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BVerfG, 03.12.1968 - 2 BvE 1/67; 2 BvE 3/67; 2 BvE 5/67

Daten
Fall: 
Wahlkampfkostenpauschale
Fundstellen: 
BVerfGE 24, 300; BStBl II 1969, 458; DB 1968, 2213; DÖV 1969, 61; DÖV 1969, 577; DVBl 1969, 510; DVBl 1969, 138; JZ 1969, 557; NJW 1969, 413; NJW 1969, 179
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
03.12.1968
Aktenzeichen: 
2 BvE 1/67; 2 BvE 3/67; 2 BvE 5/67
Entscheidungstyp: 
Beschluss
Richter: 
Seuffert, Henneka, Leibholz, Geller, v. Schlabrendorff, Rupp, Geiger, Kutscher
Stichwörter: 
  • Verfassungsrechtliche Anforderungen an die staatliche Wahlkampfkostenerstattung - Steuervergünstigung - Politische Parteien - Beiträge - Spenden - Chancengleichheit - Parteienfreiheit - Politische Willensbildung

Leitsätze

1. a) Es ist Sache der dem Vorstand einer Partei obliegenden Geschäftsführung, ein Organstreitverfahren nach § 64 BVerfGG einzuleiten.
b) Zum verfassungsrechtlichen Status einer Partei (Art. 21 Abs. 1 GG) gehört das Recht, im Rahmen des Möglichen feststellen zu können, ob und in welchem Umfang private Geldgeber auf andere Parteien durch Spenden einzuwirken suchen.
2. a) Die Pauschalierung der Wahlkampfkosten verletzt nicht den Grundsatz, daß den Parteien nur die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes erstattet werden dürfen.
b) Es ist sachgerecht, das Pauschale an der Zahl der Wahlberechtigten zu orientieren.
3. Bei der Wahlkampfkostenerstattung, bei der grundsätzlich alle Parteien, die am Wahlkampf teilgenommen haben, berücksichtigt werden müssen, kann ein Mindeststimmenanteil nur durch die für jede Wahl unerläßliche Voraussetzung gerechtfertigt werden, daß die zur Wahl gestellten Vorschläge und Programme ernst gemeint, das heißt, allein auf den Wahlerfolg und nicht auf sonstige Ziele gerichtet sind.
4. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit wird nicht dadurch verletzt, daß der Anteil am Wahlkampfkostenpauschale (Erstattungsbetrag) nach dem letzten Wahlerfolg berechnet wird.
5. a) Abschlagszahlungen sind ein Teil der Wahlkampfkostenerstattung. Sie sind durch die Notwendigkeiten des Wahlkampfes gerechtfertigt, für den langfristige Vorbereitungen unerläßlich sind.
b) Im Rahmen der Wahlkampfkostenerstattung kann der Gesetzgeber auch bei den Abschlagszahlungen an die für die nachträgliche Erstattung maßgebliche Mindeststimmenklausel anknüpfen.
6. Die Wahlkampfkostenerstattung gehört nicht zum Wahlrecht. Zum Wahlrecht zählen nur die Vorschriften, welche die Vorbereitung, Organisation, Durchführung und Überprüfung der Wahlen durch die staatlichen Organe regeln.
7. § 5 PartG, der den Trägern öffentlicher Gewalt die Möglichkeit eröffnet, bei der Gewährung öffentlicher Leistungen die Parteien nach ihrer Bedeutung unterschiedlich zu behandeln und der den im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien das Recht gibt, die Leistungen in einem Umfang zu beanspruchen, der mindestens halb so groß wie für jede andere Partei ist, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Chancengleichheit.
8. a) Der Pflicht der Parteien, über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft zu geben (Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG), ist Genüge getan, wenn nur die Spender benannt werden, deren Spende ihrer Höhe nach für eine Partei ins Gewicht fällt.
b) Es ist mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, die Freigrenze für die Offenlegungspflicht nach der Herkunft der Spenden von natürlichen oder juristischen Personen verschieden zu bemessen.
9. Die Steuervergünstigung für Beiträge und Spenden an politische Parteien in § 34 und § 35 PartG verstößt weder gegen das Recht der Parteien auf Chancengleichheit noch gegen das Prinzip der Parteienfreiheit, noch gegen das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozeß.

Beschluß

des Zweiten Senats vom 3. Dezember 1968 auf die mündliche Verhandlung vom 16. und 17. Juli 1968
– 2 BvE 1, 3, 5/67 –
in dem Verfassungsrechtsstreit über die Frage, ob der Deutsche Bundestag und der Bundesrat 1) durch den Erlaß der §§ 18, 20 Abs. 1, 34, 35 und 39 Abs. 2 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (BGBl. I S. 773), 2) durch den Erlaß der §§ 2 Abs. 2, 5, 18, 25 und 34 des Parteiengesetzes, 3) durch den Erlaß der §§ 20, 21 Abs. 1 und 22 des Parteiengesetzes gegen Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen haben, Antragstellerin zu 1): Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), vertreten durch das Präsidium, Bevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., Antragstellerin zu 2): Die Europäische Föderalistische Partei (Europa-Partei), vertreten durch ihren Präsidenten, Bevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., Antragstellerin zu 3): Die Bayerische Staatspartei (BSP), vertreten durch ihren Vorsitzenden, Bevollmächtigter: Rechtsanwalt ..., Antragsgegner zu 1) bis 3): a) Der Deutsche Bundestag, vertreten durch den Präsidenten, Bonn, Bevollmächtigter: Prof. Dr. ..., b) Der Bundesrat, vertreten durch den Präsidenten, Bonn.
Entscheidungsformel:

I. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben gegen Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoßen,
a) indem sie in § 18 Absatz 2 Nr. 1 und in § 20 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 773) bestimmt haben, daß das Wahlkampfkostenpauschale sowie Abschlagszahlungen auf den Erstattungsbetrag nur auf Parteien verteilt werden, die nach dem endgültigen Wahlergebnis mindestens 2,5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben,
b) indem sie in § 22 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 773) die Länder ermächtigt haben, die Erstattung der Kosten für Landtagswahlkämpfe und die Abschlagszahlungen davon abhängig zu machen, daß eine Partei 2,5 vom Hundert der Zweitstimmen erreicht hat,
c) indem sie in § 25 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 773) bestimmt haben, daß Spenden einer juristischen Person nur dann im Rechenschaftsbericht der Parteien zu verzeichnen sind, wenn ihr Gesamtwert in einem Kalenderjahr 200 000 DM übersteigt.
II. Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben dadurch gegen Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes verstoßen, daß sie in § 39 Absatz 2 des Gesetzes über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 773) für die Bundestagswahl vom 19. September 1965 die Erstattung der Beträge angeordnet haben, die sich nach § 18 des Parteiengesetzes als Anteil der Parteien an dem Wahlkampfkostenpauschale für die Monate September und Oktober 1966 ergeben.
III. Im übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Gründe

A.

I.

1. a) Zuschüsse an die politischen Parteien aus Haushaltsmitteln des Bundes waren erstmals im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1959 vorgesehen. Im Einzelplan 06 - Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern - Kapitel 02 Titel 620 waren auf Vorschlag des Haushaltsausschusses des Bundestages 5 Millionen DM mit der Zweckbestimmung "Zuschüsse zur Förderung der politischen Bildungsarbeit der Parteien" eingesetzt worden. Gleiche Beträge mit gleicher Zweckbestimmung waren auch in den Haushaltsplänen des Bundes für die Rechnungsjahre 1960 und 1961 ausgeworfen worden.

Im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1962 war im Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern im Kapitel 02 unter Titel 612 ein Betrag von insgesamt 20 Millionen DM eingesetzt worden. Der Titel umfaßte neben "Sondermitteln für politische Bildungsarbeit" in Höhe von 5 Millionen DM - Untertitel 612a - erstmals "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes" in Höhe von 15 Millionen DM - Untertitel 612b-.

Im Haushaltsplan für 1963 fiel der Untertitel 612a (Sondermittel für politische Bildungsarbeit) fort. Zugleich wurden die "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes" von 15 Millionen auf 20 Millionen DM erhöht (Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612).

Im Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1964 wurden die "Sondermittel für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes" (Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612) auf 38 Millionen DM erhöht. Die für 1964 getroffene Regelung wurde in den Haushaltsplänen für die Rechnungsjahre 1965 und 1966 wiederholt. Die Parteien haben die vorgesehenen Mittel bis einschließlich August 1966 erhalten und verausgabt.

b) Für die Bundestagswahl am 19. September 1965 hatten die vier im Bundestag vertretenen Parteien (Sozialdemokratische Partei Deutschlands - SPD -, Christlich Demokratische Union Deutschlands - CDU -, Christlich-Soziale Union - CSU -, Freie Demokratische Partei - FDP -) am 9. Januar 1965 ein Wahlkampfabkommen vereinbart (vgl. AöR 90 (1965) S. 83 f.), dessen § 2 bestimmte:

"Die Parteien verpflichten sich, die Ausgaben und Verpflichtungen für zentrale Werbemaßnahmen der Bundesparteien und ihrer Landesverbände in der Zeit vom 1. Januar 1965 bis zum 30. September 1965 auf je 15 Millionen DM zu begrenzen. Der Betrag vermindert sich um jeweils 1/38 für jede volle Million Wahlberechtigte in dem Land, in dem die Partei keinen Landeswahlvorschlag für den Bundestag einreicht. Reicht die Partei in mehreren Ländern keinen Landeswahlvorschlag ein, so sind die Zahlen der Wahlberechtigten zunächst zu addieren. Maßgebend ist die Zahl der Wahlberechtigten nach dem Stand der Bundestagswahl 1961.
Abweichend von der vorstehenden Regelung wird der für zentrale Werbemaßnahmen der Christlich-Sozialen Union zu verwendende Betrag auf 4 Millionen DM begrenzt."

c) Auf Antrag der Regierung des Landes Hessen gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 76 BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 19. Juli 1966 entschieden (BVerfGE 20, 56):

"§ 1 des Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1965 vom 18. März 1965 (BGBl. II S. 193) ist insoweit nichtig, als diese Vorschrift den Bundesminister des Innern ermächtigt, gemäß Einzelplan 06 Kapitel 02 Titel 612 des Bundeshaushaltsplanes 38 Millionen DM für die Aufgaben der Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes auszugeben."

Auf Anträge der Gesamtdeutschen Partei (DP/BHE), der Bayern-Partei und der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) gemäß § 64 BVerfGG hat das Bundesverfassungsgericht in zwei weiteren Urteilen vom 19. Juli 1966 (BVerfGE 20, 119 und 20, 134) festgestellt, daß die Bereitstellung von Sondermitteln für politische Bildungsarbeit und für Aufgaben der Parteien nach Art. 21 GG in den Bundeshaushaltsplänen für die Rechnungsjahre 1962, 1964 und 1965 gegen Art. 21 Abs. 1 GG verstößt.

In der mündlichen Verhandlung über den Antrag der Regierung des Landes Hessen haben die Bundesschatzmeister der SPD, der CDU und der FDP und der Landesschatzmeister der CSU als Zeugen die Einnahmen und Ausgaben ihrer Parteien für die letzten drei Bundestagswahlkämpfe wie folgt beziffert (BVerf- GE 20, 56 [85]):

SPD (1957; 1961; 1965):
Einnahmen 7 508 100 DM; 13 166 842 DM; 12 120 284 DM
Ausgaben 9 705 484 DM; 15 847 975 DM; 29 157 276 DM

CDU:
Einnahmen 18 160 000 DM; 23 682 000 DM; 20 450 000 DM
Ausgaben 18 500 000 DM; 25 000 000 DM; 35 500 000 DM

CSU:
Einnahmen 2 067 364 DM;2 899 462 DM;1 841 438 DM
Ausgaben 1 601 368 DM; 1 164 300 DM; 3 437 628 DM

FDP:
Einnahmen keine Angaben; keine Angaben; keine Angaben
Ausgaben 10 000 000 DM; 14 500 000 DM; 17 200 000 DM

Ausgaben insgesamt 39 806 852 DM; 56 512 275 DM; 83 294 904 DM

Die Zeugen haben betont, daß ihre Angaben zum Teil auf Schätzungen beruhen, vor allem deshalb, weil ihnen vollständige Unterlagen für die unteren Gliederungen ihrer Parteien nicht zur Verfügung stünden. Die angegebenen Summen sind nur begrenzt vergleichbar, da die Methoden ihrer Berechnung nicht voll übereinstimmen.

Nach den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 1966 ist es mit Art. 21 und 20 Abs. 2 GG nicht vereinbar, daß den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln für ihre gesamte Tätigkeit im Bereich der politischen Meinungs- und Willensbildung gewährt werden. Doch können den Parteien, die an der politischen Willensbildung des Volkes vor allem durch Beteiligung an den Parlamentswahlen mitwirken, aus Haushaltsmitteln die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes erstattet werden (BVerfGE 20, 56 [97]).

2. a) Nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der staatlichen Parteifinanzierung erließ der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates ein Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz - PartG -) vom 24. Juli 1967 (BGBl. I S. 773). Dieses Gesetz bestimmt unter anderem:

"§ 2 Begriff der Partei
(1) Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffent-lichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein.
(2) Eine Vereinigung verliert ihre Rechtsstellung als Partei, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat.
(3) ...

§ 5 Gleichbehandlung
(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemißt sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.
(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.
(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.
(4) ..."

Die Erstattung von Wahlkampfkosten regelt das Gesetz im vierten Abschnitt:

"§ 18 Grundsätze und Umfang der Erstattung
(1) Die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes sind Parteien, die sich an der Bundestagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen beteiligt haben, zu erstatten. Die Wahlkampfkosten werden mit einem Betrag von 2,50 Deutsche Mark je Wahlberechtigten dieser Bundestagswahl insgesamt pauschaliert (Wahlkampfkostenpauschale).
(2) Das Wahlkampfkostenpauschale wird auf Parteien verteilt, die nach dem endgültigen Wahlergebnis mindestens
1. 2,5 vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen oder
2. 10 vom Hundert der in einem Wahlkreis abgegebenen gültigen Erststimmen, wenn in diesem Land eine Landesliste dieser Partei nicht zugelassen war,
erreicht haben.
(3) Der Anteil an dem Wahlkampfkostenpauschale (Erstattungsbetrag) bemißt sich
1. bei Parteien nach Absatz 2 Nr. 1 nach dem Verhältnis der im Wahlgebiet erreichten Zweitstimmen,
2. bei einer Partei nach Absatz 2 Nr. 2 mit einem Betrag von 2,50 Deutsche Mark für jede Erststimme in Wahlkreisen, in denen die Mindeststimmenzahl von 10 vom Hundert erreicht worden ist.
(4) Vor der Festsetzung der Erstattungsbeträge für Parteien nach Absatz 3 Nr. 1 sind zunächst die auf die Parteien nach Absatz 3 Nr. 2 entfallenden Erstattungsbeträge von dem Wahlkampfkostenpauschale abzuziehen."

Wahlkampfkosten für die abgelaufenen Wahlperioden sind nicht zu erstatten (§ 39 Abs. 1 PartG); jedoch bestimmt § 39 Abs. 2 PartG:

"Für die Bundestagswahl vom 19. September 1965 sind nur die sich nach § 18 als Anteil der Partei an dem Wahlkampfkostenpauschale ergebenden Beträge für die Monate September und Oktober 1966 zu erstatten."

Das Erstattungsverfahren ist in den §§ 19, 20 PartG geregelt. Diese Vorschriften lauten:

"§ 19 Erstattungsverfahren
(1) Die Festsetzung und die Auszahlung des Erstattungsbetrages (Anteils an dem Wahlkampfkostenpauschale) ist innerhalb von zwei Monaten nach dem Zusammentritt des Bundestages bei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages schriftlich zu beantragen. Der Antrag kann auf einen Teilbetrag begrenzt werden.
(2) Der Erstattungsbetrag wird von dem Präsidenten des Deutschen Bundestages festgesetzt und ausgezahlt. Abschlagszahlungen nach § 20 sind anzurechnen und, soweit sie den Erstattungsbetrag übersteigen, zurückzuzahlen.

