsse zu streichen und den anderen Parteien ihre Existenzgrundlage zu entziehen. Auch die durch den Haushaltsplan nur ermächtigte, aber zur Ausgabenleistung nicht verpflichtete Regierung könne den Parteien - etwa durch einen einstweiligen Ausgabenstop - die gesetzlich ungebundenen Zuschüsse sperren.

Wenn Art. 21 Abs. 1 GG die Freiheit der Parteigründung gewährleiste und den Parteien die Freiheit der Betätigung, insbesondere das Recht zur Mitwirkung bei der politischen Willensbildung zusichere, so verschließe das Freiheitsrecht zugleich durch ein Interventionsverbot den Prozeß der politischen Willensbildung gegen Verfügungen der organisierten Staatsgewalt. Diese besitze auch keine politische Gestaltungsfreiheit, etwa aus "sachlichen Gründen" in die Freiheitsrechte des Art. 21 GG einzugreifen oder aus ihrer Sicht die Förderungswürdigkeit der Parteien und ihre "öffentlichen Aufträge" zu bestimmen. Die bisher praktizierte Form staatlicher Förderung könne nicht damit gerechtfertigt werden, daß die Parteien wichtige verfassungsrechtliche Funktionen erfüllten. Das sei auch bei den Koalitionen der Fall, obwohl deren Subventionierung niemand als notwendig erwäge. Der Vergleich mit Art. 9 GG zeige, daß Art. 21 GG das einfache Freiheitsrecht der Vereinigungen (Art. 9 Abs. 1 GG) über die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG), die auch eine Rechtsetzungsbefugnis gewährleiste, zur Mitwirkungsfreiheit bei der politischen Willensbildung steigere. Den Parteien sei das Recht gegeben, Einfluß auf das staatliche Ämtersystem auszuüben und als demokratische Kreationsorgane am Organisieren der verfaßten Staatsgewalt mitzuwirken. Die Freiheit gehe jedoch verloren, wenn der Prozeß umgekehrt werde. Die Parteien hätten die ihnen durch Art. 21 GG zugewiesene Aufgabe spontan, unmittelbar und frei zu erfüllen; organisierbar und beeinflußbar durch die formierten Staatsorgane seien sie nur auf Grund der besonderen verfassungsrechtlichen Ermächtigung in Art. 21 Abs. 3 GG, die eng begrenzt sei und nur zur näheren Regelung derjenigen Materien ermächtige, die in Art. 21 Abs. 1 und 2 GG angeführt seien.

Der Verfassungsauftrag des Art. 21 Abs. 3 GG sei nicht erfüllt worden. Insbesondere das in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien gerichtete Gebot, Rechenschaft über die Herkunft ihrer Mittel zu legen, habe der Gesetzgeber noch nicht ausgeführt. Die Nichterfüllung des Verfassungsgebots könne nicht benutzt werden, um die Parteien unter Berufung auf ihre dem "Gemeinwohl" dienende Tätigkeit in die staatliche Haushaltsplanung einzubeziehen. Was insofern dem "Gemeinwohl" diene, bestimme Art. 21 GG eben dadurch, daß er die Freiheit der Parteien vor staatsorganisatorischer Lenkung garantiere und gebiete, den auf die Parteien wirkenden Druck finanzkräftiger Geldgeber durch eine spezifizierte öffentliche Rechenschaftslegung zu entkräften. Damit habe die Verfassung das sachgerechte Mittel bereitgestellt, um dem verborgenen politischen Einfluß sozialer Übermacht zu begegnen. Jedenfalls sei es unzulässig, die gesetzliche Ausführung des Gebots der Rechenschaftslegung zu unterlassen und anonyme Großspenden mit einer regellosen staatlichen Finanzierung zu "kumulieren". Allein dadurch wirke die staatliche Finanzierung bereits als eine die freiheitliche Funktion der Parteien verfälschende Intervention.

Vor jeder Finanzierung von Staats wegen müsse zunächst die Offenlegung der Parteifinanzen in einem Parteiengesetz geordnet werden, das alle im Verfassungsauftrag des Art. 21 Abs. 3 GG eingeschlossenen Fragen systematisch und mit dem Ziel regle, die Freiheit der Parteien zu sichern. Erst im Rahmen eines solchen Parteiengesetzes könne entschieden werden, ob es unter Wahrung der Kompetenzordnung und der Parteienfreiheit möglich sei, die Parteien wettbewerbsneutral mit den Mitteln auszustatten, die sie benötigten, um ihre Freiheitsrechte auszuüben. Auch sei es denkbar, zugunsten der Parteien in ihrer Eigenschaft als Wahlvorbereitungsorganisationen auf Grund der Wahlrechtskompetenz (Art. 38 Abs. 3 GG) die Erstattung bestimmter Aufwendungen für das Organisieren von Wahlen gleichzeitig mit einer Begrenzung der Wahlausgaben zu regeln. Ferner könne mit den Grundsätzen des Art. 21 GG die Bewilligung beschränkter staatlicher Zuschüsse an die Parteien vereinbar sein, soweit die Zuschüsse zweckgebunden und - mit der Pflicht zur Rechnungslegung - für die Erfüllung solcher Aufgaben gegeben würden, die überparteilicher Art seien, im allgemeinen staatlichen Interesse lägen, nicht zur Stärkung der Parteiorganisation bestimmt seien und ihrer Art nach auch von anderen Organisationen wahrgenommen würden oder wahrgenommen werden könnten. Zu denken sei hier etwa an Mittel für staatspolitische Bildungsarbeit oder kommunalpolitische Schulung.

Die im Haushaltsplan für die politischen Parteien vorgesehenen Mittel seien weder an solche konkreten Verwendungszwecke gebunden noch sei ihre Bereitstellung mit hinreichenden Sicherungen für die Parteigründungsfreiheit, die innere demokratische Ordnung und die Betätigungsfreiheit der Parteien verknüpft. So sei die volle Verfügungsmacht der Parteizentralen über die Staatsmittel geeignet, die - gegenwärtig schon stark gefährdete - demokratische Innenstruktur der Parteien zu stören und sie im Sinne direktorialer Herrschaftssysteme umzubilden. Gesetzliche Sicherungen seien ferner erforderlich, um die aus öffentlichen Mitteln unterstützten Parteien insbesondere vor Intervention, Visitation und Kontrolle durch die Träger der organisierten Staatsgewalt zu bewahren. Nur ein Parteiengesetz könne diesen Gefahren wehren und auch das Dilemma lösen, das darin bestehe, daß nach Art. 114 GG ohne öffentliche Verwendungskontrolle keine öffentlichen Mittel zugewendet werden dürften, daß aber eine Kontrolle durch staatliche Ämter unvereinbar mit der Parteienfreiheit sei.

Schließlich verletze die Beschränkung der staatlichen Zuschüsse auf die im Bundestag vertretenen Parteien das Recht aller Parteien auf Chancengleichheit im Wettbewerb um die Wählerstimmen. Wenn die Parteien als permanent tätige Wahlvorbereitungsorganisationen staatliche Förderung verdienten, so müßten sie gleich behandelt werden. Unter allen Umständen sei es gleichheitswidrig, staatliche Mittel den "Mandatsparteien" nach Vorabverteilung eines Sockelbetrages proportional als Wahlgewinnprämie zuzuwenden. Solche Verteilung diene der Erhaltung des status quo. Sie verfehle die demokratische Maxime, daß für alle Parteien die Chance des künftigen Mehrheitsgewinns offengehalten werden müsse.

Hingegen sei es zulässig, den Parlamentsfraktionen proportional ihrer Stärke staatliche Mittel zur Finanzierung ihrer Arbeit im Bundestag zuzuteilen. Da die Fraktionen mit eigenen Rechten ausgestattete Teile des Parlaments seien, gehöre ihre Finanzausstattung zur Selbstfinanzierung der Staatsorganisation und berühre nicht die Problematik der staatlichen Parteifinanzierung. Gleiches gelte für die Gewährung von Diäten an Abgeordnete, die diese als Inhaber eines verfassungsrechtlichen Amtes erhielten.

2. Dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und den Landesregierungen ist gemäß § 77 BVerfGG Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern.

a) aa) Als Beistand des Bundestags hat Professor... vorgetragen:
Der Antrag der hessischen Landesregierung sei unzulässig, weil er dieselbe Rechtsfrage betreffe, die das Bundesverfassungsgericht in einem Normenkontrollverfahren auf Antrag derselben Antragstellerin bereits entschieden habe. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts habe im Urteil über die steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51) die Verfassungsmäßigkeit finanzieller Förderung der politischen Parteien durch den Staat grundsätzlich bejaht. In diesem Verfahren habe die hessische Landesregierung als Antragstellerin in erster Linie die Feststellung erstrebt, daß jede Finanzierung der politischen Parteien aus Staatsmitteln mit Art. 21 GG unvereinbar sei. Das Gericht habe in den Urteilsgründen diese Ansicht verworfen und festgestellt, das Grundgesetz verbiete nicht jede unmittelbare oder mittelbare finanzielle Förderung der politischen Parteien von Staats wegen. In seinem Beschluß vom 15. März 1961 (BVerfGE 12, 276 [280]) habe der Zweite Senat diese Frage als bereits "entschieden" bezeichnet. Im anhängigen Verfahren lege dieselbe Antragstellerin dieselbe Rechtsfrage in anderem Gewand dem Bundesverfassungsgericht erneut vor.

Im Tenor des Urteils vom 24. Juni 1958 sei zwar nur über die Verfassungswidrigkeit steuerrechtlicher Vorschriften entschieden worden. Die für alle Verfassungsorgane geltende Bindungswirkung der Entscheidung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG erstrecke sich jedoch auch auf die tragenden Gründe. Der jetzige Antrag der hessischen Landesregierung werfe dieselbe Rechtsfrage mit den gleichen rechtlichen Erwägungen abermals auf, denen sich das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 24. Juni 1958 nicht angeschlossen habe. Nach allgemeinen Grundsätzen des verfassungsgerichtlichen Verfahrensrechts könne jedoch in einem solchen Fall nur bei einem grundlegenden Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung ein wiederholter Antrag desselben Antragstellers einer erneuten Sachentscheidung zugänglich sein. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor.

Der Antrag der hess. Landesregierung sei ferner deshalb unzulässig, weil er einen Titel eines Einzelplans des Haushaltsplans für das Jahr 1965 betreffe. Die Titel der Einzelpläne enthielten kein "Bundesrecht" im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr.2 GG. Bei Normenkontrollverfahren gehe es darum festzustellen, ob eine Norm gültig oder nichtig sei. Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens könne nur eine aus sich heraus verständliche Vorschrift sein. Die hessische Landesregierung habe ihren Antrag nach dem Vorbild der Normenkontrolle bei sogenannten Vertragsgesetzen formuliert. Bei Vertragsgesetzen sei eine aus sich heraus verständliche Bestimmung des Vertrages Gegenstand des Normenkontrollverfahrens. Das Haushaltsgesetz hingegen stimme nicht einem Instrument zu, das materielle Rechtssätze oder sonst die Allgemeinheit bindende generelle Anordnungen enthalte; es stelle lediglich den Haushaltsplan fest. Auch im Zusammenhang mit dem als Anlage zum Gesetz verkündeten Haushaltsplan enthalte diese Feststellung keine aus sich heraus verständliche Anordnung oder Vorschrift. Der Haushaltsplan sei ein bloßes Zahlenwerk, eine Gegenüberstellung der voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben. Die rechtliche Bedeutung seiner Feststellung ergebe sich nicht aus dem Haushaltsgesetz, sondern erst aus dem Gesamtzusammenhang der Verfassung und insbesondere aus § 30 RHO. Die Beschlüsse der gesetzgebenden Körperschaften über den Ansatz und die Zweckbestimmung eines Titels setzten keine an der Verfassung meßbare Normen, auch keine Normen im organschaftlichen Rechtskreis, sondern schüfen nur einen tatsächlichen Zustand, den § 30 RHO voraussetze. In bezug auf ihn sei ein Verfassungsrechtsstreit möglich. Dieser Zustand und der ihn schaffende Vorgang sei jedoch kein Substrat für ein Verfahren der Normenkontrolle.

Selbst wenn man das Haushaltsgesetz als Recht im "organschaftlichen Rechtskreis" ansehe, könne aber der Haushaltsplan nur insoweit Gegenstand eines Normenkontrollverfahrens sein, als er in die Form des Gesetzes gekleidet worden sei. Eine Vorschrift, die nicht als Gesetz verkündet worden sei, sei kein Gesetz. Dem Haushaltsgesetz sei als Anlage aber nur der Gesamtplan des Haushalts beigefügt. Die Einzelpläne mit den Titeln und ihren Zweckbestimmungen seien also von der Gesetzesform nicht erfaßt und könnten deshalb nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sein.

Haushaltsgesetz und Haushaltsplan könnten auch deshalb nicht Gegenstand eines Verfahrens der Normenkontrolle sein, weil Recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG nicht Gesetze umfasse, die in der Art wie das Haushaltsgesetz zeitlich befristet seien. Das Haushaltsgesetz habe mit dem 31. Dezember 1965 aufgehört, rechtliche Wirkungen zu entfalten. Gegenstand der Normenkontrolle sei nicht ein Akt der Rechtsetzung, sondern der Rechtssatz selbst. Deshalb sei ein Verfahren der Normenkontrolle unzulässig, wenn es ein Gesetz betreffe, das seine Wirkung verloren habe, wenn es sich also quasi um eine "nachträgliche Normenkontrolle" handeln würde. Es sei unerheblich, daß die Ausgaben im Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 des Haushaltsplans 1965 übertragbar seien, weil das Haushaltsgesetz und der von ihm umfaßte Haushaltsplan grundsätzlich Geltung nur für ein Jahr hätten.

bb) Der Beistand des Bundestags hat weiter dargelegt, daß eine unmittelbare staatliche Teilfinanzierung der Parteien grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht begegne.

Es sei ausgeschlossen, den Haushaltstitel, in dem die Mittel für die politischen Parteien bereitgestellt seien, mit der Erwägung zu verwerfen, jede Form nicht zweckgebundener staatlicher Parteifinanzierung sei schlechthin verfassungswidrig. Ein solcher Ausspruch käme einer prozessual unzulässigen präventiven Normenkontrolle gleich. Die generelle Unzulässigkeit staatlicher Parteifinanzierung lasse sich auch nicht mit dem Hinweis begründen, es fehle an einer dem Gesetzgeber ausdrücklich zuerkannten Befugnis, das Finanzgebaren der Parteien zu regeln. Entscheidend sei, daß das Grundgesetz die Parteifinanzierung nicht durch eine klare Norm ausdrücklich verbiete. Das Gebot der Rechenschaftslegung in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG schließe die Gewährung staatlicher Zuschüsse nicht aus. Auch über diese Mittel müßten die Parteien öffentlich Rechenschaft legen. Durch den Ausweis der Zuschüsse im Haushaltsplan werde ihre Offenlegung durch die Parteien nicht gegenstandslos.

Die Verfassungswidrigkeit der staatlichen Parteifinanzierung könnte nur mittelbar aus Grundsätzen der demokratischen Verfassungsordnung abgeleitet werden. In diesem Bereich habe jedoch das Bundesverfassungsgericht die politische Gestaltungsfreiheit der Verfassungsorgane zu achten. Es sei ihm verwehrt, ein verfassungspolitisches Ideal durchzusetzen. Nur bei evidenten Verstößen gegen Verfassungsgrundsätze, etwa bei einem Eingriff in den unumstrittenen Kernbereich der Demokratie, könne es den politisch gestaltenden Organen Einhalt bieten. Das Gericht müsse hierbei auch die allgemeine Rechtsüberzeugung beachten, die im Handeln der politischen Staatsorgane sichtbar werde. Entgegen der einhelligen Rechtsüberzeugung des Bundesgesetzgebers, vieler Länder sowie der im Bundestag vertretenen Parteien könne die Verfassungswidrigkeit der staatlichen Parteifinanzierung nur aus absolut einsichtigen Gründen mit der für eine verfassungsgerichtliche Entscheidung erforderlichen Evidenz hergeleitet werden. Das Gericht habe aber in seinem Urteil vom 24. Juni 1958 die Förderung der Parteien aus Staatsmitteln generell, nicht nur die Erstattung von Wahlvorbereitungskosten, eindeutig für verfassungsmäßig erachtet. Nachdem die politischen Staatsorgane diese Entscheidung jahrelang zum Maßstab ihres Handelns genommen hätten, könne heute die staatliche Parteifinanzierung nicht als evidenter Verfassungsverstoß bezeichnet werden.

