BVerfGE 11, 232; DVBl 1961, 749; MDR 1961, 24
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Seiten:
BVerfGE 11, 232 (232):
Beschluß
des Zweiten Senats vom 22. Juni 1960 gemäß § 91 a BVerfGG
-- 2 BvR 37/60 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Bezirksnotars ..., Korntal ... [Baden-Württemberg], als Testamentsvollstrecker in dem Nachlaß der Frau ... gegen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Januar 1958 - I C 154.57 und I C 155.57.
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerde vom 10. April 1958 wird gemäß § 91 a Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (BGBl. I S. 243) in der Fassung vom 21. Juli 1956 (BGBl. I S. 662) und vom 26. Juni 1959 (BGBl. I S. 297) verworfen.
Gründe:
1. Der Beschwerdeführer hat gegen die Erweiterung eines Ortsbauplanes der Gemeinde Korntal (Baden-Württemberg) und gegen die Aufstellung eines Ortsbauplanes derselben Gemeinde, durch den ein Gewerbegebiet ausgewiesen wurde, die verwaltungsgerichtliche Anfechtungsklage erhoben, mit der er jedoch nicht durchgedrungen ist; das Bundesverwaltungsgericht hat durch die mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteile vom 21. Januar 1958 im Revisionsverfahren die Anfechtungsklage für unzulässig erklärt, weil der Ortsbauplan und die im Planverfahren ergehenden Entscheidungen im württembergischen Recht keine Verwaltungsakte seien, so daß gegen den Plan nur die Normenkontrollklage nach § 25 VGG offenstehe. Das Bundesverwaltungsgericht verweist hierzu auf seine Ausführungen im Urteil vom 3. Mai 1956 (BVerwGE 3, 258).
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts allein zulässige Normenkontrollklage nicht der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG entspreche: Das Normenkontrollverfahren gemäß § 25 VGG kenne nur eine Instanz, nämlich den Verwaltungsgerichtshof;
BVerfGE 11, 232 (233):
dieser entscheide durch Beschluß, also gemäß § 29 VGG ohne mündliche Verhandlung. Außerdem habe der Antrag nach § 25 VGG keine aufschiebende Wirkung, wie sie nach § 51 VGG der Anfechtungsklage zukomme. Endlich bestehe auch eine ständige Rechtsunsicherheit, da der Antrag auf Normenkontrolle an keine Frist gebunden sei. Die Anfechtungsklage habe diese Nachteile nicht.
2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegründet.
Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet den Betroffenen den Weg zu einem staatlichen Gericht, das den Grundsätzen der Art. 92 und 97 GG genügen muß. Dagegen gewährt Art. 19 Abs. 4 GG nicht den Anspruch, daß statt einer Normenkontrolle gerade die Anfechtungsklage zur Verfügung stehen müsse.
Auch die Angriffe gegen die Ausgestaltung des Normenkontrollverfahrens im einzelnen gehen fehl. Weder Art. 19 Abs. 4 GG noch auch etwa das allgemeine Rechtsstaatsprinzip gewährleisten einen Instanzenzug (so das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung, vgl. BVerfGE 4, 74 [95]; 4, 387 [411, 412]; 4, 205 [211, 212]; 6, 7 [12]; vgl. auch BVerfGE 8, 174 [180]). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung BVerwGE 3, 145 (147) zutreffend ausgeführt, daß gegen die erstinstanzliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs von Baden-Württemberg nach § 50 VGG (Anfechtung von Verwaltungsakten eines Ministers) jedenfalls aus Art. 19 Abs. 4 GG keine Bedenken herzuleiten seien. Die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG wird nicht durch die Frage berührt, ob der Antrag, im Wege des Normenkontrollverfahrens die Gültigkeit einer Vorschrift zu prüfen, aufschiebende Wirkung hat oder nicht. Überdies konnte auch nach Erhebung einer Anfechtungsklage die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, gemäß § 51 Abs. 1 VGG die Vollziehung anordnen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hielt (entsprechendes gilt seit Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsordnung -- VwGO -- vom 21. Januar 1960 [BGBl. I S. 17] gemäß deren § 80 Abs. 2 Nr. 4).
BVerfGE 11, 232 (234):
Schließlich kann auch das Fehlen einer mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang nicht als Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG gewertet werden; das Anhörungsrecht der Betroffenen ist auch im schriftlichen Verfahren gewahrt (vgl. BVerfGE 5, 9 [11]).