§ 20 Abschlagszahlungen
(1) Den Parteien, die bei der jeweils vorausgegangenen Bundestagswahl Wahlergebnisse erreicht hatten, die die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 erfüllt hätten, sind auf Antrag Abschlagszahlungen auf den Erstattungsbetrag zu gewähren. Die Abschlagszahlungen dürfen im zweiten Jahr der Wahlperiode des Deutschen Bundestages 10 vom Hundert, im dritten Jahr 15 vom Hundert und im Wahljahr 35 vom Hundert des Erstattungsbetrages nicht übersteigen.
(2) Der Antrag auf Abschlagszahlungen ist schriftlich bei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages einzureichen.
(3) Endet die Wahlperiode des Deutschen Bundestages vorzeitig, kann der Präsident des Deutschen Bundestages vor der Bundestagswahl Abschlagszahlungen abweichend von Absatz 1 Satz 2 mit der Maßgabe gewähren, daß sie 60 vom Hundert der Erstattungsbeträge nicht übersteigen dürfen."

Weiterhin heißt es:

"§ 21 Bereitstellung von Bundesmitteln
(1) Die nach den §§ 18, 20, 39 erforderlichen Mittel sind im Bundeshaushaltsplan auszubringen.
(2) Der Bundesrechnungshof prüft, ob der Präsident des Deutschen Bundestages als mittelverwaltende Stelle die Wahlkampfkosten entsprechend den Vorschriften dieses Abschnitts erstattet hat.
§ 22 Erstattung von Wahlkampfkosten in den Ländern
In den Ländern können Wahlkampfkosten von Landtagswahlen im Rahmen der §§ 18 bis 20 erstattet werden mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 von Parteien nationaler Minderheiten nicht erfüllt zu werden brauchen."

Der fünfte Abschnitt betrifft die Pflicht der Parteien zur Rechenschaftslegung. In diesem Zusammenhang bestimmt § 25 PartG:

"§ 25 Benennung der Spender
Spenden an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr bei einer natürlichen Person 20 000 Deutsche Mark, bei einer juristischen Person 200 000 Deutsche Mark übersteigt, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen."

In seinem siebenten Abschnitt "Schlußbestimmungen" enthält das Parteiengesetz auch steuerrechtliche Änderungsvorschriften. So ergänzt § 34 PartG den § 10b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 10. Dezember 1965 (BGBl. I S. 1901) durch folgenden Absatz 2:

"(2) Beiträge und Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes sind bis zur Höhe von insgesamt 600 Deutsche Mark und im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 1200 Deutsche Mark im Kalenderjahr abzugsfähig."

§ 35 PartG ändert den § 11 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 24. Mai 1965 (BGBl. I S. 449) dahin, daß "Spenden an politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes bis zur Höhe von insgesamt 600 Deutsche Mark im Kalenderjahr" bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens abgesetzt werden können.

Das Parteiengesetz ist am 27. Juli 1967 verkündet worden und am 28. Juli 1967 in Kraft getreten, mit Ausnahme der Vorschriften über die innere Ordnung der Parteien (§§ 6 bis 16), die am 1. Januar 1969 in Kraft treten (§ 41 Satz 1 und 2 PartG). Die §§ 34 und 35 sind erstmals für den Veranlagungszeitraum 1967 (§ 36 PartG) und die §§ 23 bis 31 erstmals für das Rechnungsjahr 1968 anzuwenden (§ 41 Satz 2, zweiter Halbsatz PartG).

b) Der Präsident des Deutschen Bundestages hat auf Grund des Parteiengesetzes bis zum 14. Juli 1968 folgende Beträge ausgezahlt:

am 28. Juli 1967 gemäß § 39 Abs. 2 PartG an die
SPD: 2 618 707 DM
CDU: 2 528 849 DM
CSU: 641 840 DM
FDP: 629 003 DM
zusammen: 6 418 399 DM,

am 28. Juli 1967 gemäß § 20 Abs. 1 PartG für die Zeit vom 1. November 1966 bis zum 19. Oktober 1967 (1. Abschlagszahlung der V. Wahlperiode) an die
SPD: 3 788 156 DM
CDU: 3 658 171 DM
CSU: 928 470 DM
FDP: 909 901 DM
zusammen: 9 284 698 DM,

am 20. Oktober 1967 gemäß § 20 Abs. 1 PartG für die Zeit vom 20. Oktober 1967 bis zum 19. Oktober 1968 (2. Abschlagszahlung der V. Wahlperiode) an die
SPD: 5 892 090 DM
CDU: 5 689 911 DM
CSU: 1 444 140 DM
FDP: 1 415 257 DM
zusammen: 14 441 398 DM.

Eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 35 v.H. des Erstattungsbetrages ist nach § 20 Abs. 1 PartG vorgesehen.

II.

1. a) Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ist als politische Partei zur Zeit in den Landtagen der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, jedoch nicht im Bundestag vertreten. Bei der Bundestagswahl am 19. September 1965 gewann sie 2,0 v.H. der Zweitstimmen; ein Sitz wurde ihr nicht zugeteilt.

Die NPD wurde mit einer Satzung vom 14. November 1964 am 16. Dezember 1964 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Bremen - 39 VR 1871 - eingetragen. Durch Beschluß der Mitgliederversammlung vom 28. November 1964 wurde die Satzung neu gefaßt. Diese Neufassung wurde am 18. September 1967 eingetragen. Mit Beschluß der Delegiertenversammlung vom 10. November 1967 verzichtete die NPD auf ihre Rechtsfähigkeit. Insoweit wurde die Satzung geändert. Diese Änderung wurde am 29. Januar 1968 eingetragen. Am 11. November 1967 gab sich die NPD eine neue (vierte) Satzung. Bei dieser Gelegenheit wurde Adolf von Thadden zum Parteivorsitzenden gewählt.

b) Die NPD beantragt mit einem am 29. Juli 1967 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Schriftsatz gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 und 64 BVerfGG:

festzustellen, daß der Deutsche Bundestag und der Bundesrat dadurch gegen Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoßen, daß sie in dem Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (BGBl. I S. 773 ff.)
1. insgesamt DM 2,50 je Wahlberechtigten den politischen Parteien pauschal als Erstattung von Wahlkampfkosten zur Verfügung stellen (§ 18),
2. Beiträge und Spenden an politische Parteien bis zur Höhe von insgesamt DM 600.- und im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zur Höhe von insgesamt 1200.- DM im Kalenderjahr für abzugsfähig von Einkommensteuer und Körperschaftsteuer erklären (§ 34 und § 35),
3. die Erstattung von Wahlkampfkosten für die Bundestagswahl vom 19. September 1965 anordnen (§ 39 Abs. 2).

Zur Begründung führt sie aus: Das Bundesverfassungsgericht habe mit seinem Urteil vom 19. Juli 1966 (BVerfGE 20, 56 ff.) die staatliche Finanzierung politischer Parteien für verfassungswidrig erklärt; den Parteien dürften nur die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes ersetzt werden. Beim Erlaß des Urteils hätten die Parteien in Bund und Ländern für die Wahlperiode etwa 150 Millionen DM aus öffentlichen Mitteln erhalten. Nach dem Parteiengesetz und den Wahlkampfkostengesetzen der Länder würden den Parteien je Wahlperiode 154,4 Millionen Deutsche Mark zufließen. Überdies hätten sich die Parteien für die Bundestagswahl am 19. September 1965 in § 39 Abs. 2 PartG eine Nachzahlung in Höhe von einigen Millionen Deutsche Mark bewilligt, obwohl sie den Wahlkampf für diese Wahl aus Zahlungen bestritten hätten, die das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt habe. Die Wahlkampfkostenregelung des Parteiengesetzes verstoße deshalb gegen Art. 20 Abs. 2 und Art. 21 GG.

Die §§ 34 und 35 PartG verletzten den Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Ausübung ihrer politischen Rechte und damit auch die Chancengleichheit der Parteien. Sie widersprächen deshalb dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 ff.). Der Minister Dr. Strelitz habe in der 312. Sitzung des Bundesrates am 14. Juli 1967 (Stenographische Berichte S. 145 [C]) in diesem Zusammenhang für das Land Hessen ausgeführt:

"Wegen der Progression des Einkommensteuertarifs kommt die Abzugsfähigkeit von Spenden vor allem den wirtschaftlich leistungsfähigen Kreisen zugute, denen bei Spenden wesentlich höhere Steuervorteile zugewendet werden als der Mehrzahl der Bürger. Viele Bürger werden überdies von den Vergünstigungen überhaupt keine Vorteile haben, weil sie entweder keine Steuern zahlen oder weil ihre Sonderausgaben die Sonderausgaben-Pauschale des § 10c Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes nicht übersteigen.

Aus den gleichen Erwägungen liegt auch eine Schlechterstellung der Mehrzahl der Bürger im Verhältnis zu den juristischen Personen vor, die nach Auffassung der Hessischen Landesregierung von steuerlichen Vergünstigungen für Spenden überhaupt ausgeschlossen werden müssen; denn juristische Personen haben kein Wahlrecht, ihre Spenden gehen nicht auf ein persönliches Engagement zurück, sondern verfolgen in der Regel wirtschaftliche Ziele. Sie sind mit der Spende eines Wählers und Bürgers nicht vergleichbar. Durch die Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Spenden bis zu 600.- DM jährlich werden zwar die Konsequenzen der Regelung für die Parteien abgeschwächt. Nach wie vor handelt es sich jedoch um eine Ungleichheit, die auch mit dem strengen Maßstab der Chancengleichheit nicht vereinbar ist."

Diese Ausführungen macht sich die NPD zu eigen; es sei von Anfang an Sinn ihrer Organklage gewesen, darzulegen, daß sie durch die behaupteten Verletzungen des Prinzips der Chancengleichheit in ihren eigenen Rechten verletzt sei.
Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 1967 beantragt die NPD hilfsweise:

festzustellen, daß der Deutsche Bundestag und der Bundesrat dadurch gegen Artikel 21 Abs. 1 und Art. 3 des Grundgesetzes verstoßen, daß sie in dem Gesetz über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 den Pauschalbetrag für Wahlkampfkosten von DM 2,50 je Wahlberechtigten unangemessen hoch angesetzt und die Antragstellerin durch den Verteilungsschlüssels erheblich benachteiligt haben.

Zur Begründung dieses Antrages trägt sie vor: Durch die Höhe und die Verteilung der bewilligten Mittel werde eine unterschiedliche Wettbewerbslage geschaffen. Das gelte auch für die Nachbewilligung von Erstattungsbeträgen für die Bundestagswahl vom 19. September 1965 gemäß § 39 Abs. 2 PartG und für die Abzugsfähigkeit von Spenden nach §§ 34 und 35 PartG. Einer Partei, der beispielsweise nur 10 v.H. der Mittel zur Verfügung stünden, über die eine andere Partei verfüge, könne den Wähler nicht in gleichem Umfang ansprechen wie die andere Partei. Die Wahlkampfkostenerstattung nach dem Parteiengesetz habe zur Folge, daß Parteien, die ihre Organisation vernachlässigten und Beiträge nicht kassierten, große Geldsummen für die Wahlwerbung ausgeben und dadurch die Stimmen unentschlossener oder politisch gleichgültiger Wähler gewinnen könnten, die möglicherweise die kleinere Partei gewählt hätten, wenn diese die gleiche Wahlwerbung hätte treiben können. Auf diese Weise würden der gegenwärtige Zustand zementiert und der NPD als einer kleinen Partei nicht die gleichen Chancen gewährt wie den etablierten Parteien. Hinzu komme, daß die im Bundestag vertretenen Parteien in den vergangenen Jahren verfassungswidrig Haushaltsmittel bezogen und dadurch Aufwendungen aus eigenen Mitteln erspart hätten. Auch dadurch werde die NPD benachteiligt.

In der mündlichen Verhandlung am 16. und 17. Juli 1968 hat die NPD ergänzend behauptet, sie habe keine Spenden größeren Ausmaßes von Personen mit hohem Einkommen oder von Wirtschaftsunternehmen erhalten, und beantragt, darüber durch Vernehmung des ersten Vorsitzenden Adolf von Thadden und des Bundesschatzmeisters der NPD Sch. ... Beweis zu erheben.

2. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat als Antragsgegnern im Organstreitverfahren, den in § 65 Abs. 2 BVerfGG weiter genannten Verfassungsorganen, den Landesregierungen sowie den politischen Parteien, die sich an der Bundestagswahl vom 19. September 1965 beteiligt haben, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Der Bundesrat hat sich nicht geäußert.

a) Der Deutsche Bundestag beantragt:

die Anträge der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands zurückzuweisen.

Der Deutsche Bundestag bezweifelt, daß die NPD vor Gericht ordnungsmäßig vertreten ist. Auch seien die Anträge unzulässig, weil die NPD nicht geltend mache, in ihren ihr durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein (§ 64 Abs. 1 BVerfGG).

Mit dem Hauptantrag habe sie lediglich einen Verstoß gegen Art. 21 Abs. 1 GG behauptet und jede Bezugnahme auf eine eigene Benachteiligung unterlassen.

Mit dem Hilfsantrag habe sie zwar auch eine Verletzung des Prinzips der Chancengleichheit (Art. 3 GG) gerügt. Indessen habe die NPD, wie sie öffentlich bekunde, nicht die Absicht, ihrerseits an einer Parteifinanzierung teilzunehmen. Die Beeinträchtigung der Chancengleichheit könne also allenfalls bedeuten, daß sie durch ungerechtfertigte Zuwendungen an andere Parteien in ihren Werbemöglichkeiten beschränkt sei. Das negative Interesse daran, daß die anderen Parteien einen Vorteil erhielten, den die NPD nicht erstrebe, genüge jedoch nicht, eine Verletzung des eigenen verfassungsrechtlichen Status darzutun. Entsprechendes gelte für den Angriff der NPD gegen den Verteilungsschlüssel. Durch den nach ihrer Ansicht zu hohen Ansatz des Pauschale könne sie nicht beschwert sein, und durch die Beschränkung der Wahlkampfkostenerstattung auf Parteien, die bei der vorausgegangenen Bundestagswahl 2,5 v.H. der Zweitstimmen erhalten hätten, nur, wenn sie die Meinung vertrete, sie müsse bereits bei einem niedrigeren Prozentsatz von Zweitstimmen berücksichtigt werden. Gerade das trage die NPD aber nicht vor. Auch soweit sich die NPD gegen die steuerliche Begünstigung von Spenden an politische Parteien wende, sei sie nicht beschwert. Sie habe nicht einmal vorgetragen, ihre Anhängerschaft sei sozial so strukturiert, daß die steuerliche Begünstigung der Spenden auf eine Bevorzugung anderer Parteien hinauslaufe. Eine solche Behauptung würde auch nicht den Tatsachen entsprechen. Insgesamt rüge die NPD lediglich die objektive Unvereinbarkeit der beanstandeten Bestimmungen des Parteiengesetzes mit dem Grundgesetz. Eine solche Rüge sei indessen nur im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle (§§ 13 Nr. 6, 76 BVerfGG) möglich, zu dem die NPD als politische Partei jedoch nicht zugelassen sei.

Die Organklage sei aber auch unbegründet.

§ 18 PartG verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht habe die Verfassungsmäßigkeit der Wahlkampfkostenerstattung in seinen Urteilen vom 19. Juli 1966 (BVerfGE 20, 56 ff.; 20, 119 ff.; 20, 134 ff.) grundsätzlich anerkannt. Die §§ 18 ff. PartG entsprächen den Grundsätzen, die das Gericht in den genannten Urteilen entwickelt habe.

Das Parteiengesetz lege der Kostenerstattung den tatsächlichen Aufwand zugrunde, der sich bei der Bundestagswahl 1965 ergeben habe. Berücksichtige man die laufende Geldentwertung seit 1965, so bedeute die Orientierung an diesem Maßstab eine nicht unerhebliche Einschränkung der Kostenerstattung. Der Gesetzgeber zahle den politischen Parteien auch nicht auf dem Umweg über die Wahlkampfkostenerstattung nahezu die gleiche Summe wie vor den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 1966. Man dürfe nicht von dem Betrag ausgehen, der zwischen 1961 und 1965 tatsächlich gezahlt worden sei, sondern müsse von der steigenden Tendenz der jährlich gezahlten Beträge ausgehen, die in der Summe von 38 Millionen DM für das Jahr 1965 ihren Ausdruck gefunden habe. Berechne man nach diesem Betrag die früheren Leistungen je Wahlperiode, so ergebe sich, daß den politischen Parteien jetzt nur 3/5 der früheren Leistungen gewährt würden.