Die gegen die staatliche Parteifinanzierung vorgebrachten Einwände beruhten im wesentlichen auf verfassungspolitischen und soziologischen Erwägungen. Die staatlichen Finanzbeihilfen an die Parteien dienten dazu, die Parteien zur Erfüllung der Aufgaben zu befähigen, die ihnen als "verfassungsrechtlichen Institutionen" oblägen. Durch die Gewährung dieser Zuschüsse würden die Parteien keinen staatlichen Interventionen und Kontrollen ausgesetzt oder gar gehindert, ihre verfassungsrechtlichen Aufgaben staatsunabhängig zu erfüllen. Gerade die fehlende Zweckbindung der Zuschüsse gewähre den Parteien Freiheit in der Verwendung der Mittel für ihre Aufgaben. Die Begrenzung der Zuschüsse auf die Wahlvorbereitungskosten sei jedenfalls dann nicht durchführbar, wenn man - wie die Antragstellerin - annehme, daß die Parteien permanent in der Wahlvorbereitung stünden. Eine Abhängigkeit von den Staatsorganen bestehe nicht. Bei einem derart politisch akzentuierten Ausgabetitel sei die Regierung verpflichtet, die Ausgaben zu leisten. Wenn die Parlamentsmehrheit mißbräuchlich den Haushaltstitel streiche, könnten die betroffenen Parteien Verfassungsklage erheben. Gegen eine verfassungsrechtlich einwandfreie Beseitigung werde der Finanzierungstitel auch dann nicht gesichert, wenn er durch Gesetz fundiert sei. Ein solches Gesetz sei im übrigen weder notwendig noch zweckmäßig. Vielmehr sei es wünschenswert, daß sich die Parteien nicht auf die Dauer auf die Staatszuschüsse einrichten könnten.

Unbegründet erscheine weiter die Besorgnis, die Parteien könnten bei der Kontrolle der Mittelverwendung unter staatlichen Einfluß geraten. Die Haushaltskontrolle beschränke sich auf die Prüfung, ob die Exekutive die Haushaltsmittel zweckentsprechend verwendet habe. Die Freiheit der Parteien werde durch diese Art der Kontrolle in keiner Weise beeinträchtigt. Dem Präsidenten des Bundesrechnungshofs brauchten die Parteien nur die zweckentsprechende Verwendung durch Ausgabenbelege nachzuweisen. Einer Eingriffskontrolle seien sie hierbei nicht ausgesetzt.

cc) Für den Bundestag hat ferner als Prozeßbevollmächtigter Rechtsanwalt ... dargelegt: Die staatliche Finanzierung der politischen Parteien sei grundsätzlich zulässig und auch in ihrer gegenwärtigen Form verfassungsmäßig. Die den Parteien aus Haushaltsmitteln gewährte Förderung gefährde nicht ihre Unabhängigkeit vom Staat oder gar die Demokratie selbst. Zwar könnte durch eine umfassende Staatsfinanzierung die innere demokratische Ordnung der Parteien bedroht werden und die Gefahr einer Verkümmerung des Mitgliederbestands entstehen. Eine totale staatliche Parteifinanzierung sei nach Auffassung aller im Bundestag vertretenen Parteien unzulässig. Die Parteien dürften nicht der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die Deckung ihres Finanzbedarfs zu bemühen. Deshalb sollten die staatlichen Zuschüsse das eigene Finanzaufkommen der Parteien nicht übersteigen. Diesem Grundsatz genüge die gegenwärtige Parteifinanzierung aus staatlichen Mitteln. Eine Vorherrschaft der zentralen Parteibürokratie werde dadurch nicht gefördert. Vielmehr schaffe eine staatliche Förderung erst die finanzielle Grundlage für die Parteiarbeit. Die innerparteiliche Willensbildung werde schon durch die Vorschriften der Wahlgesetze über die Kandidatenauswahl dezentralisiert und auch im übrigen genügend rechtlich gesichert.

Die staatliche Parteifinanzierung sei vereinbar mit dem Grundsatz, daß die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes als freie gesellschaftliche Gebilde mitwirkten. Ihre Unterstützung aus Haushaltsmitteln könne nicht deshalb unzulässig sein, weil sich die Parteien von "staatsferneren" gesellschaftlichen Vereinigungen durch ihren in Art. 21 GG anerkannten verfassungsrechtlichen Status unterschieden. Ihr unabhängiger Status werde nicht gefährdet, wenn der Staat einen bestimmten Teil der Parteiarbeit finanziere und darauf verzichte, Kontrolle über die Verwendung der Mittel auszuüben. Eine Teilfinanzierung der Parteiarbeit aus öffentlichen Mitteln bewahre die Parteien davor, in finanzielle Abhängigkeit von Wirtschaftsunternehmen und großen Verbänden zu geraten. Die finanzielle Unabhängigkeit der Parteien könne nicht dadurch gesichert werden, daß sie generell darauf verwiesen würden, möglichst viele Mitglieder zu werben und sich allein aus Mitgliederbeiträgen zu finanzieren. Es müsse der Entscheidung jeder Partei überlassen werden, ob sie eine Mitgliederpartei sein wolle. Andererseits könne die Gefahr der Abhängigkeit von privaten Geldgebern durch die Erfüllung der in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG normierten Pflicht, die Finanzquellen offenzulegen, nicht beseitigt werden. Wenngleich Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG die Möglichkeit staatlicher Zuschüsse nicht in Betracht ziehe, so werde doch Klarheit über die Finanzierungsgrundlagen der Parteien am ehesten durch die im Haushaltsplan ausgewiesenen Zuschüsse gewonnen. Der dem Gesetzgeber in Art. 21 Abs. 3 GG erteilte Regelungsauftrag schließe die Pflicht ein, für die Befriedigung des unbestreitbaren Finanzbedarfs der Parteien in einer Weise zu sorgen, daß die verfassungsrechtliche Stellung der Parteien nicht gefährdet werde.

Die institutionelle Garantie des Art. 21 GG schütze nicht nur die Freiheit der Parteien; sie ermächtige und verpflichte zugleich den Staat, die finanzielle Unabhängigkeit der Parteien, auch gegenüber Spendern und sonstigen "Finanziers", zu gewährleisten. Nach einhelliger Auffassung der im Bundestag vertretenen Parteien solle das Parteiengesetz in nächster Zeit verabschiedet werden; darin werde auch die Finanzierung der Parteien zusammen mit den anderen sich aus Art. 21 GG ergebenden Fragen geregelt werden. Allerdings bewirke das Fehlen des Parteiengesetzes nicht, daß die durch das Haushaltsgesetz bewilligte Teilfinanzierung der Parteien verfassungswidrig werde.

b) aa) Die Bundesregierung, die in der mündlichen Verhandlung durch Ministerialdirektor ... vertreten war, hält es für zweifelhaft, ob ein Haushaltsgesetz "Recht" im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG sei. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Normenkontrollverfahrens ergäben sich auch aus Art. 114 Abs. 2 GG. Da der Bundesrechnungshof im Rahmen der Rechnungsprüfung incidenter auch die Vereinbarkeit der Haushaltsansätze und ihrer Verwendung mit dem Grundgesetz prüfe, sei fraglich, ob eine mit dieser Prüfungszuständigkeit zum Teil kollidierende Normenkontrolle des Bundesverfassungsgerichts im Sinne des Grundgesetzes liege. Weiterhin bedürfe das Antragsrecht einer Landesregierung besonderer Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Art. 109 GG. Eine Normenkontrollklage gegen einen Haushaltsansatz ziele stets gegen haushaltswirtschaftliche Maßnahmen. Eine Landesregierung könnte also mit dem Mittel der Normenkontrolle in die Haushaltswirtschaft des Bundes übergreifen. Hierbei sei zu berücksichtigen, daß den Ländern zur Wahrung ihrer Rechte bei einer Verletzung von Art. 109 GG schon die Bund/Länder-Klage zur Verfügung stehe.

bb) Die Finanzierung politischer Parteien aus Haushaltsmitteln stehe in Einklang mit der Verfassung.

Das Grundgesetz verbiete die staatliche Parteifinanzierung nicht. Aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG könne ein solches Verbot nicht hergeleitet werden. Die zentrale verfassungsrechtliche Funktion der Parteien rechtfertige es, ihnen durch staatliche Finanzhilfe die unabhängige Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen.

Die durch Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Freiheit der Parteigründung werde durch staatliche Finanzzuweisungen an bestehende Parteien nicht beeinträchtigt. Gemindert würden möglicherweise die tatsächlichen Chancen von Neugründungen. Dies sei aber kein Problem des Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG, sondern berühre allenfalls den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien. Entsprechendes gelte für die von der Antragstellerin hervorgehobenen Gefahren für den Bestand einer Partei durch mißbräuchliche Handhabung der Finanzzuweisungen.

Durch eine staatliche Parteifinanzierung werde auch nicht ein dem Gebot der innerparteilichen Demokratie (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG) widersprechendes "Führersystem" in den Parteien gefördert. Es sei nicht einzusehen, warum die Gefahr eines Machtmißbrauchs nur bei staatlicher, nicht aber bei privater Finanzierung auftreten solle. Im übrigen richte sich die innere Ordnung der Parteien nach Satzung und Programm; diese müßten den Grundsätzen einer freiheitlichen demokratischen Ordnung entsprechen.

Schließlich sei auch der Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien nicht verletzt. Es erscheine vertretbar, bei der Verteilung der Mittel an die Ergebnisse der vorangegangenen Wahl anzuknüpfen. Es müsse vermieden werden, nicht ernstliche oder gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Parteigründungen zu unterstützen oder die Parteizersplitterung zu fördern. Es habe daher nahegelegen, nur die Parteien zu fördern, die bei der letzten Wahl mehr als 5% der abgegebenen Stimmen erreicht hätten.

Bei den kommenden parlamentarischen Erörterungen des Parteiengesetzes werde der Verteilungsschlüssel und auch die Frage nach einer Begrenzung der staatlichen Zuwendungen überprüft werden. Die Bundesregierung halte eine gesetzliche Regelung der finanziellen Probleme im Parteiengesetz für notwendig. Die Gewährung von Zuwendungen an die Parteien nur auf Grund des Haushaltsgesetzes sei eine zeitweilige Notmaßnahme.

c) Die Landesregierungen von Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und des Saarlandes sind übereinstimmend dem Antrag der hessischen Landesregierung entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung haben sie durch Staatssekretär ..., Nordrhein-Westfalen, vortragen lassen, die unmittelbare staatliche Parteifinanzierung sei grundsätzlich zulässig. Es bestünden auch keine Bedenken dagegen, daß die Mittel nur durch Haushaltsgesetz bewilligt und nur den im Parlament vertretenen Parteien zugewendet würden.

Art. 21 GG verbiete nicht die Finanzierung der Parteien aus öffentlichen Mitteln. Sie beeinträchtige nicht die Freiheit der Parteigründung. Allenfalls verringere sich für neu gegründete Parteien die Chance, Anhänger zu gewinnen und sich gegen den Propagandaaufwand der stärkeren Parteien durchzusetzen. Auch die Betätigungsfreiheit der Parteien im Rahmen der politischen Willensbildung bleibe unversehrt. Da die Zuschüsse nach einem festen Schlüssel, einer sehr allgemeinen Zweckbestimmung und ohne Bindungen und Dotationsauflagen gewährt würden, seien die Parteien nicht dem diskretionären Ermessen staatlicher Stellen ausgesetzt. Jedenfalls seien tatbestandsmäßig festliegende staatliche Subventionen weniger gefährlich als private Spenden, die der Geldgeber regelmäßig mit politischen Erwartungen verknüpfe. Aus Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG könne nicht gefolgert werden, daß die Verfassung die Parteien auf die prinzipiell suspekte Finanzierung durch finanzkräftige Spender festlegen wolle. Die Vorschrift wolle der Gefahr bedenklicher finanzieller Einflüsse durch das Gebot der Publizität entgegenwirken. Die Besorgnis, eine Teilfinanzierung durch den Staat werde den Einfluß der Spitzengremien in den Parteien stärken und die innerparteiliche Demokratie gefährden, sei nicht begründet. Die Verfügung über Geldmittel, seien sie privater oder öffentlicher Herkunft, richte sich nach Satzung und Organisation der Parteien. Die Möglichkeit mißbräuchlicher Verwendung der Mittel durch Spitzenfunktionäre mache für sich genommen die Gewährung staatlicher Mittel nicht unzulässig. Diese Mittel sollten neben den Mitgliederbeiträgen und Spenden dazu dienen, die notwendigen Aufwendungen der Parteien zu decken. Es sei eine legitime Staatsaufgabe, die Funktionsfähigkeit eines staatstragenden Mehrparteiensystems durch eine Teilfinanzierung der Parteien zu sichern. Verfassungsrechtlich bedenklich wäre allerdings eine staatliche Vollfinanzierung oder Überfinanzierung der Parteien, die diese in den Stand setzen würde, auf Mitgliederbeiträge zu verzichten oder die Parteimitgliedschaft durch Gewährung wirtschaftlicher Vorteile attraktiv zu machen. Das derzeitige Ausmaß der staatlichen Zuwendungen stelle jedoch nur eine - verfassungsrechtlich unbedenkliche - Teilfinanzierung dar.

Die Beschränkung der staatlichen Finanzbeihilfen auf die sogenannten Mandatsparteien sei durch das Ziel gerechtfertigt, das Parlament als funktionsfähiges Staatsorgan zu erhalten und Störungen des Verfassungslebens vorzubeugen. Die Parteien, denen es gelinge, die Sperrminorität bei den Wahlen zu überwinden und an der staatlichen Willensbildung mitzuwirken, seien für den Staat in höherem Maß funktionswichtig als außerparlamentarische Minderheitsparteien. Eine sachgerechte Regelung der staatlichen Parteifinanzierung müsse an eine solche Sperrgrenze anknüpfen, wenn sie nicht zur Gründung kleinster Splitterparteien anreizen wolle. Die Bestimmung der Sperrmarke sei Sache des gesetzgeberischen Ermessens.

Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben dieselbe Rechtsauffassung vertreten.

3. Das Bundesverfassungsgericht hat den Beauftragten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der Christlich Demokratischen Union Deutschlands, der Christlich-Sozialen Union, der Freien Demokratischen Partei, der Gesamtdeutschen Partei (DP/BHE), der Bayernpartei, der Deutschen Friedens-Union und der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands Gelegenheit zur Äußerung in diesem Verfahren gegeben.

a) Für die Sozialdemokratische Partei hat deren Bevollmächtigter, Rechtsanwalt ..., vorgetragen, das Grundgesetz verbiete nicht die Gewährung staatlicher Zuschüsse an die Parteien. Aus verfassungspolitischen Gründen sei es freilich notwendig, bestimmte Bedingungen für die staatliche Parteifinanzierung im Parteiengesetz aufzustellen. Die staatlichen Zuschüsse dürften die Eigenmittel der Parteien nicht überschreiten. Die Mittel sollten weiter an einen überparteilichen Zweck, etwa an den der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit, gebunden werden. Die politischen Bildungsarbeit sei nicht schwerer bestimmbar als die Wahlvorbereitungstätigkeit der Parteien. Ferner müsse die öffentliche Finanzierung der Parteien dem Grundsatz der Chancengleichheit gerecht werden. Bei der Beratung des Parteiengesetzes werde zu prüfen sein, ob nur die Parteien gefördert werden sollten, die bei der letzten Wahl die Sperre der 5-v.H.-Klausel überschritten hätten. Unter dem Aspekt der Chancengleichheit erscheine es richtiger, die Sperre niedriger anzusetzen.

