Art. 74a GG
BVerfG, 26.07.1972 - 2 BvF 1/71
1. Was immer im einzelnen zum unentziehbaren "Hausgut" der Länder im Bundesstaat gehören mag, jedenfalls muß dem Land die freie Bestimmung über seine Organisation einschließlich der in der Landesverfassung enthaltenen organisatorischen Grundsatzentscheidungen sowie die Garantie der verfassungskräftigen Zuweisung eines angemessenen Anteils am Gesamtsteueraufkommen im Bundesstaat verbleiben.
2. Die Ausübung der Kompetenz gemäß Art. 74a Abs. 1 GG ist gebunden durch die verfassungsrechtliche Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten, die nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts dem bundesstaatlichen Prinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) entspringt. Diese Beschränkung in der Ausübung der Kompetenz ist vom Bundesverfassungsgericht in vollem Umfang überprüfbar.
3. Künftig ist ein Gesetz, das ausgefertigt wird zu einem Zeitpunkt, an dem die dazu ermächtigende Norm noch nicht in Kraft war, oder das unter den besonderen Voraussetzungen, die die Entscheidung vom 15. November 1971 (BVerfGE 32, 199 [212]) umschreibt, verkündet wird, bevor die dazu ermächtigende Norm in Kraft getreten ist, nichtig.
4. Hat der Bundesgesetzgeber begonnen, von seinem Recht zur Gesetzgebung auf dem Gebiet der Besoldung und Versorgung der Landesbeamten umfassend Gebrauch zu machen, so schließt Art. 72 Abs. 1 GG die Länder von der Gesetzgebung im Gesamtbereich der Materie aus, die der Bund zu regeln übernommen hat.
5. Der Landesgesetzgeber ist auch nach Erlaß des Ersten Besoldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetzes nicht gehindert, ein neues Amt im Landesdienst entsprechend dem Amtsinhalt am richtigen Ort innerhalb des Besoldungsgefüges unterzubringen.
6. Der Grundsatz der Bundestreue ist keine Schranke, mit der man Nichtigkeiten inhibieren kann.