Für die Berechnung der Wahlkampfkostenerstattung komme nur die eine oder andere Form der Pauschalierung in Betracht. Jede Erstattung der tatsächlich aufgewendeten Kosten führe einmal zur unterschiedlichen Behandlung der Parteien, weil die Erfahrung anderer Länder beweise, daß die Parteien unterschiedlichen Wahlaufwand betrieben, zum anderen zu einer Beeinträchtigung der Freiheit der Parteien, weil sie die Nachprüfung einzelner Kostenansätze notwendig mache.

Die 2,5-v.H.-Klausel des § 18 Abs. 2 PartG habe den Zweck, die Parteienzersplitterung zu verhindern, und liege erheblich unter der 5-v. H.-Klausel des Wahlrechts. Sie sei deshalb nach den Maßstäben der verfassungsgerichtlichen Urteile vom 19. Juli 1966 gerechtfertigt.

Daß § 18 Abs. 3 PartG das Wahlkampfkostenpauschale nach dem Verhältnis der erworbenen Zweitstimmen verteile, führe zwar dazu, daß nicht alle Parteien die absolut gleichen Beträge erhielten, verstoße aber nicht gegen das Prinzip der Chancengleichheit. Einmal lehre die Erfahrung, daß der Wahlausgang nicht allein von den Wahlkampfkosten abhänge, die eine Partei aufwende. Zum anderen dürfe der Staat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Gewährung von Leistungen nach Größe und politischem Gewicht der Parteien differenzieren. Es sei zulässig, bei einer solchen Differenzierung an die Zahl der erreichten Zweitstimmen anzuknüpfen. Ob "verfassungsnähere" Regelungen denkbar seien und ob insbesondere die Gewährung eines Sockelbetrages der Verfassung eher entsprochen hätte, habe das Bundesverfassungsgericht nicht zu prüfen.

Die Möglichkeit der Abschlagszahlungen nach § 20 PartG sei mit dem Grundgesetz vereinbar, weil die Wahlvorbereitungen länger als ein Jahr dauerten und es unrealistisch wäre, lediglich die Kosten des letzten Jahres der Wahlperiode einzubeziehen. Mit unvorbereitetem Personal und ohne langfristige propagandistische Vorbereitung lasse sich ein Wahlkampf nicht führen. Würden an die Parteien Abschlagszahlungen nicht geleistet werden, müßten sie Kredite aufnehmen. Die Erstattungsbeträge würden dann lediglich durch die Kreditkosten vermindert. Im übrigen habe sich auf allen Gebieten des Rechts seit langem das Prinzip der Vorschußzahlungen eingebürgert. § 20 PartG konkretisiere nur dieses Prinzip.

Daß der Gesetzgeber auch die Abschlagszahlungen vom Erfolg der letzten Wahl abhängig gemacht habe, diene dazu, die Gefahr der Stimmen- und Parteizersplitterung abzuwehren. Überdies trage diese Verknüpfung dazu bei, die kleineren Parteien daran zu hindern, Wahlkampfzahlungen entgegenzunehmen, die sie später nicht zurückzahlen könnten. Außerdem sei der Modus der Abschlagszahlungen durch Klarheit und Einfachheit der Berechnung gerechtfertigt.

Auch die Erstattung eines Teiles der Wahlkampfkosten für die Bundestagswahl 1965 in Höhe von zwei Monatsbeträgen des Wahlkampfkostenpauschale (§ 39 Abs. 2 PartG) sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese Regelung entspreche dem rechtsstaatlichen Vertrauensgrundsatz. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 19. Juli 1966 (BVerfGE 20, 56 [97]) selbst festgestellt, daß seine früheren Ausführungen im Urteil vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 ff.) dahin hätten verstanden werden können, daß es verfassungsrechtlich zulässig sei, den Parteien aus Haushaltsmitteln Zuschüsse für ihre gesamte politische Tätigkeit zu bewilligen. Im Vertrauen auf diese Rechtsprechung hätten sich die politischen Parteien vor der Wahl von 1965 erheblich verschuldet. Sie seien deshalb durch die Urteile vom 19. Juli 1966 vor schwierige Abwicklungsprobleme gestellt worden. § 39 Abs. 2 PartG löse diese Probleme in sachgerechter Weise. Er verstoße für künftige Wahlen nicht gegen das Prinzip der Chancengleichheit, weil er nur Dispositionen ausgleiche, welche die Parteien früher getroffen hätten.

Die einkommen- und körperschaftsteuerliche Begünstigung von Spenden an politische Parteien in den §§ 34, 35 und 36 PartG verletze nicht das Prinzip der Chancengleichheit. Die Steuerersparnis betrage höchstens etwas über 300.- DM jährlich je Person. Dieser Betrag biete den Steuerpflichtigen mit großem Einkommen keinen Anreiz, größere Beträge für die Parteien zu spenden. Die Möglichkeit der Steuerersparnis sei daher nicht geeignet, die Parteien zu begünstigen, die sich an die finanzstärkeren Kreise wendeten. Eine etwaige Benachteiligung von Bürgern mit kleinerem Einkommen oder von Lohnsteuerpflichtigen habe für künftige Wahlen keine Bedeutung.

b) Die Bundesregierung vertritt im wesentlichen die gleiche Auffassung wie der Deutsche Bundestag. Zusätzlich weist sie auf folgendes hin:

Bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Spenden an politische Parteien (§§ 34, 35 PartG) sei zu beachten, daß sich die soziologische Struktur der Parteien seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1958 (BVerfGE 8, 51 ff.) wesentlich gewandelt habe. Die Parteien seien zu Volksparteien geworden. Die Unterschiede in den Vermögensverhältnissen der jeweiligen Mitglieder und Wähler spielten nur noch eine geringe Rolle. Die Steuervergünstigungen der §§ 34, 35 PartG könnten daher die Wettbewerbschancen der Parteien nicht beeinflussen.

Daß auch Spenden von juristischen Personen durch § 35 PartG für steuerlich absetzbar erklärt würden, sei berechtigt, weil hinter den juristischen Personen eine Mehrheit von natürlichen Personen stünde.

Bei der Beurteilung des § 39 Abs. 2 PartG sei zu berücksichtigen, daß die Haushaltsmittel, die den Parteien in der vierten Wahlperiode des Deutschen Bundestages zugeflossen seien, der allgemeinen Parteifinanzierung gedient hätten. Es sei deshalb zu unterstellen, daß die Parteien diese Mittel auch für diesen Zweck verwendet und den Wahlkampf im wesentlichen aus eigenen Mitteln bestritten hätten. Der Gesetzgeber hätte ihnen deshalb die Kosten für den Bundestagswahlkampf 1965 voll erstatten können. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn er den Parteien weniger gewährt habe.

c) Die SPD, die CDU, die CSU und die FDP halten die Anträge der NPD gleichfalls für unzulässig und die angegriffenen Bestimmungen des Parteiengesetzes im wesentlichen aus den gleichen Gründen für verfassungsmäßig wie der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung.

III.

1. a) Die Europäische Föderalistische Partei Deutschlands (Europa- Partei) wurde Anfang 1964 gegründet.

Nach § 2 Abs. 1 Buchst. a) ihrer Satzung will sie ihr Ziel: die föderalistisch aufgebauten Vereinigten Staaten von Europa, auch durch Beteiligung an Wahlen und Mitwirkung an gesetzgebenden Körperschaften und anderen öffentlichen Institutionen erreichen. Sie bemüht sich, Untergliederungen in allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland aufzubauen.

Die Europa-Partei hat an den Bundestagswahlen vom 19. September 1965 mit einer Landesliste in Bremen teilgenommen und dort 1015 Zweitstimmen (= 0,2 v.H. im Lande Bremen) erreicht. Außerdem hat sie sich an der Wahl zum Niedersächsischen Landtag vom 4. Juni 1967 in 12 von 95 Wahlkreisen beteiligt und 2102 (= 0,1 v.H.) Stimmen gewonnen. Nach ihren eigenen Angaben hat sie etwa vierhundert eingeschriebene Mitglieder.

b) Die Europa-Partei beantragt:

festzustellen, daß § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 gegen Artikel 21 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt; daß § 5 des Gesetzes über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 gegen die Artikel 2 und 5 des Grundgesetzes verstößt; daß § 18 des Gesetzes über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 gegen Artikel 2 und 5 des Grundgesetzes verstößt; daß § 25 des Gesetzes über die politischen Parteien vom 24. Juli 1967 gegen Artikel 3 des Gesetzes verstößt; daß § 34 des Gesetzes über die politischen Parteien zusammen mit § 10b Einkommensteuergesetz gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt.

Zur Begründung trägt sie vor, daß sie durch die beanstandeten Bestimmungen des Parteiengesetzes in ihrer verfassungsrechtlich garantierten Entwicklung beeinträchtigt und gegenüber konkurrierenden Parteien durch ungleiche Behandlung zurückgesetzt werde. § 2 Abs. 2 PartG verstoße gegen Art. 21 Abs. 1 GG, weil die Möglichkeit, daß eine Partei ihre Rechtsstellung als Partei verliere, wenn sie länger als sechs Jahre nicht an Wahlen teilnehme, die Freiheit beeinträchtige, eine Partei nach den eigenen Vorstellungen der Gründer zu bilden. § 5 PartG verletze den Grundsatz der Gleichbehandlung und mittelbar das Recht der freien Meinungsäußerung im Sinne des Art. 5 GG. Der Gesetzgeber habe in § 5 PartG die Möglichkeit eröffnet, den Umfang der Gewährung öffentlicher Leistungen an die Parteien von dem Erfolg abhängig zu machen, den die Parteien bei vorausgegangenen Wahlen erzielt hätten. Dadurch würden die neuen Parteien benachteiligt. Diese Benachteiligung sei nicht zu rechtfertigen. Die Wahlen dienten der Neufestsetzung des politischen Kräfteverhältnisses. Deshalb sei allen Parteien die gleiche Ausgangsbasis zu gewähren.

Aus denselben Gründen sei auch die Wahlkampfkostenerstattung (§ 18 PartG) verfassungswidrig. Die Europa-Partei würde bei der nächsten Bundestagswahl die 5 v.H.-Klausel überspringen, wenn ihr die gleichen Mittel zur Verfügung gestellt würden wie den großen Parteien. Überdies sei die Wahlkampfkostenerstattung ungerecht, weil die Parteien nicht berücksichtigt würden, die nicht 2,5 v.H. der Stimmen erreicht hätten, obwohl auch diesen Parteien durch den Wahlkampf Unkosten entstanden seien. Die Erstattung verführe auch zum Mißbrauch der Wahlkampfgelder.

§ 25 PartG (Benennung der Spender) verstoße gegen das Grundgesetz, insbesondere gegen Art. 3 GG. Der Gesetzgeber habe die Grenze für die Offenlegung individueller Spenden so hoch angesetzt, daß die in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG statuierte Offenlegungspflicht praktisch leerlaufe. Besonders bedenklich sei, daß die Spenden juristischer Personen erst von 200 000 Deutsche Mark an offengelegt werden müßten. Darin liege eine Benachteiligung der Mehrzahl der Aktivbürger im Verhältnis zu den juristischen Personen. Die Europa-Partei als kleine Partei habe ferner ein besonderes Interesse, das durch Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG gerechtfertigt sei, zu wissen, wer hinter den großen Parteien stehe. - Schließlich verletze § 34 PartG den Gleichheitsgrundsatz; denn die steuerliche Absetzbarkeit von Parteispenden bis zu 600.- DM jährlich je Person benachteilige diejenigen, deren Sonderausgaben nicht höher seien als die in die Steuertabellen eingearbeitete Sonderausgabenpauschale.

2. a) Der Deutsche Bundestag beantragt:

den Antrag der Europa-Partei zurückzuweisen.

Der Antrag sei unzulässig, weil auch die Europa-Partei nicht geltend mache, durch eine Maßnahme des Gesetzgebers in ihren ihr durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein (§ 64 BVerfGG). Die Europa-Partei wolle vielmehr eine Entscheidung über die Gültigkeit von Rechtsnormen und ganz allgemein die Beachtung der Art. 2, 3, 5 und 21 Abs. 1 GG erzwingen. Die Europa-Partei könne überdies nicht durch § 2 Abs. 2 PartG beschwert sein; denn die Teilnahme an Wahlen gehöre zum Begriff der politischen Partei. Auch durch die §§ 5 und 34 PartG sei sie nicht beschwert.

Im übrigen sei der Antrag der Europa-Partei auch unbegründet. Soweit die Europa-Partei dieselben Bestimmungen angreift wie die NPD, bezieht sich der Deutsche Bundestag auf die Ausführungen, die er zu den entsprechenden Anträgen der NPD gemacht hat.

Außerdem trägt er vor: § 2 Abs. 2 PartG befinde sich in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Begriff und Wesen der politischen Parteien. Gruppen, die sich nicht an Wahlen beteiligen, wirkten nicht in der Form an der politischen Willensbildung des Volkes mit, die von Art. 21 GG vorausgesetzt werde. Wäre die Teilnahme an Wahlen nicht ein wesentliches Merkmal der politischen Parteien, könnten sich auch antiparlamentarische Kampfgruppen und "Bewegungen" auf die Privilegierungen berufen, die Art. 21 Abs. 1 GG den Parteien zukommen lasse. Damit wäre aber der Sinn dieser Vorschrift verfehlt.

§ 5 PartG berücksichtige die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Vergabe von Sendezeiten (BVerfGE 14, 121 ff.). Soweit die Vorschrift Abstufungen bei der Gewährung öffentlicher Leistungen an die Parteien zulasse, sei jedenfalls Art. 5 GG nicht verletzt. Die Möglichkeit der Meinungsäußerung könne nur durch die Behinderung der Meinungskundgabe beeinträchtigt werden, aber nicht dadurch, daß gewisse Formen der Meinungsäußerung nicht finanziert würden. Auch gegen das Prinzip der Chancengleichheit verstoße § 5 PartG nicht, da die Differenzierungen, die er vorsehe, gerechtfertigt seien.

Daß der Gesetzgeber für die Offenlegung der Parteispenden eine unterste Grenze vorgesehen habe (§ 25 PartG), verstoße jedenfalls nicht gegen das Prinzip der Chancengleichheit, da diese Regelung allen Parteien gleichmäßig zugute komme. Im übrigen sei es eine Ermessensfrage für den Gesetzgeber, die Grenzen der Offenlegungspflicht festzulegen. Er habe mit § 25 PartG die ihm gezogenen Grenzen nicht überschritten.

b) Die Bundesregierung teilt im wesentlichen die Auffassung des Deutschen Bundestages. Zu § 25 PartG trägt sie noch vor: Die Frage, in welchem Umfang der Gesetzgeber die Parteien verpflichten könne, ihre Spender zu benennen, könne nicht allein unter dem Blickpunkt des Art. 21 Abs. 1 GG beantwortet werden. Vielmehr müsse der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang auch den Grundsatz des Wahlgeheimnisses (Art. 38 GG) und das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG) berücksichtigen. Man habe bei der Regelung des § 25 PartG daher zwischen dem Interesse, das Wahlgeheimnis zu wahren und die Meinungsfreiheit zu sichern, auf der einen Seite und der durch Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG gebotenen Offenlegungspflicht auf der anderen Seite abwägen müssen. Der Gesetzgeber habe die Spendengrenze verhältnismäßig hoch angesetzt, weil erst bei hohen Spenden die Gefahr einseitiger Beeinflussung der Parteien entstehe. Die Spendengrenze bei juristischen Personen weiter zu ziehen als bei natürlichen Personen, sei gleichfalls gerechtfertigt, weil hinter den juristischen Personen eine Mehrheit natürlicher Personen stehe.

c) Die CSU hat sich den Vortrag des Deutschen Bundestages zu eigen gemacht. SPD, CDU und FDP meinen darüber hinaus, es sei bereits zweifelhaft, ob die Europa-Partei berechtigt sei, Anträge nach § 64 BVerfGG zu stellen. Angesichts ihres geringen Wahlerfolges bei der Bundestagswahl von 1965, der Nichtbeteiligung an den Landtagswahlen in Bremen, wo sie ihren Sitz habe, und des Umstandes, daß sie über keine ins Gewicht fallende Anhängerschaft verfüge, könne die Europa-Partei nicht als politische Partei angesehen werden.