Die finanzielle Daseinsvorsorge des Staates für die Parteien greife grundsätzlich nicht in die Freiheit und Unabhängigkeit der Parteien ein. Geldleistungen der öffentlichen Hand an die Parteien seien ebensowenig eine Intervention wie die Vergabe von Rundfunksendezeiten. Wenn durch Art. 20 und 21 GG gewährleistet sei, daß der Prozeß der politischen Willensbildung frei von Zwang und Beeinflussung durch staatliche Organe bleibe, so werde damit die offene staatliche Parteifinanzierung nicht verboten. Die Einführung der offenen, zweckgebundenen Förderung der Parteien aus Haushaltsmitteln sei die Folge davon, daß die Aufgaben der Parteien und ihre verfassungsrechtliche Funktion bei der politischen Willensbildung gewachsen seien. In dieser Funktion seien die Parteien auch gegen finanzielle Beeinflussung aus dem gesellschaftlichen Raum geschützt. Das Gebot der Rechenschaftslegung biete hier schon deshalb keine ausreichende Sicherung, weil es nicht dazu nötige, die politischen Interessen und Bedingungen der Geldgeber offenzulegen.

Die staatliche Finanzierung beeinträchtige nicht die Parteigründungsfreiheit; ihre Ausgestaltung könne aber den Gleichheitssatz verletzen. Unberechtigt sei die Besorgnis, die Staatszuschüsse gefährdeten die innerparteiliche demokratische Willensbildung und gäben den Parteispitzen ein Übergewicht gegenüber den unteren Parteiorganisationen. Die Parteien würden durch die Regelung der Zuschüsse im Haushaltsgesetz auch nicht dem Einfluß der Exekutive ausgesetzt. Die Regierung könne nach geltendem Recht die Mittel nicht nach ihrem Ermessen sperren. Auch die Haushaltskontrolle schließe keine staatliche Kontrolle über die Parteien ein.

Insgesamt ergebe sich, daß die Freiheit der politischen Willensbildung durch staatliche Zuschüsse gefördert werde, sofern diese zum Zweck der politischen Bildung innerhalb der Parteien verwendet würden. Politische Bildung sei die Voraussetzung für politische Willensbildung. Sie solle das kritische Bewußtsein und vor allem die Bereitschaft der Bürger wecken, an der Willensbildung in den Parteien teilzunehmen. Diese von Art. 21 GG geforderte parteiinterne demokratische Willensbildung sei nicht möglich in reinen Wählerparteien, deren personelle und sachliche Entscheidungen von einer kleinen Schicht von Honoratioren bestimmt werden. Art. 21 GG gebiete daher den Parteien, sich am Modell der Mitgliederpartei zu orientieren. Wenn die Parteien die eigentlichen Träger der politischen Willensbildung seien und ohne sie eine demokratische Staatsorganisation nicht begründet werden könne, so dürfe es dem Staat nicht verwehrt werden, den Parteien ihre freie und unabhängige Betätigung auch finanziell zu sichern.

b) Die Christlich Demokratische Union Deutschlands - vertreten durch Professor... und Rechtsanwalt... - bezweifelt die Zulässigkeit des Antrags. Das Haushaltsgesetz sei eine zwischen Parlament und Regierung vereinbarte planende und regulierende Maßnahme; es unterscheide sich wesentlich von anderen Normen. Es entspreche der Ökonomie der Verfahrensarten, das Normenkontrollverfahren auf die Prüfung materieller Rechtsnormen zu beschränken. Für die Beanstandung des Haushaltsgesetzes seien der Organstreit und der Bund/Länder-Streit die geeigneten Verfahren.

Die staatliche Parteifinanzierung sei sachlich mit dem Grundgesetz vereinbar. Art. 21 GG enthalte keine Hinweise auf die entscheidende Frage. Aus dem Gebot der Rechenschaftslegung (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG) könne ein Verbot der staatlichen Parteifinanzierung nicht entnommen werden. Die Kritik an der staatlichen Parteifinanzierung werde wesentlich von politischen, nicht verfassungsrechtlichen Bedenken getragen. Soweit aber die Verfassung hier nicht bestimmte Grenzen setze, sei der Gesetzgeber in seiner Gestaltung frei.

Die Gesetzgebung des Bundes auf dem Gebiet der Parteifinanzierung gründe sich auf Art. 21 GG. Der dem Bund erteilte Regelungsauftrag enthalte keine Sachkompetenz im Sinne der Art. 73 ff. GG, sondern ermächtige zur ergänzenden Gestaltung eines verfassungsorganisatorischen Bereichs. Seinen eigenen organisatorischen Bereich und auch den der "politischen Verfassung", zu dem die Parteien gehörten, dürfe der Bund regeln. Für die sachliche Zulässigkeit staatlicher Parteifinanzierung sei entscheidend, ob die Verfassung solche Maßnahmen verbiete, nicht aber, ob die Verfassung den Gesetzgeber hierzu ausdrücklich ermächtige.

Die staatliche Finanzierung gefährde nicht die Freiheit und Unabhängigkeit der Parteien vom Staat. Zwar sei es den Staatsorganen verwehrt, auf Entstehung, Betätigung und Organisation der Parteien einzuwirken. Gleichwohl seien die Parteien in ihren politischen Zielen und Aktionen eng mit der Staatspolitik verflochten, und zwar unabhängig von der Finanzierung aus öffentlichen Mitteln. Der demokratische Staat als politische Wirkungseinheit werde von den Parteien mitgeformt. Wenn sie auch von der institutionellen Organisation der verfaßten Staatsbehörden geschieden seien, so bezeichne doch die in Art. 21 GG normierte "Mitwirkung bei der politischen Willensbildung" einen Prozeß der Verschränkung von institutionellen und sozialen Elementen des Gemeinwesens. Für die Wirksamkeit des demokratischen Repräsentationssystems sei es entscheidend, daß die Parteien permanent als Mittler zwischen Parlament und Volk wirkten und den Volkswillen permanent formten und zum Ausdruck brächten. Zwar könne die Glaubwürdigkeit der Repräsentation bei einer totalen Parteifinanzierung Schaden nehmen. Jedoch werde die von Art. 21 Abs. 1 Satz 2 und 3 GG vorausgesetzte innere Freiheit der Parteien durch eine in angemessenem Verhältnis zu den Eigenmitteln der Partei stehende, ohne Bedingungen und Verwendungskontrollen gewährte staatliche Finanzhilfe ebensowenig berührt, wie die Rundfunkfreiheit durch die Finanzierung der Rundfunkanstalten aus öffentlichen Gebühren angetastet werde. Es sei auch nicht zu befürchten, daß der Finanzminister entgegen der vom Parlament gewollten Bindung an den Ausgabenansatz den Parteien die Zahlungen sperre und dadurch Einfluß auf das Finanzgebaren der Parteien gewinne. Die gegenüber den Parteien im Rahmen der Haushaltskontrolle ausgeübte nur summarische, rechnerische Prüfung der Mittelverwendung sei für die Parteienfreiheit ebenfalls unschädlich.

Schädlich könne für die Parteien hingegen eine dauernde Diskrepanz zwischen ihren Aufgaben und ihrer Finanzausstattung werden. Das Ausmaß der den Parteien zugewachsenen dauernden Aufgaben, nämlich die Auswahl der Kandidaten für die Wahlen der Parlamente, die Formierung der politischen Auffassungen für eine "antagonistische politische Auseinandersetzung", die Kontrolle der Staatsorganisation, die informative Verbindung zur Wählerschaft und der Ausgleich der Gruppeninteressen, werfe die Frage auf, wie diese Funktionen ohne eine angemessene Relation zwischen Aufgaben und Finanzkraft erfüllt werden könnten. Insbesondere die Auseinandersetzung mit den mächtigen Verbänden fordere eine hinreichende organisatorische Kraft der Parteien.

Die freie Selbstbestimmung der Parteien werde nicht schon dann verletzt, wenn gesetzgeberische Maßnahmen die Parteistruktur beeinflußten. Das beweise die verschiedene Ausgestaltung des Wahlrechts. Ähnliches gelte für die verschiedenen Formen staatlicher Parteifinanzierung, die sich im letzten Jahrhundert verbreitet hätten und heute zulässig seien, insbesondere die Entschädigung von Abgeordneten durch Zahlung von Reisekosten und Diäten. Seit dem Aufkommen der sozialistischen Parteien hätten derartige staatliche Zuwendungen dem Gebot der Gleichheit entsprochen, hätten aber die Unabhängigkeit der Abgeordneten oder die innere Struktur der Parteien nicht beeinträchtigt. Entsprechend sei die Übernahme von Unkosten der parlamentarischen Fraktionen zu bewerten.

Angesichts der historisch und soziologisch gefestigten Strukturunterschiede der Parteien verbiete hingegen der Grundsatz der Freiheit und Chancengleichheit aller Parteien, daß die staatliche Parteifinanzierung am Modell einer Partei mit relativ hohem, fest organisierten Mitgliederbestand oder gar am Modell solcher Parteien gemessen werde, die sich mit sozialen Interessenverbänden identifizierten, von denen sie abhängig seien.

Individuelle Beiträge reichten wegen der Zurückhaltung der Bürger gegenüber den Parteien, die in Deutschland besondere Gründe habe, und wegen der Kostensteigerungen nicht mehr aus. Decke eine Partei ihre notwendigen Aufwendungen aus privaten Spenden, so sei es möglich, daß sie sich der politischen Beeinflussung ihrer Geldgeber aussetze. Hingegen biete die staatliche Finanzierung volle Publizität und bringe - wo sie maßvoll geordnet sei - auch keine Abhängigkeit mit sich. Die Praxis der staatlichen Finanzhilfe in vielen westlichen Demokratien beweise, daß eine begrenzte - verschieden ausgestaltete - Förderung der Parteien aus öffentlichen Mitteln zwar noch politisch umstritten sei, nirgends jedoch auf ernstere verfassungsrechtliche Bedenken stoße.

Im Geltungsbereich des Grundgesetzes könne die staatliche Mittelzuwendung erst dann mit Art. 21 GG unvereinbar sein, wenn sie nach Art und Ausmaß die Struktur der Parteien als demokratischer Wählervereinigungen beeinträchtige. Es sei aber nicht zu erwarten, daß die staatliche Finanzierung die Innenstruktur der Parteien im Sinne eines dem Grundsatz der innerparteilichen Demokratie widersprechenden Systems zentraler und hierarchischer Führung verändere. Schließlich erscheine es möglich, einen chancenneutralen Maßstab für die Verteilung der Mittel an die Parteien zu finden. Bei der Beratung des Parteiengesetzes könne geprüft werden, ob auch den Parteien Mittel gewährt werden sollten, die bei der letzten Wahl weniger als 5 v.H. der Stimmen erreicht hätten.

c) Auch die Christlich-Soziale Union - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt... - hält die bestehende staatliche Parteifinanzierung nach Grund, Art und Umfang für verfassungsmäßig. Sie gefährde die Unabhängigkeit der Parteien vom Staat ebensowenig, wie die Subventionierung von Verbänden deren Unabhängigkeit beeinträchtige. Keine Partei werde wegen eines ohne Bedingungen und Auflagen gewährten finanziellen Zuschusses ihr politisches Programm ändern. Die Bindung der Mittel an den Zweck des politischen Bildungsauftrags müsse wirkungslos bleiben; politische Bildungsarbeit der Parteien sei von ihrer Werbetätigkeit nicht trennbar. Einer parlamentarischen Mehrheit sei es aus rechtlichen und politischen Gründen verwehrt, durch willkürliche Änderungen der Haushaltszuschüsse die Existenz einer Partei zu gefährden. Unrealistisch sei die Besorgnis, eine staatliche Finanzhilfe verschränke die Parteien mit den staatlichen Institutionen. Gefährlicher könne die Abhängigkeit der Parteien von privaten Geldgebern werden; ihr werde durch die Bewilligung öffentlicher Mittel an die Parteien begegnet. Die Förderung aus Haushaltsmitteln rüste die Parteien für ihre eigentlichen Aufgaben und enthebe sie der Notwendigkeit, einen großen Teil ihrer Energie auf den Erwerb ihres Unterhalts zu verwenden.

Solche Förderung lasse den Grundsatz der freien Parteigründung unversehrt. Wirklichkeitsfern sei auch die Befürchtung, staatliche Finanzzuwendungen beeinträchtigten die demokratische Ordnung in den Parteien. Die staatliche Parteifinanzierung befestige auch nicht die bestehenden Mehrheitsverhältnisse. Das Ergebnis der letzten Bundestagswahl bilde einen rechtmäßigen Maßstab für die Verteilung der öffentlichen Mittel. Die Mitwirkung einer Partei im Bundesparlament qualifiziere sie als förderungswürdig.

d) Die Freie Demokratische Partei - vertreten durch Rechtsanwalt ... - hat sich dem Vortrag der Christlich Demokratischen Union angeschlossen und ergänzend darauf hingewiesen, daß der weitaus überwiegende Teil der Tätigkeit einer Partei politische Bildungsarbeit sei. Weiter hat sie besonders hervorgehoben:

Die Frage der staatlichen Parteifinanzierung könne mangels einer einschlägigen Norm nicht verfassungsrechtlich, sondern nur verfassungspolitisch beurteilt werden. Das Gebot der Rechenschaftslegung erkläre sich aus historischen Erfahrungen. Es wolle verhindern, daß anonyme Geldgeber ebenso wie in der Zeit vor 1933 zum Schaden der staatstragenden Parteien vorwiegend radikale Flügelparteien finanziell unterstützten. Solche sachfremden Einflüsse sollten aufgedeckt werden. Art. 21 GG verpflichte die Parteien jedoch nicht, sich allein aus ihren Mitgliederbeiträgen zu finanzieren. Die Mitgliederbeiträge reichten nicht aus, um die Parteien funktionsfähig zu erhalten. Deshalb seien sie ohne staatliche Finanzhilfe auf private Geldgeber angewiesen, die durch Spenden die Parteien ihren Sonderinteressen gefügig zu machen suchten. Hingegen stärkten die offen ausgewiesenen, jedem Parteimitglied bekannten Staatszuwendungen die Freiheit und Unabhängigkeit der Parteien. Sie beeinträchtigten nicht die innere demokratische Struktur der Parteien. Gewiß müsse bei der Mittelvergabe der Gleichheitssatz gewahrt bleiben. Die Begrenzung der öffentlichen Förderung auf die im Bundestag vertretenen drei klassischen Parteien sei jedoch sachgerecht. Sie verkörperten die drei staatspolitischen Ideen, auf die es allein ankomme, nämlich die Idee der christlichen Demokratie, der sozialistischen Demokratie und der liberalen Demokratie.

e) Zur Unterstützung ihrer Auffassung haben die Christlich Demokratische Union, die Christlich-Soziale Union und die Freie Demokratische Partei ein Gutachten von Professor W..., "Zur Frage der Subventionierung politischer Parteien aus öffentlichen Mitteln" vorgelegt.

f) Die Deutsche Friedens-Union hat durch ihren Bevollmächtigten, Rechtsanwalt..., vortragen lassen:
Die Zuweisung staatlicher Haushaltsmittel an politische Parteien sei grundsätzlich zulässig. Da die Parteien notwendige Bestandteile des Verfassungslebens seien, dürfe ihnen die Finanzierung ihrer Aufgaben nicht unmöglich gemacht werden. Es könne sogar verfassungsrechtlich geboten sein, die Parteien so auszustatten, daß sie die ihnen obliegenden Aufgaben wahrnehmen könnten.

Die staatliche Parteifinanzierung könne jedoch unzulässig werden, wenn sie die Grundsätze der freien Parteigründung und der Chancengleichheit sowie das Gebot des demokratischen Aufbaus der Parteien verletze. Mit der Freiheit der Parteigründung sei nicht nur der Gründungsakt als solcher, sondern auch die Möglichkeit gewährleistet, daß eine neue Partei eine reale Chance bekomme. Das gelte insbesondere für Parteineugründungen, die sich zum Ziel setzten, eine im Volk vorhandene, bisher parlamentarisch nicht ausgedrückte oppositionelle Meinung darzustellen. Es gehe nicht an, kleine Parteien dieser Prägung von der staatlichen Finanzierung mit dem diffamierenden Argument auszuschließen, der Staat müsse die Gefahr vermeiden, verfassungsfeindliche Parteien zu fördern. Für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei stehe nur das Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG zur Verfügung. Die bisher praktizierte Form staatlicher Zuwendungen an die im Bundestag vertretenen Parteien sei jedenfalls wegen Verstoßes gegen das Prinzip der Chancengleichheit verfassungswidrig. Der durch die 5-v.H.-Klausel bewirkte Eingriff in die Wettbewerbsgleichheit könne für sich genommen noch gebilligt werden, nicht jedoch seine Kumulation mit dem Ausschluß der kleinen Parteien von den staatlichen Zuschüssen. Dadurch werde der Wettbewerbsvorsprung der parlamentarisch vertretenen Parteien derart vergrößert, daß der Grundsatz der Chancengleichheit nicht mehr gewahrt sei.