Die CDU trägt noch vor, im übrigen fehle für den Antrag auch ein Rechtsschutzinteresse, weil es so gut wie sicher sei, daß die Europa-Partei bei der Bundestagswahl 1969 nicht den nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG erforderlichen Stimmenanteil erhalten werde. Deshalb könne sie auch durch die übrigen Vorschriften des Parteiengesetzes nicht benachteiligt sein.

IV.

1. a) Die Bayerische Staatspartei (BSP) wurde im Mai 1967 neu gegründet. Sie hat bisher nicht an Wahlen teilgenommen. Nach ihrer Satzung vom 1. Dezember 1967 ist die BSP "eine politische Kampfgemeinschaft für Bayern. Ihr Ziel ist die Schaffung eines freiheitlichen Bayerischen Staates in einem bündisch geordneten Deutschland gemäß ihrem Parteiprogramm ... Der Tätigkeitsbereich der Partei erstreckt sich auf das Gebiet des Freistaates Bayern" (§ 1). Die Partei gliedert sich in Ortsverbände, Kreisverbände, Bezirksverbände, Regionen und den Gesamtparteiverband (§ 10) mit jeweils eigenen Organen. Die Aufstellung von Kandidaten für öffentliche Ämter ist eingehend geregelt (§§ 46 bis 48).

b) Die BSP beantragt:

festzustellen: Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat haben mit dem Erlaß der §§ 20, 21 Abs. 1 und des § 22 des Parteiengesetzes das Grundrecht der Chancengleichheit der politischen Parteien gemäß Art. 3, 20 Abs. 2 und 21 Abs. 1 GG dadurch verletzt, daß sie die Gewährung von Abschlagszahlungen auf den Erstattungsbetrag an die in den §§ 20, 22, 18 Abs. 2 PartG bezeichneten Parteien zulassen.

Sie trägt vor, sie beabsichtige, an Bundestags- und an Landtagswahlen teilzunehmen. Sie habe etwa 3000 Mitglieder und verfüge über eine große Zahl von Kreis- und Ortsverbänden. Sie sei auch keine "Absplitterung" der Bayernpartei, sondern eine selbständige Neugründung. Die Verletzung ihres eigenen Rechts auf Chancengleichheit erblickt die BSP vor allem darin, daß den anderen Parteien in verfassungswidriger Weise nach den §§ 18 ff. PartG Wahlkampfkosten erstattet würden.

Nach ihrer Ansicht sind die Abschlagszahlungen auf die Wahlkampfkostenerstattung in Wirklichkeit eine verschleierte staatliche Parteifinanzierung. Das ergebe sich daraus, daß sie praktisch während der ganzen Legislaturperiode geleistet würden und quantitativ die frühere allgemeine Parteifinanzierung überstiegen. Die Abschlagszahlungen widersprächen auch der Forderung, daß nur die Kosten erstattungsfähig seien, die "nahe vor" und "in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Wahlkampf" entstünden. Der eigentliche Wahlkampf beginne frühestens acht Wochen vor einer Bundestags- oder Landtagswahl. § 20 PartG sehe jedoch vor, daß während der ganzen Legislaturperiode jährlich bestimmte Zahlungen an die Parteien geleistet würden.

Aber selbst, wenn man Abschlagszahlungen als solche für verfassungsmäßig halten würde, wäre es Pflicht des Gesetzgebers gewesen, Vorsorge dafür zu treffen, daß jene tatsächlich zur Bestreitung der Wahlkampfkosten verwendet würden. Das sei indessen nicht geschehen.

§ 20 PartG sei auch deshalb verfassungswidrig, weil er die kleinen, insbesondere die neugegründeten Parteien, ungerechtfertigt benachteilige. Denn die neugegründeten Parteien würden an den Abschlagzahlungen überhaupt nicht beteiligt. Die 2,5 v.H.- Klausel des § 18 Abs. 2 PartG sei bei Abschlagszahlungen ein verfehlter Maßstab.
Aus der Verfassungswidrigkeit des § 20 Abs. 1 PartG folge auch die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 1 und des § 22 PartG.

2. a) Der deutsche Bundestag beantragt:

den Antrag der Bayerischen Staatspartei zurückzuweisen.

Der Antrag der BSP ist nach Auffassung des Deutschen Bundestages unzulässig, weil die BSP nicht glaubhaft gemacht habe, daß sie sich an einer Bundestagswahl beteiligen werde. Im übrigen mache die BSP nicht die Verletzung eigener Rechte geltend. Sie verlange für sich selbst keine Abschlagzahlungen, sondern fordere nur, daß die anderen Parteien keine Abschlagzahlungen erhielten. Deshalb sei für den Antrag ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen.
Daß der Antrag unbegründet sei, ergebe sich aus den Gründen, die der Bundestag bereits gegenüber dem Antrag der NPD vorgetragen habe.

b) Bundesregierung, SPD, CDU, CSU und FDP vertreten im wesentlichen die gleiche Auffassung wie der Deutsche Bundestag. Die Bundesregierung, die SPD und die FDP machen außerdem geltend, daß § 21 PartG lediglich die interne Bereitstellung der Haushaltsmittel regele. Er entfalte nach außen keine Rechtswirkungen und könne deshalb Rechte der BSP nicht beeinträchtigen. § 22 PartG liefere nur die gesetzliche Grundlage für die Wahlkampfkostenerstattung in den Ländern. Er verweise insoweit auf die §§ 18 bis 20 PartG. Da diese Vorschriften verfassungsmäßig seien, sei auch der Angriff gegen § 22 PartG unbegründet.

V.

Durch Beschluß vom 16. Juli 1968 wurden die Organstreitverfahren über die Anträge der NPD - 2 BvE 1/67 -, der Deutschen Friedens-Union (DFU) - 2 BvE 2/67 -, der Europa-Partei - 2 BvE 3/67 -, des Bundes der Deutschen (BdD) - 2 BvE 4/67 - und der BSP - 2 BvE 5/67 - zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung verbunden. Die mündliche Verhandlung hat am 16. und 17. Juli 1968 stattgefunden. In ihr haben die NPD, die Europa-Partei, die BSP und der Deutsche Bundestag die oben wiedergegebenen Anträge gestellt. Die Bevollmächtigten der Bundesregierung, der SPD, der CDU, der CSU und der FDP wurden angehört.

Die Bevollmächtigten der SPD und der FDP haben im einzelnen über die Verwendung der Beträge berichtet, welche die Parteien 1967 auf Grund des § 20 Abs. 1 PartG erhalten haben. Die SPD hat dargelegt, daß sie im ganzen über 9 Millionen Deutsche Mark erhalten, aber etwa 12 Millionen Deutsche Mark für Wahlanalysen, Untersuchungen über Werbemittel, zentral finanzierte Tagungen ausgegeben habe, und daß diese für Wahlvorbereitungen aufgewandten Kosten etwa 32 v.H. der Gesamtaufwendungen der Partei für die einschlägige Zeitspanne darstellten. Die FDP, die für den gleichen Zeitraum etwa 2,3 Millionen Deutsche Mark erhalten hat, hat nach ihren Angaben von 1966 bis 1968 für von der Zentrale veranlaßte Analysen, Auswertungen, Kosten für Plakatwerbung, Meinungsumfragen und ähnliches 2,07 Millionen Deutsche Mark ausgegeben. Dieser Betrag umfasse 30 v.H. der Gesamtausgaben der Zentrale für den einschlägigen Zeitraum. Die CSU hat erklärt, ihre zentrale Parteileitung habe 1967 etwa 4 Millionen Deutsche Mark ausgegeben. Davon seien etwa 1 Million Deutsche Mark für Analysen, Umfragen und andere Wahlvorbereitungen aufgewendet worden. Die CDU hat erklärt, nicht in der Lage zu sein, entsprechende Angaben zu machen.

Durch Beschluß vom 5. November 1968 wurden die Verfahren über die Anträge der NPD - 2 BvE 1/67 -, der Europa-Partei - 2 BvE 3/67 - und der BSP - 2 BvE 5/67 - zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

B.

Die Anträge sind zulässig mit Ausnahme des Antrages, der § 21 Abs. 1 PartG zum Gegenstand hat.

I.

1. Die NPD ist ordnungsgemäß vertreten. Sie war es auch bereits am 29. Juli 1967, als sie das vorliegende Verfahren einleitete.

Nach § 6 Buchst. a) der in das Vereinsregister des Amtsgerichts Bremen eingetragenen Satzung der NPD vom 14. November 1964, die zur Zeit der Stellung des Antrages am 29. Juli 1967 noch in Kraft war, da die neue Satzung vom 28. November 1964 erst am 18. September 1967 eingetragen wurde (§ 71 Abs. 1 Satz 1 BGB), oblag die politische und organisatorische Führung der Partei einem mehrköpfigen "Präsidium", das Vorstand im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches war. Dementsprechend hat der Prozeßbevollmächtigte der NPD bei Antragstellung eine Vollmacht des Vorsitzenden Adolf von Thadden und mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1967 auch die Vollmacht der Präsidiumsmitglieder

Wilhelm Gutmann, Karlsruhe,
Heinrich Fassbender, Rotenburg a. d. Fulda,
Otto Brouwer, Bremen,
Prof. Dr. von Grünberg, Wuppertal,
Georg Körner, Ittenbach, und
Walter Schütz, Göttingen,

vorgelegt (§ 22 BVerfGG). Die Genannten sind am 28. November 1964 in das "Präsidium" der NPD gewählt worden und als Vorstand vertretungsbefugt. Daß das frühere Vorstandsmitglied Otto Hess verstorben ist und sich das Vorstandsamt von Friedrich Thielen dadurch erledigt hat, daß dieser aus der NPD ausgetreten ist, steht der Vertretungsbefugnis der übrigen Vorstandsmitglieder nicht entgegen. Eine Ergänzung des Vorstandes sah die hier maßgebende Satzung vom 14. November 1964 nicht vor.

Unerheblich ist auch, daß die oben genannten Präsidiumsmitglieder zur Zeit der Erhebung der Organklage nicht im Vereinsregister eingetragen waren. Wie das Landgericht Bremen in seinem Beschluß vom 16. Mai 1967 - 8 T 269/67 - zutreffend festgestellt hat, ist ihre Bestellung mit der Annahme der Wahl auch nach außen wirksam geworden. Der Eintragung bedurfte es insoweit nicht. Diese wirkt nicht rechtsbegründend; sie bewirkt nur die Offenkundigkeit der Vertretungsbefugnis.

2. Die NPD ist befugt, einen Antrag nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 13 Nr. 5 und §§ 63 ff. BVerfGG zu stellen. Politische Parteien können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Status durch ein Verfassungsorgan im Wege des Organstreitverfahrens geltend machen (BVerfGE 4, 27 [30 f.]; 11, 239 [241]; 20, 119 [130]; BVerfGE 24, 260 [263]). Die NPD ist eine politische Partei.

3. Der Hauptantrag der NPD entspricht den Erfordernissen der §§ 64 und 23 Abs. 1 BVerfGG.

a) Der Antrag richtet sich gegen den Erlaß bestimmter Vorschriften des Parteiengesetzes. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann der Erlaß eines Gesetzes eine Maßnahme im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG sein (BVerfGE 1, 208 [220]; 6, 84 [88]; 20, 119 [129]). Im Antrag sind die beanstandeten Maßnahmen, die §§ 18, 34, 35 und 39 Abs. 2 PartG, bezeichnet. Ferner ist die Bestimmung des Grundgesetzes angegeben, gegen die nach Meinung der NPD die Maßnahmen verstoßen (§ 64 Abs. 2 BVerfGG). Der Antrag ist auch rechtzeitig beim Bundesverfassungsgericht eingegangen (§ 64 Abs. 3 BVerf- GG).

b) Die NPD macht geltend, durch die genannten Vorschriften des Parteiengesetzes in ihrem verfassungsrechtlichen Status verletzt zu sein.

Der Hauptantrag ist im Zusammenhang mit dem als Ergänzung des Hauptantrages gedachten und fristgerecht gestellten Hilfsantrag zu lesen und auszulegen. Die NPD hat die Beeinträchtigung ihres Rechtes auf Gewährung gleicher Chancen gerügt. Sie hat sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 1966 (BVerfGE 20, 134) berufen. In diesem wurde festgestellt, daß das Recht der NPD auf Gewährung gleicher Chancen dadurch verletzt wurde, daß die im Bundestag vertretenen Parteien zu Unrecht staatliche Haushaltsmittel erhalten hatten (BVerfGE 20, 134 [143]). Die NPD meint, daß es mit diesem Urteil unvereinbar sei, daß jetzt nach dem Parteiengesetz mit Hilfe der Wahlkampfkostenerstattung den politischen Parteien höhere Beträge zugewendet würden als nach den vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Haushaltsansätzen. Diese Begründung wird den Anforderungen des § 23 Abs. 1 BVerfGG gerecht. Anders als die Begründung des Hilfsantrages im Organstreitverfahren über die Anträge der DFU (BVerfGE 24, 252 [258 f.]) läßt sie eine sachgerechte Auseinandersetzung mit dem Begehren der NPD zu.

Auch ist die NPD nach ihrem Vortrag durch die angegriffenen Bestimmungen des Parteiengesetzes in ihren Rechten beeinträchtigt. Soweit sie sich gegen die Höhe des Wahlkampfkostenpauschale (§ 18 Abs. 1 PartG) und den Verteilungsschlüssel (§ 18 Abs. 3 PartG) wendet, ergibt sich die Beeinträchtigung daraus, daß die Benachteiligung der NPD automatisch um so größer wird, je höher die Erstattungsbeträge werden, welche die anderen Parteien durch das Wahlkampfkostenpauschale und den Verteilungsschlüssel erhalten. Soweit sie die §§ 34 und 35 PartG angreift, hat sie in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 1968 erklärt, sie erhalte keine Spenden aus Kreisen, für welche die Steuervergünstigung wirtschaftlich eine Rolle spielen könnte. Soweit sich ihr Antrag gegen die Wahlkampfkostenerstattung für die Bundestagswahl vom 19. September 1965 richtet, wird die NPD nach ihrem Vortrag dadurch benachteiligt, daß die anderen Parteien entgegen dem Grundgesetz vom Staat finanzielle Zuwendungen erhalten.

4. Für den Antrag fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Auch wenn die NPD, wie sie in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, für sich eine staatliche Wahlkampfkostenerstattung nicht anstreben sollte, könnte ihr Recht auf Chancengleichheit nach Art. 21 Abs. 1 GG dadurch verletzt sein, daß andere Parteien grundgesetzwidrig staatliche Zuwendungen aus Haushaltsmitteln erhalten (BVerfGE 20, 119 [133]; 20, 134 [143]).

Obwohl einige der Landesverbände der NPD die Erstattung der Wahlkampfkosten für Landtagswahlen beantragt, die Erstattungsbeträge entgegengenommen und auf ein Sonderkonto eingezahlt haben, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für den vorliegenden Antrag nicht, da sich die NPD mit diesem Antrag gegen die Wahlkampfkostenerstattung auf Bundesebene wendet.

5. Diese Entscheidung ist mit sieben gegen eine Stimme ergangen.

II.

1. Die Europa-Partei ist ordnungsmäßig vertreten. Sie hat ihren Antrag durch ihren ersten Vorsitzenden gestellt. Der erste Vorsitzende vertritt die Europa-Partei gemäß § 24 Buchst. f) der Satzung nach außen. Er ist damit Vorstand im Sinne des § 26 Abs. 2 BGB.

Allerdings sieht § 24 Buchst. e) der Satzung für die Leitung der Partei noch ein anderes Organ, nämlich ein Präsidium, vor. Jedoch ist es Sache des Organs, das kraft Satzung zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung im Sinne des § 26 Abs. 2 BGB berufen ist, ein Verfahren nach § 64 BVerfGG einzuleiten. Ein Beschluß des leitenden Organs ist nicht erforderlich. Denn darüber zu befinden, ob ein Verfassungsrechtsstreit anhängig gemacht werden soll, ist nicht Sache der Leitung, sondern der Geschäftsführung der Partei.

2. Die Europa-Partei ist befugt, eine Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Status im Wege des Organstreitverfahrens geltend zu machen. Die Europa-Partei ist eine politische Partei. Sie hat in den letzten sechs Jahren an einer Bundestagswahl und an einer Landtagswahl teilgenommen (§ 2 Abs. 2 PartG) und hat erklärt, auch weiterhin an Wahlen teilnehmen zu wollen. Nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit bietet sie eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Absicht (§ 2 Abs. 1 PartG). Gemessen an der verhältnismäßig kurzen Dauer ihres Bestehens verfügt sie über eine hinreichend ausgebaute Organisation. Daß die Zahl ihrer eingeschriebenen Mitglieder gering ist, vermag ihren Parteicharakter - jedenfalls zur Zeit - nicht in Frage zu stellen. In den Wahlkreisen, in denen sie mit eigenen Wahlvorschlägen aufgetreten ist, hat sie eine nicht ganz unbeträchtliche Zahl von Stimmen gewonnen.

3. Mit ihrem fristgerecht gestellten Antrag macht die Europa- Partei die Verletzung eigener, ihr durch das Grundgesetz übertragener Rechte geltend (§ 64 Abs. 1 BVerfGG). Sie rügt die Beeinträchtigung ihres Rechtes auf Gewährung gleicher Chancen im Wettbewerb um Wählerstimmen, soweit sie als kleine Partei von der Wahlkampfkostenerstattung (§ 18 PartG) ausgeschlossen ist, ihr öffentliche Leistungen nicht in gleichem Umfang gewährt werden sollen wie den anderen Parteien (§ 5 PartG) und sie durch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Parteispenden (§ 34, 35 PartG) benachteiligt wird. Soweit sie sich gegen § 2 Abs. 2 PartG wendet, kann sie durch die schwerwiegenden Folgen verletzt sein, die sich aus dem möglichen Verlust der Rechtsstellung als Partei für sie in Zukunft ergeben. Denn eine Reihe von Rechten ist davon abhängig, daß eine Vereinigung als Partei anerkannt ist, wie die Gewährung öffentlicher Leistungen (§ 5 PartG), die Steuervergünstigung für Parteispenden (§§ 34, 35 PartG), das Recht, Landeslisten bei Bundestagswahlen einzureichen (§ 28 Abs. 1 BWahlG) und vor allem das sogenannte Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG. Die Europa-Partei ist auch beschwert, soweit sie vorträgt, § 25 PartG entspreche nicht dem Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG. Zum verfassungsrechtlichen Status einer Partei (Art. 21 Abs. 1 GG) gehört das Recht, im Rahmen des Möglichen feststellen zu können, ob und in welchem Umfang private Geldgeber auf andere Parteien durch Spenden einzuwirken suchen. Die von Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG geforderte Transparenz der Parteifinanzierung dient der Sachgerechtigkeit und Offenheit der Wahlentscheidung und kann sich damit auf den Wahlerfolg der einzelnen Parteien auswirken (BVerfGE 20, 56 [106]).

4. Diese Entscheidung ist zur Vertretung der Europa-Partei mit sieben gegen eine Stimme, im übrigen einstimmig ergangen.

III.

1. Die BSP ist ordnungsmäßig durch ihren nach § 29 Abs. 3 ihrer Satzung zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung berufenen Parteivorsitzenden vertreten. Daß daneben das Parteipräsidium zur Leitung der Partei berufen ist (§ 28 Abs. 2 der Satzung), ist unerheblich, da die Einleitung eines Organstreitverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht nach § 64 BVerfGG Sache des Parteivorsitzenden ist (vgl. oben B II 1).

2. Die BSP ist eine politische Partei. An der Ernsthaftigkeit ihrer Absicht, durch die Teilnahme an Wahlen an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, ist nach der Zahl ihrer Mitglieder, ihrer Organisation, ihrer Satzung und ihrem politischen Programm nicht zu zweifeln. Diese Absicht zu verwirklichen, hatte die BSP als neu gegründete Partei bisher noch keine Gelegenheit.

3. Die BSP rügt die Verletzung ihres verfassungsmäßig garantierten Rechtes auf Gewährung gleicher Chancen. Sie wendet sich zwar gegen die Wahlkampfkostenerstattung auf Bundesebene, obwohl sich ihre Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 ihrer Satzung nur auf das Gebiet des Freistaates Bayern erstreckt. Indessen greift sie in erster Linie die Regelung der Abschlagszahlungen mit der Begründung an, diese Regelung laufe auf eine gleichheitswidrige Dauerfinanzierung der großen Parteien hinaus. Mit diesen großen Parteien muß die BSP aber auch im Freistaat Bayern konkurrieren (vgl. BVerfGE 20, 119 [131]).

Die BSP macht auch die Verletzung eigener Rechte geltend, soweit sie sich gegen § 22 PartG wendet. Sie bestreitet mit diesem Angriff dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat das Recht, den Ländern die Kompetenz zu übertragen, die Kosten für Landtagswahlen im Rahmen der §§ 18 bis 20 PartG zu erstatten, weil § 20 PartG ihren verfassungsrechtlichen Status beeinträchtige.

4. Dagegen ist der Antrag der BSP unzulässig, soweit er sich gegen § 21 Abs. 1 PartG richtet. § 21 Abs. 1 PartG besagt lediglich, daß die Ausgaben für die Wahlkampfkostenerstattung im Bundeshaushaltsplan auszubringen sind. Die Bestimmung hat also nur haushaltsrechtliche Bedeutung. Sie entfaltet nach außen keine Rechtswirkungen und kann ihrer Natur nach Rechte der Parteien nicht beeinträchtigen.

5. Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

C.

Der Gesetzgeber hat mit dem Erlaß des § 18 Abs. 2 Nr. 1, des § 20 Abs. 1 und des § 22 PartG insoweit gegen Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, als er die Verteilung des Wahlkampfkostenpauschale und die Gewährung von Abschlagszahlungen davon abhängig gemacht hat, daß die Parteien nach dem endgültigen Ergebnis der jeweils vorausgegangenen Wahl mindestens 2,5 v. H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben, und als er den Ländern die Möglichkeit gegeben hat, die Erstattung der Kosten für Landtagswahlkämpfe entsprechend zu regeln. Ebenso verstößt es gegen Art. 21 Abs. 1 GG, daß nach § 39 Abs. 2 PartG Kosten für den Bundestagswahlkampf 1965 nachträglich erstattet worden sind. Schließlich verstößt § 25 PartG insoweit gegen Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG, als er bestimmt, daß Spenden einer juristischen Person nur dann im Rechenschaftsbericht der Parteien zu verzeichnen sind, wenn ihr Gesamtwert in einem Kalenderjahr 200 000 Deutsche Mark übersteigt.

Im übrigen sind die Anträge unbegründet.

I.

1. Daß die Wahlkampfkosten pauschaliert werden (§ 18 Abs. 1 PartG), ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Pauschalierung verletzt insbesondere nicht den Grundsatz, daß den Parteien nur die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes erstattet werden dürfen (BVerfGE 20, 56 [113]).

a) Die Pauschalierung vereinfacht das gesamte Erstattungsverfahren. Sie erlaubt eine rein rechnerische Verteilung der Erstattungsbeträge, die außerordentlich leicht und genau zu kontrollieren ist, Ermessensentscheidungen praktisch ausschließt und kaum Anlaß zu Streitigkeiten zwischen den Parteien und der mittelverwaltenden Stelle gibt. Sie dient dadurch dem innerpolitischen Frieden.

Würde man dagegen an die den Parteien tatsächlich entstandenen Kosten anknüpfen, so entstünde nicht nur für Parteien und Verwaltung ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Die Parteien müßten genaue Belege über ihre Aufwendungen beibringen. Vor allem würde ein solches Verfahren die Gefahr in sich bergen, daß die verfassungsmäßig gewährleistete Parteienfreiheit beeinträchtigt wird. Denn die staatlichen Organe würden bei der Prüfung der Frage, ob die belegten Wahlkampfaufwendungen im einzelnen notwendig und angemessen waren, nicht umhin können, mehr oder weniger weitgefaßte Generalklauseln anzuwenden, um im konkreten Fall über die Erstattungsfähigkeit der angegebenen Ausgaben entscheiden zu können.

b) Die Pauschalierung kann zwar dazu führen, daß einer Partei höhere Beträge für den Wahlkampf erstattet werden, als sie tatsächlich aufgewendet hat. Dies ist jedoch außerordentlich unwahrscheinlich. In der Regel werden die tatsächlichen Aufwendungen der einzelnen Parteien nicht hinter den Erstattungsbeträgen zurückbleiben. Heute kann sich auch eine kleine Partei, wenn sie die verfassungsrechtlich zulässige Sperrklausel überspringen will, nicht damit begnügen, lediglich Wahlvorschläge nach den Vorschriften des Bundeswahlgesetzes einzureichen. Sie muß vielmehr in größerem Umfang für sich und ihr Programm und die von ihr aufgestellten Kandidaten werben und hierfür erhebliche Kosten aufwenden. Aber selbst wenn ausnahmsweise eine Partei im Einzelfall zu hohe Erstattungsbeträge erhalten sollte, kann das nicht zur Verfassungswidrigkeit des Prinzips der Wahlkampfkostenpauschalierung führen.

c) Diese Entscheidung ist mit sechs gegen zwei Stimmen ergangen.

2. Die Höhe des Pauschale hat der Gesetzgeber in § 18 Abs. 1 Satz 2 PartG mit 2,50 DM je Wahlberechtigten der Bundestagswahl festgesetzt. Danach hätte das Wahlkampfkostenpauschale für die Bundestagswahl 1965 96 275 987 DM betragen (38 510 395 X 2,50 DM). Wie hoch es für die nächste Wahl sein wird, läßt sich nicht genau berechnen. Da sich die Zahl der Wahlberechtigten zwischen 1961 und 1965 um rund 1 Million erhöht hat, kann davon ausgegangen werden, daß das Pauschale für die Bundestagswahl 1969 etwa 99 Millionen DM betragen wird (39 600 600 X 2,50 DM). In dieser Höhe sind die Wahlkampfkosten erstattungsfähig. Sie entspricht den Kosten eines Wahlkampfes, "der unter den jeweiligen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen einer angemessenen werbenden Darstellung der Programme und Ziele und der notwendigen Auseinandersetzung der um die politische Macht kämpfenden Parteien dient" (BVerf- GE 20, 56 [115/116]).

a) Das Pauschale an der Zahl der Wahlberechtigten zu orientieren, ist sachgerecht. Vor einer Wahl soll die Aktivbürgerschaft über die verschiedenen Parteiprogramme und die Art und Weise, in der diese in Zukunft verwirklicht werden sollen, so informiert werden, daß die Wahlberechtigten sich für einen der von den Parteien benannten Wahlbewerber und das von diesem vertretene Wahlprogramm entscheiden und hierdurch die künftige Regierungsbildung beeinflussen können. Diese Informationsarbeit erfordert zwangsläufig einen erheblichen Aufwand (Wahlbriefe, Plakate und Versammlungen), der um so höher sein muß, je größer die Zahl der Wahlberechtigten ist. Da diese nach den Wahlrechtsvorschriften vorgegeben ist (vgl. Art. 38 Abs. 2 GG; § 12 BWahlG), ist auch eine Manipulation des Pauschale ausgeschlossen.

b) Um die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes nach einem objektiven Maßstab berechnen zu können, hat der Gesetzgeber die Gesamtsumme der Kosten für den Bundestagswahlkampf von 1965 als Ausgangspunkt genommen. Dabei hat er sich zunächst auf die Aussagen der Schatzmeister der vier im Bundestag vertretenen Parteien als Zeugen vor dem Bundesverfassungsgericht gestützt. Danach beliefen sich die Wahlkampfkosten dieser Parteien auf 83,8 Millionen DM. In dieser Summe, die nicht die Aufwendungen der Parteien für ihre ständige Organisation und ihre allgemeine Öffentlichkeitsarbeit, sondern nur die Baraufwendungen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Bundestagswahlen enthielt, waren nicht die - oder jedenfalls nicht alle - Aufwendungen der unteren Gebietsorganisationen enthalten. Stellt man diese Aufwendungen, die im übrigen nur geschätzt werden können, zusätzlich in Rechnung, so kommt man bei der Bundestagswahl von 1965 zu einem Gesamtaufwand der im Bundestag vertretenen Parteien von 90 Millionen DM. Rechnet man diesem Betrag die auf 5 Millionen DM geschätzten, in den Angaben der Schatzmeister nicht enthaltenen Aufwendungen aller 1965 an der 5 v. H.-Klausel gescheiterten Parteien hinzu, so ergibt sich ein Gesamtbetrag von 95 Millionen DM (vgl. Schriftlicher Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages über den Entwurf eines Parteiengesetzes, BT, zu Drucksache V/1918 S. 3 und 4 f.). Eine Regelung des Wahlkampfkostenpauschale, der diese Erwägungen zugrunde liegen, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Die Ausgaben für den Wahlkampf 1965 durften der Berechnung des Pauschale zugrunde gelegt werden, weil die beteiligten Parteien 1965 noch nicht mit der Erstattung von Wahlkampfkosten rechnen konnten. Der Gesetzgeber konnte bei der Feststellung dieser Kosten auf die Aussagen zurückgreifen, welche die Schatzmeister der vier im Bundestag vertretenen Parteien vor dem Bundesverfassungsgericht gemacht haben (vgl. BVerfGE 20, 56 [84 ff.]). Anlaß, an der Zuverlässigkeit dieser Angaben zu zweifeln, besteht nicht. Allerdings hatten die Parteien in einem Wahlkampfabkommen vom 9. Januar 1965 vereinbart, ihre Wahlkampfausgaben für den Bundestagswahlkampf auf 49 Millionen DM zu beschränken (siehe oben A I 1 b). Diese Vereinbarung steht aber zu den von den Schatzmeistern gemachten Angaben nicht in Widerspruch, weil das Wahlkampfabkommen sich nur auf die Ausgaben für "zentrale Werbemaßnahmen der Bundes- Parteien und ihrer Landesverbände" bezog (§ 2).

bb) Der Gesetzgeber durfte den Bundestagswahlkampf 1965 auch als angemessene Grundlage für seine Regelung betrachten. Umstände, die den Bundestagswahlkampf 1965 als unangemessen aufwendig erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.

Allerdings können sich die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse von Wahlkampf zu Wahlkampf ändern. Künftige Wahlaufwendungen können daher höher oder niedriger liegen als die von 1965. Dies zwingt den Gesetzgeber jedoch nicht, die Gesamtsumme aller Erstattungsbeträge von Wahlkampf zu Wahlkampf neu festzusetzen, um sie den jeweiligen Verhältnissen anzupassen. Er kann - wie er es getan hat - die Gesamtsumme für die künftigen Wahlkämpfe nach oben begrenzen, indem er die zu erstattenden Kosten von der jeweiligen Zahl der Wahlberechtigten abhängig macht. Damit stellt er zugleich in Rechnung, daß die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen künftiger Wahlkämpfe möglicherweise einen höheren Aufwand erfordern als die bisherigen Wahlkämpfe. Mit einer solchen Steigerung der Wahlkampfkosten ist sogar zu rechnen, da mit einer ständig wachsenden Zahl von Wahlberechtigten und daher mit einer Ausdehnung der Informationsarbeit der Parteien gerechnet werden muß. Nach der derzeitigen Regelung des Parteiengesetzes wird aber die Wahlkampfkostenerstattung dadurch nach oben begrenzt, daß diese sich an den Wahlkampfkosten des Bundestagswahlkampfes 1965 orientiert. In Zukunft dürfen nach der gegenwärtigen Rechtslage Wahlkampfkosten nicht erstattet werden, die je Wahlberechtigten die Kosten des Bundestagswahlkampfes von 1965 überschreiten.

cc) Der Gesetzgeber durfte ferner davon ausgehen, daß die von den vier im Bundestag vertretenen Parteien für den Wahlkampf von 1965 gemachten Aufwendungen notwendig waren. Er war also berechtigt, aus der Angemessenheit des Bundestagswahlkampfes 1965 auf die Notwendigkeit der Wahlkampfkosten einen Rückschluß zu ziehen. Damit hat er der künftigen Wahlkampfkostenerstattung einen objektiven, vom subjektiven Dafürhalten der Parteien unabhängigen Maßstab zugrunde gelegt, der einerseits den individuellen Belangen der Parteien Rechnung trägt, aber zugleich der Wahlkampfkostenerstattung für die Zukunft feste Grenzen zieht.

c) Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

3. Dagegen ist das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit insoweit verletzt, als § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG die Erstattung der Wahlkampfkosten davon abhängig macht, daß eine Partei nach dem endgültigen Wahlergebnis mindestens 2,5 v. H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht hat.

a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. Juli 1966 (BVerfGE 20, 56 [117/118]) des näheren ausgeführt, daß auf der einen Seite nur Parteien, die am Wahlkampf teilgenommen haben, an den staatlichen Geldleistungen teilhaben können, daß aber auf der anderen Seite grundsätzlich alle Parteien, die diese Voraussetzungen erfüllen, auf solche Geldleistungen Anspruch haben. Der Grundsatz der streng formalen Chancengleichheit verbiete allerdings nicht jede Differenzierung. Er lasse eine verschiedene Behandlung der Parteien aus einem besonderen zwingenden Grunde zu.