Allerdings seien gesetzgeberische Lösungen denkbar, die diese Verfassungsverletzung vermieden. Sie müßten an dem Grundsatz ausgerichtet sein, daß der einzelne Staatsbürger darüber bestimme, welcher Partei oder welchen Parteien sein "Parteienbeitrag" zukommen solle. Die Gefahr der "Entdemokratisierung" der Parteien bestehe unabhängig von der staatlichen Parteifinanzierung auch bei privaten Geldzuwendungen. Ihr könne durch ein generelles Verbot der staatlichen Förderung nicht wirksam begegnet werden. Eine offene Unterstützung aus Staatsmitteln könne vielmehr die verhängnisvollere Abhängigkeit einzelner Parteien von Interessengruppen und Verbänden vermindern.

g) Die Gesamtdeutsche Partei (DP/BHE), die Bayernpartei und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands haben davon abgesehen, sich in diesem Verfahren zu äußern. Sie haben ihre Rechtsauffassung in den Verfahren über die von ihnen eingeleiteten Organstreitigkeiten dargelegt, über die das Gericht durch Urteile vom 19. Juli 1966 entschieden hat (BVerfGE 20, 119 ff. und BVerfGE 20, 134 ff.).

III.

Die Bundesschatzmeister der Sozialdemokratischen Partei, A. N., der Christlich Demokratischen Union, Professor F. B., der Freien Demokratischen Partei, H. W. R., und der Landesschatzmeister der Christlich-Sozialen Union, Dr. F. Z., sind als Zeugen vernommen worden. Sie haben ausgesagt über die Verwendung der Sondermittel für politische Bildungsarbeit in Höhe von 5 Millionen DM, Untertitel 612a Kapitel 0602 des Bundeshaushaltsplans 1962, über die Frage, wie ihre Partei die politische Bildungsarbeit von ihrer sonstigen Tätigkeit trennt, über die Einnahmen einschließlich der geldwerten Dienste und die Ausgaben ihrer Partei in den Jahren 1962, 1964 und 1965, über das Verhältnis der Leistungen der öffentlichen Hand zu den anderen Einnahmen der Partei und über die zusätzlichen Einnahmen und Ausgaben ihrer Partei für die Bundestagswahlkämpfe 1957, 1961 und 1965.

Was die politischen Parteien nach den Angaben ihrer Schatzmeister in der mündlichen Verhandlung und den von ihnen übergebenen Unterlagen in den Jahren 1962 und 1964 aus Haushaltsmitteln des Bundes und der Länder erhalten haben, in welchem Verhältnis dazu ihre anderen Einnahmen - ohne Berücksichtigung der geldwerten Dienste - standen und wie hoch ihre Ausgaben waren, ergibt sich aus folgender Übersicht:

SPD (1962; 1964):
öffentliche Mittel 9 574 144 DM; 17 788 958 DM
andere Einnahmen 19 744 950 DM; 27 053 475 DM
Ausgaben 24 327 833 DM; 44 026 462 DM
CDU:
öffentliche Mittel 10 970 000 DM; 17 940 000 DM
andere Einnahmen 17 350 000 DM; 17 420 000 DM
Ausgaben 26 450 000 DM; 32 430 000 DM
CSU:
öffentliche Mittel 3 016 511 DM; 5 885 893 DM
andere Einnahmen keine Angaben; keine Angaben
Ausgaben (ohne Bezirks- und Unterverbände) 2 356 201 DM; 4 778 153 DM
FDP:
öffentliche Mittel 3 858 454 DM; 7 583 382 DM
andere Einnahmen 9 239 571 DM; 9 594 471 DM
Ausgaben 12 195 460 DM; 14 755 830 DM

Der Schatzmeister der Christlich Demokratischen Union hat als Ausgaben seiner Partei Beträge angegeben, die um je 8 Millionen DM höher liegen als die hier angegebenen Zahlen. Er hat darauf hingewiesen, daß Finanzlage und Finanzgebaren einer Partei nur dann richtig erfaßt werden könnten, wenn ein Zeitraum von vier Jahren betrachtet werde, in dem sich alle wichtigen politischen Vorgänge wiederholten. Der Zeuge hat deshalb den Ausgaben in den Jahren 1962 und 1964 je 8 Millionen DM für die Bundestagswahl zugeschlagen, die in den hier genannten Zahlen nicht enthalten sind.
Als zusätzliche Einnahmen und Ausgaben für die drei letzten Bundestagswahlkämpfe haben die Zeugen folgende Beträge genannt:

SPD (1957; 1961; 1965):
Einnahmen 7 508 100 DM; 13 166 842 DM; 12 120 284 DM
Ausgaben 9 705 484 DM; 15 847 975 DM; 29 157 276 DM
CDU:
Einnahmen 18 160 000 DM; 23 682 000 DM; 20 450 000 DM
Ausgaben 18 500 000 DM; 25 000 000 DM; 33 500 000 DM
CSU:
Einnahmen 2 067 364 DM; 2 899 462 DM; 1 841 438 DM
Ausgaben 1 601 368 DM; 1 164 300 DM; 3 437 628 DM
FDP:
Einnahmen keine Angaben; keine Angaben; keine Angaben
Ausgaben 10 000 000 DM; 14 500 000 DM; 17 200 000 DM

Die Zeugen haben betont, daß ihre Angaben zum Teil auf Schätzungen beruhen, vor allem deshalb, weil ihnen vollständige Unterlagen für die unteren Gliederungen ihrer Parteien nicht zur Verfügung stünden. Die angegebenen Summen sind nur begrenzt vergleichbar, da die Methoden ihrer Berechnung nicht voll übereinstimmen.

B.

Der Antrag ist zulässig.

1. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, daß der Zweite Senat in den Gründen seines Urteils vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 [63]) entgegen der im damaligen Verfahren von der hessischen Landesregierung als Antragstellerin vorgetragenen Ansicht, jede unmittelbare oder mittelbare finanzielle Förderung der politischen Parteien von Staats wegen sei durch das Grundgesetz verboten, ausgeführt hat, es müsse zulässig sein, nicht nur für die Wahlen selbst, sondern auch für die die Wahlen tragenden politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung zu stellen. Denn das Gericht hat im Urteil vom 24. Juni 1958 nicht über denselben Gegenstand entschieden, über den im anhängigen Normenkontrollverfahren zu entscheiden ist. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sind weder der Antrag noch die Anregungen und Rechtsbehauptungen des Antragstellers, sondern allein die von subjektiven Rechten und Rechtsauffassungen unabhängige Frage, ob ein bestimmter Rechtssatz gültig oder ungültig ist, ob also objektives Recht besteht oder nicht, sowie die entsprechende richterliche Feststellung (BVerfGE 1, 208 [219 f.], 396 [406 f., 414]). Lediglich hinsichtlich dieser Feststellung kann ein Urteil im Normenkontrollverfahren eine der materiellen Rechtskraft entsprechende Wirkung entfalten. Diese Rechtskraftwirkung bezieht sich nur auf die Entscheidungsformel, nicht auf die in den Gründen enthaltenen Urteilselemente, wenn auch die Entscheidungsgründe zur Ermittlung des Sinnes der Urteilsformel herangezogen werden können (vgl. BVerfGE 4, 31 [38 f.]; 5, 34 [37]).

Den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts kommt gleich denen anderer Gerichte Rechtskraftwirkung zu (BVerfGE 4, 31 [38]). Das Normenkontrollverfahren unterscheidet sich zwar von Verfahren anderer Art dadurch, daß in einem objektiven Verfahren Rechtsnormen niedrigeren Ranges am Maßstab von Normen höheren Ranges auf ihre Gültigkeit geprüft werden (BVerfGE 1, 396 [407]). Eine über die allgemeine Rechtskraftwirkung hinausreichende Bindung an Urteilselemente einer früheren Entscheidung kann aus den Besonderheiten des Normenkontrollverfahrens jedoch nicht hergeleitet werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob bei einem grundlegenden Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung das Gericht auf Antrag erneut über die Verfassungsmäßigkeit derselben Rechtsnorm entscheiden könnte, deren Gültigkeit in einem früheren Verfahren bejaht worden ist (vgl. Bay VerfGHE 5, 166 [183 f.]; 8, 59 [63]; 11, 127 [140]; 15, 19 [34]; 17, 1 f.). Denn im vorliegenden Verfahren ist über die Gültigkeit einer Norm des Bundeshaushaltsgesetzes 1965 zu entscheiden, während durch des Urteil vom 24. Juni 1958 über die Gültigkeit steuerrechtlicher Vorschriften entschieden wurde.

Die Rechtskraft des Urteils vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51), die das Bundesverfassungsgericht beachten muß (BVerfGE 4, 31 [38]), steht also - wie auch der Bundestag nicht verkennt - unter keinem Aspekt der Zulässigkeit des Antrages entgegen. Hieran ändert sich nichts dadurch, daß das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 15. März 1961 (BVerfGE 12, 276 [280]) auf seine Ausführungen im Urteil vom 24. Juni 1958 Bezug genommen und die dort behandelte Frage als "bereits entschieden" bezeichnet hat.

Die von der Rechtskraft zu unterscheidende Bindungswirkung des Urteils vom 24. Juni 1958 gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG ist die Frage der Zulässigkeit des Antrages unberührt; sie besteht nicht für das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 4, 31 [38]). Diese Bindungswirkung umfaßt zudem nur die Entscheidungsformel des Urteils vom 24. Juni 1958 und die sie tragenden Gründe (BVerfGE 1, 15 [37]; Beschluß vom 20. Januar 1966 - BVerfGE 19, 377 [391 f.]). Zu ihnen gehören nicht die Ausführungen, es sei zulässig, den die Wahlen tragenden politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung zu stellen. Damit wurde lediglich die Ansicht der Antragstellerin zurückgewiesen, die seinerzeit zu prüfenden steuerrechtlichen Normen seien deshalb nichtig, weil das Grundgesetz jede unmittelbare oder mittelbare finanzielle Förderung der politischen Parteien durch den Staat verbiete. Die Ausführungen des Gerichts zu dieser Frage wären geeignet gewesen, eine Entscheidungsformel zu tragen, die die Gültigkeit der geprüften Normen feststellt. Im Urteil vom 24. Juni 1958 wurde aber die Nichtigkeit dieser Normen festgestellt, weil sie gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien verstießen.

Ein allgemeiner verfahrensrechtlicher Grundsatz, demzufolge derselbe Antragsteller dieselbe verfassungsrechtliche Frage dem Bundesverfassungsgericht erneut nur dann vorlegen kann, wenn neue rechtliche Gesichtspunkte vorgetragen werden oder wenn ein grundlegender Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung eingetreten ist, besteht nicht. Ein solcher Grundsatz läßt sich nicht aus den §§ 96 und 41 BVerfGG herleiten. Diese Vorschriften handeln von der Frage, wann in bezug auf dieselbe Sache oder dieselbe Person Anträge wiederholt werden können. Die vom Bundestag angeführte Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs betrifft die Frage, wann ein Antrag wiederholt werden kann, der dieselbe Norm betrifft, deren Gültigkeit in einem früheren Verfahren festgestellt wurde. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält keinen Ansatzpunkt für den vom Bundestag angeführten Verfahrensgrundsatz. Sowohl in den Entscheidungen zu § 10 des Zweiten Neugliederungsgesetzes vom 4. Mai 1951 (BVerfGE 1, 14 und 1, 89) als auch zu §§ 14 Abs. 2 und 17 G 131 (BVerfGE 1, 167 und 7, 305) ging es um die Frage, ob in bezug auf dieselben Normen, deren Gültigkeit bereits bejaht worden war, ein neuer Antrag zulässig sein kann. In dem nach Ansicht des Bundestags bestehenden Verfahrensgrundsatz ist ein Element der materiellen Rechtskraft (Beschränkung des Antragsrechts nur desselben Antragstellers) kombiniert mit einem Element der Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG (Beschränkung des Antragsrechts nur dann, wenn über die "vorgelegte" Rechtsfrage in den tragenden Gründen einer Entscheidung bereits früher entschieden worden ist). Ein sich hiernach ergebender Verbrauch der Antragsberechtigung eines bestimmten Antragstellers im Normenkontrollverfahren über die allgemeine Rechtskraftwirkung hinaus ist dem Verfassungsprozeßrecht fremd. Einem Antragsteller kann nicht verwehrt werden, dieselben Rechtsfragen und seine Auffassung zu ihnen in einer anderen Sache erneut dem Bundesverfassungsgericht vorzutragen. Die Frage, ob ein wiederholter Antrag unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, stellt sich nur, wenn der Antrag einen Gegenstand betrifft, über den bereits in einem früheren verfassungsgerichtlichen Verfahren entschieden worden ist. Gegenstand des auf Antrag der hessischen Landesregierung eingeleiteten Normenkontrollverfahrens, das durch das Urteil vom 24. Juni 1958 abgeschlossen wurde, war aber lediglich die Frage der Gültigkeit steuerrechtlicher Vorschriften, die die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an politische Parteien bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens vorsahen.

2. Der Antrag ist auch nicht deshalb unzulässig, weil es an einem Rechtssatz fehlt, dessen Gültigkeit im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle geprüft werden kann. Durch § 1 des Bundeshaushaltsgesetzes 1965 in Verbindung mit Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 des Haushaltsplans ist dem Bundesminister des Innern die Ermächtigung erteilt worden, 38 Millionen DM als Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Art. 21 GG auszugeben. Diese Ermächtigungsvorschrift ist Recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG und kann deshalb im Normenkontrollverfahren auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz geprüft werden.

a) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach entschieden, daß zum Recht im Sinne dieser Vorschriften alle Bestimmungen eines Gesetzes gehören, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie Rechtssätze im Sinne des überkommenen Rechtssatzbegriffes enthalten oder nicht; der Ausdruck "Bundesrecht" soll den Gegenstand der Normenkontrolle möglichst umfassend bezeichnen (BVerfGE 1, 396 [410]; 2, 307 [312]; 4, 157 [162]). Das Gericht hat in Verfahren der abstrakten Normenkontrolle auch gesetzliche Bestimmungen über die Errichtung einer Stiftung und einer Bundesoberbehörde geprüft, ohne daß insoweit Zweifel an der Zulässigkeit der Anträge aufgetreten sind (vgl. BVerfGE 10, 20 [35]; 14, 197 [209]). Das Gericht hat festgestellt, daß sich aus der Wahl der Gesetzesform die Zulässigkeit der verfassungsrechtlichen Kontrollen ergibt, die gegenüber Gesetzen vorgesehen sind (BVerfGE 12, 354 [361]).

b) Nach Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG wird der Bundeshaushaltsplan durch Gesetz festgestellt. Art. 111 GG ermächtigt die Bundesregierung, näher gekennzeichnete Ausgaben zu leisten, wenn bis zum Schluß des Haushaltsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr noch nicht durch Gesetz festgestellt worden ist. Nach Art. 112 GG bedürfen Haushaltsüberschreitungen und außerplanmäßige Ausgaben der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen. Aus Art. 111 und 112 GG, die in der Weimarer Reichsverfassung kein Vorbild haben, ergibt sich, daß im übrigen Ausgaben nur dann geleistet werden dürfen, wenn sie durch ein Haushaltsgesetz "festgestellt" worden sind. Schon aus dem Zusammenhang der Bestimmungen von Art. 111 und 112 GG einerseits und Art. 110 Abs. 2 GG andererseits muß gefolgert werden, daß das Haushaltsgesetz nicht nur eine "Feststellung" trifft, sondern zugleich die "Bewilligung" der im Haushaltsplan ausgeworfenen Mittel, also die Ermächtigung an die Regierung enthält, diese Mittel für die im Haushaltsplan festgelegten Zwecke auszugeben. Die Ermächtigungen der Art. 111 und 112 GG ersetzen die Ermächtigung des Haushaltsgesetzes zur Ausgabe von Mitteln. Aber auch aus dem Wortlaut von Art. 110 Abs. 2 GG, insbesondere aus dessen Satz 3 in Verbindung mit Satz 4, ergibt sich bei unbefangener Deutung, daß das Haushaltsgesetz nicht nur "feststellt", sondern zugleich die Mittel "bewilligt" (Satz 3: "Die Ausgaben werden in der Regel für ein Jahr bewilligt ..."; Satz 4: "Im übrigen dürfen in das Bundeshaushaltsgesetz keine Vorschriften aufgenommen werden, die über das Rechnungsjahr hinausgehen ...").