In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht hinzugefügt, daß die Erstattung von Wahlkampfkosten geeignet sei, die Bildung neuer politischer Parteien in Zukunft anzuregen; dem dürfe der Gesetzgeber entgegenwirken. Da die im Bundeswahlgesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Beteiligung der politischen Parteien an einer Wahl nicht genügten, um den Mißbrauch zu verhindern, daß sich kleine Splittergruppen nur deshalb am Wahlkampf beteiligten, weil er vom Staate finanziert werde, könne der Gesetzgeber die Erstattung der Wahlkampfkosten einer Partei auch davon abhängig machen, daß sie einen Mindestanteil von Stimmen erreiche. Dieser müsse allerdings erheblich unter der 5 v. H.-Grenze liegen, deren Erreichung für die Zuteilung von Mandaten erforderlich sei, weil der Sperreffekt der 5 v. H.-Klausel sonst verdoppelt würde.

Diese Ausführungen des Gerichts konnten von den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes und der Länder dahin verstanden werden und sind auch dahin verstanden worden, daß eine Reduzierung des Hundert-Satzes auf die Hälfte, nämlich von 5 v. H. auf 2,5 v. H., den verfassungsrechtlichen Anforderungen Genüge leiste. Ein solches Verständnis des Urteils vom 19. Juli 1966 wird jedoch dem Verfassungsgrundsatz der Chancengleichheit nicht gerecht.

b) Das Prinzip der Chancengleichheit der Parteien hängt aufs engste mit dem Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 GG) zusammen, der seinerseits ein Anwendungsfall des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ist (BVerfGE 1, 208 [242]; 3, 383 [391]; 6, 84 [91]; 13, 1 [12]). Dieser Grundsatz der gleichen Wahl gebietet, daß alle wahlberechtigten Bürger mit der Stimme, die sie abgeben, grundsätzlich formal gleichen Einfluß auf das Wahlergebnis ausüben und daß das Gewicht ihrer Stimme weder nach ihrem Zähl- noch ihrem Erfolgswert differenziert wird (BVerfGE 1, 208 [246]; 7, 63 [70]; 16, 130 [138]). Da es heute die Parteien sind, die die Aktivbürger für die Wahlen zu politischen Handlungseinheiten organisatorisch zusammenschließen, hat die Formalisierung des Gleichheitssatzes im Bereich der politischen Willensbildung des Volkes zur Folge, daß auch der Satz von der Chancengleichheit der politischen Parteien in dem gleichen Sinne formal verstanden werden muß (vgl. BVerfGE 14, 121 [132 ff.]). Der Gesetzgeber muß deshalb bei Regelungen im Bereich der politischen Willensbildung beachten, daß ihm auf diesem Gebiete besonders enge Grenzen gezogen sind und ihm jede verschiedene Behandlung der Parteien verfassungskräftig versagt ist, die sich nicht durch einen besonderen zwingenden Grund rechtfertigen läßt (BVerfGE 8, 51 [64 f.]; 13, 243 [247]; 14, 121 [133]; 20, 56 [116]).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtfertigt es die Sicherung des Charakters der Wahl als eines entscheidenden Integrationsvorganges, in einem bestimmten Ausmaß bei der Verhältniswahl den Erfolgswert der Wählerstimmen zu differenzieren und demgemäß die politischen Parteien verschieden zu behandeln. Diesem Zweck dient die 5 v. H.- Klausel des allgemeinen Wahlrechts, die ein arbeitsfähiges Parlament gewährleisten soll, das auch in der Lage ist, eine funktionsfähige Regierung zu bilden (BVerfGE 6, 84 [92 ff.]; 14, 121 [134 f.]).

Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung Unterschriftenquoren bei der Zulassung von Wahlvorschlägen anerkannt, soweit die Quoren erforderlich sind, um die Ernsthaftigkeit von Wahlvorschlägen nachzuweisen. Wird eine vom Gesetz des näheren festgelegte, angemessene Zahl von Unterschriften von den Wahlvorschlagsberechtigten beigebracht, so ist die Vermutung begründet, daß hinter dem Wahlvorschlag eine politisch ernst zu nehmende Gruppe steht. Indirekt wird als Folge dieser Beschränkung der formalen Wahlrechtsgleichheit zugleich der Stimmenzersplitterung vor der Wahl begegnet (vgl. BVerfGE 12, 135 [137]; 14, 121 [135]).

c) Bei der Wahlkampfkostenerstattung, bei der grundsätzlich alle Parteien, die am Wahlkampf teilgenommen haben, berücksichtigt werden müssen, kann ein Mindeststimmenanteil nicht mit dem Hinweis, Wahlen sollten funktionsfähige Parlamente schaffen, sondern nur durch die für jede Wahl unerläßliche Voraussetzung gerechtfertigt werden, daß die zur Wahl gestellten Vorschläge und Programme ernst gemeint, das heißt, allein auf den Wahlerfolg und nicht auf sonstige Ziele gerichtet sind. Deshalb sind an den Nachweis der Ernsthaftigkeit der Wahlkampfbemühungen erheblich höhere Anforderungen zu stellen als an den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Wahlvorschlägen. Denn bei der Wahlkampfkostenerstattung besteht die Gefahr, daß sich kleine Splittergruppen nur deshalb am Wahlkampf beteiligen, weil er vom Staate finanziert wird. Indem der Gesetzgeber diese Gefahr bekämpft, wirkt er bei der Erstattung der Wahlkampfkosten zugleich der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und der Parteien entgegen (so BVerfGE 20, 56 [117]).

Wie hoch der Mindeststimmenanteil sein darf, der kleine Gruppen berechtigt, an der Wahlkampfkostenerstattung teilzunehmen, kann nur unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse bei den Bundestagswahlen ermittelt werden. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug bei der letzten Bundestagswahl rund 38,5 Millionen; die Zahl der Wähler rund 33,4 Millionen. Hiernach müßte, wenn man die durchschnittliche Wahlbeteiligung in Rechnung stellt, eine Partei rund 835 000 Stimmen auf sich vereinigen, ehe sie die 2,5 v. H.-Grenze erreicht. Diese Anforderung an den Nachweis der Ernsthaftigkeit der Wahlkampfbemühungen ist jedoch nicht vertretbar. Ein Mindeststimmenanteil von 0,5 v. H. der abgegebenen Stimmen würde bedeuten, daß eine Partei 167 000 Stimmen gewinnen muß. Einer Partei, die so viele Stimmen auf sich zu vereinigen vermag, kann jedoch die Ernsthaftigkeit ihrer Wahlkampfbemühungen nicht bestritten werden.

Ein Mindeststimmenanteil von 0,5 v. H. erübrigt es auch, die Ernsthaftigkeit nach anderen Kriterien zu beurteilen als nach dem letzten Wahlerfolg einer Partei. Je niedriger die Schwelle des Wahlerfolges angesetzt wird, desto wahrscheinlicher ist es, daß der Wahlerfolg mit der politischen Bedeutung der Partei zusammenfällt. Eine Partei, die bei der jeweils vorangegangenen Wahl nicht 0,5 v. H. der Zweitstimmen zu erreichen vermochte, hat nach den Ergebnissen der bisherigen Bundestagswahlen nur wenig Aussicht, bei der nächsten Wahl die 5 v. H.-Sperrklausel des Verhältniswahlrechts zu überspringen.

d) Hiernach hat der Gesetzgeber durch den Erlaß des § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG insoweit gegen Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, als das Wahlkampfkostenpauschale nur auf Parteien verteilt wird, die nach dem endgültigen Wahlergebnis mindestens 2,5 v. H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben.

Diese Entscheidung ist mit sechs gegen zwei Stimmen ergangen.

4. Daß eine Partei, für die in einem Land keine Landesliste zugelassen war, nach § 18 Abs. 2 Nr. 2 PartG nur dann ihre Wahlkampfkosten erstattet erhält, wenn sie in einem Wahlkreis dieses Landes mindestens 10 v. H. der abgegebenen gültigen Erststimmen erreicht, verstößt nicht gegen das Grundgesetz.

a) Nach der durchschnittlichen Größe der Bundestagswahlkreise im Jahre 1965 bedeutet § 18 Abs. 2 Nr. 2 PartG, daß eine Partei ohne Landesliste in einem Wahlkampf etwa 15 000 Erststimmen gewinnen muß, damit sie an der Wahlkampfkostenerstattung teilnehmen kann. Diese Anforderung an den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Wahlkampfbemühungen ist durch die Eigenart von Kreiswahlvorschlägen ohne Landesliste geboten. Die Zulassung von Kreiswahlvorschlägen ist an leichter zu erfüllende Voraussetzungen geknüpft als die Zulassung von Landeslisten (vgl. § 21 und § 28 BWahlG). Hinter einer Partei, die keine Landesliste einreicht, steht in der Regel nur eine kleinere politische Gruppe als hinter einer Partei mit Landesliste.

Hinzu kommt, daß die verhältnismäßig enge räumliche Begrenzung eines einzelnen Wahlkreises lokalen Splittergruppen, die sich nur deshalb am Wahlkampf beteiligen, weil er vom Staat finanziert wird, eine größere Chance bietet als das Wahlgebiet im ganzen. Die örtlichen Verhältnisse können Einflußmöglichkeiten eröffnen, die im ganzen Wahlgebiet nicht bestehen. In den einzelnen Wahlkreisen besteht eine größere Mißbrauchsgefahr als im ganzen Wahlgebiet. Unter diesen Umständen ist es nicht unverhältnismäßig, wenn § 18 Abs. 2 Nr. 2 PartG als Nachweis der Ernsthaftigkeit von Wahlkampfbemühungen in einem Wahlkreis 10 v. H. der abgegebenen gültigen Erststimmen dieses Wahlkreises verlangt.
b) Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

5. Nach § 18 Abs. 3 PartG bemißt sich der Anteil am Wahlkampfkostenpauschale (Erstattungsbetrag) nach dem Wahlerfolg der begünstigten Parteien. Diese Regelung verletzt nicht das Recht der Parteien auf Chancengleichheit. § 18 Abs. 3 PartG differenziert zwar zwischen den Parteien. Diese Differenzierung ist aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Der Grundsatz der Chancengleichheit, nach dem jeder Partei grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und Wahlverfahren und damit die gleichen Chancen im Wettbewerb um die Wählerstimmen eröffnet werden soll, gebietet nicht, daß die sich aus der unterschiedlichen Größe und Leistungsfähigkeit und den verschiedenen politischen Zielsetzungen der Parteien ergebenden Unterschiede durch staatliche Maßnahmen ausgeglichen werden (BVerfGE 8, 51 [67]; 14, 121 [134]; 20, 56 [118]). Würden mit Hilfe der Wahlkampfkostenerstattung aus öffentlichen Mitteln alle Parteien, die sich an einer Wahl beteiligen, ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung und ihr eigenes personelles, ideelles und materielles Potential in den Stand gesetzt, den gleichen Aufwand zu treiben, so würde die vom Staat vorgefundene tatsächliche Wettbewerbslage verfälscht werden. Das Wahlergebnis, zu dem jeder Aktivbürger beigetragen hat, liefert immer noch den genauesten Maßstab für die politische Bedeutung einer Partei, das heißt, für den Anteil, den sie an der politischen Willensbildung des Volkes hat. Hiernach ist die Differenzierung des § 18 Abs. 3 PartG gerechtfertigt. Indem sie an den Wahlerfolg der Parteien anknüpft, trägt sie zugleich der Entscheidung der Aktivbürgerschaft über die Erstattung der Wahlkampfkosten und ihren Umfang Rechnung (Schriftlicher Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages, BT, zu Drucksache V/1918, S. 5).

b) Auch in den Entscheidungen zur Vergabe von Sendezeiten hat das Bundesverfassungsgericht bei der Zuteilung der Sendezeiten in einem bestimmten Ausmaß eine Differenzierung nach der politischen Bedeutung der Parteien für verfassungsrechtlich zulässig gehalten (BVerfGE 7, 99 [108]; 13, 204 [205]; 14, 121 [134]). Allerdings hat es hinzugefügt, daß eine ausschließliche Anknüpfung an den vorhergehenden Wahlerfolg mit dem Grundsatz der Chancengleichheit nicht vereinbar sei, weil sie wegen der zusätzlichen Werbewirkung einer erheblich längeren Sendezeit und einer größeren Anzahl von Sendeterminen einer Aufrechterhaltung des Status quo Vorschub leiste und auf eine Vorgabe im Wahlwettbewerb hinauslaufe (BVerfGE 14, 121 [137]). Deshalb müßten, um die Bedeutung einer Partei zu ermitteln, noch andere Faktoren außer den Ergebnissen der letzten Parlamentswahlen berücksichtigt werden, wie die Zeitdauer des Bestehens einer politischen Partei, ihre Kontinuität, ihre Mitgliederzahl und der Umfang und Ausbau ihres Organisationsnetzes. Erfahrungsgemäß stehen aber diese Kriterien, die zusätzlich über die Leistungsfähigkeit einer Partei entscheiden sollen, auf die Dauer mit dem Wahlerfolg der Partei in einem so engen Zusammenhang, daß ihnen für die Wahlkampfkostenerstattung ein gesondertes politisches Gewicht nicht zuerkannt werden kann.

Auch würde man, wenn man in der Anknüpfung an das Ergebnis der letzten Wahl für die hierdurch begünstigten Parteien eine relevante Vorgabe im Wahlwettbewerb sehen würde, nach den Entscheidungen des Gerichts zur Vergabe von Sendezeiten nur fordern können, daß alle Parteien, die sich an einer Wahl beteiligen, einen gleichen Grundbetrag, der sich an einem Basisaufwand orientiert, erhalten. Eine solche Regelung würde jedoch die Wirkung aufheben, die der Gesetzgeber legitimerweise mit § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG erzielen wollte; sie würde den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Wahlkampfbemühungen ausschließen und damit indirekt die Stimmenzersplitterung fördern.

c) Eine andere Frage ist, ob nicht jedenfalls den Parteien, die die Sperrklausel des § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG übersprungen haben, ein Grundbetrag gewährt werden sollte, der ihnen nach § 18 Abs. 3 PartG nicht zusteht. Ob eine solche Regelung verfassungsnäher wäre als die gegenwärtige, ist jedoch vom Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Gibt es verschiedene Regelungen, die mit dem Grundsatz der Chancengleichheit vereinbar sind, so bleibt es Sache des Gesetzgebers, die ihm am zweckmäßigsten und besten erscheinende Lösung zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Regelung zu akzeptieren, selbst wenn eine andere Regelung nach seiner eigenen Auffassung vielleicht "verfassungsnäher" wäre.

d) Diese Entscheidung ist mit sieben gegen eine Stimme gefaßt worden.

6. Die Erstattung von Wahlkampfkosten für die Bundestagswahl vom 19. September 1965 (§ 39 Abs. 2 PartG) verstößt gegen Art. 21 Abs. 1 und 20 Abs. 2 GG. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Juli 1966 ist es verfassungswidrig, den politischen Parteien von Staats wegen finanzielle Zuschüsse zu gewähren, die nicht der Deckung von Wahlkampfkosten dienen (BVerfGE 20, 56 [97]).

a) Nach § 39 Abs. 1 PartG sind Wahlkampfkosten für die abgelaufenen Wahlperioden nicht zu erstatten. Von diesem Grundsatz macht § 39 Abs. 2 PartG für den Bundestagswahlkampf 1965 eine Ausnahme insofern, als die sich nach § 18 PartG als Anteil der Partei an dem Wahlkampfkostenpauschale ergebenden Beträge für die Monate September und Oktober 1966 erstattet werden sollen.