Vgl. Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 107 ff.; Maunz (-Dürig), Grundgesetz, Rdnrn. 9 und 10 zu Art. 110 GG; Hettlage, VVdStRL, Heft 14 (1956) S. 11, und derselbe, Grundfragen einer Neuordnung des Deutschen Finanzrechts, in: Finanzwissenschaft und Finanzpolitik - Erwin Schoettle gewidmet -, 1964, S. 77 (91); Haenel, Studien zum Deutschen Staatsrecht,II. Teil, 1. Heft: Die organisatorische Entwicklung der Deutschen Reichsverfassung, 1880, S. 314 ff. (328).

Das Haushaltsgesetz stellt also nicht lediglich ein im Haushaltsplan enthaltenes rechtsindifferentes Zahlenwerk fest und schafft nicht nur einen tatsächlichen Zustand, - wie Laband (Das Budgetrecht nach den Bestimmungen der Preußischen Verfassungsurkunde, 1871, S. 13, und derselbe, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Bd. III, 2. Abteilung, 1882, S. 339 ff.) meinte; ähnlich Menger, VVdStRL, Heft 15 (1957) S. 11 ff. - der von anderen Bestimmungen vorausgesetzt wird und der seine rechtliche Bedeutung erst durch diese anderen Bestimmungen und insbesondere erst durch § 30 der Reichshaushaltsordnung (RHO) erlangt. § 30 RHO bestimmt, daß bewilligte Beträge nur zu dem im Haushaltsplan bezeichneten Zweck, soweit und solange dieser fortdauert, und nur innerhalb des Rechnungsjahres verwendet werden dürfen. § 30 RHO setzt also schon seinem Wortlaut nach voraus, daß die Beträge bereits bewilligt sind; die Vorschrift regelt lediglich Modalitäten der Verwendung der bewilligten Mittel. Haushaltsgesetz und Haushaltsplan bilden eine Einheit. Die rechtliche Bedeutung der Ansätze und ihrer Zweckbestimmung in den Titeln des Planes ergibt sich aus § 1 des Haushaltsgesetzes; diese Gesetzesbestimmung enthält die Ermächtigung, die in den Titeln ausgebrachten Beträge für die bei ihnen festgelegten Zwecke auszugeben (siehe auch Böckenförde a.a.O.; Jesch, Gesetz und Verwaltung, 1961, S. 172, 185 f., 227).

Diese Ermächtigung schafft zudem Befugnisse und Verantwortlichkeiten im organschaftlichen Rechtskreis, die ohne das Haushaltsgesetz und den Haushaltsplan nicht oder jedenfalls nicht in dieser Weise bestünden (vgl. H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 26 ff.). Die dem Bundesminister des Innern durch § 1 des Haushaltsgesetzes 1965 in Verbindung mit Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 des Haushaltsplans erteilte Ermächtigung, einen bestimmten Betrag für einen bestimmten Zweck auszugeben, ist ein aus sich heraus verständlicher Rechtssatz, der auf seine förmliche und sachliche Vereinbarkeit (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG) mit den höherrangigen Normen des Grundgesetzes geprüft werden und der gültig oder nichtig sein kann (vgl. H. H. Rupp, NJW 1966, S. 1097).

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob solche ermächtigenden Vorschriften Wirkungen nur im Verhältnis zwischen Parlament und Regierung entfalten und ob sie auch heute noch als Gesetz im nur formellen Sinn oder als materielle Rechtssätze anzusehen sind. Jedenfalls enthalten sie Recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG.

c) Dem Haushaltsgesetz 1965 ist als Anlage nicht der gesamte Haushaltsplan, der aus dem Gesamtplan und den Einzelplänen besteht (vgl. § 5 RHO), beigefügt, sondern nur der Gesamtplan. Für den ordentlichen Haushalt werden in diesem Gesamtplan die Endsummen der Einzelpläne sowie die der einzelnen Kapitel dieser Einzelpläne ausgewiesen. Diese Endsummen sind aufgegliedert nach Einnahmen, Personalausgaben, Sachausgaben, allgemeinen Ausgaben und einmaligen Ausgaben. Die Titel der Kapitel und ihre Zweckbestimmungen werden im Bundesgesetzblatt nicht verkündet.

Die im Gesamtplan für die Einzelpläne und ihre Kapitel veröffentlichten Summen sind die Endsummen, die sich aus der Addition der Ansätze für die einzelnen Titel der Kapitel ergeben. Die Ermächtigung zur Ausgabe dieser Summen ist nur im Hinblick auf die für die Titel ausgeworfenen Beträge und deren Zweckbestimmung verständlich. Die Titel des Haushaltsplans enthalten die wesentliche Entscheidung über die Zulässigkeit bestimmter Ausgaben; die veröffentlichten Endsummen der Kapitel sind als Verweisungen auf die für die Titel ausgeworfenen Beträge zu verstehen. Es kommt hinzu, daß das Haushaltsgesetz selbst in zahlreichen Bestimmungen auf die Titel des Haushaltsplans Bezug nimmt (vgl. §§ 4, 7 und 11 des Haushaltsgesetzes 1965) und auch dadurch zum Ausdruck bringt, daß das Haushaltsgesetz und der gesamte Haushaltsplan eine Einheit bilden. Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG verlangt die gesetzliche Feststellung auch der Einzelpläne.

Die seit langem herrschende Übung, nicht den gesamten Haushaltsplan zu verkünden, ist im wesentlichen damit begründet worden, daß die Verkündung aller Kapitel einschließlich ihrer Titel zu einer übermäßigen Belastung des Verkündungsblattes führen würde. Dieser Hinweis ist berechtigt. Angesichts dieses Sachverhalts und unter Berücksichtigung der trotz Neuregelung durch das Grundgesetz noch stark traditionellen Prägung des Haushaltsrechts bestehen keine Bedenken dagegen, Art. 82 Abs. 1 GG dahin auszulegen, daß von einer Publizierung der gesetzlich festgestellten Einzelpläne im Bundesgesetzblatt abgesehen werden kann. Denn Haushaltsgesetz und Gesamtplan verweisen und nehmen Bezug auf die Einzelpläne, die außerhalb des Verkündungsblattes der Öffentlichkeit zugänglich sind. Hierin liegt eine dem Art. 82 Abs. 1 GG genügende Verkündung auch der Einzelpläne. Es entspricht zudem alter Überlieferung, der auch die heutige Praxis Rechnung trägt, die gesamten Einzelpläne in die Kraft des Gesetzes einzubeziehen (vgl. Heckel, HdbDStR Bd. 2, 1932, S. 392 [404]).

d) Schließlich steht auch die zeitliche Befristung des Haushaltsgesetzes 1965 und des von ihm umfaßten Haushaltsplans der Zulässigkeit des Antrages nicht entgegen. Die im Titel 612 ausgeworfenen Mittel sind übertragbar; insofern kann das Haushaltsgesetz 1965 auch in die folgenden Rechnungsjahre hineinwirken. Außerdem beruhen bis zur Verkündung des Haushaltsgesetzes 1966 die Zahlungen an die politischen Parteien auf der der Bundesregierung durch Art. 111 Abs. 1 GG erteilten Ermächtigung, die an die im Haushaltsgesetz 1965 bewilligten Beträge anknüpft, diesen Bewilligungen also rechtliche Bedeutung auch für das folgende Jahr beimißt. Schließlich kommt dem Haushaltsgesetz 1965 so lange Bedeutung zu, bis das in Art. 114 GG näher geregelte Verfahren der Rechnungslegung, der Rechnungsprüfung und der Entlastung der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat abgeschlossen ist. Kommt es bei Gesetzen, die Rechtssätze im traditionellen Sinne enthalten, für die Zulässigkeit eines Normenkontrollverfahrens nach ihrem Außerkrafttreten darauf an, ob sie noch Rechtswirkungen nach außen zu äußern vermögen (vgl. BVerfGE 5, 25 [28]), so sind Normen, die wie das Haushaltsgesetz Regelungen für den Bereich der staatlichen Organe treffen, so lange einer Entscheidung über ihre Verfassungsmäßigkeit zugänglich, als diese Regelungen im Bereich der staatlichen Organisation noch von Bedeutung sind. Das ist beim Haushaltsgesetz bis zur Entlastung der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat der Fall.

3. Nach Art. 109 GG sind Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig. Aus dieser Bestimmung lassen sich - anders als der Bundesminister des Innern meint - keine Bedenken dagegen herleiten, daß eine Landesregierung ein Normenkontrollverfahren hinsichtlich des Bundeshaushaltsgesetzes einleitet.

Die Haushaltsgesetze des Bundes und der Länder müssen nicht nur mit Art. 109 GG, sondern auch im übrigen mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Leitet die Bundesregierung oder eine Landesregierung ein Verfahren der abstrakten Normenkontrolle hinsichtlich eines Haushaltsgesetzes eines Landes oder des Bundes ein, so liegt darin kein Eingriff oder Übergriff in die selbständige Haushaltswirtschaft des Landes oder des Bundes. Solche Verfahren lassen den Grundsatz des Art. 109 GG unberührt. Aus diesem Grundsatz läßt sich nichts für die Zulässigkeit solcher Verfahren entnehmen.

Der Antrag der hessischen Landesregierung im vorliegenden Verfahren richtet sich nicht gegen eine haushaltswirtschaftliche Maßnahme des Bundes. Der Antrag wirft vielmehr die Frage auf, ob die im Bundeshaushaltsgesetz 1965 enthaltene Ermächtigung des Bundesministers des Innern, den politischen Parteien Mittel für ihre Aufgaben nach Art. 21 GG zur Verfügung zu stellen, mit dem Grundgesetz in Einklang steht. Das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle ist ein von subjektiven Berechtigungen unabhängiges objektives Verfahren zum Schutz der Verfassung, das lediglich der Prüfung von Rechtsnormen am Maßstab des Grundgesetzes dient (BVerfGE 1, 208 [219 f.], 396 [407, 414]). Der Kreis derjenigen, die ein solches Verfahren einleiten können, ist von der Verfassung beschränkt worden auf die Bundesregierung, die Landesregierungen und ein Drittel der Mitglieder des Bundestags. Weder aus den Besonderheiten des Bundeshaushaltsgesetzes noch daraus, daß die in ihm enthaltene und im anhängigen Verfahren zu prüfende Ermächtigung zwischen Verfassungsorganen des Bundes wirkt, noch aus der Tatsache, daß Bestimmungen des Bundeshaushaltsgesetzes von einem Land auch zum Anlaß eines Bund/Länder-Streits genommen werden könnten, kann hergeleitet werden, im anhängigen Verfahren bedürfe es zur Zulässigkeit des Antrags der hessischen Landesregierung mehr als ihrer Behauptung, die bundesrechtliche Norm sei mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb nichtig (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG; § 76 Nr. 1 BVerfGG). Dem Normenkontrollverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG geht von Rechts wegen ein anderes Verfahren nicht vor (BVerfGE 8, 104 [110]). Das Normenkontrollverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG und der Bund/Länder- Streit nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG stehen als Verfahrensarten selbständig nebeneinander. Die Zulässigkeit von Anträgen in diesen beiden Verfahrensarten ist nur nach den für sie geltenden Vorschriften zu beurteilen.

4. Die Befugnis des Bundesrechnungshofs zur Rechnungsprüfung nach Art. 114 Abs. 2 GG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Gesetzes über Errichtung und Aufgaben des Bundesrechnungshofs vom 27. November 1950 (BGBl. I S. 765) berührt nicht die verfassungsgerichtlichen Verfahren zur Überprüfung des Bundeshaushaltsgesetzes. Sie ist ohne Einfluß auf die Zulässigkeit eines Antrags, das Haushaltsgesetz im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle am Maßstab des Grundgesetzes zu messen. Die Rechnungsprüfung dient anderen Zwecken, richtet sich nach anderen Gesichtspunkten, hat grundsätzlich einen anderen Maßstab und einen anderen Gegenstand als die verfassungsgerichtliche Kontrolle. Sie dient der Vorbereitung der dem Bundestag und dem Bundesrat zustehenden Kontrolle über die vom Bundesminister der Finanzen vorgelegte Haushaltsrechnung (Art. 114 Abs. 1 GG). Unter Berücksichtigung des Rechnungsprüfungsberichts beschließen die gesetzgebenden Körperschaften über die Entlastung der Bundesregierung (Art. 114 Abs. 2 Satz 2 GG). Die Rechnungsprüfung umfaßt zwar neben der rechnerisch-formellen Kontrolle und der materiellen Verwaltungskontrolle auch die sogenannte "Verfassungskontrolle". Diese gilt jedoch nur der Prüfung, ob der gesetzlich festgestellte Haushaltsplan einschließlich der dazugehörigen Unterlagen von der Verwaltung eingehalten worden ist (vgl. § 96 Abs. 1 Nr. 1 RHO). Grundsätzlich sind Haushaltsgesetz und Haushaltsplan nicht Gegenstand, sondern Maßstab für die Rechnungsprüfung. Eine verbindliche Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmungen des Haushaltsgesetzes liegt außerhalb der dem Rechnungshof durch Art. 114 Abs. 2 GG zugewiesenen Aufgabe. Wenngleich der Rechnungshof Haushaltsansätze und ihre Verwendung als verfassungswidrig beanstanden kann, so sind doch solche Beanstandungen ohne Einfluß auf die Gültigkeit der Bestimmungen des Haushaltsgesetzes.

C.

Der Antrag ist begründet.

I.

Das Gericht hat in seinem Urteil vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 ff.) ausgeführt, daß die politischen Parteien vor allem Wahlvorbereitungsorganisationen seien und daß auch ihre Geldmittel in erster Linie der Wahlvorbereitung dienten. Da die Abhaltung von Wahlen eine öffentliche Aufgabe sei und den Parteien bei der Durchführung dieser öffentlichen Aufgabe von Verfassungs wegen eine entscheidende Aufgabe zukomme, müsse es zulässig sein, nicht nur für die Wahlen selbst, sondern auch für die die Wahlen tragenden politischen Parteien finanzielle Mittel von Staats wegen zur Verfügung zu stellen (BVerfGE 8, 51 [63]; 12, 276 [280]). Diese Ausführungen des Gerichts konnten von den gesetzgebenden Körperschaften in Bund und Ländern dahin verstanden werden und sind dahin verstanden worden, daß es verfassungsrechtlich zulässig sei, den Parteien aus Haushaltsmitteln Zuschüsse für ihre gesamte politische Tätigkeit zu bewilligen.

Auf Grund der Verhandlung über den Antrag der hessischen Landesregierung ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, daß es mit Art. 21 und 20 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren ist, den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln für ihre gesamte Tätigkeit im Bereich der politischen Meinungs- und Willensbildung zu gewähren. Um solche Zuschüsse handelt es sich aber bei den im Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 des Bundeshaushaltsplans 1965 ausgeworfenen Mitteln. Die Zweckbestimmung dieses Titels lautet: "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes". Danach sollen die Parteien Zuschüsse für ihre politische Tätigkeit insgesamt erhalten. Das ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. § 1 des Bundeshaushaltsgesetzes 1965 ist also nichtig, soweit er den Bundesminister des Innern ermächtigt, 38 Millionen DM an die politischen Parteien auszuschütten. Es ist jedoch mit dem Grundgesetz vereinbar, den politischen Parteien, die an der politischen Willensbildung des Volkes in erster Linie durch Beteiligung an den Parlamentswahlen mitwirken, aus Haushaltsmitteln die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes zu erstatten.

II.

1. Der Grundgesetzgeber hat sich, indem er die freiheitliche demokratische Grundordnung geschaffen hat, für einen freien und offenen Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes entschieden. Mit dieser Entscheidung ist eine Finanzierung der gesamten politischen Tätigkeit der Parteien von Staats wegen nicht zu vereinbaren.

a) Das durch Art. 5 GG gewährleistete Recht der freien Meinungsäußerung, Presse-, Rundfunk-, Fernseh- und Filmfreiheit sind für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend (BVerfGE 5, 85 [134 f., 205]; 7, 198 [208]); 12, 113 [125]). Art. 5 GG garantiert auch die freie Bildung der öffentlichen Meinung (BVerfGE 8, 104 [112]). Aus dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung ergibt sich ein grundsätzliches Recht der freien politischen Betätigung (BVerfGE 5, 85 [134 f.]). Meinungsfreiheit, Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Petitionsrecht sichern die Freiheit der Meinungs- und Willensbildung des Volkes. Art. 21, 38 und 28 GG schützen zusätzlich die freie Willensbildung des Volkes. Die in der öffentlichen Meinung zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen, politischen Auffassungen und Stellungnahmen sind als "Vorformung der politischen Willensbildung des Volkes" gekennzeichnet worden (vgl. BVerfGE 8, 104 [113]). In einem demokratischen Staatswesen muß sich insbesondere die Willensbildung des Volkes frei, offen und unreglementiert vollziehen (vgl. BVerfGE 9, 162 (165) sowie den Bericht der Parteienrechtskommission "Rechtliche Ordnung des Parteiwesens", 2. Aufl. 1958 - im folgenden: Bericht - S. 70). Der permanente Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes mündet ein in den für die Willensbildung im Staat entscheidenden Akt der Parlamentswahl (BVerfGE 14, 121 [132]). Willensbildung des Volkes und Bildung des staatlichen Willens durch seine verfaßten Organe müssen unterschieden werden. Von dieser Unterscheidung geht das Grundgesetz aus. Es handelt in Art. 21 Abs. 1 GG von der Willensbildung des Volkes, in Art. 20 Abs. 2 GG von der Bildung des Staatswillens (BVerfGE 8, 104 [113]). Nur dann, wenn das Volk als Verfassungs- oder Kreationsorgan durch Wahlen und Abstimmungen selbst die Staatsgewalt ausübt (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), fällt die Äußerung des Volkswillens mit der Bildung des Staatswillens zusammen (vgl. BVerfGE 8, 104 [113]).

Das Volk bringt jedoch seinen politischen Willen nicht nur durch Wahlen und Abstimmungen zum Ausdruck. Das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur in der Stimmabgabe bei Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den ständigen Prozeß der politischen Meinungsbildung, der Bildung der "öffentlichen Meinung" (vgl. BVerfGE 8, 51 [68]). Die öffentliche Meinung, deren Entstehung hier nicht näher zu charakterisieren ist (vgl. hierzu BVerfGE 8, 104 [113]; 12, 113 [125]; 12, 205 [260]), beeinflußt die Entschlüsse der Staatsorgane. Weiterhin versuchen Gruppen, Verbände und gesellschaftliche Gebilde verschiedener Art auf die Maßnahmen der Regierung und die Beschlüsse der gesetzgebenden Körperschaften im Interesse ihrer Mitglieder einzuwirken. Vor allem aber sind es die politischen Parteien, die zwischen den Wahlen im Sinn der von ihnen mitgeformten Meinung des Volkes die Entscheidungen der Verfassungsorgane, insbesondere die Beschlüsse der Parlamente, beeinflussen; sie wirken auch auf die Bildung des Staatswillens ein (vgl. BVerfGE 3, 19 [26]; 5, 85 [134]; 14, 121 [133]). Über die Parteien, deren innere Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen muß, nimmt das Volk auch zwischen den Wahlen Einfluß auf die Entscheidungen der Verfassungsorgane. Zwischen den Faktoren und Medien des komplexen Prozesses der Meinungs- und Willensbildung wirken mannigfache Beziehungen, Abhängigkeiten und Einflußnahmen.

Willensbildung des Volkes und staatliche Willensbildung sind auf vielfältige Weise miteinander verschränkt. In einer Demokratie muß sich diese Willensbildung aber vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen. Die Staatsorgane werden durch den Prozeß der politischen Willensbildung des Volkes, der in die Wahlen einmündet, erst hervorgebracht (Art. 20 Abs. 2 GG). Das bedeutet, daß es den Staatsorganen grundsätzlich verwehrt ist, sich in bezug auf den Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes zu betätigen, daß dieser Prozeß also grundsätzlich "staatsfrei" bleiben muß. Einwirkungen der gesetzgebenden Körperschaften und von Regierung und Verwaltung auf diesen Prozeß sind nur dann mit dem demokratischen Grundsatz der freien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen vereinbar, wenn sie durch einen besonderen, sie verfassungsrechtlich legitimierenden Grund gerechtfertigt werden können.

Zulässig sind danach z.B. die Einwirkungen, die sich aus der verfassungsmäßigen Gestaltung des Wahlrechts auf die Willensbildung des Volkes ergeben können. Weiterhin ist unbedenklich die sogenannte Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften, soweit sie - bezogen auf ihre Organtätigkeit - der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegen und erläutern.

b) Insbesondere die Beziehungen zwischen den Verfassungsorganen und den politischen Parteien stehen unter dem Verfassungsgebot der grundsätzlich staatsfreien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen.

aa) Für die finanziellen Beziehungen zwischen den obersten Verfassungsorganen und den politischen Parteien gilt zunächst, daß der Staat nicht verpflichtet ist, dafür zu sorgen, daß der Geldbedarf der politischen Parteien befriedigt wird, und daß er ebenfalls nicht verpflichtet ist, die faktisch vorhandenen verschiedenen Möglichkeiten der Einflußnahme der politischen Parteien auf den Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes durch finanzielle oder andere Maßnahmen auszugleichen (vgl. BVerfGE 8, 51 [65, 68]; 14, 121 [134]).

Eine Verpflichtung des Staates zur finanziellen Unterstützung der Parteien kann nicht daraus hergeleitet werden, daß die Parteien, wenn sie an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, Funktionen eines Verfassungsorgans ausüben (BVerfGE 4, 27 [30 f.]; 5, 85 [134]; 6, 367 [372, 375]) und auch als Staatsorgane oder Verfassungsorgane, nämlich als Kreationsorgane im Sinne Georg Jellineks, bezeichnet worden sind (BVerfGE 1, 208 [225]; 12, 276 [280]). Art. 21 GG hat sie als verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkannt und sie in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben (vgl. BVerfGE 11, 266 [273] sowie grundlegend zur Stellung der Parteien in der modernen Demokratie, Leibholz, Der Strukturwandel der modernen Demokratie, in: Strukturprobleme der modernen Demokratie, 1958, S. 79 ff.). Die Parteien gehören jedoch nicht zu den obersten Staatsorganen (BVerfGE 1, 208 [225]; vgl. auch BVerfGE 13, 54 [81, 95]). Sie sind vielmehr frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen (BVerfGE 1, 208 [224]; 3, 383 [393]), dazu berufen, bei der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken und in den Bereich der institutionalisierten Staatlichkeit hineinzuwirken. Da sie selbst nicht zu diesem Bereich gehören, ist der Staat zu ihrer Finanzierung nicht verpflichtet.

bb) Die politischen Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes vornehmlich durch ihre Beteiligung an den Wahlen mit, die ohne die Parteien nicht durchgeführt werden könnten (BVerfGE 4, 27 [30]; 8, 51 [63]; 12, 276 [280]; 13, 54 [81]; 14, 121 [132]). Sie sind darüber hinaus Zwischenglieder zwischen den Einzelnen und dem Staat (Hesse, VVDStRL, Heft 17 (1959) S. 19), Instrumente, durch die der Bürgerwille auch zwischen den Wahlen verwirklicht werden kann, "Sprachrohr" des Volkes (BVerfGE 1, 208 [224]). Sie stellen, sofern sie die Regierung stützen, die Verbindung zwischen Volk und politischer Führung her und erhalten sie aufrecht. Als Parteien der Minderheit bilden sie die politische Opposition und machen sie wirksam. Sie sind als Mittler beteiligt am Prozeß der Bildung der öffentlichen Meinung. Sie sammeln die auf die politische Macht und ihre Ausübung gerichteten Meinungen, Interessen und Bestrebungen, gleichen sie in sich aus, formen sie und versuchen, ihnen auch im Bereich der staatlichen Willensbildung Geltung zu verschaffen (vgl. BVerfGE 8, 104 (113) sowie Hesse, a.a.O. S. 25). In der modernen Massendemokratie üben die politischen Parteien entscheidenden Einfluß auf die Besetzung der obersten Staatsämter aus (BVerfGE 13, 54 [81]). Sie beeinflussen die Bildung des Staatswillens, indem sie in das System der staatlichen Institutionen und Ämter hineinwirken, und zwar insbesondere durch Einflußnahme auf die Beschlüsse und Maßnahmen von Parlament und Regierung.

Das Verfassungsgebot der grundsätzlich staatsfreien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen wehrt eben wegen dieser Tätigkeit der politischen Parteien jede staatlich-institutionelle Verfestigung der Parteien ab und verbietet ihre Einfügung in den Bereich der organisierten Staatlichkeit (Hesse, a.a.O., S. 33).

Eine völlige oder auch nur überwiegende Deckung des Geldbedarfs der Parteien aus öffentlichen Mitteln ist nach allgemeiner Ansicht mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren. Eine teilweise Staatsfinanzierung der Parteien durch jährliche oder monatliche Zahlungen für ihre gesamte politische Tätigkeit würde die Parteien dem staatsorganschaftlichen Bereich zwar nicht einfügen, jedoch mit diesem Bereich verschränken und die Parteien der staatlichen Vorsorge überantworten. Mit einer solchen Finanzierung würden die Staatsorgane auf den Prozeß der Meinungs- und Willensbildung einwirken. Für diese Einwirkung läßt sich ein besonderer, sie verfassungsrechtlich legitimierender Grund nicht anführen. Die im Bundeshaushaltsgesetz 1965 vorgesehene Finanzierung der Parteien ist also verfassungswidrig, ohne daß es darauf ankommt, ob sie die den Parteien durch Art. 21 GG gewährleistete Freiheit vom Staat oder den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigt.

(1) Die Zuwendung von Staatsmitteln an die Parteien für ihre gesamte politische Tätigkeit kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß Art. 21 GG die Parteien als verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkennt und sie in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben hat. Da der Prozeß der demokratischen Meinungs- und Willensbildung grundsätzlich staatsfrei bleiben muß, kann die verfassungsrechtliche Anerkennung der Mitwirkung der Parteien an diesem Prozeß für sich genommen es nicht rechtfertigen, daß die Verfassungsorgane durch eine Finanzierung der Parteien auf diesen Prozeß einwirken.

(2) Die Dotierung der Parteien von Staats wegen für ihre gesamte politische Tätigkeit kann nicht mit dem Hinweis gerechtfertigt werden, ohne Staatszuschüsse seien die Parteien nicht mehr in der Lage, ihre Aufgaben zu erfüllen. Dieser Hinweis impliziert den Zweifel an der Fähigkeit und Bereitschaft der Bürger, selbst die Organisationen zu schaffen und lebensfähig zu halten, ohne die das Volk sich heute nicht artikuliert äußern kann und ohne die es politische Entscheidungen nicht zu fällen vermag (vgl. BVerfGE 1, 208 [224]). Damit würden die von der Verfassung vorausgesetzten Grundlagen der demokratischen Staatsordnung in Frage gestellt, die nach wie vor gegeben sind - trotz der historisch bedingten oder in den gegenwärtigen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen wurzelnden Abneigung oder Indifferenz eines Teils der Bürger gegenüber den politischen Parteien. Auch kann nicht belegt werden, daß die Parteien ohne die 1959 einsetzende staatliche Teilfinanzierung tatsächlich nicht in der Lage gewesen wären, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die Verfassung hat den Parteien das Risiko des Fehlschlagens eigener Bemühungen um ihre Finanzierung nicht abgenommen. Die freiheitliche Demokratie nimmt prinzipiell die Risiken in Kauf, die darin liegen, daß die politische Willensbildung der Urteilskraft und der Aktivität der Bürger anvertraut ist.

(3) Daraus, daß die Mitglieder der Parlamente Diäten und die Parlamentsfraktionen Zuschüsse aus Haushaltsmitteln erhalten, kann nicht gefolgert werden, es müsse auch zulässig sein, den Parteien jährliche Zuschüsse für ihre gesamte politische Tätigkeit zu gewähren.

Der Abgeordnete hat ein Amt inne (Art. 48 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Diäten sollen seine Entschließungsfreiheit - auch gegenüber seiner Fraktion und seiner Partei - sichern und ihn in die Lage versetzen, die sich aus seinem repräsentativen verfassungsrechtlichen Status ergebenden Rechte und Pflichten in Freiheit auszuüben (Art. 38 Abs. 1 Satz 2, 48 Abs. 3 Satz 1 GG). Das Recht auf Diäten gehört zum materiellen Parlamentsrecht. Die Diäten erklären sich und sind gerechtfertigt aus den Prinzipien der "liberal-repräsentativen Demokratie" (BVerfGE 4, 144 [150 f.]). Diäten für Abgeordnete sah bereits Art. 85 der preußischen Verfassung vom 31. Januar 1850 vor, ebenso andere Landesverfassungen dieser Zeit und auch § 95 der Frankfurter Reichsverfassung von 1849. Das Diätenverbot des Art. 32 der Reichsverfassung von 1871 bedeutete insofern einen Rückschritt auch innerhalb des Staatsrechts des repräsentativen Parlamentarismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, so daß aus dem Kampf um die Aufhebung dieses Verbots, der erst 1906 zum Erfolg führte (vgl. BVerfGE 4, 144 [150 f.]), keine Parallelen gezogen werden können zur Auseinandersetzung um die Zulässigkeit staatlicher Parteifinanzierung, die dem überkommenen repräsentativen Parlamentarismus fremd ist.

Ebensowenig überzeugt der Hinweis auf die Zuschüsse, die die Fraktionen der Parlamente zur Deckung ihrer im Rahmen der parlamentarischen Arbeit entstehenden Aufwendungen erhalten (vgl. z.B. Bundeshaushaltsplan 1965, Einzelplan 02 Kapitel 01 Titel 301: Zuschüsse an die Fraktionen des Bundestags zur Unterhaltung ihrer Büros sowie für wissenschaftliche Mitarbeiter und Hilfskräfte). Die Fraktionen sind Teile und ständige Gliederungen des Bundestags, die durch dessen Geschäftsordnung anerkannt und mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Sie sind notwendige Einrichtungen des "Verfassungslebens", nämlich der durch Verfassung und Geschäftsordnung geregelten Tätigkeit des Bundestags. Sie haben den technischen Ablauf der Parlamentsarbeit in gewissem Grade zu steuern und damit zu erleichtern (BVerfGE 1, 208 [229], 351 [359]; 2, 143 [160, 167], 347 [365]; 10, 4 [14]). Nur weil sie ständige Gliederungen des Bundestags, nicht weil sie "Teile" einer politischen Partei sind, können sie im Organstreit antragsberechtigt sein. Als Gliederungen des Bundestags sind sie der organisierten Staatlichkeit eingefügt. Deshalb können ihnen Zuschüsse gewährt werden.

Es ist richtig, daß die Fraktionen den politischen Parteien eng verbunden sind und daß die Parteien insbesondere über die Parlamentsfraktionen und die zu ihnen gehörenden Abgeordneten auf die staatlichen Entscheidungen, d.h. auf die Besetzung der obersten Staatsämter (BVerfGE 13, 54 [81]) und auf die Beschlüsse von Parlament und Regierung einwirken (vgl. BVerfGE 3, 19 [26]; 14, 121 [133] sowie Bericht S. 68). Das ändert jedoch nichts daran, daß die Fraktionen anders als die politischen Parteien zum staats-organschaftlichen Bereich gehören (vgl. BVerfGE 1, 208 [225]).

Es wäre allerdings ein die Verfassung verletzender Mißbrauch, wenn die Parlamente den Fraktionen Zuschüsse in einer Höhe bewilligen würden, die durch die Bedürfnisse der Fraktionen nicht gerechtfertigt wären, also eine verschleierte Parteifinanzierung enthielten.