Die politischen Parteien haben vor, in und nach dem Bundestagswahlkampf 1965 Zuwendungen aus Haushaltstiteln erhalten, die das Bundesverfassungsgericht mit seinen Urteilen vom 19. Juli 1966 für verfassungswidrig erklärt hat. Allein die Zuwendungen in den Jahren 1964, 1965 und 1966 übersteigen die Erstattungsbeträge, welche die Parteien nach § 18 PartG für den Bundestagswahlkampf 1965 hätten erhalten können. Demnach kommt eine Wahlkampfkostenerstattung nach den Grundsätzen des Parteiengesetzes, wie sie in § 39 Abs. 2 PartG vorgesehen ist, nicht mehr in Betracht.

b) Auch der Grundsatz des Vertrauensschutzes vermag die Regelung des § 39 Abs. 2 PartG nicht zu rechtfertigen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann der Gedanke des Vertrauensschutzes allerdings unter Umständen dazu führen, daß öffentliche Leistungen, die ein Begünstigter gesetzwidrig erhalten hat, auch für die Zukunft weitergewährt werden müssen, wenn das Interesse des Begünstigten an der Weitergewährung der Leistung das Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes überwiegt (BVerwGE 19, 188 [189 ff. mit eingehenden Nachweisen]). Ob sich dieser Grundsatz auf das Verfassungsrecht übertragen läßt, kann offenbleiben. Jedenfalls würde im vorliegenden Falle das Interesse an der Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustandes überwiegen.

Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Prinzip des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 21, 117 [132 mit Nachweisen]; 13, 261 [271 ff.]) ergibt sich nicht, daß ein durch ein verfassungswidriges Gesetz Begünstigter den Anspruch erheben kann, in seinem Vertrauen auf den Bestand einer verfassungswidrigen Maßnahme geschützt zu werden.

c) Diese Entscheidung ist mit fünf gegen drei Stimmen gefällt worden.

II.

Nach § 20 Abs. 1 PartG sind den politischen Parteien auf Antrag Abschlagszahlungen auf den Wahlkampfkostenerstattungsbetrag zu gewähren, der ihnen nach den Ergebnissen der jeweils vorausgegangenen Bundestagswahl gemäß § 18 Abs. 2 PartG zustehen würde. Die Abschlagszahlungen dürfen im zweiten Jahr der Wahlperiode 10 v. H., im dritten 15 v. H. und im Wahljahr 35 v. H. des Erstattungsbetrages nicht übersteigen. Überzahlte Abschlagszahlungen sind zurückzuzahlen (§ 19 Abs. 2 PartG). Diese Regelung verstößt gegen Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, soweit sie auf § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG Bezug nimmt. Im übrigen ist sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Abschlagzahlungen sind ein Teil der Wahlkampfkostenerstattung. Sie sind durch die Notwendigkeiten des Wahlkampfes gerechtfertigt.

a) Nach Art. 20 Abs. 2 GG wird die vom Volke ausgehende Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen ausgeübt. Insbesondere die Wahlen sind es, mit deren Hilfe sich in der parlamentarischen Demokratie die politische Willensbildung vollzieht. Sie können ohne die Parteien nicht durchgeführt werden (BVerfGE 1, 208 (223 ff.); vgl. auch BVerfGE 11, 266 [273]).

Zur Funktion der politischen Parteien in der freiheitlichen Demokratie gehört, daß sie schon in den Jahren vor der Wahl der Aktivbürgerschaft Rechenschaft über die geleistete politische Arbeit in der Vergangenheit geben und daß sie politische Alternativen für alle einer staatlichen Gestaltung zugänglichen Lebensbereiche anbieten. Zugleich haben sie die Aufgabe, der Aktivbürgerschaft einsichtig zu machen, welche Politik sie in Zukunft zu verfolgen oder zu unterstützen beabsichtigen.

Hiernach dürfen sich die Wahlen in einer parteienstaatlichen Demokratie nicht darauf beschränken, nur allgemein-registrierend statistische Funktionen zu erfüllen. Mit ihrer Hilfe soll vielmehr zugleich auch soweit wie möglich eine eindeutige politische Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung über die bisherige und künftige Politik von Regierung und Opposition herbeigeführt werden.

Die Arbeiten, die dazu erforderlich sind, insbesondere die Aufstellung von politischen Programmen, und die kritischen Stellungnahmen zur Regierungs- und Oppositionspolitik nehmen erhebliche Zeit in Anspruch und verursachen hohe personelle und sachliche Kosten. Insbesondere benötigen die Parteien Fachkräfte, um die Politik der Regierung überprüfen, kritisieren oder verteidigen und eigene Vorschläge mit der gebotenen Sorgfalt und Gründlichkeit ausarbeiten zu können.

Auch technisch läßt sich ein moderner Wahlkampf unter den in der Bundesrepublik Deutschland gegebenen Verhältnissen nicht kurzfristig abwickeln. Wenn eine Partei die ihr beim Wahlkampf obliegenden Funktionen erfüllen und möglichst viele Wähler erreichen will, muß sie langfristig planen können. Wahlanalysen und Umfragen müssen schon im ersten Jahr nach einer Wahl in Auftrag gegeben, Druckschriften und Plakate müssen vorbereitet und bestellt werden. Die Verteilung der Druckschriften muß organisiert, Plakatflächen müssen gemietet, Lautsprecherwagen bereitgestellt, Mietverträge für Großveranstaltungen abgeschlossen und Großkundgebungen vorbereitet werden.

Hinzu kommt, daß das Grundgesetz für die innerparteiliche Willensbildung eine demokratische Ordnung verlangt. Die Parteien müssen ihren Wahlbewerbern eine dem Grundgesetz (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG), dem Wahlgesetz und dem Parteiengesetz (§ 17) entsprechende demokratische Legitimation vermitteln. Insbesondere die für die Parlamentswahlen wichtige Aufstellung der Wahlbewerber fordert eine sorgfältige Vorbereitung. Die politischen Parteien müssen Gelegenheit haben, Kandidaten auszuwählen, die sowohl sachlich qualifiziert sind als auch das Vertrauen der überwiegenden Mehrheit der Parteimitglieder besitzen. Um diese personellen Fragen entscheiden zu können, bedarf es nicht selten längerer Verhandlungen auf lokaler, regionaler und zentraler Ebene. Auch das verursacht Kosten.

Alle diese unter dem Blickpunkt eines angemessenen Wahlkampfes gebotenen Maßnahmen der Parteien sind für die bei der Wahl vom Aktivbürger zu treffenden Entscheidungen notwendig.

Mithin beginnt der Wahlkampf nicht erst in dem Augenblick, in dem die Aktivbürger durch die Werbung der Parteien unmittelbar auf ihn aufmerksam gemacht werden. Auch die langfristigen Wahlvorbereitungen sind für den Wahlkampf unerläßlich. Insbesondere ist es nicht möglich, aus den Fristen des Bundeswahlgesetzes für die Einreichung von Wahlvorschlägen (§§ 20, 27 Abs. 3, 29 Abs. 3 BWahlG) einen bestimmten Zeitpunkt für den Beginn des Wahlkampfes zu fixieren. Diese Fristen sind erforderlich, um eine ordnungsmäßige Abwicklung der Wahlen zu gewährleisten. Für die Frage, welche Maßnahmen der Parteien zum Wahlkampf gehören, sind sie ohne Belang.

Das bedeutet nicht, daß das Verhalten der Parteien innerhalb einer Wahlperiode sich dauernd am Wahlkampf orientiert. Vielmehr gewinnt der Wahlkampf während einer Legislaturperiode an Intensität. Daher kann man auch die Wahlkampfkosten von den Kosten für die allgemeine Parteiorganisation unterscheiden (BVerfGE 20, 56 [114]).

b) Diesen Grundsätzen hat der Gesetzgeber mit § 20 Abs. 1 PartG Rechnung getragen.

Die Verweisung auf § 18 Abs. 2 PartG zeigt, daß die Abschlagszahlungen sich nur auf die Kosten des Wahlkampfes und nicht auf die der allgemeinen Parteiorganisation beziehen. Dementsprechend sind nach § 19 Abs. 2 Satz 2 PartG auch die Abschlagszahlungen anzurechnen und - soweit sie den Erstattungsbetrag übersteigen - zurückzuzahlen.

Ferner berücksichtigt § 20 Abs. 1 PartG die Tatsache, daß sich die Wahlkampfkosten entsprechend der sich steigernden Intensität des Wahlkampfes von Jahr zu Jahr erhöhen. Denn nach dieser Vorschrift werden stufenweise von Jahr zu Jahr größere Abschlagszahlungen für zulässig erklärt. Die Parteien können insgesamt im zweiten, dritten und vierten Jahr der Wahlperiode 60 v. H. des Erstattungsbetrages erhalten. Diese Regelung, nach der in den einzelnen Jahren auf einen bestimmten Hundertsatz begrenzte Abschlagszahlungen geleistet werden können, ist nicht sachwidrig.

c) Diese Entscheidung ist mit fünf gegen drei Stimmen gefällt worden.

2. § 20 Abs. 1 PartG verletzt das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit, soweit er vorsieht, daß nur solche Parteien Abschlagszahlungen erhalten, die bei der jeweils vorausgegangenen Bundestagswahl Wahlergebnisse erreicht haben, die die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG erfüllt hätten. Denn mit dem Erlaß des § 18 Abs. 2 Nr. 1 PartG hat der Gesetzgeber - wie oben (C I 3) dargelegt - gegen Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Dagegen bestünden gegen § 20 Abs. 1 PartG keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn er die Gewährung von Abschlagszahlungen davon abhängig gemacht hätte, daß die Parteien mindestens 0,5 v. H. der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht haben.

a) Allerdings werden die Abschlagszahlungen im Unterschied zu den Zahlungen nach § 18 PartG vor einer Wahl gewährt. Doch war der Gesetzgeber im Rahmen der Wahlkampfkostenerstattung auch bei den Abschlagszahlungen berechtigt, an die für die nachträgliche Erstattung maßgebliche Mindeststimmenklausel anzuknüpfen. Denn wie bei der Wahlkampfkostenerstattung muß der Gesetzgeber auch bei den Abschlagszahlungen von den politischen Parteien den Nachweis der Ernsthaftigkeit ihrer Wahlkampfbemühungen verlangen können. Eine Mindeststimmenklausel bietet im übrigen praktisch zugleich die Gewähr dafür, daß die Abschlagszahlungen nur für den Wahlkampf verwendet werden. Eine Partei, die mehr als 0,5 v.H. der abgegebenen gültigen Zweitstimmen erreicht hat, wird sich wahrscheinlich auch an den nächsten Wahlen beteiligen. Das gleiche kann bei einer Partei, die diesen Hundertsatz an Zweitstimmen nicht erreicht hat, nicht mit der gleichen Sicherheit vorhergesehen werden. Damit liegt aber die Möglichkeit nahe, daß diese Parteien die Abschlagszahlungen auch für Zwecke verwenden, die mit dem Wahlkampf nicht in Zusammenhang stehen.

b) Demnach hat der Gesetzgeber insoweit gegen Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, als er die Gewährung von Abschlagszahlungen von einem Mindeststimmenanteil von 2,5 v.H. abhängig gemacht hat.

Nach § 67 Satz 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht nur diese Feststellung treffen. Eine Entscheidung über die Gültigkeit einer Norm ist ihm im Organstreitverfahren versagt (BVerfGE 20, 134 [140]; 20, 119 [129]; 1, 351 [371]). Vielmehr obliegt es dem Gesetzgeber und dem Präsidenten des Deutschen Bundestages als der mittelverwaltenden Stelle (§ 21 Abs. 2 PartG), diesen verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen, also den Parteien, die bei der Bundestagswahl 1965 weniger als 2,5 v. H., aber mehr als 0,5 v. H. der Zweitstimmen erreicht haben, die ihnen zustehenden Abschlagszahlungen unverzüglich zukommen zu lassen. Auch werden die zu hoch bemessenen Abschlagszahlungen, die die vier im Bundestag vertretenen Parteien erhalten haben, mit den Beträgen zu verrechnen sein, die bei der endgültigen Festsetzung den Parteien zu erstatten sind.

c) Diese Entscheidung ist mit fünf gegen drei Stimmen ergangen.

3. Daß die Parteien Abschlagszahlungen nach Maßgabe des letzten Wahlerfolges erhalten (§ 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 3 PartG), ist mit dem Grundsatz der Chancengleichheit vereinbar. Die Anknüpfung an den Wahlerfolg ist im vorliegenden Zusammenhang gerechtfertigt.

a) Das Prinzip der größtmöglichen Offenheit der Wahl verlangt an sich, daß vor einer Wahl die Parteien grundsätzlich nicht allein nach Maßgabe des letzten Wahlergebnisses unterschiedlich behandelt werden dürfen (BVerfGE 7, 99 [107 f.]; 14, 121 [137]). Dieselben Erwägungen, die es legitim erscheinen lassen, den Anteil am Wahlkampfkostenpauschale nach dem Wahlerfolg der Parteien unterschiedlich zu gestalten (vgl. oben C I 5 b), rechtfertigen es jedoch, auch bei den Abschlagszahlungen an den Wahlerfolg anzuknüpfen. Die politische Bedeutung einer Partei ist um so geringer einzuschätzen, je geringer ihr Wahlerfolg ist.

Diese Annahme ist im Falle der Abschlagszahlungen um so berechtigter, als diese schon im zweiten Jahr der Wahlperiode beginnen. Zwischen der letzten Wahl und dem Beginn der Abschlagszahlungen liegt also in der Regel nur ein Jahr. Es kann nicht angenommen werden, daß sich in dieser kurzen Zeit die politische Bedeutung der Parteien im Vergleich zu ihrem Erfolg bei der letzten Wahl wesentlich verändert hat. Wahrscheinlich ist vielmehr, daß das Ergebnis der letzten Wahl immer noch die politische Bedeutung der Parteien widerspiegelt.

Im übrigen stellt § 20 Abs. 1 PartG den letzten Wahlerfolg nicht voll, sondern nur teilweise in Rechnung. Denn es dürfen nur 60 v.H. der Erstattungsbeträge als Abschlagszahlungen geleistet werden. Damit sind mögliche Veränderungen in der Wählerschaft während der Legislaturperiode (vgl. BVerfGE 14, 121 [137]) hinreichend berücksichtigt. Soweit eine politische Kräfteverschiebung während einer Legislaturperiode stattgefunden hat, wird sie - anders als bei der Vergabe von Sendezeiten für Wahlpropaganda - nach der Wahl gemäß § 18 Abs. 3 PartG ausgeglichen.

Die Anknüpfung an den Wahlerfolg ist hiernach zulässig. Darüber hinaus bietet sie ein praktikables, objektives Kriterium für die Bemessung der Abschlagszahlungen.

b) Diese Entscheidung ist mit fünf gegen drei Stimmen ergangen.

III.

1. Nach § 22 PartG können die Länder die Wahlkampfkosten von Landtagswahlen im Rahmen der §§ 18 bis 20 PartG mit der Maßgabe erstatten, daß die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 2 PartG von Parteien nationaler Minderheiten nicht erfüllt zu werden brauchen. Mit dem Erlaß dieser Bestimmung hat der Gesetzgeber gegen Art. 21 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, soweit er darin die Länder ermächtigt, die Erstattung der Kosten für die Landtagswahlkämpfe und die Abschlagszahlungen davon abhängig zu machen, daß eine Partei mehr als 0,5 v. H. der Zweitstimmen erreicht hat.

2. Im übrigen ist § 22 PartG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die Kompetenz des Bundes zur gesetzlichen Regelung der Wahlkampfkostenerstattung ergibt sich aus Art. 21 Abs. 3 GG. Denn Art. 21 Abs. 1 hat unmittelbar in Satz 4 und mittelbar in Satz 1 und 3 die finanziellen Verhältnisse der Parteien als möglichen Gegenstand einer näheren Regelung nach Abs. 3 zugelassen (BVerfGE 20, 56 [115]). Die Wahlkampfkostenerstattung gehört nicht zum Wahlrecht, das - soweit es die Wahlen in den Ländern betrifft - in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt (Art. 28 Abs. 1, 30, 70 Abs. 1 GG). Zum Wahlrecht zählen nur die Vorschriften, welche die Vorbereitung, Organisation, Durchführung und Überprüfung der Wahlen durch die staatlichen Organe regeln. Denn das Grundgesetz ordnet die Verhältnisse der politischen Parteien nicht im Zusammenhang mit den in Art. 28 Abs. 1 und Art. 38 Abs. 1 GG näher umschriebenen Wahlrechtsgrundsätzen. Dieser Regelung entspricht es, daß das Bundeswahlgesetz und die Bundeswahlordnung die Modalitäten des staatlich organisierten Wahlvorgangs regeln.

b) Die Kompetenz zur gesetzlichen Regelung der Wahlkampfkostenerstattung gehört zum Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes (Art. 21 Abs. 3 GG). Diese Kompetenz schließt die Befugnis ein, die Länder in diesem Bereich zur Gesetzgebung zu ermächtigen (Art. 71 GG). Von dieser Befugnis hat der Bund mit § 22 PartG Gebrauch gemacht. § 22 PartG ist eine beschränkte Kompetenzübertragung für die Wahlkampfkostenerstattung in den Ländern.

c) Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

IV.

§ 5 PartG eröffnet den Trägern öffentlicher Gewalt die Möglichkeit, bei der Gewährung öffentlicher Leistungen die Parteien unterschiedlich zu behandeln. Die Leistung darf nach der Bedeutung der Parteien abgestuft werden, aber nur bis zu einem von der Sache her gebotenen Mindestmaß. Die Bedeutung der Parteien soll insbesondere nach dem vorangegangenen Wahlerfolg beurteilt werden. Für die im Bundestag in Fraktionsstärke vertretenen Parteien muß in jedem Fall der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß sein wie für jede andere Partei. Parteien, die keine Wahlvorschläge eingereicht haben, können während der Dauer des Wahlkampfes Leistungen, die mit den Wahlen in Zusammenhang stehen, nicht beanspruchen (§ 5 Abs. 2 PartG). Diese Regelung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Chancengleichheit.

1. Ein zwingender Grund, der es rechtfertigt, von der formalen Chancengleichheit der Parteien abzuweichen, ist die Sicherung des Charakters der Wahl als des entscheidenden Integrationsvorganges bei der politischen Willensbildung des Volkes. Daher darf die besondere Bedeutung der Parteien, durch deren Gegen- und Miteinanderwirken die bisherige Entwicklung entscheidend geprägt worden ist, bei der Gewährung öffentlicher Leistungen berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 14, 121 [136]). Als Kriterien für die jeweilige Bedeutung der politischen Parteien kommen vor allem die Ergebnisse der vorhergehenden Parlamentswahlen in Betracht, danach die Dauer des Bestehens der Partei, ihre Kontinuität, ihre Mitgliederzahlen, Umfang und Ausbau ihrer Organisation, ihre Vertretung im Parlament und ihre Beteiligung an der Regierung in Bund und Ländern (vgl. BVerfGE 7, 99 [108]; 14, 121 [137]).

2. An diesen Maßstäben orientieren sich die Differenzierungskriterien des § 5 PartG. Diese Bestimmung verletzt daher nicht den Anspruch der Parteien auf gleiche Wettbewerbschancen. Der Gesetzgeber will die vorangegangenen Wahlerfolge nur als wichtiges Indiz, aber nicht als ausschließliches Kriterium für die Bedeutung einer Partei gewertet wissen. Die Festsetzung eines relativen Mindestmaßes an öffentlichen Leistungen für alle Parteien (§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 PartG) zeigt, daß das Gesetz auch den kleineren Parteien gerecht zu werden sucht und gleichwohl die Möglichkeit offenläßt, andere Parteien entsprechend ihrer Bedeutung angemessen zu berücksichtigen.

3. Diese Entscheidung ist mit sieben gegen eine Stimme ergangen.

V.

§ 25 PartG ist mit Art. 21 Abs. 1 Satz 4 und Art. 3 Abs. 1 GG insoweit nicht vereinbar, als er vorsieht, daß Spenden einer juristischen Person an eine Partei oder mehrere ihrer Gebietsverbände nur dann unter Angabe des Namens und der Anschrift des Spenders sowie der Gesamthöhe der Spende im Rechenschaftsbericht der Parteien zu verzeichnen sind, wenn ihr Gesamtwert 200 000 Deutsche Mark im Kalenderjahr übersteigt.

1. a) Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG müssen die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft geben. Dieser Bestimmung liegt die Erwägung zugrunde, daß die politische Willensbildung innerhalb einer Partei von Personen oder Organisationen erheblich beeinflußt werden kann, die den Parteien in größerem Umfang finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Eine derartige Verflechtung von politischen und wirtschaftlichen Interessen soll offengelegt werden. Der Wähler soll über die Kräfte unterrichtet werden, die die Politik der Parteien bestimmen, und er soll die Möglichkeit haben, die Übereinstimmung zwischen den politischen Programmen und dem Verhalten derer zu prüfen, die mit Hilfe finanzieller Mittel auf die Parteien Einfluß zu nehmen suchen (BVerfGE 20, 56 [106]).

Dem Art. 21 Abs. 1 GG wird Genüge getan, wenn nur die Spender benannt werden, deren Spende ihrer Höhe nach für eine Partei maßgeblich ins Gewicht fällt. Spender geringer Beträge werden allein durch ihre Spenden die Politik der Gesamtpartei nicht maßgeblich beeinflussen können.

Danach erscheint es gerechtfertigt, daß § 25 PartG die Grenze für die Offenlegung der Spenden bei natürlichen Personen auf 20 000 Deutsche Mark festsetzt. Angesichts des beträchtlichen Finanzbedarfs auch kleinerer politischer Parteien durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß mit einer jährlichen Spende von weniger als 20 000 Deutsche Mark ein erheblicher politischer Einfluß in der Regel nicht verbunden ist.

b) § 25 PartG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Chancengleichheit. Die Pflicht, die Spender zu benennen, belastet alle Parteien gleich. Alle Parteien haben auch im Wettbewerb um Spenden die gleichen Möglichkeiten. Insbesondere verschärft die Spendengrenze nicht die faktisch bestehenden Ungleichheiten zwischen den Parteien (vgl. BVerfGE 8, 51 [67]). Sie belastet allenfalls die Parteien, die in besonderem Maße auf Großspenden angewiesen sind. Diese besondere Belastung wird aber durch Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG ausdrücklich gerechtfertigt.
c) Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

2. Dagegen hat der Gesetzgeber durch den Erlaß des § 25 PartG insoweit gegen Art. 21 Abs. 1 Satz 4 und Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, als er für juristische Personen einen Betrag von 200 000 Deutsche Mark als Freigrenze für die Offenlegung festgesetzt hat.

Es ist nicht einzusehen, warum von den Spenden einer juristischen Person ein erheblicher Einfluß auf die politischen Parteien erst dann erwartet werden kann, wenn sie die Höhe von 200 000 Deutsche Mark übersteigen, während bei natürlichen Personen die Freigrenze für die Offenlegung auf 20 000 Deutsche Mark festgesetzt ist. Eine solche Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen ist mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, da sich für sie ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund nicht finden läßt. Insbesondere vermag der Umstand, daß hinter einer juristischen Person eine Mehrzahl von natürlichen Personen oder Gruppen steht, die Ungleichbehandlung von natürlichen und juristischen Personen nicht zu rechtfertigen. Denn nach außen - gegenüber den Parteien - treten die in der juristischen Person zusammengefaßten Einzelpersonen oder Gruppen in gleicher Weise als Einheit in Erscheinung wie die natürlichen Personen.

Diese Entscheidung ist mit fünf gegen drei Stimmen ergangen.

VI.

Die Steuervergünstigung für Beiträge und Spenden an politische Parteien verstößt weder gegen das Recht der Parteien auf Chancengleichheit (Art. 21 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG) noch gegen das Prinzip der Parteienfreiheit, noch gegen das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe am Willensbildungsprozeß.

1. Die §§ 34 und 35 PartG behandeln formal alle Parteien gleich. Die Steuervergünstigung gilt für alle Beiträge und Spenden ohne Rücksicht auf Größe und Richtung der Parteien.

Allerdings widerspricht ein Gesetz, dessen Wortlaut eine ungleiche Behandlung vermeidet und das seinen Geltungsbereich abstrakt-allgemein umschreibt, dann dem Gleichheitssatz, wenn sich aus seiner praktischen Auswirkung eine offenbare Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat unter diesem Blickwinkel § 10 b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 13. November 1957 (BGBl. I S. 1793) sowie § 11 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung vom 19. Dezember 1957 (BGBl. I S. 1865) für nichtig erklärt, soweit nach diesen Bestimmungen unmittelbare oder mittelbare Zuwendungen an politische Parteien als Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden konnten (BVerfGE 8, 51 ff.). Die genannten Vorschriften begünstigten große Spenden an Parteien. Sie begrenzten die Abzugsfähigkeit der Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke lediglich auf bestimmte Hundertsätze des steuerpflichtigen Einkommens, ließen sie also linear mit der Größe des Einkommens wachsen und berücksichtigten nicht, daß die Steuersätze der Einkommensteuer mit der Höhe des Einkommens stiegen. Damit wurde die Steuerermäßigung um so größer, je höher die Spenden an Parteien waren. Die Regelung bevorzugte daher die Parteien, die nach Programm und Tätigkeit vornehmlich kapitalkräftige Kreise ansprachen.

Die §§ 34 und 35 PartG können sich jedoch nicht so auswirken, daß die Steuerermäßigung das Gewicht bestimmter Parteien im politischen Konkurrenzkampf irgendwie maßgeblich vergrößert. Für Spenden, die 600.- Deutsche Mark im Jahre übersteigen, gibt es keine Steuerermäßigung. Große Spenden, die in nennenswertem Umfang dazu beitragen könnten, den beträchtlichen Finanzbedarf der politischen Parteien zu befriedigen, sind nicht mehr begünstigt. Daher entfällt heute der in der früheren gesetzlichen Regelung liegende Prämierungseffekt für die politische Meinung der Bezieher großer Einkommen. Die Parteien, die vor allem kapitalkräftige Kreise ansprechen, werden nicht mehr bevorzugt, weil die mögliche Steuerersparnis jährlich höchstens etwas über 300.- Deutsche Mark beträgt.

Naturgemäß kann sich die Steuervergünstigung erst auswirken, wenn die Sonderausgabenpauschale (§ 10 c EStG) durch andere Sonderausgaben erschöpft wird. Das ist beispielsweise schon bei Lohnsteuerpflichtigen der Fall, die ein Monatseinkommen von etwa 700.- Deutsche Mark haben, weil bei dieser Einkommenshöhe bereits die Zahlungen für die Sozialversicherung die Sonderausgabenpauschale ausfüllen. Die Steuervergünstigung kann daher schon bei monatlichen Einkommen von etwa 700.- Deutsche Mark wirksam werden und damit praktisch einem Personenkreis zugute kommen, der so groß ist, daß er nicht einer bestimmten Partei oder einer bestimmten Art von Parteien zugeordnet werden kann.

Die Möglichkeit, bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten Parteispenden bis zu 1200.- Deutsche Mark jährlich abzusetzen, ändert an diesem Bild nichts. Die erhöhte Absetzbarkeit bei Zusammenveranlagung bedeutet insbesondere nicht, daß dem männlichen Ehegatten ein größerer politischer Einfluß eingeräumt würde. Jeder der Ehegatten kann sich selbständig entscheiden.

Ob diejenigen, die durch die Steuervergünstigung zu Spenden an Parteien bewogen werden, auf die Parteien relativ ungleich verteilt sind, braucht nicht näher untersucht zu werden. Etwa in dieser Beziehung noch bestehende Verschiedenheiten zwischen den Parteien können weger der geringen Höhe der Steuerermäßigung und wegen ihrer breiten Streuung nicht mehr ins Gewicht fallen.

2. Die §§ 34 und 35 PartG verstoßen auch nicht gegen das Prinzip der Parteienfreiheit. Mit der Steuervergünstigung verzichtet der Staat zwar zugunsten der Parteien auf steuerliche Einkünfte (BVerfGE 8, 51 [62, 65]). Dadurch werden die Parteien jedoch weder der staatlichen Vorsorge überantwortet noch wird der offene freiheitlich-demokratische Meinungs- und Willensbildungsprozeß beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 20, 56 [102]). Denn die §§ 34 und 35 PartG bieten den staatlichen Organen keine Möglichkeit, darauf Einfluß zu nehmen, welche Parteien von welchen Personen Spenden erhalten, und angesichts der breiten Streuung der Steuerermäßigung ist es auch ausgeschlossen, daß einzelne natürliche oder juristische Personen durch die Ermäßigung auf den politischen Willensbildungsprozeß bestimmend einwirken können.

Auch die Einbeziehung der juristischen Personen in die Steuerermäßigung für Parteispenden (§ 35 PartG) ist gerechtfertigt. Dabei kommt es auf die Tatsache, daß juristische Personen nicht Mitglieder von Parteien sein können (§ 2 Abs. 1 Satz 2 PartG), ebensowenig an wie darauf, ob der einzelne Steuerpflichtige, der sich zu einer Spende an eine Partei entschließt, Mitglied dieser Partei war oder ist oder jemals sein wird.

3. Schließlich verletzen die §§ 34 und 35 PartG nicht das Recht aller Bürger auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung.

Dieses Recht äußert sich in einer Demokratie nicht nur in der Stimmabgabe bei Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den ständigen Prozeß der politischen Meinungsbildung. Der Bürger macht davon Gebrauch, wenn er einer politischen Partei Geld spendet und dadurch die Bestrebungen dieser Partei unterstützt. Der Gesetzgeber darf dieses Recht des Einzelnen auf Teilhabe an der politischen Willensbildung grundsätzlich nicht in der Weise beeinträchtigen, daß er bestimmten Bürgern eine größere Einflußnahme auf den Willensbildungsprozeß ermöglicht als anderen Bürgern, daß er insbesondere die finanziell leistungsfähigen Bürger privilegiert (BVerfGE 8, 51 [68 ff.]).

Die Steuerermäßigung für Spenden an politische Parteien nach §§ 34 und 35 PartG eröffnet eine solche Möglichkeit aber nicht. Denn eine Partei orientiert ihre politischen Entscheidungen nicht deshalb an dem Willen bestimmter Personen, weil diese ihr 600.- Deutsche Mark im Jahr zur Verfügung stellen oder gestellt haben.

Eine größere Anzahl oder alle Spenden an eine Partei zusammengenommen können für diese Partei allerdings unter Umständen eine so erhebliche Einnahmequelle bilden, daß diese Partei sich veranlaßt sehen mag, bei ihrer Politik auch die Interessen der Spender insgesamt zu berücksichtigen. In einem solchen Falle mögen die Spender als Gruppe einen besonderen Einfluß auf die politischen Entscheidungen der Partei erhalten. Daß die politischen Meinungen vieler Spender übereinstimmen, kann aber keinen verfassungsrechtlich erheblichen Unterschied für die Behandlung der einzelnen Spenden begründen.

4. Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.

VII.

§ 2 PartG ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Teilnahme an Wahlen innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne gehört zum Begriff einer politischen Partei.

1. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Oktober 1968 (BVerfGE 24, 260 ff.; betreffend das Organstreitverfahren über den Antrag des Bundes der Deutschen) ausgeführt, daß nur politische Vereinigungen, die sich an Parlamentswahlen beteiligen wollen, an den besonderen Rechten teilhaben können, welche die Parteien für sich in Anspruch nehmen können. Diese sind den Parteien gewährt, weil ihnen Art. 21 Abs. 1 GG die Aufgabe zuweist, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Eine Partei muß die Ernsthaftigkeit ihres Willens, sich an Wahlen zu beteiligen, innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne unter Beweis stellen. Nach § 2 Abs. 2 PartG muß eine Partei, wenn sie ihre Rechtsstellung als Partei nicht verlieren will, innerhalb von sechs Jahren an einer Bundestags- oder Landtagswahl teilnehmen. Mit der Fixierung dieser Sechs-Jahres-Frist hat der Gesetzgeber die ihm durch Art. 21 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen nicht überschritten.

Im übrigen wird auf das Urteil vom 17. Oktober 1968 (BVerfGE 24, 260 ff.) Bezug genommen.

2. Diese Entscheidung ist mit sechs gegen zwei Stimmen ergangen.