(4) Eine Finanzierung der Parteien aus öffentlichen Mitteln für ihre gesamte politische Tätigkeit kann - wie eine erneute Prüfung ergeben hat - auch nicht mit dem Hinweis gerechtfertigt werden, sie solle es den Parteien ermöglichen, ihren Aufgaben unabhängiger von sachfremden Finanzierungsquellen als zuvor gerecht zu werden (vgl. BVerfGE 12, 276 [280] sowie den Beschluß eines Ausschusses des Zweiten Senats vom 22. Juni 1960, BVerfGE 11, 239 [243]).

Art. 21 GG gewährleistet den Parteien Freiheit vom Staat, nicht jedoch Schutz vor dem Einfluß finanzkräftiger Einzelpersonen, Unternehmen oder Verbände. Das in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien gerichtete Gebot, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu legen, zeigt, daß das Grundgesetz den mit größeren privaten Spenden häufig erstrebten Einfluß auf die Parteien weder billigt noch verbietet, sondern als eine geläufige Form tatsächlicher politischer Interessenwahrnehmung (vgl. BVerfGE 5, 85 [232 f.] und 12, 113 [125]) mit der Maßgabe hinnimmt, daß diese Spenden offenzulegen sind. Es entspricht nicht dem Sinn der Vorschrift, verfassungsrechtlich zwischen sachfremden und sachgerechten Finanzierungsquellen zu unterscheiden. Die Abgrenzung zwischen legitimer und die freie politische Willensbildung störender Einflußnahme der Spender ist verfassungsrechtlich nicht faßbar. Es liegt in der Verantwortung der Parteien, den sachwidrigen Einfluß finanzkräftiger Interessenten vom sachgerechten zu unterscheiden und dem auf sie eindrängenden sachwidrigen Druck der Interessenten zu widerstehen (vgl. Hesse, a.a.O., S. 29). Freiheit von solchem Druck gewährleistet ihnen die Verfassung nicht. Es darf auch nicht verkannt werden, daß keineswegs alle größeren Spenden mit dem Versuch gekoppelt sind, Einfluß auf die Entscheidungen der Partei zu nehmen.

Der Verfassungsgeber hat mit dem Gebot der Rechenschaftslegung beabsichtigt, "Vorsorge zu treffen, daß die Öffentlichkeit Kenntnis über die Herkunft der Mittel der Parteien erhält, damit ersichtlich ist, wer hinter einer politischen Gruppe steht" (so die schriftliche Begründung des Antrags Drucks. 897 der Abgeordneten Wagner und Zinn, den der Parlamentarische Rat am 8. Mai 1949 als Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG beschloß [StenBer. S. 226]; vgl. von Doemming-Füßlein-Matz, JöR, N.F. Bd. 1, 1951, S. 207). Mit dieser Bestimmung will das Grundgesetz der Gefahr entgegenwirken, daß anonyme Interessenten allein vermöge ihrer Kapitalmacht, auch "auf dem Umweg über die Parteikassen ... die öffentliche Meinung (zu) dirigieren, und so indirekt eine enorme politische Macht (zu) entwickeln" (H. Heller, Staatslehre, 1934, S. 137) und Einfluß auf die staatliche Willensbildung gewinnen. Das Verfassungsgebot zielt darauf ab, den Prozeß der politischen Willensbildung für den Wähler durchschaubar zu machen und ihm zu offenbaren, welche Gruppen, Verbände oder Privatpersonen im Sinne ihrer Interessen durch Geldzuwendungen auf die Parteien politisch einzuwirken suchen. Es will Zuwendungen, mit deren Hilfe finanzkräftige Geldgeber die Werbemöglichkeiten einer Partei erhöhen und damit ihren eigenen politischen Einfluß verstärken, durch Offenlegung unter die Kontrolle der Öffentlichkeit stellen. Damit soll zugleich die Chancengleichheit der Parteien gesichert werden (vgl. Bericht S. 181). Allerdings hat der Gesetzgeber den ihm durch die Verfassung erteilten Auftrag noch nicht ausgeführt.

(5) Die Pflicht zur Rechenschaftslegung über die Herkunft ihrer Mittel ist den Parteien auferlegt zur Sicherung ihrer verfassungsrechtlichen Funktion, an der offenen und freien politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Gruppen, Verbänden und gesellschaftlichen Zusammenschlüssen ist eine entsprechende Aufgabe von der Verfassung nicht übertragen worden. Über die Finanzierung solcher Vereinigungen besagt das Grundgesetz nichts. Kontinuierliche staatliche Finanzzuweisungen an die Parteien können deshalb nicht gerechtfertigt werden mit dem Hinweis darauf, daß der Staat in weitem Umfang gesellschaftliche Vereinigungen, Verbände und Gruppen subventioniert. Vereinigungen dieser Art wirken zwar auch im Sinne der in ihnen organisierten Interessen auf die politische Meinungsbildung und die Entschlüsse der Staatsorgane ein. Die freie Darstellung organisierter Gruppeninteressen gegenüber Staat und Parteien ist Bestandteil der Betätigungsfreiheit, die Art. 9 GG diesen Vereinigungen gewährleistet. Sie sind aber nicht wie die Parteien politische "Kreationsorgane" (Radbruch, HdbDStR, Bd. 1, 1930, S. 285 ff. [288]; BVerfGE 1, 208 [224]; vgl. auch BVerfGE 17, 155 [166]). Ihnen werden staatliche Finanzhilfen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zwecke zugewendet, die von den hierzu berufenen Staatsorganen als förderungswürdig anerkannt worden sind. Diese Förderung betrifft nicht den Grundsatz, daß sich die demokratische Willensbildung frei und offen vom Volk zu den Staatsorganen vollziehen muß. Die im Bundeshaushaltsgesetz 1965 vorgesehene finanzielle Förderung der politischen Parteien hingegen berührt diesen Grundsatz. Deshalb kann aus der Zulässigkeit der Förderung dieser gesellschaftlichen Gruppen und Vereinigungen nichts hergeleitet werden für die Zulässigkeit finanzieller Zuwendungen an die Parteien.

2. Die Dauerfinanzierung der Parteien aus Staatsmitteln für ihre gesamte politische Tätigkeit steht nicht in Einklang mit dem Leitbild der politischen Partei, von dem der Verfassungsgeber ausgegangen ist und das er in Art. 21 GG festgelegt hat. Diese Vorschrift soll die Spannung beheben, die sich vor allem unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung zwischen der politischen Wirklichkeit und dem geschriebenen Verfassungsrecht entwickelt hatte (vgl. BVerfGE 1, 208 [225]). Art. 21 GG hat aber an der überkommenen Struktur der Parteien als frei konkurrierender und aus eigener Kraft wirkender Gruppen nichts ändern wollen und verwehrt es, ihre finanzielle Sicherung zu einer Staatsaufgabe zu machen.

a) Schon die Weimarer Republik ist als Parteienstaat bezeichnet worden (vgl. BVerfGE 1, 208 [223 f.]). Obwohl die Weimarer Verfassung die Aufgaben der Parteien nicht ausdrücklich anerkannte, setzte sie, vor allem durch die Entscheidung für das System der Verhältniswahl (Art. 17, 22), voraus, daß die Parteien "die Willenskundgebungen der Wähler organisieren" (H. Heller, a.a.O., S. 247). "Denn das ganze System stützt sich darauf, daß organisierte Parteien um den Wahlsieg ringen" (Triepel, Die Staatsverfassung und die politischen Parteien, 2. Aufl., 1930, S. 25). Demgemäß hat der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich den politischen Parteien in Verfassungsstreitigkeiten Parteifähigkeit zuerkannt, weil die Volksvertretungen der neuzeitlichen Verfassungen das Vorhandensein von Parteien voraussetzten und die Durchführung der Wahlen ohne sie nicht denkbar sei (Entscheidungen vom 17. Dezember 1927, Lammers-Simons, Bd. I, S. 329 [334 f.], 341 [345 f.], 398 [402 f.]; vgl. BVerfGE 1, 208 [224]). Die Anerkennung der Parteifähigkeit der politischen Parteien ist als "die Konsequenz der verfassungsmäßigen Einrichtung des Parteienstaates" bezeichnet worden (Friesenhahn, HdbDStR, Bd. 2, 1932, S. 523 [537]). Die Parteien blieben jedoch "ihrem innersten Wesen nach freiwillig geschaffene und auf freie, notwendig stets erneute, Werbung ausgehende Organisationen" (Max Weber, Staatssoziologie, hrsg. von J. Winckelmann, 1956, S. 50 f.; vgl. ders., Wirtschaft und Gesellschaft, 1922, S. 167). Eine finanzielle Vorsorge des Staates für die Parteien wurde nicht ernsthaft erwogen (vgl. Eschenburg, Probleme der modernen Parteifinanzierung, 1961, S. 11 f.). Da die Freiheit der Parteien rechtlich und tatsächlich der Vereinsfreiheit zugeordnet blieb, galt es als selbstverständlich, daß die Parteien die finanziellen Aufwendungen für ihre Organisation und ihre Tätigkeit aus eigener Kraft bestritten.

b) Unter dem nationalsozialistischen Regime wurden die Parteien verboten und zerschlagen oder lösten sich auf. Die Gründung neuer Parteien war verboten. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei wurde mit dem Volk identifiziert; sie beanspruchte, das Volk zur willens- und handlungsfähigen politischen Einheit zusammenzufassen und einziger "politischer Willensträger des Volkes" zu sein (vgl. E. R. Huber, Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 1937/1939, S. 293 ff.). Sie wurde als öffentlich-rechtliche Körperschaft des Verfassungslebens gekennzeichnet, war institutionell mit dem Staat verbunden, stellte die Staatsorgane in ihren Dienst und befahl dem Staat (vgl. BVerfGE 3, 58 [85 f.]).

c) Der Verfassungsgeber hat in Art. 21 GG in entschiedener Abkehr vom nationalsozialistischen Herrschaftssystem die rechtliche Stellung der Parteien in der neugeschaffenen parlamentarischen Demokratie verankert (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG). Er hat zugleich aus der Entwicklung des Nationalsozialismus, aus seiner Förderung durch finanzkräftige Unternehmer und aus dem Zusammenbruch des Parteiwesens im Jahre 1933 Folgerungen gezogen und auch in bezug auf die Parteien Vorkehrungen getroffen, die der Sicherung der freiheitlichen Demokratie dienen sollen. Diesem Zweck dient nicht nur die Vorschrift des Art. 21 Abs. 2 GG über verfassungswidrige Parteien, sondern auch das Gebot, daß die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen muß (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG) und daß die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft geben sollen (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG). Nur zur Sicherung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hat der Verfassungsgeber diese Beschränkungen der Freiheit der Parteien vorgesehen. Im übrigen war für ihn jedoch das Bild des freien, in jeder Hinsicht vom Staat unabhängigen Parteiwesens maßgebend, wie es sich unter der Weimarer Verfassung entwickelt hatte.

Die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes bietet keine Anhaltspunkte dafür, daß die Verfassung vom überkommenen Bild der frei aus eigener Kraft wirkenden Partei abgehen und die dauernde finanzielle Bestandssicherung der Parteien dem Staat überantworten wollte.

Nach dem Bericht des Unterausschusses I des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee vom 20. August 1948 bestand "Einverständnis darüber, daß das Grundgesetz nicht an der Wirklichkeit der politischen Parteien vorbeigehen dürfe. Wenn sie auch nicht als Organe im rechtlichen Sinne des Wortes angesprochen werden können, so seien sie doch entscheidende Elemente allen staatlichen Lebens" (Protokoll der Sitzungen des Unterausschusses I: Grundsatzfragen, S. 217; vgl. ferner ebenda S. 83-93, S. 179-182). Der Parlamentarische Rat ist diesen Vorstellungen gefolgt. Er hat durch einen besonderen "Parteien-Artikel" die politische Wirklichkeit des Parteienstaates im geschriebenen Verfassungsrecht legalisieren und mit den erforderlichen Sicherungen gegen Gefährdungen der Demokratie ausstatten, zugleich jedoch die Parteien als freie Gebilde von den Staatsorganen distanzieren wollen. Der Abgeordnete Dr. Schmid erklärte: "Freilich ist es sicher: Die politischen Parteien sind keine Staatsorgane; sie sind aber entscheidende Faktoren unseres staatlichen Lebens ..." (Verh. d. Plenums, 2. Sitzung am 8. September 1948, StenBer. S. 15). Der Abgeordnete Brockmann nannte die Parteien "staatspolitische Gebilde und der Allgemeinheit verpflichtet" (Verh. d. Plenums, 3. Sitzung am 9. September 1948, StenBer. S. 56). Der Abgeordnete Dr. Menzel erklärte in der dritten Lesung unwidersprochen: "Wir begrüßen vor allem, daß die politischen Parteien erstmalig in einer Verfassung genannt werden, daß man den Mut hat, die im politischen Leben seit je bei den Parteien effektiv liegende Macht anzuerkennen und sie verfassungsmäßig zu garantieren, aber mit der Garantie die Möglichkeiten einer Kontrolle über einen wirklich demokratischen Aufbau dieser Parteien zu verbinden, ohne daß diese Kontrolle zu einer Einengung des politischen Lebens führen darf. So haben wir in der zweiten Lesung des Plenums dem Antrag zugestimmt, der verlangte, daß die Parteien verpflichtet sein sollen, ihre Finanzgebarung jederzeit offenzulegen, damit jeder Deutsche wissen kann, woher die politischen Parteien ihre Einkünfte beziehen" (Verh. d. Plenums, 10. Sitzung am 8. Mai 1949, StenBer. S. 203 f.).

d) Der Verfassungsgeber ist also vom Leitbild einer Partei ausgegangen, die sich im offenen Mehrparteiensystem frei bildet, aus eigener Kraft entwickelt und, gebunden an die Verpflichtungen des Art. 21 Abs. 1 Satz 3 und 4 GG, nach Vermögen im Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (Art. 21 Abs. 2 GG) an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirkt. Die Vorstellung des Verfassungsgebers von freien, vom Staat unabhängigen Parteien ist im Wortlaut des Art. 21 GG, insbesondere in Abs. 1 Satz 2 bis 4, hinreichend bestimmt zum Ausdruck gekommen. Die Vorstellungen des Verfassungsgebers haben für die Auslegung des Art. 21 GG um so stärkeres Gewicht, als sich aus ihnen im zusammenhang mit dem objektiven Inhalt der Verfassungsnorm ergibt, daß der Verfassungsgeber unter dem Eindruck bestimmter geschichtlicher Erfahrungen Vorkehrungen getroffen hat, um die Wiederholung einer verhängnisvollen Entwicklung zu verhindern. Art. 21 GG muß nach seiner Entstehungsgeschichte verstanden werden als Reaktion auf die Entwicklung des Parteiwesens in der Endphase der Weimarer Republik und unter dem nationalsozialistischen Regime. Die Vorschrift soll die freiheitliche demokratische Ordnung dadurch sichern, daß sie einer undemokratischen Entwicklung im Parteiwesen entgegentritt. Zugleich wehrt sie eine Verflechtung der Parteien mit den Verfassungsorganen ab und verbietet es zur Sicherung eines freien Parteiwesens, die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen. Parteien, die entsprechende finanzielle Zuschüsse vom Staat erhalten, sind mit dem vom Verfassungsgeber vorausgesetzten und in Art. 21 GG festgelegten Leitbild der freien Partei unvereinbar. Regelungen, die solche Zuschüsse für die gesamte politische Tätigkeit der Parteien vorsehen, sind daher auch aus diesem Grund verfassungwidrig.

3. Die im Bundeshaushaltsgesetz 1965 vorgesehene Regelung der staatlichen Parteifinanzierung ist mit dem Verfassungsgebot der grundsätzlich staatsfreien politischen Meinungs- und Willensbildung (Art. 20 Abs. 2 GG, Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie mit Art. 21 Abs. 1 GG, der die Struktur der Parteien als aus eigener Kraft wirkender und vom Staat unabhängiger Gruppen verfassungskräftig festlegt, unvereinbar und deshalb nichtig. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob diese Regelung noch aus anderen Gründen, insbesondere wegen Verstoßes gegen das Gebot der innerparteilichen Demokratie (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG), verfassungswidrig ist.

III.

Staatliche Mittel dürfen den Parteien auch nicht für Zwecke der "politischen Bildungsarbeit" zugewendet werden. Die Beweisaufnahme hat bestätigt, daß sich eine Grenze zwischen allgemeiner Parteiarbeit und politischer Bildungsarbeit der Parteien nicht ziehen läßt.

Der Schatzmeister der Sozialdemokratischen Partei hat zwar auf Merkmale verwiesen, an Hand deren sich die politische Bildungsarbeit von der allgemeinen Tätigkeit der Parteien sachlich und organisatorisch trennen lasse. Er hat aber eingeräumt, daß es letztlich auf den guten Willen der Parteien ankomme, beide Aufgabenbereiche zu trennen. Die Schatzmeister der Christlich Demokratischen Union, der Christlich-Sozialen Union und der Freien Demokratischen Partei haben übereinstimmend bekundet, daß sich eine hinreichend sichere Abgrenzung zwischen politischer Bildungsarbeit und allgemeiner Parteiarbeit nicht ziehen lasse. In gleichem Sinne haben sich die Bevollmächtigten der übrigen politischen Parteien - mit Ausnahme des Bevollmächtigten der Sozialdemokratischen Partei - geäußert.

Tatsächlich gehen politische Bildungsarbeit und allgemeine Werbetätigkeit der Parteien in der politischen Praxis ineinander über. Keine Partei kann heute darauf verzichten, allgemeine staatspolitische Fragen zur Diskussion zu stellen und für ihre Lösungsvorschläge in der Wählerschaft zu werben. Deshalb kommen auch Mittel für die politische Bildungsarbeit der gesamten politischen Tätigkeit der Parteien zugute. Infolgedessen ist es aus den oben dargelegten Gründen mit der Verfassung ebenfalls nicht vereinbar, den Parteien Haushaltsmittel für politische Bildungsarbeit zur Verfügung zu stellen.

IV.

1. Nach Art. 21 und 20 Abs. 2 GG ist es unzulässig, daß den politischen Parteien von Staats wegen laufende Zuschüsse zu ihrer gesamten politischen Tätigkeit gewährt werden. Es läßt sich jedoch verfassungsrechtlich rechtfertigen, wenn unter Beachtung der Grundsätze der Parteienfreiheit und der Chancengleichheit den politischen Parteien die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes ersetzt werden. Insofern wird auf das Urteil vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51) Bezug genommen.

Die Parlamentswahlen stellen den für die Willensbildung im demokratischen Staat entscheidenden Akt dar. In der repräsentativen Demokratie, für die sich der Verfassungsgeber entschieden hat, müssen sie periodisch wiederkehrend stattfinden, um dem Volk, von dem alle Staatsgewalt ausgeht, die Möglichkeit zu geben, seinen Willen kundzutun. Ihre Abhaltung ist eine öffentliche Aufgabe, deren Durchführung den verfaßten Staatsorganen obliegt. Sie haben die Voraussetzungen zu schaffen und die für den Wahlvorgang erforderlichen Einrichtungen und Mittel zur Verfügung zu stellen.

Ohne die politischen Parteien können aber in der modernen Massendemokratie Wahlen nicht durchgeführt werden (BVerfGE 8, 51 [63]; 13, 54 [82]). Vornehmlich durch die Wahlen entscheiden die Aktivbürger über den Wert des Programms einer politischen Partei und über ihren Einfluß auf die Bildung des Staatswillens (BVerfGE 3, 19 [26]; 13, 54 [83]; 14, 121 [133]). Die Aktivbürger können diese Entscheidung sinnvoll nicht treffen, ohne daß ihnen zuvor in einem Wahlkampf die Programme und Ziele der verschiedenen Parteien dargelegt werden. Erst durch einen Wahlkampf werden viele Wähler bestimmt, zur Wahl zu gehen und ihre Entscheidung zu treffen. Das Gericht hat mehrfach betont, daß die politischen Parteien vornehmlich Wahlvorbereitungsorganisationen sind (BVerfGE 8, 51 [63]; 12, 276 [280]) und daß sie an der politischen Willensbildung des Volkes vor allem durch Beteiligung an den Parlamentswahlen mitwirken (BVerfGE 4, 27 [30]; 8, 51 [63]). Hieran anknüpfend hat das Gericht in ständiger Rechtsprechung die politischen Parteien auf den Weg des Organstreits verwiesen, wenn sie im Bereich der Wahlen tätig werden und in diesem Bereich ihren besonderen verfassungsrechtlichen Status gegenüber Verfassungsorganen verteidigen (BVerfGE 4, 27 [30]; 7, 99 [103]; 13, 1 [9 f.]). Das Gericht hat den Parteien den Weg des Organstreits aber auch nur für ihre Rechte in bezug auf die Wahlen eröffnet.

Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Sie haben aber kein Monopol, die Willensbildung des Volkes zu beeinflussen. Neben ihnen wirken auch die einzelnen Bürger und vor allem Verbände, Gruppen und Vereinigungen auf den Prozeß der Meinungs- und Willensbildung ein. Aus Art. 21 in Verbindung mit Art. 38 GG sowie aus dem Bundeswahlgesetz, das zum materiellen Verfassungsrecht gehört, ergibt sich jedoch, daß den Parteien bei der Willensbildung des Volkes durch Parlamentswahlen eine Vorrangstellung gegenüber den Verbänden zukommt. Wenn sich die Tätigkeit der politischen Parteien auch nicht auf die Beteiligung an den Parlamentswahlen beschränkt, so ist doch diese ihnen durch Art. 21 Abs. 1 GG zugewiesene Aufgabe besonders hervorgehoben und von besonderer Bedeutung, weil sie für das Funktionieren einer demokratischen Ordnung des Gemeinwesens schlechthin unerläßlich und entscheidend ist.

Der ständige Prozeß der Meinungs- und Willensbildung gipfelt im Wahlkampf und in der Wahl. Der Wahlkampf kann von diesem ständigen Prozeß gesondert werden. Die Tätigkeit der Parteien im Wahlkampf ist abgrenzbar von ihrer sonstigen Tätigkeit. Der Wahlkampf setzt voraus, daß die Wahl nahe bevorsteht; er ist zeitlich begrenzt. Dementsprechend sind auch die Kosten eines Wahlkampfes von der Sache her bestimmbar. Die Aufwendungen der Parteien für den Wahlkampf können von ihren übrigen Aufwendungen getrennt werden. In der Beweisaufnahme haben die Schatzmeister der vier im Bundestag vertretenen Parteien die zusätzlichen Einnahmen und Ausgaben ihrer Parteien in den Wahljahren 1957, 1961 und 1965 angegeben und damit bestätigt, daß sich diese Aufwendungen gesondert ermitteln lassen.

Die besondere Bedeutung der Parteien für die Wahlen läßt es also verfassungsrechtlich gerechtfertigt erscheinen, ihnen die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes von Staats wegen zu ersetzen. Es ist aber eine verfassungspolitische und deshalb nicht vom Gericht zu entscheidende Frage, ob der Gesetzgeber eine solche Erstattung von Wahlkampfkosten vorsehen soll.

2. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlaß entsprechender gesetzlicher Regelungen ergibt sich aus Art. 21 Abs. 3 GG.

Es braucht nicht entschieden zu werden, wie weit die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 21 Abs. 3 GG reicht. Hier genügt es, davon auszugehen, daß Art. 21 Abs. 1 GG unmittelbar in Satz 4 und mittelbar auch in Satz 1 und 3 die finanziellen Verhältnisse der Parteien als möglichen Gegenstand einer näheren Regelung nach Abs. 3 zugelassen hat. Aus dem Zusammenhang von Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG mit Art. 21 Abs. 3 GG kann nicht entnommen werden, daß die Regelungsbefugnis hinsichtlich der Parteifinanzierung darauf beschränkt ist, die Pflicht der Parteien zur Rechenschaftslegung näher zu ordnen.

3. Erstattungsfähig sind nur die tatsächlichen Ausgaben, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Wahlkampf stehen. Die laufenden Kosten der Parteien für die Unterhaltung ihrer ständigen Organisation und die Kosten der Tätigkeit, die nicht unmittelbar dem Wahlkampf dient, können nicht erstattet werden. Bei der Feststellung der den Parteien für den Wahlkampf entstandene Kosten müssen die den Parteien üblicherweise unentgeltlich erbrachten geldwerten Dienstleistungen außer Ansatz bleiben. Es gehört zum Wesen der freien, aus eigener Kraft wirkenden Partei, daß Abgeordnete, Mitglieder und Anhänger ihre Dienste leisten, die nicht vergütet werden.

Was die Höhe der den Parteien insgesamt zu erstattenden Wahlkampfkosten anlangt, so sind erstattungsfähig nur die Kosten eines Wahlkampfes, der unter den jeweiligen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen einer angemessenen werbenden Darstellung der Programme und Ziele und der notwendigen Auseinandersetzung der um die politische Macht kämpfenden Parteien dient. Es kann nicht auf das ankommen, was jede Partei für sich als angemessenen Aufwand für ihren Wahlkampf ansieht. Der Gesetzgeber wird sich vielmehr um einen objektiven Maßstab bemühen müssen.

Es wäre aber verfassungsrechtlich auch unbedenklich, wenn der Gesetzgeber eine Regelung treffen würde, nach der den Parteien nur ein bestimmter Vom-Hundert-Satz der notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes ersetzt wird und es ihnen überlassen würde, den Rest aus eigener Kraft aufzubringen.

4. Sieht der Gesetzgeber eine Erstattung der Wahlkampfkosten vor, so muß er bei seiner Regelung die den Parteien durch Art. 21 GG gewährleistete Freiheit achten (vgl. BVerfGE 9, 162 [165]; 12, 296 [305]; 14, 121 [133]; 17, 155 [166]). Er wird weiterhin zu beachten haben, daß sein "Verteilungsschlüssel" nicht mit dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien in Widerspruch gerät. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für den Bereich des Wahlrechts im engeren Sinne (BVerfGE 1, 208 [242, 255]; 6, 84 [90]), für die Wahlvorbereitung (vgl. etwa für die Zulassung von Wahlvorschlägen BVerfGE 3, 19 [26 f.]; 3, 383 [393]; 4, 375 [382 f.]), für den Wettbewerb der Parteien um die Erlangung von Spenden (BVerfGE 6, 273 [280]; 8, 51 [64 f.]) und für ihre Wahlpropaganda im Rundfunk (BVerfGE 7, 99 [107 f.]; 14, 121 [132 f.]), sondern im gesamten "Vorfeld" der Wahlen (vgl. BVerfGE 8, 51 [64 f., 68]; 14, 121 [132]), also auch für eine gesetzliche Regelung der Erstattung von Wahlkampfkosten. In allen diesen Bereichen ist er streng formal zu verstehen. Bei einer solchen Regelung sind deshalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers enge Grenzen gesetzt. Jede verschiedene Behandlung der Parteien, die sich nicht durch einen besonderen zwingenden Grund rechtfertigen läßt, ist ihm verfassungskräftig versagt (BVerfGE 8, 51 [64 f.]; 14, 121 [133]).

Es ist nicht Aufgabe des Gerichts darzulegen, wie eine verfassungsgemäße Regelung aussehen müßte oder könnte. Deshalb beschränkt sich das Gericht darauf, in Anschluß an seine bisherige Rechtsprechung anzudeuten, wo der Grundsatz der Chancengleichheit der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers Grenzen setzt.

a) Mit der Entscheidung, daß den politischen Parteien die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten eines angemessenen Bundestagswahlkampfes aus Mitteln des Bundes ersetzt werden können, steht einerseits der Kreis derjenigen fest, die an den staatlichen Geldleistungen teilhaben können: nur die Parteien, die am Wahlkampf teilgenommen haben. Der Grundsatz der streng formalen Chancengleichheit gebietet es andererseits, daß grundsätzlich alle Parteien, die am Wahlkampf teilgenommen haben, bei der Verteilung der Mittel berücksichtigt werden. Es widerspricht dem Grundsatz der Chancengleichheit, wenn diese Mittel von vornherein nur für die Parteien vorgesehen werden, die im Parlament bereits vertreten waren oder die auf Grund der Wahl Sitze im Parlament erlangen. Dieser Grundsatz verbietet jedoch nicht jede Differenzierung; er läßt eine verschiedene Behandlung der Parteien aus einem besonderen zwingenden Grund zu. Ein solcher Grund ist anzuerkennen, wenn der Gesetzgeber bei der Erstattung von Wahlkampfkosten der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und der Parteien entgegenzuwirken sucht.

Es läßt sich voraussehen, daß die Erstattung von Wahlkampfkosten geeignet ist, künftig die Bildung neuer politischer Parteien anzuregen. Damit würde eine Entwicklung gefördert, der die vom Bundesverfassungsgericht anerkannte 5 v.H.-Klausel entgegengewirkt hat (BVerfGE 1, 208 [248, 256]; 4, 31 [40]; 4, 142 [143]; 4, 375 [380]; 5, 77 [83]; 6, 84 [92 ff.]; 14, 121 [135]). Der Gesetzgeber kann aber schon bei der Wahl einer Zersplitterung der Stimmen und der Bildung von Zwergparteien vorbeugen und die Erstattung von Wahlkampfkosten dementsprechend beschränken. Zwar kann die Erstattung der Wahlkampfkosten einer Partei nicht davon abhängig gemacht werden, daß sie 5 v.H. der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Diese Maßnahme würde den Effekt verdoppeln, den die 5 v.H.-Klausel hat, und einer neuen Partei den Einzug ins Parlament praktisch unmöglich machen. Andererseits genügen die im Bundeswahlgesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Beteiligung einer neuen politischen Partei an einer Wahl noch nicht, um den Mißbrauch zu verhindern, daß sich kleine Splittergruppen nur deshalb am Wahlkampf beteiligen, weil er vom Staat finanziert wird. Der Gesetzgeber kann daher den Ersatz der Wahlkampfkosten einer Partei davon abhängig machen, daß sie einen Mindestanteil an Stimmen erreicht. Dieser muß freilich erheblich unterhalb der 5 v.H.-Grenze liegen, deren Erreichung für die Zuteilung von Mandaten erforderlich ist.

b) Auch hinsichtlich des Umfangs des Ersatzes der einer Partei entstandenen Wahlkampfkosten wird eine Differenzierung in gewissen Grenzen mit dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien vereinbar sein. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Verteilung von Sendezeiten im Rundfunk für die Wahlpropaganda der Parteien kann hierfür Anhaltspunkte geben (BVerfGE 14, 121 [134 ff.]). Die Parteien unterscheiden sich jeweils nach Größe, politischem Gewicht und Leistungsfähigkeit, also nach ihrer - sich wandelnden - Bedeutung. Die Art ihrer Beteiligung am Wahlkampf, insbesondere die Wahl der Werbemittel und die Aufwendigkeit der Werbung, steht in einem gewissen Verhältnis zu Größe und politischem Gewicht der Parteien. Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt nicht, daß diese Unterschiede durch staatliche Maßnahmen ausgeglichen werden (vgl. BVerfGE 8, 51 [67]; 14, 121 [134]). Es würde dem Sinn des Ersatzes der Wahlkampfkosten aus öffentlichen Mitteln widersprechen, wenn alle Parteien, die sich an der Wahl beteiligen, ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung und ihr eigenes personelles, ideelles und materielles Potential in den Stand gesetzt würden, den gleichen Aufwand zu treiben. Denn dadurch würde gerade die vom Staat vorgefundene tatsächliche Wettbewerbslage verfälscht werden. Andererseits wäre der Gesetzgeber gehalten, die bestehende faktische Ungleichheit der Wettbewerbschancen der Parteien nicht zu verschärfen (vgl. BVerfGE 8, 51 [67]). Sieht der Gesetzgeber künftig den Ersatz von Wahlkampfkosten vor, so wird er von dem Verhältnis ausgehen können, in dem die Aufwendungen zueinander standen, die die Parteien in der Vergangenheit gemacht haben. Bei den Aufwendungen der nicht im Bundestag vertretenen Parteien wird er dabei jedoch zu berücksichtigen haben, daß ihnen öffentliche Mittel bisher nicht zugeflossen sind. Dieser Verteilungsmodus, der lediglich die Basis für die Regelung des Gesetzgebers andeuten soll, wird entsprechend auf künftig neu entstehende und am Wahlkampf teilnehmende Parteien zu erstrecken sein. Ob weitere Gesichtspunkte für eine mit dem Grundsatz der Chancengleichheit verträgliche Differenzierung unter den Parteien berücksichtigt werden und u.U. zu einer Modifizierung der Verteilung führen können, wird der Gesetzgeber zu prüfen haben.